2442/J-BR/2006

Eingelangt am 24.08.2006
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Bundesrätin Kerschbaum, Freundinnen und Freunde

an den Bundesminister für Wirtschaft & Arbeit

betreffend aufgelassenes Gipsbergwerk in Maria Enzersdorf/NÖ

In Maria Enzersdorf, Ortsteil Marienhöhe, kam es an mehreren Stellen zu
Erdeinbr
üchen in Gärten. In einigen Häusern entstanden Risse, bei einem Haus
brach der Wohnzimmerboden ein. Nach der Durchf
ührung von Probebohrungen und
der Erstellung von Gutachten ist mittlerweile gesichert, dass sich unter dem
betroffenen Gebiet ein weit reichendes Stollensystem eines aufgelassenen
Gipsbergwerks befindet, welches im 19. Jahrhundert betrieben worden ist. F
ür
dieses Bergwerk gibt es weder einen Rechtsnachfolger noch irgendwelche
Unterlagen.

Die Bergbaubehörde, spricht von "dringendem Handlungsbedarf", aber nicht von
"Gefahr in Verzug" obwohl auch vorhandene Gasleitungen akut bedroht sind. Eine
Sanierung ist daher dringend notwendig. Dies bedeutet, dass die Hohlr
äume mit
einer d
ünnflüssigen aushärtenden Masse gefüllt werden müssen. Vorsichtige
Sch
ätzungen sprechen von einem finanziellen Aufwand von rund 2,5 Millionen Euro.
Nicht klar ist, wie viel F
üllmasse bei der Sanierung nach Gießhübl fließen würde, da
dort zwar der Einstieg nachgewiesen werden konnte, aber dort keine weiteren
Bohrungen durchgef
ührt wurden. Eine genaue Kostenschätzung ist daher nicht
m
öglich.

Die Bergbaubehörde erklärte sich mehrfach für "nicht zuständig".

Damit lehnt das zuständige Bundesministerium seine Zuständigkeit ab und vertritt
den zynischen Standpunkt, dass die heutigen Grundeigent
ümerInnen für die
Sicherung zu sorgen h
ätten. Das Mineralrohstoffgesetz sieht aber eine Verpflichtung
der zuständigen Bundesbehörde sowohl für die Gefahrenerforschung und -
absch
ätzung als auch - bei Gefahr in Verzug - für eine Ersatzvornahme der
unaufschiebbaren (Sanierungs)Maßnahmen vor.

Auch in der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage der Grünen (3937/AB
XXII. GP.-NR) verneint der zuständige Bundesminister Dr. Martin Bartenstein jede
Zuständigkeit für die Sanierung. Im Wesentlichen wird dies mit einem fehlenden
Verweis begr
ündet, dass die Übergangsbestimmung § 213 Abs. 1 MinroG zwar auf
§ 179 Abs. 3 für sinngemäß anwendbar erklärt, nicht hingegen jedoch § 213 Abs. 5
MinroG.

Im Auftrag der Gemeinde Maria Enzersdorf hat der Univ.-Prof. DDr. Heinz Mayer ein
Rechtsgutachten erstellt, das zu einem gegenteiligen Ergebnis kommt:


 

1.    Die Geländeeinbrüche auf der Marienhöhe im Gemeindegebiet von Maria
Enzersdorf sind Bergsch
äden, denen die Montanbehörde gem § 213 Abs 1 iVm §
179 Abs 3 und 5 MinroG begegnen muss.

2.                            Die Montanbehörde ist verpflichtet, die Maßnahmen zu treffen, die Gefahren für
Leben und Gesundheit von Menschen oder Gefahren für Sachen ausschließen. Bei
Gefahr in Verzug hat die Beh
örde unaufschiebbare Maßnahmen selbst zu
veranlassen.

3.                            Kann ein Ersatz der damit verbundenen Kosten nicht erzielt werden, zB weil es
keinen Haftpflichtigen gibt, so hat diese Kosten der Bund zu tragen.

3.     Hat die Gemeinde Maria Enzersdorf Maßnahmen getätigt, die von der
Montanbehörde zu treffen gewesen wären, so besteht ein Bereicherungsanspruch (§
1042 ABGB; zB VfSIg 10.933,11.854) gegen den Bund, der gem Art 137 B-VG mit
Klage an den VfGH durchzusetzen ist."

Da der Bund jede Verantwortlichkeit nach wie vor ablehnt, wurde im Frühjahr 2006
eine grunds
ätzliche Einigung zwischen Bund, Land Niederösterreich und der
Gemeinde Maria Enzersdorf
über eine Sanierung getroffen. Diese sieht ein
Gesamtvolumen von 3 Mio. Euro vor, das je zu einem Drittel von Bund, Land und
Gemeinde zu tragen ist. V
öllig unverständlich ist aber, dass die Sanierung nicht von
der
öffentlichen Hand durchgeführt werden soll, sondern von einem zu gründenden
privaten Verein. Diesem sollen die Gemeinde einerseits und die betroffenen
AnrainerInnen andererseits beitreten.

Damit wälzen der Bund und das Land Niederösterreich das Kostenrisiko - falls die
vorgesehenen 3 Mio. Euro nicht ausreichen sollten - in völlig unbilliger Weise auf die
AnrainerInnen bzw. die Gemeinde ab. Ebenso werden so allf
ällige
Schadenersatzanspr
üche, die sich aus der Sanierung ergeben können, erschwert,
wenn nicht sogar mangels ausreichenden Haftungsverm
ögen verunmöglicht.

Die gefertigten Abgeordneten stellt daher an den oben genannten Herrn
Bundesminister folgende

Die unterfertigten BundesrätInnen stellen daher folgende

ANFRAGE:

1.                           Ist Ihnen das Rechtsgutachten von Univ.-Prof. DDr. Heinz Mayer bekannt?

2.                           Wenn ja, wie beurteilen Sie die klaren Ergebnisse des Gutachtens?

3.                           Wenn nein, warum nicht?

4.                           Wie lautet die erzielte Einigung über die Bergwerkssanierung im Wortlaut?

5.                           Warum soll ein privater Verein die konkrete Sanierung abwickeln?

6.                           Wer soll den Verein bilden?


7.                          Ist es zutreffend, dass dem Verein sämtliche AnrainerInnen beitreten sollen?
Wenn ja, warum und welche Folgen hat dies für allfällige Ansprüche der
AnrainerInnen?

8.                          Sollten die 3 Mio. Euro für die Sanierung des Bergwerkes nicht ausreichen,
wer muss die Mehrkosten tragen?

9.                          Welches Risiko besteht für den Verein im Allgemeinen und den Vorstand
sowie die Vereinsmitglieder im Besonderen?

10.                  Welcher Haftungsmaßstab für Sanierungsfolgeschäden besteht bei einer
Sanierung durch die
öffentliche Hand und welcher bei einer Sanierung durch
einen privaten Verein?

11.                  Warum wird das Sanierungsrisiko auf die Gemeinde und unter Umständen
auch auf die betroffenen AnrainerInnen abgewälzt?

12.                  Wie können die Gemeinde bzw. betroffene AnrainerInnen gegen die
Unt
ätigkeit von der Montanbehörde bzw. vom Land Niederösterreich
rechtlich vorgehen?

13.                  Wann soll die Sanierung durchgeführt werden?

14.                  Gibt es in Österreich weitere Fälle von notwendigen
Bergwerkssanierungen? Wenn ja, welche, wie ist der Stand der Sanierung
und sollen auch diese durch private Vereine abgewickelt werden?