2766/J-BR/2010
Eingelangt am
12.07.2010
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
Der Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum, Freundinnen und Freunde
an Herrn Bundesminister BMLFUW Nikolaus Berlakovich
betreffend
eines Klimaschutzgesetzes.
Die unterfertigten BundesrätInnen stellen daher folgende
ANFRAGE:
Österreich braucht ein Bundes-Klimaschutzgesetz! Das fordern nicht nur die Grünen
und österreichische Umweltschutzorganisationen seit Jahren, es steht auch in ihrem
Regierungsprogramm. Eine Anpassung der Zuständigkeiten an die
Verantwortlichkeiten in Sachen Klimaschutz ist grundlegende Voraussetzung für die
Erreichung der österreichischen Klimaschutzziele. Nur wenn direkte Sanktionen
drohen, werden Länder und Ministerien den Klimaschutz in ihren Entscheidungen
nachhaltig berücksichtigen.
Schon Umweltminister Pröll hat uns seinerzeit versprochen, dass die Einigung des
Bundes mit den Ländern in Sachen Klimaschutzgesetz vor der Türe steht. Bei der
Landesumweltreferentenkonferenz wurde nun wieder ein „Zurück an den Start"
vereinbart.
Der Beschluss der Landesumweltreferentenkonferenz umfasst u.a. folgende
Eckpunkte:
• Keine Änderung der Kompetenzen zwischen Bund und Ländern
• Für die Kyoto-Verpflichtungesperiode 2008-2012 leisten die Bundesländer keinen
finanziellen Beitrag.
• Die Aufteilung der Emissionshöchstemengen auf Sektoren für die
Verpflichtungsperiode
2013 bis 2020 auf Basis der völkerrechtlichen bzw.
unionsrechtlichen Vorgaben sowie die
Ausarbeitung der Maßnahmen wird zwischen
Bund und Ländern in einer 15a-Vereinbarung ausverhandelt. Die
Aufteilung der
Emissionshöchstmengen soll im Bundesklimaschutzgesetz verankert werden.
• Die Kostentragung zwischen Bund und Ländern bei Nichteinhaltung der
Verpflichtungen
ab 2013 wird in einer gesonderten Art. 15a-Vereinbarung geregelt,
dies unter Berücksichtigung der bisher erbrachten Leistungen.
• Das Bundesklimaschutzgesetz definiert Maßnahmenbereiche zur Reduktion von
Treibhausgasemissionen,
die Umsetzung von konkreten Maßnahmen erfolgt durch die
zuständigen
Gebietskörperschaften.
• Das BMLFUW wird ersucht, die Verhandlungen auf Basis des gegenständlichen
Beschlusses zügig fortzusetzen.
Statt
eines bundesweiten wirksamen Klimaschutzgesetzes wird es also in
Gesetzestext gegossene Zielformulierungen und zahnlose Nebenvereinbarungen
geben - und das nach jahrelangen
Verhandlungen Ihres Ministeriums mit den
Ländern. Der
Unterschied zur bisherigen Verantwortlichkeitsverteilung: gemeinsame
Klimastrategie und dazugehörige
§15a-Vereinbarung (Wohnbausanierung) ist nur
noch marginal erkennbar. Dass die Ausverhandlung dieser 15a-Vereinbarungen
noch viel Zeit in Anspruch nehmen wird, vor
allem auch, weil es ums Geld geht, wird
wohl niemand bezweifeln.
Wie unwirksam 15a Vereinbarungen sein, hat der
Rechnungshof in seinem Bericht
über die „Verwendung
der Mehreinnahmen aus der Mineralölsteuererhöhung".
Zitat:
„Eine politische Vereinbarung von Bund, Ländern und
Gemeinden aus dem Jahr
2007 regelte die Verwendung der Länder- und Gemeindeanteile an den
Mehreinnahmen aus der MÖSt. Auf
Wunsch der Länder wurde unter anderem die Art
der Mittelverwendung weniger konkret festgelegt, die
Berichtspflichten entfielen und
die Gültigkeit der Vereinbarung war bis
zur nächsten Steuerreform befristet.
