3110/J-BR/2016
Eingelangt am 11.02.2016
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DRINGLICHE Anfrage
der Bundesräte Jenewein, Mühlwerth, Rösch und Kollegen
an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz
betreffend roter Pensionstransfer zwischen Bank Austria und Pensionsversicherungsanstalt
Im Zuge des schrittweisen Rückzugs der italienischen Bank UniCredit aus dem österreichischen Markt wurde nicht nur das Osteuropageschäft der Tochterbank Bank Austria von Wien nach Mailand verschoben, sondern es soll auch ein Kahlschlag im Filialnetz der Bank Austria stattfinden. Insgesamt sollen mindestens 70 der 190 bisherigen Filialen für immer zugesperrt werden. Damit einher geht ein massiver Personalabbau auf Kosten der bisherige Bank Austria-Mitarbeiter.
Gleichzeitig soll auch eine massive Entlastung der Bank Austria-Aktionäre bezüglich der zu tragenden Lasten aus der betrieblichen Pensionsvorsorge stattfinden. Ende 2015 gab es laut Medienberichten Rückstellungen für die Pensionsvorsorge der Bank Austria-Mitarbeiter von rund 4,2 Milliarden Euro. Derzeit gibt es einen Personalstand von rund 9.000 Bank-Austria-Mitarbeitern in Österreich. Mehr als ein Drittel, d.h. rund 3.300 sind arbeitsrechtlich definitiv gestellt, d.h. unkündbar. 25 Prozent der Bank Austria-Mitarbeiter haben darüber hinaus eine Anwartschaft auf eine sogenannte Administrativpension, wobei die Bank Austria selbst Sozialversicherungsträger ist.
In der Haftungskette für diese Administrativpensionen und das Bank Austria-Pensionsregelwerk insgesamt scheint die von der Stadt Wien kontrollierte Anteilsverwaltung Zentralsparkasse (AVZ) auf, als Ausfallsbürge dient zusätzlich die Stadt Wien. Im Umfeld der derzeitigen Restrukturierung der Bank Austria auf dem Marktplatz Wien sind nun offensichtlich findige Experten des Bankinstituts und der Aktionäre daran gegangen, einen Weg zu finden, die Betriebspensionen und die dahinter liegenden Milliardenschweren Haftungen an Dritte abzuwälzen.
Man möchte sich des § 311 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz bedienen, der das Ausscheiden aus einem pensionsversicherungsfreien Dienstverhältnis und die Übernahme in das Pensionsversicherungsregelwerk des ASVG vorsieht. Diesen Übertritt möchte sich die Bank Austria auf Grundlage des § 311 Abs 5 ASVG mit einem 7 %-Überweisungsbetrag auf Grundlage der Bemessungsgrundlage (Monatsentgelte) an die Pensionsversicherungsanstalt (PVA) „einkaufen“. Diese Regelung und der zu Grunde gelegte Betrag besteht allerdings aus den Anfängen des ASVG Ende der 50iger Jahre, als die Pensionsversicherung für Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Allgemeinen nur rund 10 % der Bemessungsgrundlage ausgemacht hat.
Aktuell beträgt der einheitliche Beitragssatz für ASVG-Versicherte 22,8%, wobei 10,25 % von den Arbeitnehmern und 12,55 Prozent von den Arbeitgebern abgeführt werden müssen. Stellt man das dem 7 %igen Überweisungsbetrag gemäß § 311 ASVG gegenüber, dann wird hier nicht einmal ein Drittel der ansonsten zu bezahlenden ASVG-Beiträge abgedeckt. Wenn man vom Gesamtvolumen der Pensionsrückstellungen der Bank Austria Ende 2015 von 4,2 Milliarden Euro ausgeht und bei der Belegschaft von 25 Prozent Anwartschaften auf eine Administrativpension, dann kann man von einer guten Milliarde Euro an Gesamtvolumen ausgehen, die diesen zu übertragenden Bereich betrifft. Mit dem 7%igen Überweisungsbeitrag würden aber lediglich gute 300 Millionen Euro an die PVA abgeführt. Diese müsste dabei gleichzeitig ein Versicherungsrisiko von einer guten Milliarde Euro übernehmen. Die Bank Austria und ihre Aktionäre, darunter die UniCredit und die AVZ, würden sich somit 700 Millionen Euro unter dem Strich ersparen. Bank Austria, UniCredit, die AVZ-Stiftung und mittelbar auch die Stadt Wien wären schlussendlich auch Rückstellungs- und Haftungsprobleme im Ausmaß von vielen hunderten Millionen Euro los.
Das Bekanntwerden dieses Bank Austria-Pensionsdeals Ende 2015 war offensichtlich weder dem Management der Bank Austria und der UniCredit, noch höchsten SPÖ-Kreisen in der Stadt Wien und in der Bundesregierung angenehm. Sieht man die Zeitleiste der letzten Wochen und Monate, dann drängt sich der begründete Verdacht auf, dass man hier ein machtpolitisches Zeitfenster nützen wollte. Da die PVA eine solche Übernahme einer hunderte Millionen Euro schweren Last nicht ohne Wissen und Willen der Aufsichtsgremien, d.h. insbesondere der Aufsichtsbehörde Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz schultern konnte, wollte man die letzten Wochen von Bundesminister Rudolf Hundstorfer in seinem Amt nutzen, um den Deal durchzupeitschen. Der Nachfolger im Amt des Sozialministers, in diesem Fall Alois Stöger, sollte vor vollendete Tatsachen gestellt werden.
