2894/J-BR/2012

Eingelangt am 25.06.2012
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der BundesrätInnen Elisabeth Kerschbaum, Efgani Dönmez; Marco Schreuder

an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie

betreffend Problematik Hochwasserschutz Hagenbach, St. Andrä-Wördern

BEGRÜNDUNG

Der technische Bericht Abflussuntersuchung NO IV im Teileinzugsgebiet Hagenbach“ des Amtes der NÖ Landesregierung, Gruppe Wasser vom Oktober 2010 (Hagenbachstudie“), welcher am 11.März 2011 an die Marktgemeinde St.Andrä-Wördern übermittelt wurde, stellt einen umfangreichen Teil im Ort als eine durch Hochwasser höchst gefährdete Fläche dar. Diese Ortsteile sind größtenteils verbaut, dabei handelt es sich um etwa 380 Liegenschaften und betrifft ca. 1000 OrtsbürgerInnen. Im Anschluss an die Studie wurde seitens der Marktgemeinde St.Andrä-Wördern eine Bausperre im problematischen Gebiet verhängt. Die Gefährdung durch ein mögliches Hochwasser ergibt sich aus mehreren Aspekten:

Zum einen entspricht der Querschnitt des Bachbettes Hagenbachs nicht den gesetzlichen Bestimmungen. Ein 100-jähriges Hochwasser wird mit 27m3/sek, ein 30-jähriges Hochwasser mit 18m3/sek bemessen. An mehreren Stellen des Hagenbachs (Fußgänger- wie auch Straßen- und Eisenbahnbrücken) kann es zu massiven Rückstauungen kommen. Somit würde das Wasser gemäß einer Simulationsrechnung bereits bei 10m3-15m3/sek über die Ufer treten. Einige innerhalb der letzten 20-30 Jahre errichteten Brücken erlauben nicht den gesicherten Abfluss eines 100-jährigen Hochwassers.

Zum anderen sind die alten Dämme des Hagenbaches nicht im besten Zustand. Auf Basis von Untersuchungen im Auftrag der Marktgemeinde St.Andrä-Wördern gibt es für einen relativ knappen Dammabschnitt relevante Hinweise, dass die Dämme historisch nicht aus dem richtigen Material aufgeschüttet worden sind. Verschiedene Abschnitte des Hagenbaches im Ortsgebiet der Marktgemeinde St.Andrä-Wördern fallen in unterschiedliche Verantwortung bzw. Zuständigkeiten. Mit Bescheid des Amtes der NÖ Landesregierung (L.A.III/1-235/3. vom 10.Juni 1952) wurde als relevante HQ-100 27 m3/sek festgelegt. Inwieweit die Marktgemeinde St.Andrä-Wördern bzw. das Amt der NÖ Landesregierung die Einhaltung dieser Bestimmungen überprüft hat, ist im Lichte der Ergebnisse der eingangs zitierten Studie sehr in Zweifel zu ziehen. Die Unterlassung der Überprüfung der hochwasserschutzrechtlichen Bestimmungen hat nunmehr dazu geführt, dass ein kostenaufwendiges wasserbauliches Projekt entwickelt werden muss. Bis zu dessen Realisierung hat eine große Anzahl von OrtsbürgerInnen um ihre Existenz zu fürchten.

Auf Grund des erhobenen Gefahrenpotentials, welches die vom Land NÖ in Auftrag gegebene Studie gezeigt hat, wurde ein Planungsbüro mit der Ausarbeitung von Sanierungsmaßnahmen beauftragt. Als bekannter Letztstand der Vorplanungsarbeiten ist die Errichtung eines Auffangbeckens in Erwägung, für welches Kosten in der Höhe von 6 bis 10 Millionen Euro bekannt sind.

Die unterfertigenden BundesrätInnen stellen daher folgende

ANFRAGE

1.    Sind Ihnen die Ergebnisse der Hagenbachstudie“ bekannt?

a. Wenn ja, seit wann?

2.   Wer ist für welche Teile des Hagenbaches - von dessen Quellen bis zu dessen Einmündung in den Altarm Greifenstein- der bescheidmäßig Verpflichtete?

a.   Ist es zutreffend, dass für den Bachabschnitt Quelle bis KG Wördern Lehnergasse die Wildbach- und Lawinenverbauung zuständig ist und für diesen Abschnitt andere Richtlinien für die Bemessung des Hochwasserschutzes gelten als für den Bachabschnitt bachabwärts der Lehnergasse?

b.   Ist es zutreffend, dass für den Bachabschnitt nördlich der ÖBB- Eisenbahnbrücke die VIA Donau zwar für die Dammerhaltung zuständig ist, jedoch bislang keine bescheidmäßige Festlegung zu den HQ100-Erfordernissen erfolgte?

3.       Wann wurden von welcher amtlichen Stelle die jeweils gültigen Bescheide ausgestellt?

4.       Welche sachlichen und rechtlichen Erklärungen gibt es, dass für die bachaufwärts gelegenen Abschnitte unterschiedliche HQ-Werte festgelegt wurden, nicht jedoch für den Bachlauf nördlich der ÖBB-Brücke?

