2761/J-BR/2010
Eingelangt am 08.06.2010
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Bundesrätin Kerschbaum, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung
betreffend die Kostensteigerung beim Projekt
ITER (Kernfusion)
Die unterfertigten BundesrätInnen stellen daher folgende
ANFRAGE:
Sehr geehrter Frau Ministerin,
Wie Sie in einem
Standard-Interview vom 26. Mai berichten, beschäftigt die
gewaltige Kostensteigerung des Projektes
ITER derzeit eine EU-Expertengruppe, die
über einen neuen Finanzierungsplan
für das Projekt berät. Über einen
österreichischen Standpunkt in
dieser Frage finden sich aber keine Informationen.
ITER ist ein
gemeinsames Forschungsprojekt der sieben gleichberechtigten Partner,
Euratom, Japan, Russland, China, Südkorea, Indien und USA, wobei Europa
mit 45
% einen Großteil der Kosten übernimmt. Die Kostensteigerungen werden
das
EURATOM-Budget und damit indirekt auch das österreichische Budget massiv
belasten. Im Hinblick auf die desaströsen Einsparungsmaßnahmen
an Österreichs
Universitäten ab 2013
(siehe auch die Resolution der Universitätenkonferenz am 31.
Mai)
sind die Mehrausgaben für ITER aus dem Forschungsbudget zu Lasten der
Forschung
und Lehre in Österreich untragbar!
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende Anfrage:
1 .Wie haben sich die Kostenschätzungen für das
Gesamtprojekt ITER und
insbesondere für den europäischen
Finanzierungsanteil von Beginn an bis
heute entwickelt?
2. Woraus ergeben sich die aktuell bekannten Kostensteigerungen für das Projekt
ITER?
Wie haben sich die Kosten für Planng, Bewilligungen, Hardware-
Komponenten,
Software-Komponenten über die Zeit hinweg entwickelt.
3. Wie hoch sind Kostensteigerungen der aktuell vorgelegten ITER-Finanzpläne
gegenüber dem verabschiedeten Budgetansatz
a) für das gesamte ITER-Projekt,
b) für den EURATOM-Anteil,
c) für den Anteil, den Österreich über EURATOM mitzufinanzieren hat?
d)
In-kind Beiträge (Lieferung von Komponenten und Errichtung
der
Gebäude)
e) In kind Beiträge Österreichs
4. Wie hoch war bzw. ist der österreichische Beitrag aus EURATOM (bitte
aufgeschlüsselt nach
Jahren und Haushaltstitel) von Projektbeginn bis Beginn
der Inbetriebnahme
des ITER-Projekts?
5.Stehen die ITER-Kostenerhöhungen in
einem Zusammenhang mit den, von der
Unikonferenz
kritisierten, massiven Einsparungen an Österreichs
Universitäten ab 2013?
a)
Wenn ja, welchen Anteil an der Personalkürzung von
kolportierten 3000
Lehrenden hat das Projekt ITER?
b) Wenn ja, wie ist das zu rechtfertigen?
6. Was ist der aktuelle Stand der Beratungen auf EU-Ebene im ITER-Projekt?
7. In welchen Gremien waren MitarbeiterInnen ihres Ministeriums in die
einschlägigen Beratungen beigezogen?
8.Mit welchen Bundesministerien werden Positionen Österreichs
zum ITER-
Projekt akkordiert?
9. Welche Auswirkungen haben die Kostensteigerungen beim ITER-Projekt auf
die Finanzplanung des Bundes in den kommenden Jahren?
10. Wenngleich es sich beim
ITER-Projekt um ein Vorhaben aus dem Bereich der
Grundlagenforschung handelt, wie beurteilen Sie die enormen Kosten vor dem
Hintergrund eines auch aus heutiger Sicht zweifelhaften Erfolges?
11 .Welche Projekte werden national, bzw. auf EU-Ebene
zurückgestellt werden
um
die ITER-Kostensteigerungen abzudecken?