Sie
endete somit mit Inkrafttreten der Steuerreform 2009 nach nur eineinhalb Jahren
Laufzeit. Danach konnten die Länder
völlig frei über
die Mehreinnahmen verfügen.
(TZ 5)". Zusammengefasst enttarnt der Rechnungshof diese
15a-Vereinbarung als
„grünes
Mascherl", das weder ausreichend verbindlich, noch nachhaltig gewirkt hat.
Auch die Überprüfung
des Rechnungshofes der „Klimarelevanten Maßnahmen
bei
der Wohnbausanierung auf Ebene der Länder"
(Bund 2009/7/1) beinhaltet massive
Kritik an der Form der §15a-Vereinbarung.
So kritisierte der Rechnungshof sowohl
das fehlende Monitoring, die Nicht-Berücksichtigung
der zusätzlichen Emissionen
durch Neubau, unterschiedliche Qualitätsstandards
und Begriffsdefinitionen.
Aufgrund des Fehlens der nötigen Daten
konnte nicht einmal der Rechnungshof
einen Vergleich der tatsächlichen
Effizienz der jeweiligen Ländermaßnahmen
erstellen. Die, ohnehin schwammig formulierten, Ziele der Klimastrategie wurden
mit
dieser 15a-Vereinbarung jedenfalls weit
verfehlt, die angestrebte Sanierungsrate von
2 % konnte im Überprüfungszeitraum
lediglich in Vorarlberg erreicht werden.
Der Rechnungshof empfahl auch, das Mietrechts-, das
Wohnungsgemeinnützigkeits-
und das
Wohnungseigentumsgesetz
auf Möglichkeiten zusätzlicher,
investitionsfördemder
Rahmenbedingungen für wärmedämmende
Sanierungsmaßnahmen
zu überprüfen
und gegebenenfalls zu überarbeiten.
Eine Einbindung des zuständigen BMJ in das
Klimaschutzgesetz ist aber offenbar nicht vorgesehen.
Wenn
nun wichtige Teile eines Klimaschutzgesetzes wieder in eine §15a-
Vereinbarung „ausgelagert"
werden, bedeutet dies einen massiven Rückschlag für
die österreichische Klimapolitik. Weiterhin werden
Länder und Wirtschafts- und
Verkehrsministerium den weitaus überwiegenden
Teil der Klimaschutzagenden,
entscheiden, ohne letztlich die entsprechenden Verantwortungen übernehmen
zu
müssen.
Die unterzeichneten BundesrätInnen stellen daher folgende Anfrage:
1. Wie weit ist Österreich derzeit von seinen Kyoto-Zielen entfernt?
2.
Wie teilen sich die Kyoto-Zielüberschreitungen auf die
einzelnen Sektoren bzw. die
entscheidenden
Ministerien auf und wie lauten die Trends der letzten Jahre?
3.
Wurde diese Aufteilung bereits mit den betroffenen Köperschaften
(andere Ministerien,
Länder)
akkordiert?
a. Wenn nein, warum nicht?
b. Wenn nein,
welche Ziele werden Sie im neu vorzulegenden „Klimaschutzgesetz"
formulieren?
4. Sind in den
Zielformulierungen „Einsparungen" durch JI/CDM
Programme
berücksichtigt?
a. Wenn ja - in welcher Höhe und wer übernimmt die Kosten für diese Programme?
b. Wenn ja - plant Österreich, jemals seine
Klimaschutzziele aus eigener Kraft zu
erreichen?
5.
In welcher Höhe ist, bei gleichbleibendem Trend, mit einer
Kyoto-Strafzahlung zu
rechnen?
6.
Wie hoch belaufen sich die nationalen Kosten der Auswirkungen des
Klimawandels in
Österreich
a. Bei einer Erwärmung um durchschnittlich 2°C?
b. Bei einer Erwärmung um durchschnittlich 4°C?
