2895/J-BR/2012

Eingelangt am 25.06.2012
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der BundesrätInnen Elisabeth Kerschbaum, Efgani Dönmez; Marco Schreuder

an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

betreffend Problematik Hochwasserschutz Hagenbach, St. Andrä-Wördern

BEGRÜNDUNG

Der technische Bericht Abflussuntersuchung NO IV im Teileinzugsgebiet
Hagenbach“ des Amtes der N
Ö Landesregierung, Gruppe Wasser vom Oktober
2010 (
Hagenbachstudie“), welcher am 11.März 2011 an die Marktgemeinde
St.Andr
ä-Wördern übermittelt wurde, stellt einen umfangreichen Teil im Ort als eine
durch Hochwasser höchst gefährdete Fläche dar. Diese Ortsteile sind größtenteils
verbaut, dabei handelt es sich um etwa 380 Liegenschaften und betrifft ca. 1000
Ortsb
ürgerInnen. Im Anschluss an die Studie wurde seitens der Marktgemeinde
St.Andr
ä-Wördern eine Bausperre im problematischen Gebiet verhängt.
Die Gef
ährdung durch ein mögliches Hochwasser ergibt sich aus mehreren
Aspekten:

Zum einen entspricht der Querschnitt des Bachbettes Hagenbachs nicht den
gesetzlichen Bestimmungen. Ein 100-j
ähriges Hochwasser wird mit 27m3/sek, ein 30-
j
ähriges Hochwasser mit 18m3/sek bemessen. An mehreren Stellen des Hagenbachs
(Fußgänger- wie auch Straßen- und Eisenbahnbrücken) kann es zu massiven
R
ückstauungen kommen. Somit würde das Wasser gemäß einer
Simulationsrechnung bereits bei 10m3-15m3/sek
über die Ufer treten. Einige
innerhalb der letzten 20-30 Jahre errichteten Br
ücken erlauben nicht den gesicherten
Abfluss eines 100-jährigen Hochwassers.

Zum anderen sind die alten Dämme des Hagenbaches nicht im besten Zustand. Auf
Basis von Untersuchungen im Auftrag der Marktgemeinde St.Andr
ä-Wördern gibt es
f
ür einen relativ knappen Dammabschnitt relevante Hinweise, dass die Dämme
historisch nicht aus dem richtigen Material aufgesch
üttet worden sind.
Verschiedene Abschnitte des Hagenbaches im Ortsgebiet der Marktgemeinde
St.Andr
ä-Wördern fallen in unterschiedliche Verantwortung bzw. Zuständigkeiten. Mit
Bescheid des Amtes der NÖ Landesregierung (LAIII/1-235/3. vom 10.Juni 1952)
wurde als relevante HQ-100 27 m3/sek festgelegt. Inwieweit die Marktgemeinde
St.Andr
ä-Wördern bzw. das Amt der NÖ Landesregierung die Einhaltung dieser
Bestimmungen
überprüft hat, ist im Lichte der Ergebnisse der eingangs zitierten
Studie sehr in Zweifel zu ziehen. Die Unterlassung der
Überprüfung der
hochwasserschutzrechtlichen Bestimmungen hat nunmehr dazu geführt, dass ein
kostenaufwendiges wasserbauliches Projekt entwickelt werden muss. Bis zu dessen
Realisierung hat eine gro
ße Anzahl von OrtsbürgerInnen um ihre Existenz zu
f
ürchten.

Auf Grund des erhobenen Gefahrenpotentials, welches die vom Land NÖ in Auftrag
gegebene Studie gezeigt hat, wurde ein Planungsbüro mit der Ausarbeitung von
Sanierungsma
ßnahmen beauftragt. Als bekannter Letztstand der
Vorplanungsarbeiten ist die Errichtung eines Auffangbeckens in Erwägung, für
welches Kosten in der H
öhe von 6 bis 10 Millionen Euro bekannt sind.

Die unterfertigenden BundesrätInnen stellen daher folgende

ANFRAGE

1.   Sind Ihnen die Ergebnisse der Hagenbachstudie“ bekannt?

a. Wenn ja, seit wann?