12. Wie
beurteilen Sie das bisherige Projektmanagement des ITER-Projektes,
welchem es sichtlich
nicht gelungen ist, eine solide Kostenplanung
einzuhalten?
13. Ab welchen
Ausmaßes an Kostensteigerungen werden Sie dafür eintreten
das
Projekt unmittelbar
zu stoppen, bzw. haben Sie diesbezüglich
bereits
Initiativen gesetzt und wenn ja, wann und
wie?
14. Sind
ihrerseits personelle Veränderung in den ITER-Gremien
angebracht und
wenn welche?
15. Enthält der
ITER-Vertrag Ausstiegsklauseln, die z. B. bei unvorgesehenen
Kostensteigerungen
wirksam werden können oder hat sich EURATOM
verpflichtet, alle Kostensteigerungen in unbegrenzter Höhe mitzutragen?
a)
So das einschlägige Vertragswerk keine Kündigungsklausel
enthält:
Warum hat dies im
Zuge der Textierung des Vertrages keine
Beachtung gefunden hat?
b)
Was war die Position Österreichs im Vorfeld der
Vertragserstellung
bzgl.
Ausstiegsklauseln?
16. Gehen Sie
davon aus, dass das nun vorgelegte Anlagendesign endgültig ist
bzw. von welchen
Rahmenbedingungen ist es abhängig,
dass erneut
Projektänderungen verbunden mit
Kostensteigerungen eintreten?
17.
Welchen Optimierungsbedarf sehen Sie bei der Arbeit der europäischen ITER-
Agentur „Fusion for Energy" (F4E)?
18. Gibt es zu F4E weitere nationale Unterorganisationen?
19.
Warum wurde der bisherige Direktor von F4E, Didier Gambier, am 11.
Januar 2010
abgelöst? Welche Rolle spielten dabei die Feststellungen des
EU-Rechnungshofes
vom
November 2009 über den Jahresabschluss von ITER 2008, die
unter anderem
mehrere
Verletzungen der Finanzordnungen kritisiert?
20. Wen wird Österreich in die geplante „EU-Task-Force" entsenden?
21. Wann wird
die EU-Kommission die angeforderten Finanzierungsmöglichkeiten
unter Berücksichtigung eines Darlehens der Europäischen Investitionsbank
(EIB) bzw. einer Neugewichtung der Prioritäten bei den
im gegenwärtigen EU-
Haushaltsplan
eingesetzten Mitteln voraussichtlich vorlegen?
22. Welche
finanziellen Vorteile sprechen für ein EIB-Darlehnen gegenüber einer
direkten Aufstockung
aus dem EU-Budget?
23. Unterstützt die Bundesregierung die Möglichkeit einer Finanzierung der
Kostensteigerung beim ITER durch ein Darlehen der Europäischen
Investitionsbank (EIB) oder durch eine
Neugewichtung der Prioritäten? Wenn
ja - welche Projekte
sollen dann konkret als „weniger
dringlich" zurückgestuft
werden?
24. Wann soll nach heutigem Kenntnisstand in
welchem Gremium die
Entscheidung über eine
Erweiterung der finanziellen Verpflichtung der
europäischen Partner vorbereitet bzw. getroffen
werden?
25. Wie stellt die Bundesregierung
konkret sicher, dass das Österreichische
Parlament vor einer abschließenden
Befassung mit dem überarbeiteten Zeit-
und Kostenplan auf
EU-Ebene und vor der Entscheidung im ITER-Rat die
Gelegenheit zur Beratung und Mitwirkung
bekommt?
26. Welche
Ortsteams der ITER-Organisation gibt es an welchen Standorten in
Österreich?
27.
Welche österreichischen Institutionen und Firmen
sind an Planung und Bau
des Fusionsreaktors
in Cadarache beteiligt und mit welchen Leistungen?
28.
Ab wann und für welchen Zeitraum ist die Nutzung des
Forschungsreaktors
ITER vorgesehen?
29. Welche Erkenntnisse erwarten Sie sich von ITER?