7. Welche Kosten hätten sich aus dem, 2009 ausgearbeiteten, Klimaschutzgesetz ergeben:
a. Für die Länder
b. Für das Verkehrsministerium
c. Für das Wirtschaftsministerium
8.
Welche Sanktionsmaßnahmen hätte der bisherige
Entwurf eines Klimaschutzgesetzes für
Länder und
Ministerien vorgesehen?
9.
Wie weit kann sich die Verantwortlichkeit und Verbindlichkeit des
verbliebenen „Rumpf-
Klimaschutzgesetzes"
lt. Beschluss der LURK von der Verbindlichkeit der bisher schon
zahnlosen Klimastrategie unterscheiden?
10.
Wie viele Verhandlungsrunden mit den Umweltlandesräten haben seit
der
Landesumweltreferentenkonferenz
2009 stattgefunden?
11. Wie stehen Sie zum Beschluss der Landesumweltreferentenkonferenz?
12.
Wer wird für die Erarbeitung der Maßnahmenbereiche, die
im neuen Klimaschutzgesetz
festzulegen sind,
zuständig sein?
13.
Wie werden Sie
verhindern, dass die 15a-Vereinbarung zum Klimaschutzgesetz nicht
genauso ineffizient wird, wie die
15a-Vereinbarung über die Mittelverwendung aus der
Mineralölsteuererhöhung
2007 oder die Wohnbausanierung der Länder?
a. Wer wird für die
Effizienz der Überwachung der Ländermaßnahmen zuständig
sein?
b. Wer wird für die
Effizienz der Überwachung der Bundesmaßnahmen im Bereich
Verkehr und Energie zuständig sein?
c. Welche Sanktionen können Sie Nicht-Erreichung der Ziele verhängen?
i. Sanktionen bei Nichterreichung der Ziele des Wirtschafts- und des
Verkehrsministeriums
ii. Sanktionen bei Nichterreichung der Länderziele?
d. Wie können Sie die Effizienz der Maßnahmen gewährleisten?
e. Ist ein Benchmarking der Ländermaßnahmen vorgesehen?
14.
Wann rechnen Sie mit einer Beschlussfassung des neuen
Klimaschutzgesetzes (bestenfalls
und worst case)?
15. Welche Aufgaben sollen dem „Nationalen Klimaschutzkomitee" zukommen?
16. Wer wird im Nationalen Klimaschutzkomitee vertreten sein?
17.
Welche Entscheidungsbefugnisse sollen dem Nationalen Klimaschutzkomitee
zukommen?
18.
Welche Maßnahmen planen Sie im eigenen Wirkungsbereich, um
die Klimaschutz-
Strafzahlungen
möglichst niedrig zu halten?
19. Unterstützen Sie die Forderung nach einer Aufhebung des Deckels im Ökostromgesetz?
20. Wie können Sie die Ökologisierung des Kraftwerksparks vorantreiben (z.B. Dürnrohr)?
21. Wie können Sie die Ökologisierung des KFZ-Parks vorantreiben?
22. Wie können Sie eine massive Erhöhung der Wohnbau-Sanierungsquote erreichen?
23. In welchen weiteren Gesetzen soll der Klimaschutz künftig verankert werden?
a. Streben Sie
an, den Klimaschutz im UVP-Verfahren als entscheidenden Faktor
aufzunehmen? Wenn ja - ist auch hier
eine Toleranzgrenze vorgesehen?
b. Streben Sie
eine Überprüfung des Generalverkehrsplanes nach
Klimaschutzkriterien
an?
a. Setzen Sie
sich für Änderungen des Miet, des
Wohnungsgemeinnützigkeits- und
des Wohnungseigentumsrechtes
zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für
Klimaschutzmaßnahmen ein?
b. Setzen Sie
sich für eine Verankerung des Klimaschutzes in der
Lebensmittelkennzeichnung
ein (CO2-Pickerl)?
24. Welche Chancen sehen
Sie, in den nächsten Jahren bis zur Beschlussfassung eines
Klimaschutzgesetzes,
Maßnahmen voranzutreiben?