3021/J-BR/2014

Eingelangt am 24.07.2014
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Anfrage

 

 

des Bundesrates Herbert

an den Bundeskanzler

betreffend Polizeibashing durch Jurist im Bundeskanzleramt

 

Am 05.06.2014 musste der Zeitung „Die Presse“ ein Gastkommentar von Herrn

Mag. T., Jurist im Bundeskanzleramt, Abteilung III/5, entnommen werden:

 

„Den Rechtsstaat schützen? Oder doch nur die Polizei?

Replik. Die Ausführungen des Wiener Polizeipräsidenten Pürstl lassen viele Fragen offen.

Schwere Vorwürfe sind zuletzt wiederholt im Zusammenhang mit Polizeieinsätzen bei Demonstrationen in Wien laut geworden. Offenbar hat sich nun auch bei der Polizei langsam die Erkenntnis durchgesetzt, dass eisernes Schweigen diese Kritik nicht verstummen lässt.

Doch wir wollen die vom hohen Beamten Gerhard Pürstl im „Presse“-Gastkommentar (4. Juni) aufgestellte Behauptung außer Acht lassen, die Medien hätten falsche Vorwürfe einfach ungeprüft übernommen. Obwohl Journalisten ihre Aufgaben vor Ort gar nicht erfüllen können, wenn sie von der Polizei daran gehindert werden. Obwohl sie – anders als die Polizei – notwendige Beweise wie beispielsweise Patientenakten nicht beschlagnahmen können.

Außer Acht bleibt auch die Absurdität, dass nach Erwartung des Beamten P. Journalisten offenbar erst dann über Vorwürfe gegen die Polizei berichten dürfen, wenn zuvor eine Prüfung durch ebenjene Polizei diese Vorwürfe erhärtet hat.

Wir können über vieles schweigen. Aber wenn es um den Kern des demokratischen Rechtsstaats geht, muss das Schweigen ein Ende finden. Nicht wegen der Dreistigkeit, ausgerechnet als Polizeipräsident den Rechtsstaat als Rechtfertigung zu bemühen. Das Gegenstück zum Rechtsstaat ist nicht umsonst schon rein begrifflich der Polizeistaat.

 

Grundsätzliche Fragen

Vielmehr drängen sich grundsätzliche Fragen auf – nach den Lehren für die Zukunft und nach ausgebliebenen Antworten: Wie kann es sein, dass man als rechtstreuer Bürger Angst davor haben muss, bei einer an sich friedlichen Großdemonstration mitzugehen? Wie kann es sein, dass man als friedlicher Mensch Angst vor Polizisten haben muss? Obwohl wir sie mit unserem Steuergeld eigentlich dafür bezahlen, dass sie uns schützen?


Warum werden Ballgäste mit einem Großaufgebot von 2000 Polizisten geschützt, aber gleichzeitig 8000 friedliche Bürger als Bedrohung gesehen? Mit Kampfhunden und Pfefferspray eingekesselt – nur weil die 2000 Polizisten unfähig sind, 200 Randalierer unter Kontrolle zu bringen? Und vor allem: Sitzt ein Polizeipräsident nicht möglicherweise auf dem falschen Posten, wenn er all das nur mit der süffisanten Aussage kommentiert, wer sich mit Hunden ins Bett lege, dürfe sich nicht wundern, wenn er mit Flöhen aufwache?

 

Überforderte Polizisten

Es ist – und das kann nicht oft genug betont werden – nicht jeder Polizist ein potenzieller Hooligan. Die meisten sind kreuzbrave Beamte, die ihren Dienst versehen und dann pünktlich Feierabend machen wollen. Aber es darf auch nicht geleugnet werden, dass die meisten Polizisten offenkundig mit solchen Einsätzen überfordert sind. Dass ihnen anscheinend nichts anderes beigebracht wurde, als im Ernstfall planlos draufloszuprügeln, es mit dem Waffengebrauch und letztlich dem Rechtsstaat nicht allzu genau zu nehmen.

Die Innenministerin verteidigt bei Kritik stets reflexartig die Polizei. Politische Parteien halten sich wegen ihrer Polizeigewerkschafter zurück – Personalvertretungswahlen stehen vor der Tür. Großzügig wird ausgeblendet, dass dadurch jeder Lernprozess verhindert wird. Ein Lernprozess, der notwendig wäre, um Eskalationen in Zukunft verhindern zu können. Um Gesundheit, Vermögen und die persönliche Freiheit als Bürger zu schützen. Kurzum: den Rechtsstaat.

Aber möglicherweise geht es den Verantwortlichen – allen voran dem Beamten Pürstl – auch gar nicht um den Rechtsstaat. Möglicherweise wollen sie nur ablenken. Von der Tatsache, dass sie als Führungskräfte versagt haben.“

 

Abschließend sollte erwähnt werden, dass Herr Mag. T. bildungspolitischer Klub-sprecher des VSStÖ war.

 

 

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Bundesräte an den Bundeskanzler nachstehende

 

Anfrage:

 

 

1.    Mit welchen Aufgaben ist Mag. T. grundsätzlich im Bundeskanzleramt betraut?

2.    War oder ist Mag. T. dabei auch mit dienst- oder besoldungsrechtlichen Angelegenheiten befasst, die die Exekutive betreffen?

3.    Wenn ja, in welche Belange war er dabei spezifisch eingebunden bzw. wel- cher Art war dabei konkret seine Leistung?

4.    Erscheinen ihnen als Ressortverantwortlichen die Aussagen in dem angeführten Artikel mit den Dienstpflichten - insbesondere der Aufrechterhaltung des Vertrauens in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben - des Mag. T. vereinbar zu sein?

5.    Wird die medial geäußerte Meinung des Mag. T. über unsere Exekutive aus   ihrer Sicht auch von anderen Beamten ihres Ressorts geteilt?

6.    Welche Maßnahmen werden im Bundeskanzleramt als oberste Dienstbehörde gesetzt, um sicherzustellen, dass hier eine - alle Bereiche des öffentlichen Dienstes umfassende - gleichbehandelnde Hoheitsverwaltung gelebt wird?

7.    Sind im Lichte derartiger Vorkommnisse von Polizeibashing zusätzliche dienstrechtliche oder allgemein gesetzliche Schutzmaßnahmen für die Exekutive   geplant?