2915/J-BR

Eingelangt am 18.09.2012
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Bundesrätlnnen Elisabeth Kerschbaum, Marco Schreuder; Efgani Dönmez, Freundinnen und Freunde

an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie

betreffend EU-Flughafenpaket - lärmbedingte Betriebsbeschränkungen auf Flughäfen

BEGRÜNDUNG

Im April 2012 hat der EU-Ausschuss des Bundesrates eine „Mitteilung“ zum Vorschlag KOM(2C)11) 828 endg für eine EU-Verordnung über Regeln und Verfahren für lärmbedingte Betriebsbeschränkungen auf Flughäfen beschlossen. Dies insbesondere weil aufgrund der Formulierung des Art. 10 dieses Vorschlags zu befürchten wäre, dass die EU-Kommission künftig eigenmächtig bestehende Flugbeschränkungen aufheben könnte, die, wie z.B. in Wien, in einem langjährigen Mediationsverfahren ausgestritten und vereinbart wurden. Ebenso würden mögliche künftige zusätzliche oder weitergehende lärmbedingte Flugbetriebsbeschränkungen, wie sie nicht zuletzt im Sinne der sehr zahlreichen trotz Mediation massiv von Fluglärm belasteten Bürgerinnen und Bürger im Umfeld des Flughafens Wien dringend nötig sind, erschwert bis verunmöglicht.

Ähnlich massive Vorbehalte gegen Artikel 10 gab es formell von den zuständigen Gesetzgebern in Deutschland, Frankreich und den Niederlanden, während andere, in der österreichischen Diskussion ebenfalls erwähnte Staaten/Regierungen dies offenbar nur informell mündlich in EU-Gremien artikulierten.

In der Aktuellen Stunde des Bundesrates vom 19.7.2012 haben Sie uns versichert, dass Sie sich ebenfalls auf europäischer Ebene für die zuverlässige Einhaltung der Ergebnisse des Mediationsverfahrens eingesetzt und eine Ausnahme des Wiener Mediationsverfahrens von der europäischen Regelung erwirkt hätten. (Zitat: „Und damit dem Rechnung getragen wird, habe ich in die Verhandlungen hineinreklamiert, dass in dem Dokument drinnen steht, dass die Regelungen des Wiener Mediationsverfahrens von dieser europäischen Regelung nicht betroffen sind. Das heißt, es ist eindeutig so, dass das Mediationsverfahren, das das Verkehrsministerium initiiert hat und in ganz Europa als eines der besten Formen der Bürgerbeteiligung gesehen wird, und die Ergebnisse, die mit der betroffenen Bevölkerung im Rahmen dieses Mediationsverfahrens vereinbart wurden, berücksichtigt werden. “)

Auf Anfrage wurde uns von Ihrem Büro im Juli 2012 mitgeteilt, dass das besagte geänderte Dokument bzw. ein Protokoll, in dem Ihr Verhandlungserfolg festgehalten wurde, (noch) nicht aufliegt. Nachdem besagte Verordnung nun auch im Europäischen Parlament behandelt wird und den VertreterInnen dort der „Österreichische Zusatz“ nicht offiziell bekannt ist, stellt sich die Frage, wo und in welcher Form die Zusage, dass das Wiener Mediationsverfahren von der EU- Richtlinie ausgenommen wäre, konkret festgehalten wurde.

 

Desgleichen stellt sich die Frage, in welcher Form die übrigen Kritikpunkte der einstimmig beschlossenen Mitteilung des österreichischen Bundesrats Ihrerseits in die Verhandlungen eingebracht wurden und welches Ergebnis dabei erzielt wurde.

Die unterfertigenden Bundesrätlnnen stellen daher folgende

ANFRAGE

1.    Haben Sie formell eine Streichung von Artikel 10 (wie vom österreichischen Bundesrat, aber auch zB vom deutschen Bundestag gefordert) geltend gemacht?

2.    Wenn nein warum nicht?

3.    Wenn ja, welches Ergebnis konnten Sie in diesem Punkt erzielen?

4.    In welcher Sitzung bzw. Verhandlung wurde Ihnen von wem die Zusage erteilt, dass das Wiener Mediationsverfahren bzw. sein Ergebnis von der EU- Regelung nicht berührt bzw in Frage gestellt wird?

5.    Wie ist diese Ausnahmeregelung konkret formuliert?

6.    In welcher Form wurde diese Ausnahmeregelung festgehalten bzw. sind inzwischen Protokolle des Rats oder geänderte Verordnungsvorlagen vorhanden?

7.    Welchen Spielraum sieht die von Ihnen erreichte Ausnahmeregelung für a) künftige Mediationsverfahren sowie b) die Ergänzung oder Aktualisierung bestehender Mediationsvereinbarungen vor (auch die derzeitige Wiener Mediationsvereinbarung hat zB nicht alle Betroffenen eingebunden und Lösungen/Verbesserungen für Mediationsbeteiligte teilweise auf Kosten Dritter erzielt, was dringend überarbeitungsbedürftig ist)?

8.    Wäre eine rein privatrechtliche Mediationsvereinbarung, deren Inhalte nicht auch bescheidmäßig verfügt werden, überhaupt von Art 10 des Kommissionsvorschlags erfasst, denn Artikel 10 spricht von Verfügungen der zuständigen Behörde?

9.    Welche Verbesserungen hinsichtlich der im EU-VO-Entwurf sehr unbefriedigenden und einseitig flugverkehrsfreundlichen Vorgaben für die Bewertung der Effizienz von „lärmbedingten Betriebsbeschränkungen“ haben Sie a) in welcher Weise eingebracht, b) erreicht?

10. Der Bundesrat hat in seiner Mitteilung deutlich kritisiert, dass der Kommissionsvorschlag einseitig der Kosteneffizienz und generell wirtschaftlichen bzw. Branchen-Belangen Vorrang gibt - ein unausgewogener Zugang, der auch Inhalt des sogenannten „ausgewogenen Ansatzes“ der ICAO ist, weshalb dieser von Fluglärmbetroffenen seit jeher kritisch bewertet

wird. Der Bundesrat fordert deshalb in seiner Mitteilung wörtlich einen „gerechten“, d.h. nicht einseitig zugunsten der Luftverkehrswirtschaft gestalteten Interessensausgleich in Sachen Fluglärm. Was haben Sie in diesem Sinn im EU-Verkehrsministerrat a) konkret eingebracht, b) durchgesetzt?

11.Welche Einschränkungen für die eindeutig überschießenden Spielräume der Kommission laut Artikel 11 des Verordnungsvorschlags haben Sie a) konkret eingebracht, b) durchgesetzt?

12.Sind weitere Verhandlungen zur Verordnung über Regeln und Verfahren für lärmbedingte Betriebsbeschränkungen im Verkehrsministerrat vorgesehen? Wenn ja, wann?

13.Wie ist der vorgesehene weitere Zeitplan für den Beschluss der Verordnung?