5.       Wann wurde die ÖBB-Brücke über den Hagenbach errichtet bzw. innerhalb der letzten 30 Jahre erneuert und welche Dienststellen waren in die einschlägigen Bewilligungsverfahren eingebunden?

a. Wie konnte die Neuerrichtung der ÖBB-Brücke über den Hagenbach - welche mutmaßlich innerhalb der vergangenen 30 Jahre erfolgt sein dürfte - ohne Berücksichtigung der Sicherstellung eines Durchflusses, der einem HQ100 entspricht, realisiert werden?


6.   Welche behördlich konzessionierten Planer haben seit dem Bescheid von 1952 Fußgänger-, Straßen- bzw. ÖBB-Brücken über den Hagenbach geplant, bzw. bauaufsichtlich begutachtet?

a.   Haben diese Planer gegen wasserrechtliche Bestimmungen verstoßen, indem sie Brücken geplant bzw. bauaufsichtlich betreut haben, die gemäß dem Ergebnis der obig zitierten Studie zum Hagenbach den HQ 100-Abfluss verunmöglichen?

b.   Werden von Amts wegen Rechtschritte gegen die einschlägig tätig gewesenen Planer eingeleitet?

i.  Wenn ja: welche?

ii.   Wenn nicht, warum nicht?

7.      Wann wurden die Ergebnisse der Hagenbachstudie“ der ÖBB bzw. dem BMVIT übermittelt?

8.      Wurde der ÖBB zwischenzeitlich der behördliche Auftrag erteilt, einen sicheren HQ100 Abfluss unter der Hagenbachbrücke sicherzustellen?

9.      Wann wurden Überprüfungen zur Stabilität der Hagenbachdämme seit 1952 von Amts wegen durchgeführt.

a.    Wenn ja wann und mit welchen Ergebnissen für welchen Dammabschnitt?

10.  Wann wurde das BMVIT von den im Auftrag der Marktgemeinde St.Andrä- Wördern durchgeführten Untersuchungen zum Hagenbach im Abschnitt Straßenbrücke-Eisenbahnbrücke in Kenntnis gesetzt?

11.  Als ein Ergebnis der angeführten Untersuchungen wurde nicht dem aktuellen Stand der Technik und des Wissens entsprechendes Material für die Dammschüttung festgestellt. Da die Dammschüttungen zwischen Lehnergasse und ÖBB-Brücke höchstwahrscheinlich nach 1952 erfolgt sind, wäre vom Amts wegen schon längst zu überprüfen gewesen, inwiefern die Hagenbachdämme zwischen Lehnergasse und der Straßenbrücke vor der ÖBB-Brücke ähnliche Befunde aufweisen. Warum ist dies bislang unterblieben?

12.  Wurde für die Erarbeitung des Hochwasserschutzprojektes für den Hagenbach eine Einbindung von ÖBB und VIA Donau in Aussicht genommen?

a.  Wenn ja, in welcher Form?

13.  Welche Kostenabschätzungen sind derzeit dem BMVIT für das Hochwasserschutzprojekt Hagenbach bekannt?

14.  Liegt dem BMVIT eine Zusage der ÖBB vor, in welcher diese die rasche Sicherstellung eines HQ-100 Abflusses unter der Hagenbachbrücke zugesagt hat?

a.  Wenn nein, welche rechtlichen Mittel hat das BMVIT, um die ÖBB zu einschlägigen Tätigkeiten zu veranlassen, zumal an dieser Engstelle des Hagenbaches bereits ein Hochwasser häufiger als ein HQ30 über die Dämme treten könnte?

15.  In welcher Form hat das BMVIT der VIA Donau bzw. deren vorgesetzter Dienststelle die Ergebnisse der Hagenbachstudie zur Kenntnis gebracht und dafür Sorge getragen, dass die Verpflichteten den HQ100 Abfluss um Bereich nördlich der ÖBB sicherzustellen haben?

16.  Warum wurde im Zuge der Hagenbachstudie selbst und nachmalig im Zuge der auch vom Amt der NÖ Landesregierung zustimmend zur Kenntnis genommenen bisherigen Planungen im Auftrag der Marktgemeinde St.Andrä- Wördern für den Hochwasserschutz des Hagenbaches die Neuerrichtung einer den wasserrechtlichen Bestimmungen entsprechenden ÖBB-Brücke in technischer und finanzieller Sicht nicht in Erwägung gezogen?

a.  So einschlägige Planungsaufträge erfolgt sind, wann wurde diese erteilt und wer wurde hiermit von wem beauftragt?

17. Da gemäß der Hagenbachstudie“ bestehende Querungen nicht einmal den sicheren Abfluss eines HQ 30 sicherstellen, ergibt sich eine bedeutende Hochwassergefahr für LiegenschaftseigentümerInnen und BewohnerInnen.
Wer
übernimmt die Haftung für etwaige Schäden vor der Verbesserung des Hochwasserschutzes?

a.  Welche Behörden bzw. Behördenvertreter haben bzgl. des mit der Hagenbachstudie nachgewiesenen ungenügenden Hochwasserschutzes Fehler begangen, die im Schadensfall haftungsrelevant werden und können noch belangt werden?