2407/J-BR/2006
Eingelangt am
01.06.2006
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Bundesrätin Kerschbaum,
Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister
für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
betreffend Verdoppelung der Übertragungskapazitäten für Strom auf den Trassen
Dürnrohr-Slavetice und Wien Südost-Györ
Gemäß der im Auftrag der Europ. Kommission im Sommer veröffentlichten Studie der
Fa.
KEMA mit dem Titel: ,,Analysis of the network
capacities and possible congestion of
the
electricity transmission networks within the
accession countries" sollen die in Wien und
Niederösterreich befindlichen 380
kV-Hochspannungsleitungen zu den
Nachbarstaaten
Tschechien, Slowakei und Ungarn verstärkt werden.
Insbesondere wird
seitens der Fa. Kema vorgeschlagen, die bislang einsystemig behängten
Leistungsverbindungen zwischen den
Umspannwerken Dürnrohr-Slavetice (Tschechien) und
Wien-Südost-Györ (Ungarn) mit
zweisystemigen Leitungsverbindungen auszustatten.
Hierdurch soll sich die Übertragungskapazität verdoppeln.
Der Generaldirektor des tschechischen Stromversorgers CEZ Alan Svoboda hat in der Fachzeitschrift Nucleonics Week vom 13.April 2006 die Bereitschaft seiner Firma unterstrichen, weitere Atomkraftwerke errichten zu wollen. Hierbei ist es die Ambition der Fa. CEZ, den in neuen Atomkraftwerken zu erzeugenden Strom vorwiegend in westeuropäische Länder exportieren zu wollen. Direktor Alan Svoboda hat im zitierten Interview mit der Fachzeitschrift Nucleonics Week einen direkten Zusammenhang zwischen dem möglichen Bau weiterer Atomkraftwerke der Fa. CEZ mit dem Vorhandensein von ausreichenden Leitungsverbindungen auf Hochspannungsebene nach Österreich und Deutschland hergestellt.
„CEZ
is "ready to invest" in new nuclear projects, as long as it is able
to sell the resulting
power into a free European electricity market,
the Czech utility's vice chairman said this
month. Alan Svoboda, who is also executive vice President of the
Company, said CEZ would
likely begin by adding new nuclear capacity
in its home market before investing in nuclear
projects in neighbouring countries. He cited Bulgaria, Hungary, Poland and
Slovakia as
Potential candidates for new nuclear
construction in central and southeast Europe. „
(Nucleonics Week 13.April 2006)
Wenige Tage (20.3.2006) vorher veröffentlichte die englischsprachige
Zeitung Prague
Business Week einen Artikel mit dem Titel: „Cross-border power transport under
strain"
Hierin wird ausgeführt: ,,Austria's leading
electricity transporter has called for patience from
Czech utility Company ČEZ after its CEO, Martin Roman, criticized Austria
and Germany for
failing to build excess capacity for
cross-border electricity transmission. (...)More cross-
border capacity would benefit ČEZ. "After cross-border capacities
increase, electricity
wholesale prices in Germany should
stabilize or fall thanks to higher competition, namely
from ČEZ, which has enough spare
capacity," Bártek said."
Im Rahmen der TEN-Netze wurden die angeführten Leitungsverbindungen seitens der
Europ. Kommission als prioritäre Vorhaben festgelegt.
Neben der Absicht
der Fa. CEZ neue Atomkraftwerke errichten zu wollen, ist von
Bedeutsamkeit, dass der neue Eigentümer des slowakischen
Stromversorgungsunternehmens Slovenske Elektrarne, angehalten ist, die
Fertigstellung der Blöcke 3&4 des AKW Mochovce zu betreiben. In Ungarn
verstärken sich die Diskussionen um einen weiteren Ausbau der Kernkraft, zudem
sollen die vier Blöcke des AKW Paks um 20 Jahre länger als ursprünglich
bewilligt, betrieben werden.
Die unterzeichneten Abgeordneten stellen folgende
ANFRAGE
1.
Welche energie- und umweltpolitische
Position haben sie zur Verdoppelung der
Übertragungskapazitäten für Strom auf den Trassen Dürnrohr-Slavetice und Wien
Südost-Györ?
2.
Wie beurteilen sie diese Vorhaben im Lichte der zitierten
Geschäftsabsichten der Fa.
CEZ, weitere Atomkraftwerke errichten zu wollen, wie auch der Pläne für den
Ausbau
der Atomkraft in Ungarn und der Slowakei?
3.
Inwieweit stellt die
Verdopplung der Übertragungskapazitäten eine Zementierung
einer zentralen Stromerzeugungs- und Verteilungsstruktur dar, die nachweislich
als
nicht nachhaltig und im Falle von Atomkraftwerken als hochriskant eingestuft
werden
muss?
4.
Stellt
die
vorgesehene
Verdoppelung
der Übertragungskapazitäten im
Hochspannungsnetz nach Tschechien/Ungarn/Slowakei einen Beitrag zur Schaffung
eines atomkraftwerkfreien Mitteleuropas dar und wenn ja wie?
5.
Wurden
Sie in den Meinungsbildungsprozess vor Aufnahme der angeführten
Leitungen in die TEN-Prioritätenliste eingebunden und wenn ja, was war ihre
entsprechende Position?
6.
Erachten sie die angesprochenen Leitungsprojekte im
Lichte der Äußerungen von
CEZ-Direktor Svoboda als weiterhin prioritär?
7.
Welche Bewilligungsverfahren sind für die
Verdoppelung der
Übertragungskapazitäten für Strom bereits laufend, bzw. in Vorbereitung?
8.
Werden
für die angeführten Leitungsprojekte Umweltverträglichkeitsprüfungen
durchgeführt. Wenn ja, wann werden diese voraussichtlich beginnen? Wenn nein,
warum nicht?
9.
Welche
netztechnischen
und in weiterer Folge
elektrizitätswirtschaftlichen
Auswirkungen hat die angestrebte Verdoppelung der Übertragungskapazitäten für
die
Stromerzeugungsunternehmen in Ostösterreich?
10.
Besteht ein Zusammenhang zwischen der Verdopplung der
Übertragungsleistung
mittels
Hochspannungsleitungen
nach
Tschechien/Slowakei/Ungarn
und der
Stilliegung von österreichischen Kraftwerken in Ostösterreich?
11.
Welche Fördersummen stehen für die Planung und
Realisierung der als prioritär
eingestuften TEN-Stromleitungsverbindungen in Österreich, bzw. spezifisch für
die
angeführten beiden Leitungsverbindungen in Aussicht?