2814/J-BR/2011
Eingelangt am 08.04.2011
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
Der BundesrätInnen Kickert, Kerschbaum, Dönmez
an die Bundesministerin für Inneres
betreffend Ungleichbehandlungen von EP zum Eherecht
Das Gesetz über die Eingetragene PartnerInnenschaft
(EPG) ist seit 01.01.2010 in
Kraft und bietet homosexuellen Paaren in Österreich erstmals die Möglichkeit, ihre
Partnerlnnenschaften rechtlich zu institutionalisieren. Im ersten Jahr seit
Bestehen
des Instituts der Eingetragenen PartnerInnenschaft (EP) gingen 450 Männerpaare
und 255 Frauenpaare eine Verpartnerung ein. Im Vergleich zum Eherecht für
heterosexuelle Paare gibt es allerdings wesentliche Ungleichbehandlungen, die für
schwule und lesbische Paare durch das EPG
und den damit verbundenen
Anpassungen in anderen Gesetzen vorgesehen sind. Diese betreffen erstens
die
Weigerung der österreichischen GesetzgeberInnen,
homosexuelle
Partnerlnnenschaften, in denen Kinder leben, als Familien anzuerkennen. Laut
Entscheidungen des Europäischen
Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) in der
Sache Schalk & Kopf und P.B. & J.S. (2010) ist jedoch klar, dass auch
gleichgeschlechtliche
Paare „Familie“ sind. Zweitens gibt es im EPG mit
viel Mühe
künstlich
konstruierte symbolische Unterschiede zwischen EP und Ehe. Drittens
finden sich Bestimmungen im EPG, die im Vergleich zum Eherecht als weniger
strikt
einzustufen sind.
Diesen Ungleichbehandlungen ist gemein, dass sie der
Hierarchisierung von EP und Ehe dienen und
die EP als minderwertiges
Rechtsinstitut erscheinen lassen. Zahlreiche JuristInnen, wie etwa Ass.-Prof.
Dr.
Barbara Beclin vom Institut für
Zivilrecht an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät
der Universität Wien,
sehen zumindest die unterschiedlichen „äußerlichen
Vorschriften“
des EPG als gleichheitswidrig an, da sie keine inhaltlichen Ziele
verfolgen, sondern bloß darauf
abzielen, die EP von der Ehe ab- und auszugrenzen
(Juridicum Online,
12.03.2010). Die österreichischen GesetzgeberInnen
agieren
folglich nicht nur ungeachtet
gesellschaftlicher Realitäten, sondern ignorieren
außerdem die Fachmeinung von ExpertInnen
sowie zahlreiche wissenschaftliche
Studien, die die Ungleichbehandlung
homosexueller Paare in einer EP gegenüber
heterosexuellen Paaren in einer Ehe als absolut ungerechtfertigt qualifizieren.
Auch
in Rechtsvorschriften wie dem Personenstandsgesetz (PStG), dem
Namenänderungsgesetz (NÄG), dem WählerInnenevidenzgesetz
(WevG), dem
Europa-Wählerlnnenevidengesetz (EuWEG), dem
Niederlassungs- und
Aufenthaltsgesetz (NAG) und dem Fremdenpolizeigesetz (FPG) werden Personen,
die in Eingetragener PartnerInnenschaft leben anders behandelt, als Personen
die in
einer
Ehe leben.
Die unterfertigten BundesrätInnen stellen daher folgende
ANFRAGE:
1.Eingetragene Partnerlnnenschaften werden vor den
Bezirksverwaltungsbehörden
(Bezirkshauptmannschaft oder Magistrat)
geschlossen (§§ 47a, 59a PStG). Ehen werden auf dem für
Personenstandsänderungen
zuständigen Standesamt geschlossen (§§ 15, 17
EheG; §§ 47, 59 PStG). Auf welchen objektiven Merkmalen beruht dieser
Unterschied und wie kann er sachlich
gerechtfertigt werden?
2.Falls keine ausreichende sachliche Rechtfertigung vorliegt,
halten Sie es für
sinnvoll,
dass Ihr Ressort eine entsprechende nicht-diskriminierende, dem
verfassungsmäßig
verankerten Gleichheitsgrundsatz entsprechende
Regelung
ausarbeitet?
3. Wenn ja, wie würden diese Änderungen aussehen?
4.Wenn nein, warum nicht?
5.Eingetragene Partnerlnnenschaften sind nur in den
Amtsräumen zu schließen
(§ 47 a PStG),
Trauungen hingegen an Orten vorzunehmen, die der
Bedeutung der Ehe
entsprechen (§ 47 PStG Auf welchen objektiven
Merkmalen beruht dieser Unterschied und wie
kann er sachlich gerechtfertigt
werden?
6.Falls keine ausreichende sachliche Rechtfertigung vorliegt, halten
Sie es für
sinnvoll,
dass Ihr Ressort eine entsprechende nicht-diskriminierende, dem
verfassungsmäßig verankerten
Gleichheitsgrundsatz entsprechende
Regelung
ausarbeitet?
7.Wenn ja, wie würden diese Änderungen aussehen?
8.Wenn nein, warum nicht?