Die Person Hundstorfers bot sich für die Bank Austria-Manger, aber auch die Mächtigen im roten Wiener Rathaus und in der AVZ-Stiftung gleich mehrfach für das Durchziehen eines solchen Deals an. Einerseits war Hundstorfer viele Jahre Vorsitzender der Gewerkschaft der Gemeindebediensteten und fühlte sich damals und wohl auch bis heute auch für die ehemaligen Zentralsparkassenbeamten, die Anknüpfungspunkt der zu überführenden Administrativpension sind, verantwortlich. Gleichzeitig stammt Hundstorfer aus dem innersten Zirkel der Wiener SPÖ und konnte bzw. wollte somit ein Projekt, das letztendlich die gescheiterte Banken- und Privatisierungspolitik von Michael Häupl und Co teilweise zu sanieren versuchte, realpolitisch gar nicht verhindern. Die Übertragung der Administrativpensionen an die PVA entlasten die AVZ und die Stadt Wien immerhin von einem Rucksack von mindestens 700 Millionen Euro.
Zu guter Letzt haben Hundstorfer und die Bundes-SPÖ in den nächsten Wochen und Monaten einen Bundespräsidentschaftswahlkampf zu führen. Für einen solchen Wahlkampf ist zum einen das Wohlwollen und die Unterstützung der Wiener SPÖ als stärkster Landesgruppe und politischer Heimat des Präsidentschaftskandidaten Hundstorfer entscheidend, zum anderen möchte man es sich wohl auch nicht mit einem potentiellen Sponsor wie der Bank Austria verderben, die in den letzten Jahren immer wieder durch Inserate in SPÖ-nahen Medien helfend zur Hand gegangen ist.
Durch Widerstand von Seiten des PVA-Managements aber auch einer zunehmenden medialen Diskussion über dieses Projekt, konnte dieser rote Pensionstransfer zwischen Bank Austria und Pensionsversicherungsanstalt nun nicht mehr in der Ära Hundstorfer umgesetzt werden. Nun ist der neue Sozialminister Alois Stöger mit diesem Projekt aus dem Dunstkreis des roten Wiens konfrontiert. Während Bank Austria-Rechtsberater und Lobbyisten weiter am Masterplan der Übertragung von Pensionslasten an die PVA festhalten, organisiert sich der Widerstand gegen diese Pläne.
Der Arbeitsrechtsexperte Roland Gerlach richtet dem BMASK und der Bank Austria aus, dass man sich wegen dieses für die Bank Austria vergleichsweise günstigen Pensionistentransfers vor der Europäischen Union wegen einer Begünstigung, d.h. verbotenen Beihilfe, rechtfertigen werden müsse. Es droht ein entsprechendes EZ-Verfahren gegen die Republik Österreich.
Der Generaldirektor der Pensionsversicherungsanstalt (PVA), Winfried Pinggera, lässt Bank Austria und BMASK medial ausrichten, dass er in der bisherigen Rechtslage gemäß ASVG für eine solche kollektive Übernahme von mehreren tausenden Pensionisten inklusive deren Pensionsanwartschaften keinerlei Grundlage sieht. Ohne eine entsprechende Gesetzesänderung, die vor allem eine Angleichung des bisher geltenden 7 %igen Überweisungsbetrags auf 22,8 % beinhalten muss und einer insgesamt soliden ökonomischen Bewertung der Versicherungsrisiken beinhalte, will der der ÖVP zuzurechnende PVA-Manager keine Übernahme der BA-Pensionisten vornehmen.
Schlussendlich äußerte sich in einer ersten Stellungnahme zu diesem Bereich auch der nunmehrige SPÖ-Sozialminister Alois Stöger kritisch zu diesem Vorgang einer Übernahme der Bank Austria-Administrativpensionen ins PVA-Regime. Gleichzeitig soll aber weiterhin massiv Druck von Seiten der UniCredit, der Bank Austria und der Wiener SPÖ in dieser Angelegenheit gemacht werden. Ziel des roten Lobbyismus in Sachen Bank-Austria-Pensionisten, ist eine Übernahme der Pensionsrechte auf der jetzigen, für die Bank Austria-Aktionäre günstigen Basis von 7 %.
Die unterfertigen Bundesräte stellen daher an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz folgende
DRINGLICHE ANFRAGE
In formeller Hinsicht wird verlangt, diese Anfrage im Sinne der Bestimmungen des § 61 GO-BR dringlich vor Eingang in die Tagesordnung zu behandeln und dem Erstunterzeichner Gelegenheit zur Begründung zu geben.
Wien, den 11.2.2016