2815/J-BR/2011
Eingelangt am 08.04.2011
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
Der BundesrätInnen Kickert, Kerschbaum, Dönmez
an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und KonsumentInnenschutz
betreffend
Ungleichbehandlungen von eingetragenen PartnerInnen und
EhegattInnen
Das Gesetz über die Eingetragene PartnerInnenschaft
(EPG) ist seit 01.01.2010 in
Kraft und bietet homosexuellen Paaren in Österreich erstmals die Möglichkeit, ihre
Partnerlnnenschaften rechtlich zu institutionalisieren. Im ersten Jahr seit
Bestehen
des Instituts der Eingetragenen PartnerInnenschaft (EP) gingen 450 Männerpaare
und 255 Frauenpaare eine Verpartnerung ein. Im Vergleich zum Eherecht für
heterosexuelle Paare gibt es allerdings wesentliche Ungleichbehandlungen, die für
schwule und lesbische Paare durch das EPG und den damit verbundenen
Anpassungen in anderen Gesetzen vorgesehen
sind. Diesen Ungleichbehandlungen
ist gemein, dass sie der Hierarchisierung von EP und Ehe dienen und die EP als
minderwertiges Rechtsinstitut erscheinen lassen. Insbesondere wird lesbischen
und
schwulen Paaren von den GesetzgeberInnen abgesprochen, „Familie"
zu sein. Laut
Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für
Menschenrechte (EGMR) in der
Sache Schalk & Kopf und P.B. & J.S. (2010) ist jedoch klar, dass auch
gleichgeschlechtliche
Paare „Familie“ sind. Zahlreiche JuristInnen, wie etwa
Ass.-
Prof.
Dr. Barbara Beclin vom Institut für Zivilrecht an der Rechtswissenschaftlichen
Fakultät der Universität Wien, sehen
zumindest die unterschiedlichen „äußerlichen
Vorschriften“
des EPG als gleichheitswidrig an, da sie keine inhaltlichen Ziele
verfolgen, sondern bloß darauf
abzielen, die EP von der Ehe ab- und auszugrenzen
(Juridicum Online,
12.03.2010). Die österreichischen GesetzgeberInnen
agieren
folglich nicht nur ungeachtet gesellschaftlicher Realitäten, sondern ignorieren
außerdem die Fachmeinung von ExpertInnen
sowie zahlreiche wissenschaftliche
Studien, die die Ungleichbehandlung homosexueller Paare in einer EP gegenüber
heterosexuellen Paaren in einer Ehe als
absolut ungerechtfertigt qualifizieren. Auch
in Rechtsvorschriften wie dem ASVG, GSVG, BSVG, Pensionsgesetz, AVRAG,
Gehaltsgesetz, Urlaubsgesetz u.a. werden Personen, die in Eingetragener
PartnerInnenschaft leben anders behandelt,
als Personen die in einer Ehe leben.
Die unterfertigten BundesrätInnen stellen daher folgende
ANFRAGE:
1.Für Stiefkinder eines eingetragenen
Partners/einer eingetragenen Partnerin gibt
es anders als für Stiefkinder von EhegattInnen keine
Mitversicherung für
Angehörige in der Krankenversicherung,
außer sie fallen unter den
familienrechtlichen Pflegekindbegriff. (§ 123 ASVG, §
83 GSVG, § 78 BSVG
u.a.). Auf welchen objektiven Merkmalen
beruht dieser Unterschied und wie
kann er sachlich gerechtfertigt werden?
2.Falls keine ausreichende sachliche Rechtfertigung
vorliegt, halten Sie es für
sinnvoll,
dass Ihr Ressort eine entsprechende nicht-diskriminierende, dem
verfassungsmäßig verankerten Gleichheitsgrundsatz
entsprechende
Regelung ausarbeitet?
3.Wenn ja, wie würden diese Änderungen aussehen?
4.Wenn nein, warum nicht?
5.Für eingetragene PartnerInnen ist anders als
für EhegattInnen keine erhöhte
Witwen- bzw. Witwerpension nach Zerrüttungsauflösung der EP
bei Betreuung
eines
gemeinsam (im Ausland, in bestimmten Fällen möglich je
nach
Staatsangehörigkeit der eingetragenen PartnerInnen)
adoptierten Kindes
vorgesehen (§§§ 215, 264
ASVG; § 145 GSVG; § 136 BSVG; § 19 PG
u.a.).