2.   Wer ist für welche Teile des Hagenbaches - von dessen Quellen bis zu
dessen Einmündung in den Altarm Greifenstein- der bescheidmäßig
Verpflichtete?

a.   Ist es zutreffend, dass für den Bachabschnitt Quelle bis KG Wördern
Lehnergasse die Wildbach- und Lawinenverbauung zust
ändig ist und
f
ür diesen Abschnitt andere Richtlinien für die Bemessung des
Hochwasserschutzes gelten als für den Bachabschnitt bachabwärts der
Lehnergasse?

b.   Ist es zutreffend, dass für den Bachabschnitt nördlich der ÖBB-
Eisenbahnbr
ücke die VIA Donau zwar für die Dammerhaltung
zuständig ist, jedoch bislang keine bescheidmäßige Festlegung zu den
HQ100-Erfordernissen erfolgte?

3.      Wann wurden von welcher amtlichen Stelle die jeweils gültigen Bescheide
ausgestellt?

4.      Welche sachlichen und rechtlichen Erklärungen gibt es, dass für die
bachaufwärts gelegenen Abschnitte unterschiedliche HQ-Werte festgelegt
wurden, nicht jedoch für den Bachlauf nördlich der ÖBB-Brücke?

5.      Ist dem BMLFUW der Missstand bekannt, dass die Hochwasserregulierung
des Hagenbaches im Wirkungsbereich der Marktgemeinde St. Andrä-Wördern
nicht den obig zitierten Bescheidauflagen aus 1952 entspricht?

a. Wenn ja, seit wann?


6.   Wann haben seit der Bescheiderstellung im Jahre 1952 einschlägige
Überprüfungen stattgefunden und mit welchen Ergebnissen?

7.   Welche Dienststellen des Amtes der NÖ Landesregierung waren in die
Baubewilligungs- und Kollaudierungsverfahren f
ür die im Wirkungsbereich der
Marktgemeinde St.Andrä-Wördern gelegenen Fußgänger- und
Stra
ßenbrücken über den Hagenbach einbezogen und haben hierbei von den
unzulänglichen Zuständen bzw. Hochwasserschutz für den Hagenbach
Kenntnis erlangt?

a.   Welche Schritte haben diese Dienststellen nachfolgend eingeleitet bzw
warum haben sie dies unterlassen?

8.   Wann wurde die ÖBB-Brücke über den Hagenbach errichtet bzw. innerhalb
der letzten 30 Jahre erneuert und welche Dienststellen waren in die
einschl
ägigen Bewilligungsverfahren eingebunden?

a.   Wie konnte die Neuerrichtung der ÖBB-Brücke über den Hagenbach -
welche mutmaßlich innerhalb der vergangenen 30 Jahre erfolgt sein
d
ürfte - ohne Berücksichtigung der Sicherstellung eines Durchflusses,
der einem HQ100 entspricht, realisiert werden?

9.   Welche behördlich konzessionierten Planer haben seit dem Bescheid von
1952 Fu
ßgänger-, Straßen- bzw. ÖBB-Brücken über den Hagenbach geplant,
bzw. bauaufsichtlich begutachtet?

a.   Haben diese Planer gegen wasserrechtliche Bestimmungen verstoßen
indem sie Brücken geplant bzw. bauaufsichtlich betreut haben, die
gem
äß dem Ergebnis der obig zitierten Studie zum Hagenbach den HC
100-Abfluss verunmöglichen?

b.   Werden vom Amts wegen Rechtschritte gegen die einschlägig tätig
gewesenen Planer eingeleitet?

i.    Wenn ja: welche?

ii.    Wenn nicht, warum nicht?

10. Wurde der ÖBB zwischenzeitlich der behördliche Auftrag erteilt, einen
sicheren HQ100 Abfluss unter der Hagenbachbr
ücke sicherzustellen?

a.   Wenn nicht, warum nicht?

b.   Wenn ja, mit welcher Antwort?

11.Im Zuge der Neuerrichtung einer Straßenbrücke (Auhofstraße-Hauptstraße)
über den Hagenbach, die innerhalb der letzten 10 Jahre durchgeführt wurde,
wurde dem Umstand keine Beachtung geschenkt, dass der Abschnitt
zwischen dieser Stra
ßenbrücke und der ÖBB-Brücke nicht einmal die sichere
Abfuhr eines 30 jährigen Hochwassers gewährleistet. Wie konnte die
Neuerrichtung der Stra
ßenbrücke über den Hagenbach erfolgen, obwohl
schon seit l
ängerem der gesicherte Abfluss eines HQ100 im entsprechenden
Bachabschnitt nicht gewährleistet war und ist?


