2825/J-BR/2011
Eingelangt am
14.04.2011
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Monika Mühlwerth
und weiterer Abgeordneter
an die Bundesministerin für Inneres
betreffend Integration von in Österreich lebenden Türken
Anfang März 2011 hat eine Delegation aus Österreich, bestehend aus Abgeordneten der ÖVP, darunter auch der ÖVP-Klubobmann Karl-Heinz Kopf, mit offiziellen Vertretern der türkischen Republik, ein Treffen organisiert. In der Tageszeitung „Kurier“ wurde über das Treffen am 10. März 2011 folgendermaßen berichtet:
„Streit um Sprachkurse für Türken
Integration Nach den Aussagen eines Erdogan-Beraters ("Deutschkurse sind eine Provokation") hagelt es von Blau bis Grün Kritik an den Thesen.
Die Aufregung war beträchtlich: Nachdem Gürsel Dönmez, Integrationsberater des türkischen Premiers Recep Tayyip Erdogan, im KURIER erklärt hatte, in der Türkei zu absolvierende Deutschkurse würden in der Türkei als Provokation empfunden, regte sich am Mittwoch heftiger Widerspruch - in der innenpolitischen Landschaft wie auch unter in Österreich lebenden, türkischen Experten und Intellektuellen.
"Was wir in Österreich jetzt sicher nicht brauchen können, sind Zuwanderer, die auch noch seitens ihres Heimatlandes darin bestärkt werden, ja nicht zu viel Integrationsbereitschaft an den Tag zu legen und die deutsche Sprache als zweitrangig anzusehen", wetterte etwa FPÖ-Parteichef Heinz-Christian Strache.
Wenn die offizielle Türkei jetzt wieder bestätige, "dass jegliche Bemühungen Österreichs, hier lebende Türken zu integrieren, torpediert werden, muss die Türkei auch klare Signale bekommen, dass ein Sesshaftwerden auf diese Art eben nicht mehr möglich ist".
Nötig wie ein Kropf
In seltener Eintracht mit den Freiheitlichen präsentierten sich gestern die Grünen - zumindest, was die Kritik an der nationalistischen Rhetorik von Erdogans Sprecher anbelangt. "Dass Premierminister Erdogan und hochrangige Vertreter der Türkei den türkischen Migranten im Ausland regelmäßig zurufen ,lhr müsst Türken bleiben!, brauchen wir in Österreich so dringend wie einen Kropf, sagt die Integrationssprecherin der Grünen, Alev Korun, zum KURIER.
Korun hat selbst türkischen Migrationshintergrund und attestiert der Regierung in Ankara, offenbar wenig Ahnung von der Lebensrealität der in Europa lebenden Türken zu haben: "Anstatt zu sagen: Die Auslandstürken können Brückenbauer sein, wenn sie in beiden Kulturen und Sprachen zu Hause sind, schürt Ankara einen dumpfen Nationalismus, der der Integrationspolitik in Österreich enorm schadet."
Ausnehmend kritisch bewerteten auch türkisch-stämmige Experten die Aussagen von Dönmez, der bei einer Auslandsreise einer ÖVP-Delegation nach Ankara auch Erdogans Feststellung verteidigt hat, dass Assimilation eine Menschenrechtsverletzung darstellt.
"Mich machen solche Aussagen fassungslos", sagt Ednan Aslan, Professor für islamische Religionspädagogik an der Universität Wien. "Außer türkischen Politikern spricht niemand von einer Assimilation und das ist auch gut so, denn: Die Verschmelzung von Kulturen ist nur dann abzulehnen, wenn sie mit Zwang passiert." Wolle die türkische Regierung ihren Landsleuten einen Dienst erweisen, solle sie in der Türkei Sprachkurse für all jene organisieren, die ins Ausland gehen wollen. "So schafft man neue Chancen."
Die türkische Republik hat für die im Ausland lebenden Türken eine Vertretungsbehörde mit dem Namen" Führungsbehörde für Auslandstürken und deren Familienangehörige" installiert. Auch auf österreichischem Hoheitsgebiet sollen türkische Vertreter die Belange und Interessen der in Österreich lebenden türkischen Staatsangehörigen sowie bereits eingebürgerten österreichischen Staatsbürger, annehmen.
Aus Österreich sollen drei Vertreter gewählt, bzw. entsandt werden, welche bestimmte Voraussetzungen zu erfüllen haben und ihre Tätigkeit nach einem festgeschriebenen Kriterienkatalog zu bewerkstelligen haben.
In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an die Bundesministerin für Inneres folgende
Anfrage
1. Wurden Sie als zuständige Innenministerin von den türkischen Behörden und deren Vertretern über derartige Entwicklungen in Kenntnis gesetzt?
2. Wie bewerten Sie die Bestrebungen der Türkei, einen Staat im Staat auf österreichischem Hoheitsgebiet zu installieren?
3. Welche Auswirkungen werden diese Bestrebungen auf die von Ihnen kolportierten
4. Integrationsmaßnahmen haben?
5. Wurde Ihnen mitgeteilt, dass auf österreichischem Hoheitsgebiet eine der Türkei unterstehende Behörde samt Infrastruktur und Personal installiert wird, welche abseits der international vereinbarten diplomatischen Beziehungen agieren wird?
6. Wie stehen Sie als zuständige Ministerin zu den Bestrebungen des türkischen Staates, einen Staat im Staat auf österreichischem Boden zu installieren?
7. Werden diese Fakten von Ihnen bei den kommenden Treffen zwischen Österreich und der Türkei thematisiert?
8. Wenn ja, welche Standpunkte und Positionen werden Sie vertreten?
9. Wenn, nein. Warum beziehen Sie keine Stellung?