9.Für das Schließen einer Eingetragenen PartnerInnenschaft
sind keine
ZeugInnen vorgesehen (§ 26a PStG) wie bei einer Eheschließung (§ 24
PStG). Auf welchen
objektiven Merkmalen beruht dieser Unterschied und wie
kann er sachlich gerechtfertigt werden?
10. Falls keine
ausreichende sachliche Rechtfertigung vorliegt, halten Sie es für
sinnvoll, dass Ihr Ressort eine entsprechende nicht-diskriminierende, dem
verfassungsmäßig verankerten Gleichheitsgrundsatz
entsprechende
Regelung
ausarbeitet?
11. Wenn ja, wie würden diese Änderungen aussehen?
12. Wenn nein, warum nicht?
13.
Eingetragene
PartnerInnen verlieren ihren Familiennamen und bekommen
stattdessen einen Nachnamen. (§§ 26a, 34a und weitere §
des PStG; §§ 2
Abs. 1 Z. 7a, 3 Abs. 2 Z. 1 NÄG;
Personenstands- und
Namensänderungsverordnung samt Anlagen).
Auf welchen objektiven
Merkmalen beruht dieser Unterschied zur
Regelung für EhegattInnen und wie
kann er sachlich gerechtfertigt werden?
14.
Falls keine ausreichende sachliche Rechtfertigung vorliegt, halten Sie
es für
sinnvoll, dass Ihr
Ressort eine entsprechende nicht-diskriminierende, dem
verfassungsmäßig verankerten
Gleichheitsgrundsatz entsprechende
Regelung ausarbeitet?
15. Wenn ja, wie würden diese Änderungen aussehen?
16. Wenn nein, warum nicht?
17.
Wie ist sachlich zu rechtfertigen, dass eingetragene PartnerInnen den
Namen
ihrer Familie nicht
als Familiennamen weiterführen
dürfen?
18.
Sind Ihnen die
Entscheidungen des Europäischen
Gerichtshofs für
Menschenrechte (EGMR) in der Sache Schalk
& Kopf und P.B. & J.S. (2010)
bekannt, dass auch
gleichgeschlechtliche Paare „Familie“ sind?
19.
Wenn ja, wie beurteilen vor diesem Hintergrund, dass für
eingetragene
PartnerInnen kein Familienname vorgesehen ist?
20. Wenn nein, warum nicht?
21.
Nimmt eine eingetragene Partnerin/ein eingetragener Partner den Namens
der/des anderen an, ist der neue Doppelname nur ohne Bindestrich zu bilden
(§ 2 Abs. 1 Z7a NÄG) - im Gegensatz zu Doppelnamen für EhegattInnen (§
93 ABGB). Auf welchen objektiven Merkmalen beruht dieser
Unterschied zur
Regelung für EhegattInnen und wie kann er
sachlich gerechtfertigt werden?
22.
Falls keine ausreichende sachliche Rechtfertigung vorliegt, halten Sie
es für
sinnvoll, dass Ihr Ressort eine entsprechende nicht-diskriminierende, dem
verfassungsmäßig verankerten Gleichheitsgrundsatz
entsprechende
Regelung
ausarbeitet?
23. Wenn ja, wie würden diese Änderungen aussehen?
24. Wenn nein, warum nicht?
25.
Ist Ihnen das Problem des Zwangsoutings bewusst, das durch die nur für
schwule oder
lesbische eingetragene PartnerInnen eingeführte
Namenskategorie „Nachname“
entsteht?
26.
Im Bereich der Voraussetzungen für die Eintragung in
die
WählerInnenevidenzen
von ÖsterreicherInnen mit Hauptwohnsitz im Ausland
ist die Eingetragene
PartnerInnenschaft im Unterschied zur Ehe nicht als
bestehende Lebensbeziehung angeführt, die für die
Zuordnung zum Ort der
Eintragung
heranzuziehen ist. Auf
welchen objektiven
Merkmalen beruht
dieser Unterschied zur Regelung für EhegattInnen
und wie kann er sachlich
gerechtfertigt werden?
27.
Falls keine ausreichende sachliche Rechtfertigung vorliegt, halten Sie
es für
sinnvoll,
dass Ihr Ressort eine entsprechende nicht-diskriminierende, dem
verfassungsmäßig verankerten Gleichheitsgrundsatz
entsprechende
Regelung ausarbeitet?
28. Wenn ja, wie würden diese Änderungen aussehen?
29. Wenn nein, warum nicht?
30.
Eingetragene PartnerInnen zählen im Gegensatz zu EhegattInnen
nicht zur
„Kernfamilie“ (§ 2 Abs. 4 Z. 12 FPG; § 2 Abs. 1 Z. 9 NAG). Auf welchen
objektiven Merkmalen beruht dieser Unterschied zur Regelung für
EhegattInnen und wie kann er sachlich
gerechtfertigt werden?
31.
Falls keine ausreichende sachliche Rechtfertigung vorliegt, halten Sie
es für
sinnvoll,
dass Ihr Ressort eine entsprechende nicht-diskriminierende, dem
verfassungsmäßig verankerten Gleichheitsgrundsatz
entsprechende
Regelung ausarbeitet?
32. Wenn ja, wie würden diese Änderungen aussehen?
33. Wenn nein, warum nicht?