Auf welchen objektiven Merkmalen beruht dieser
Unterschied und wie kann er
sachlich gerechtfertigt werden?
6.Falls keine ausreichende sachliche Rechtfertigung
vorliegt, halten Sie es für
sinnvoll,
dass Ihr Ressort eine entsprechende nicht-diskriminierende, dem
verfassungsmäßig
verankerten Gleichheitsgrundsatz entsprechende
Regelung ausarbeitet?
7.Wenn ja, wie würden diese Änderungen aussehen?
8.Wenn nein, warum nicht?
9.Ein überlebender Stiefelternteil hat bei der EP
einen geringeren Anspruch auf
Witwen- bzw.
Witwerpension als bei der Ehe, nämlich
zweieinhalb Jahre
gegenüber
lebenslang bei der Ehe (§ 258 ASVG; § 136 GSVG; § 127 BSVG
u.a.). Auf welchen objektiven Merkmalen beruht dieser Unterschied und wie
kann er sachlich
gerechtfertigt werden?
10.Falls keine ausreichende sachliche Rechtfertigung
vorliegt, halten Sie es für
sinnvoll,
dass Ihr Ressort eine entsprechende nicht-diskriminierende, dem
verfassungsmäßig
verankerten Gleichheitsgrundsatz entsprechende
Regelung
ausarbeitet?
11.Wenn ja, wie würden diese Änderungen aussehen?
12. Wenn nein, warum nicht?
13.
Für eingetragene PartnerInnen gibt es anders als für EhegattInnen
und gleich-
wie
verschiedengeschlechtliche LebensgefährtInnen
nur eine erschwerte
Familienhospizkarenz für im Sterben liegende Stiefkinder
(§ 14a, 14b
AVRAG; § 78 BDG; § 29k VBG u.a.). Auf welchen objektiven Merkmalen
beruht dieser Unterschied und wie kann er
sachlich gerechtfertigt werden?
14.
Falls keine ausreichende sachliche Rechtfertigung vorliegt, halten Sie
es für
sinnvoll,
dass Ihr Ressort eine entsprechende nicht-diskriminierende, dem
verfassungsmäßig verankerten Gleichheitsgrundsatz
entsprechende
Regelung
ausarbeitet?
15. Wenn ja, wie würden diese Änderungen aussehen?
16. Wenn nein, warum nicht?
17.
Für eingetragene PartnerInnen gibt es anders als für EhegattInnen
und gleich-
wie
verschiedengeschlechtliche LebensgefährtInnen
keine
Arbeitszeitreduktion oder Karenz zur Betreuung von Stiefkindern (§§ 50b, 75
BDG; § 29b VBG; § 10 GehG
u.a.). Auf welchen objektiven Merkmalen beruht
dieser Unterschied
und wie kann er sachlich gerechtfertigt werden?
18.
Falls keine ausreichende sachliche Rechtfertigung vorliegt, halten Sie
es für
sinnvoll, dass Ihr Ressort eine entsprechende nicht-diskriminierende, dem
verfassungsmäßig verankerten Gleichheitsgrundsatz
entsprechende
Regelung ausarbeitet?
19. Wenn ja, wie würden diese Änderungen aussehen?
20. Wenn nein, warum nicht?
21.
Für eingetragene PartnerInnen gibt es anders als für EhegattInnen
und gleich-
wie
verschiedengeschlechtliche LebensgefährtInnen
nur einen erschwerten
Pflegeurlaub für Stiefkinder (§ 16 UrlaubsG; § 76 BDG; § 29f VBG u.a.). Auf
welchen objektiven Merkmalen beruht dieser Unterschied und wie kann er
sachlich gerechtfertigt werden?
22.
Falls keine ausreichende sachliche Rechtfertigung vorliegt, halten Sie
es für
sinnvoll, dass Ihr
Ressort eine entsprechende nicht-diskriminierende, dem
verfassungsmäßig
verankerten Gleichheitsgrundsatz entsprechende
Regelung
ausarbeitet?
23. Wenn ja, wie würden diese Änderungen aussehen?
24. Wenn nein, warum nicht?