12.  Wurden Überprüfungen zur Stabilität der Hagenbachdämme seit 1952
durchgeführt?

a.   Wenn ja, wann und mit welchen Ergebnissen für welchen
Dammabschnitt?

13.  Wann wurde das BMLFUW von den im Auftrag der Marktgemeinde St.Andrä-
W
ördern durchgeführten Untersuchungen zum Hagenbach im Abschnitt
Stra
ßenbrücke-Eisenbahnbrücke in Kenntnis gesetzt?

14.  Warum hat das Amt der NÖ Landesregierung der Abspundung“ der
Hagenbachdämme zwischen Straßen- und ÖBB-Brücke zugestimmt, obwohl
weder vorher noch nachher nicht einmal ein sicherer Abfluss eines HQ 30
gew
ährleistet werden konnte?

15.  Als ein Ergebnis der angeführten Untersuchungen wurde nicht dem aktuellen
Stand der Technik und des Wissens entsprechendes Material f
ür die
Dammsch
üttung festgestellt. Da die Dammschüttungen zwischen
Lehnergasse und
ÖBB-Brücke höchstwahrscheinlich nach 1952 erfolgt sind,
w
äre amtswegig schon längst zu überprüfen gewesen, inwiefern die
Hagenbachd
ämme zwischen Lehnergasse und der Straßenbrücke vor der
ÖBB-Brücke ähnliche Befunde aufweisen. Warum ist dies bislang
unterblieben?

16.  Wann hat das Amt der NÖ Landesregierung der Marktgemeinde St.Andrä-
Wördern mitgeteilt, in welcher logischer und sachlich angebrachten Form, ein
Hochwasserschutzprojekt für den Hagenbach auszuarbeiten ist?

17.  Wurde für die Erarbeitung des Hochwasserschutzprojektes für den
Hagenbach eine Einbindung von
ÖBB und VIA Donau in Aussicht
genommen?

a.    Wenn ja, in welcher Form?

18.  Welche Kostenabschätzungen sind derzeit dem BMLFUW für das
Hochwasserschutzprojekt Hagenbach bekannt?

19.  Liegt dem BMLFUW eine Zusage der ÖBB vor, in welcher diese die rasche
Sicherstellung eines HQ-100 Abflusses unter der Hagenbachbrücke zugesagt
hat?

a.   Wenn nein, welche rechtlichen Mittel hat das BMLFUW, um die ÖBB zu
einschl
ägigen Tätigkeiten zu veranlassen, zumal an dieser Engstelle
des Hagenbaches bereits ein Hochwasser h
äufiger als ein HQ30 über
die D
ämme treten könnte?

20.  In welcher Form hat das BMLFUW der VIA Donau bzw. deren vorgesetzter
Dienststelle die Ergebnisse der Hagenbachstudie zur Kenntnis gebracht und
dafür Sorge getragen, dass die Verpflichteten den HQ100 Abfluss um Bereich
nördlich der ÖBB sicherzustellen haben?

21.  Warum wurde im Zuge der Hagenbachstudie selbst und nachmalig im Zuge
der auch vom Amt der N
Ö Landesregierung zustimmend zur Kenntnis
genommenen bisherigen Planungen im Auftrag der Marktgemeinde St.Andrä-
Wördern für den Hochwasserschutz des Hagenbaches die Neuerrichtung

einer den wasserrechtlichen Bestimmungen entsprechenden ÖBB-Brücke in
technischer und finanzieller Sicht nicht in Erwägung gezogen?

a.   So einschlägige Planungsaufträge erfolgt sind, wann wurde diese erteilt
und wer wurde hiermit von wem beauftragt?

22. Da gemäß der Hagenbachstudie“ bestehende Querungen nicht einmal den
sicheren Abfluss eines HQ 30 sicherstellen, ergibt sich eine bedeutende
Hochwassergefahr f
ür LiegenschaftseigentümerInnen und BewohnerInnen.
Wer
übernimmt die Haftung für etwaige Schäden vor der Verbesserung des
Hochwasserschutzes?

a.   Welche Behörden bzw. Behördenvertreter haben bzgl. des mit der
Hagenbachstudie nachgewiesenen ungen
ügenden
Hochwasserschutzes Fehler begangen, die im Schadensfall
haftungsrelevant werden und k
önnen noch belangt werden?