2961/J-BR/2014

Eingelangt am 31.01.2014
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Bundesräte Dr. Brunner

Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie

 

betreffend Maßnahmen zur Verhinderung von Schockrechnungen der Telekomunter- nehmen

Mit Anfragen in den vergangenen Jahren haben wir angefragt, ob die Bundesministerin gedenkt, in absehbarer Zeit das Telekommunikationsgesetz so zu ändern, dass wirksame Maßnahmen zum Schutz der Telefonkunden geschaffen werden, um zB die Überwälzung von überhöhten oder nicht nachvollziehbaren Verbindungsentgelten auf Mobilfunkteilnehmer, zu verhindern.

In Ihren parlamentarischen Antworten und auch in diversen Inseraten in Regionalmedien haben Sie mitgeteilt, dass die „Handykosten voll im Griff sind“ und keine böse Überraschungen mehr kommen können. Es wurde somit suggeriert, dass es hinkünftig keine „Horror- Rechnungen“ mehr geben könne.

Am 7.12.2013 wurde in der „Bürgeranwalts-Sendung“ des ORF geschildert, dass in einer Rechnung eines Telekomunternehmens vom 10.9.2013 für ein Datenvolumen von nur 1,53 GB ein Betrag in der Höhe von netto EUR 4.207.-- verrechnet wurde. Es liegen den anfragenden Bundesräten betreffend einen anderen Kunden weitere Rechnungen vom 13.12.2013 und 9.1.2014 vor, bei denen vom selben Telekomunternehmen für ein Datenvolumen von nur 1,1 GB ein Betrag in der Höhe von netto EUR 3.031,83 und für ein Datenvolumen von nur 1,02 GB ein Betrag in der Höhe von netto EUR 2.800,50 verrechnet wurde. Dieses Telekomunternehmen verrechnet somit ihren Kunden netto EUR 2,75 pro MB Datenverbrauch.

Aus dem EU-Kartellrechtsverfahren betreffend den Zusammenschluss des Telekomunternehmens „3“ mit „Orange“ ist bekannt, dass die tatsächlichen Kosten der Telekomunternehmen im Zusammenhang mit dem Datenverbrauch bei netto unter EUR 0,002 pro MB Datenverbrauch liegt, sodass dieses Telekomunternehmen seinen Kunden einen Aufschlag von mindestens 133.000 % verrechnet.

In der Kostenbeschränkungsverordnung, die von der RTR erlassen wurde, ist vom ursprünglich geplanten Umfang nicht viel übrig geblieben. Insbesondere wurden die Kostenbeschränkungen für Telefon- und SMS-Dienste ersatzlos gestrichen. Für Unternehmen liegt die Problematik auch darin, dass die Kostenbeschränkungsverordnung grundsätzlich nur für Konsumenten gilt und für Unternehmen nur dann, wenn sie gegenüber ihrem Netzbetreiber eine entsprechende „opt-in“ - Erklärung abgeben. Dadurch besteht für Unternehmen weiterhin ein großes Risiko einer „Horrorrechnung“.

Nach der Roaming-III-Verordnung der EU gilt für den Datenverbrauch eine Höchstgrenze von netto EUR 0,45 pro MB, also weniger als ein Sechstel dessen, was dieses österreichisches Telekomunternehmen ihren Kunden verrechnet (ab 1.7.2014 gilt ein Höchstentgelt von netto EUR 0,20 pro MB - siehe Art. 13 Roaming-III-Verordnung). Bei Erreichen eines Betrages von netto EUR 50,-- muss die Datenverbindung durch einen „Cut-Off‘-Mechanismus unterbrochen werden. Wenn der Kunde nicht ausdrücklich die Freischaltung verlangt, bleibt das Datenroaming gesperrt (siehe Art. 15 Roaming-III-Verordnung). Weiters gilt die Roaming- III-Verordnung auch für die Sprachtelefonie (siehe Art. 8 Roaming-III-Verordnung) und für SMS (siehe Art. 10 Roaming-III-Verordnung). Die Bestimmungen der Roaming-III- Verordnung gelten unabhängig davon, ob der Kunde Verbraucher oder Unternehmer ist.

Ihre Aussage „Horrorrechnungen über mehrere hundert Euro für Internet am Handy gehören der Vergangenheit an“ erscheint deshalb, Frau Bundesministerin, weiterhin irreführend und unrichtig zu sein und wiegt die Nutzer/innen in falscher Sicherheit, dass sie durch gesetzliche Maßnahmen vor Horrorrechnungen geschützt werden. Die Gefahr von Horrorrechnungen ist in Anbetracht dieser Rechnungen weiterhin gegeben. Aufgrund des mangelhaften Schutzes der Kunden in Österreich ist eine fast skurrile Situation entstanden: Gerade dann, wenn der Kunde eines österreichischen Netzanbieters in Österreich telefoniert oder surft, ist die Gefahr von Horrorrechnungen höher, als wenn dieser Kunde sein Smartphone in einem anderen EU- Staat nutzt.

In diesem Zusammenhang stellen die unterzeichnenden Bundesräte an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie die nachstehende

ANFRAGE:

1.     Aus welchem Grund gilt die Kostenbeschränkungsverordnung nur für den Datenverbrauch, nicht jedoch für Telefon- und SMS-Dienste?

2.      Sind Unternehmen genauso vor horrenden Tarifhöhen zu schützen wie Private?

3.      Warum wurde bei Unternehmen nicht das „opt-out“-System gewählt, sondern das „opt-in“-System?

4.      Warum genießen insbesondere die Unternehmer in Österreich einen geringeren Schutz vor Horrorrechnungen als im EU-Ausland?

5.      Haben Sie mit den österreichischen Telekomunternehmen das Gespräch gesucht, damit diese hinkünftig durch Selbstbeschränkung Tarifmodelle, welche derart exzessive Preise für den Datenverbrauch im Inland vorsehen, nicht mehr anbieten?

6.      Wenn ja, haben die Telekomunternehmen angekündigt, hinkünftig auf exzessive Preise beim Datenverkehr im Inland zu verzichten?

7.      Wenn nein, welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, dass es hinkünftig keine exzessive Preise beim Datenverkehr im Inland gibt?

8.      Welche Maßnahmen werden Sie setzen, dass die Preise, die österreichische Telekom­unternehmen den inländischen Kunden für den Datenverbrauch im Inland verrechnen, nicht mehr höher sein können als die Preise, die nach der Roaming-III-Verordnung für den Datenverbrauch im EU-Ausland verrechnet werden dürfen?

9.      Wie würden Sie die Einführung einer gesetzlichen Höchstgrenze bewerten, damit der Datenverbrauch im Inland nicht teurer als im EU-Ausland sein kann (Stichwort „In­ländergleichbehandlung“)?