2792/J-BR/2010

Eingelangt am 23.12.2010
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Anfrage

der Abgeordneten Dönmez, Kerschbaum, Kickert

an den Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend

betreffend dem Handel zwischen Österreich und dem Iran

Der Iran ist einer der bedeutendsten Handelspartner Österreichs, und beide Länder verbindet eine lange Geschichte der Zusammenarbeit im Energiesektor. Österreich gehört zu den Ländern, die der Implementierung strengerer EU-Sanktionen gegen den Iran stets kritisch gegenüberstanden. Bis zur Verabschiedung der neuen UN- und EU-Sanktionen war Österreich eines der wenigen Länder, das seine Exporte in die islamische Republik weiter ausdehnte. Im März 2009 begrüßte die Wirtschaftskammer Österreich unter Leitung von Christoph Leitl eine iranische Handelsdelegation in Wien und hob bei diesem Anlass die "ausgezeichneten wirtschaftlichen Beziehungen" hervor. Gruppen wie "Stop the Bomb" erhöhen jedoch den Druck auf die österreichische Regierung, indem sie innerhalb Österreichs und weltweit die "schlaffe" Position der Regierung in Wien gegenüber dem iranischen Regime kritisieren. Österreich stimmte im Sommer 2010 widerwillig mit der internationalen Gemeinschaft für Sanktionen gegen den Iran. Die Zeitung The London Telegraph zitierte einen in Wien stationierten Diplomaten, der erklärte, dass dieses Verhalten etwas typisch Wienerisches“ sei, nicht so genau hinzusehen und die Dinge ihren Gang gehen lassen, solange für Österreich nichts auf dem Spiel steht“. Weiterhin sagte er: Wien ist das schwache Glied, wenn es um Sanktionen geht."

Die unterfertigten BundesrätInnen stellen daher folgende

ANFRAGE:

1.) Haben sich die Ex- und Importe Österreichs in den Iran in den ersten drei Quartalen 2010 gegenüber dem Vorjahr gesteigert? Wie hoch waren die Ex- und Importe Österreichs in den Iran in den ersten drei Quartalen? Welche Ex- und Importzahlen erwartet das Wirtschaftsministerium beim Iran-Handel für das Gesamtjahr 2010?


2.) Welche Arten von Gütern wurden von welchen Unternehmen nach Inkrafttreten der UN- und der EU-Sanktionen aus Österreich in den Iran geliefert?

3.) An wen wurden diese Güter im Iran geliefert?

4.) In welchem Umfang werden Iran-Exporte seit Inkrafttreten der UN- und EU- Sanktionen in Österreich weiterhin mit Exportgarantien abgesichert?

5.) Welche konkreten Maßnahmen wurden vom Ministerium ergriffen, um die Einhaltung der UN- und EU-Sanktionen zu gewährleisten?

6.) Welche Maßnahmen werden von Seiten des Wirtschaftsministerium ergriffen, um der EU Verordnung über das Verbot von Lieferungen von technischem Gerät, dass zur Repression eingesetzt werden kann, nachzukommen? Inwieweit kann sichergestellt werden, dass etwa Feuerwehrfahrzeuge der Firma Rosenbauer auf iranischer Seite nicht als Wasserwerfer eingesetzt werden?

7.) Wieviele Anträge auf Feststellungsbescheide für Ausfuhren in den Iran sind 2010 eingereicht worden? Wieviele dieser Anträge wurden negativ beantwortet? Wieviele dieser Anträge wurden aufgrund von Verletzungen der Dual-Use Verordnung der Europäischen Union negativ beantwortet?

8.) Österreichische Firmen wie beispielsweise Anton Paar, VADO, Wittmann Battenfeld oder Elin suchen mit Unterstützung der österreichischen Botschaft weiterhin nach Geschäftspartnern im Iran. Der österreichische Botschafter in Teheran, Thomas Buchsbaum, hat undementierten iranischen Medienberichten zufolge noch Ende November 2010 das Interesse Österreichs an einem Ausbau der wirtschaftlichen Beziehungen zum Iran bekundet. Wie ist diese Politik damit in Einklang zu bringen, dass die Bundesregierung postuliert, sich nicht nur penibel an die Sanktionsvorschriften zu halten, sondern auch im Geist der EU- Sanktionsbeschlüsse zu handeln, was bedeuten würde, generell auf einen Rückgang des Iran-Handels zu drängen, anstatt seinen Ausbau zu fördern?

9.) Während BP oder Shell ihre Verträge mit Iran-Air kurzfristig gekündigt haben, springen der Flughafen Wien und die OMV für die Fluglinie des Regimes in die Bresche. Unterstützt oder verurteilt das Wirtschaftsministerium die Betankung von Iran-Air Maschinen durch die OMV am Wiener Flughafen?

10.) Am 2. Dezember 2010 fand in Wien ein Iran-Seminar der Wirtschaftskammer Österreich statt. Nach Aussagen von Seminarteilnehmern empfahlen dort Gerta Mlejnek von der Wirtschaftskammer und Helmut Krehlik vom Bundesministerium für Wirtschaft, sich mit Anfragen hinsichtlich zukünftiger Geschäftspartner im Iran nicht direkt an das Wirtschaftsministerium zu wenden. Es reiche aus, seiner so genannten Sorgfaltspflicht hinsichtlich der Einholung von Informationen über potentielle Partner nachzukommen. Anfragen bei Helmut Krehlik im Wirtschaftsministerium könnten hingegen auf Grund der zusätzlichen Informationen, die dem Ministerium vorliegen, zu abschlägigen Entscheiden führen und seien daher nicht empfehlenswert. Krehlik habe zudem gegenüber den versammelten Seminarteilnehmern seine Privatmeinung“ zu den Iran-Sanktionen kundgetan, nach der er die gesamte Sanktionspolitik für falsch halte. Wie passt eine derartige Beihilfe zur Fortsetzung des Iran-Business zur offiziellen Unterstützung Österreichs für die Sanktionsbeschlüsse der UN und der EU? Wurde Helmut Krehlik für seine Äußerungen seitens des Wirtschaftsministers kritisiert und zurechtgewiesen? Wird sich das Wirtschaftsministerium auch in der Zukunft an Veranstaltungen der Wirtschaftskammer beteiligen, die offensichtlich dem Ausbau der Handelsbeziehungen trotz Sanktionen dienen? (Die WKO hat für Februar 2011 ein Folgeseminar zum Iran angekündigt.)

11.) In den letzten Wochen sollen fast täglich österreichische Ausfuhrgenehmigungen von deutschen beziehungsweise holländischen Behörden gestoppt worden sein, weil entweder das Gut oder der Endabnehmer verdächtigt waren. Aus welchem Grund wurden diese Lieferungen gestoppt? Welches Gut sollte von welchen Firmen geliefert werden und wer waren die Endabnehmer? Inwieweit ist es zu Versäumnissen auf österreichischer Seite gekommen und wie soll das in Zukunft verhindert werden?