2698/J-BR/2009

Eingelangt am 02.07.2009
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Bundesrätin Kerschbaum, Freundinnen und Freunde
an die Bundesministerin für Justiz
betreffend AKW Projekte

Rund um Österreich sind zahlreiche neue Atomkraftwerke in Planung. Neben der Schweiz,
Tschechien, Slowakei, Ungarn, Frankreich, Polen, Belarus und Russland haben auch Italien,
Estland, Kroatien, Albanien, Mazedonien, Ukraine, Bulgarien AKW-Pläne in den Medien
bekanntgegeben.

Die Österreichische Bevölkerung lehnt die Nutzung von Atomenergie mit überwiegender
Mehrheit ab und auch die Bundesregierung bekennt sich im aktuellen Regierungsprogramm
zur Anti-Atompolitik. Diese Anti-Atompolitik ist, abgesehen von Bekenntnissen dazu in den
nationalen Medien, nur leider kaum sichtbar.

Neben dem Umweltminister, der grundsätzlich für Anti-Atompolitik zuständig ist, sind von
diesen offenen Fragen zur Anti-Atompolitik auch der Außenminister (int. Verträge), die
Justizministerin (Haftung), der Wirtschaftsminister (Energiepolitik) und der Bundeskanzler
(Koordination der Regierungsarbeit) zuständig.

Vor allem das Fehlen ausreichender internationaler Haftungsrichtlinien zählt, neben fehlenden
Nuklearinformationsverträgen, fehlenden Vorstößen zu einer Allianz der kernkraftwerksfreien
Staaten Europas, dem Beschluss einer mangelhaften EU-Sicherheitsrichtlinie, und der
kontraproduktiven Energiepolitik österreichischer EVUs zu den großen Versäumnissen der
Anti-Atompolitik der österreichischen Bundesregierung.

Betreffend die Vorlage der gesetzlich verpflichtenden periodischen „Berichte über die
Entwicklung der internationalen Haftungsinstrumente für Atomschäden" (lt. § 30
Atomhaftpflichtgesetz ) an den Nationalrat ist die Regierung weiter säumig. Es ist der
Bundesregierung bisher nicht gelungen, die ungenügende Haftung von Betreibern und
Betreiberstaaten europaweit zum Thema zu machen. Ungenügende Atomhaftung stellt nicht
nur eine entscheidende Frage für den Schadensersatz potentiell betroffener Österreicherinnen
und Österreicher, sondern auch eine Marktverzerrung durch indirekte Förderung der
Nuklearenergienutzung dar!

Fehlende Anti-Atompolitik und mangelndes Engagement im Bereich Energieeffizienz und
Erneuerbare Energien (Ökostromgesetz!) führen dazu, dass Österreichs ablehnende Haltung
zur Kernenergie auch international lediglich ein Schlagwort ist, weil Österreich weiterhin von
Atomstromimporten abhängig bleibt.


Die unterfertigten BundesrätInnen stellen daher folgende

ANFRAGE:

1.              Wann wurden bzw. werden die Berichte lt. § 30 Atomhaftungsgesetz (2001, 2004,
2007) dem Nationalrat und dem Bundesrat zur Beratung vorgelegt?

2.              In der Anfragebeantwortung Nr. 2399/AB-BR/2008 führte die damalige
Außenministerin Plassnik (zu Frage 5 und 8) an, dass das AtomHG 1999 in
wesentlichen Grundsätzen von den bestehenden Regimen des internationalen
Atomhaftungsrechts, deren Vertragsparteien die Nachbarstaaten sind, abweicht.
„Expertengespräche haben ergeben, dass Verhandlungen mit Nachbarstaaten
betreffend die Anerkennung des AtomHG 1999 nicht erfolgsversprechend sind, da das
österreichische Atomhaftungsrecht aus Sicht des Geschädigten wesentlich günstiger
ist." Es sei jedoch bereits auf Basis der geltenden Regelungen des österreichischen
Atomhaftungsgesetzes möglich, im Falle von Schäden, die in Österreich eintreten,
Haftungsansprüche vor einem österreichischen Gericht geltend zu machen.

 

1.              Wird eine Anerkennung des Österr. Atomhaftungsgesetzes durch andere
Staaten, insbesondere solche, in denen AKWs betrieben werden, noch
angestrebt?

2.              Werden diesbezüglich Verhandlungen geführt? Wenn ja, mit welchen Staaten?

3.              Unter welchen Umständen können die angeführten Haftungsansprüche vor
einem österreichischen Gericht geltend gemacht werden?

3.    Welche Haftungsgrenzen für Unfälle in Kernanlagen sind für die Betreiber in
folgenden Staaten geltend und welche Beträge sind in den Betreiberstaaten für
grenzüberschreitende Unfallfolgen jeweils nach geltendem nationalem Recht
vorgesehen?

1.             Italien

2.             Frankreich

3.             Großbritannien

4.             Estland

5.             Kroatien

6.             Albanien

7.             Mazedonien

8.             Ukraine

9.             Rumänien

10.      Bulgarien

11.      Finnland

12.      Schweden


13.      Belgien

14.      Niederlande

15.      Russland

16.      Tschechien

17.      Slowakei

18.      Ungarn

19.      Deutschland

20.      Schweiz

21.      Bulgarien

22.      Weißrussland

4.   Beabsichtigen Sie einen politischen Vorstoß auf EU-Ebene betreffend die Regelung
der Haftungsproblematik von Kernanlagen im Rahmen einer europäischen Richtlinie
bzw. haben Sie dazu bereits Schritte unternommen?

1.             Wenn ja, wann haben Sie hierzu welche Initiativen gesetzt?

2.             Wenn nein, welche politischen Initiativen werden sie alternativ setzen?