3114/J-BR/2016

Eingelangt am 17.02.2016
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ANFRAGE

 

 

des Bundesrates Gerd Krusche

 

und weiterer Bundesräte

 

an die Bundesministerin für Inneres

 

betreffend Schubhaftzentrum Vordernberg

 

 

Das Schubhaftzentrum Vordernberg in der Steiermark ist seit seiner Eröffnung im Jänner 2014 noch nie auch nur annähernd an seine Kapazitätsgrenze gelangt. In diesem modern gestalteten Schubhaftzentrum sollen die Insassen auf die Rückführung in ihr Heimatland warten. Das Gebäude ist für 200 Personen ausgelegt. (Quelle: http://diepresse.com/home/politik/innenpolitik/4704484/Schubhaftzentrum-Vordernberg-steht-fast-leer?from=simarchiv)

Von einem Vollbetrieb war man allerdings von Anfang an weit entfernt. Im ersten halben Jahr des Bestehens wurden insgesamt nur 81 Insassen beherbergt. Im zweiten halben Jahr waren es 27 Personen, die im Schubhaftzentrum untergebracht waren. Im April 2015 waren es gar nur drei Personen, die auf ihre Abschiebung warteten. (Quelle: http://steiermark.orf.at/news/stories/2704331/)

 

Der Grund für die geringe Auslastung war das viel kritisierte Fremdenpolizeigesetz: „Flüchtlinge mit sogenanntem Dublin-3-Status, für die eigentlich andere Länder zuständig sind, dürfen in Österreich vorerst nicht mehr in Schubhaft genommen werden; auch nicht bei Fluchtgefahr.“ Aus diesem Grund mussten im April letzten Jahres 30 Insassen das Schubhaftzentrum verlassen und in Erstaufnahmezentren betreut werden. Die nicht ausgelasteten Kapazitäten hatten allerdings enorm hohe Kosten zur Folge. 30 Polizisten plus insgesamt 68 Mitarbeiter der Sicherheitsfirma G4S waren für das Schubhaftzentrum vorgesehen. Nur zehn davon wurden tatsächlich gebraucht. Verringert werden konnte diese Zahl aufgrund eines 15-Jahres-Vertrages mit der G4S nicht. Monatlich überwiesen Innenministerium und Polizei rund 450.000 Euro an die Sicherheitsfirma. Eine andere Nutzung des Gebäudes, z.B. als Gefängnis oder Erstaufnahmezentrum kam damals weder für Bürgermeister Hubner noch für das Innenministerium infrage. (Quelle: http://steiermark.orf.at/news/stories/2704331/)

 

Aus der Beantwortung der Anfrage 3008/J-BR/2014 bezüglich die laufenden Kosten des Schubhaftzentrums Vordernberg an das Bundesministerium für Inneres ging hervor, dass die tatsächlichen monatlichen (!) Kosten 853.000 Euro betragen. Neben den Kosten für die private Sicherheitsfirma G4S in der Höhe von 443.000 Euro waren zusätzlich für Betriebskosten, vor Ort tätige Polizeibeamte und Mietabgaben 410.000 Euro zu bezahlen.

 

Seit Mai 2015 wird das Schubhaftzentrum Vordernberg auch als Anhaltezentrum genutzt. Dies galt als Notmaßnahme des Innenministeriums, da die Zahl der Flüchtlinge exorbitant angestiegen ist. Es wurde vorgesehen, 40 bis 60 Asylwerber unterzubringen, jedoch nicht länger als 48 Stunden. Dort sollten Erstversorgung durchgeführt und Erstmaßnahmen getroffen werden, bis die Flüchtlinge nach spätestens zwei Tagen in ein anderes Quartier gebracht werden. (Quelle: http://steiermark.orf.at/news/stories/2710749/)

Laut der Online-Ausgabe der „Kleinen Zeitung“ vom 02.07.2015 lebten Mitte des letzten Jahres 66 Flüchtlinge in Vordernberg. Diese sollen allerdings nichts mit den Schubhäftlingen zu tun haben, sondern „in einem für die Flüchtlinge adaptierten Gebäude untergebracht“ sein. Weitere Flüchtlinge können angeblich nicht aufgenommen werden, da die Kapazität des Gebäudes ausgeschöpft sei. (Quelle: http://www.kleinezeitung.at/s/steiermark/leoben/peak_leoben/4767586/Vordernberg_Eine-neue-Heimat-fur-66-Fluchtlinge) Die Rede ist allerdings sehr wohl vom Gebäude des Schubhaftzentrums. Laut einem Sprecher des Innenministeriums, handelt es sich um Personen, die in Österreich um Asyl ansuchen: „Das Zentrum hat noch Kapazitäten, zwar zu einem anderem Zweck, aber in so einer Situation, in der wir uns derzeit befinden, in einer Notsituation, haben wir Gespräche mit dem Bürgermeister geführt. Er hat sich bereit erklärt, vorübergehend, auch dieses Zentrum zur Verfügung zu stellen. Die Erstversorgung findet dort statt, Erstmaßnahmen werden dort getroffen. 48 Stunden, so sieht es auch die rechtliche Möglichkeit vor, können sie dort bleiben und werden dann von dort in andere Quartiere gebracht." (Quelle: http://steiermark.orf.at/news/stories/2710749/)

 

Nach Medienberichten wurden im Schubhaftzentrum Vordernberg seither durchschnittlich etwa 90 bis 100 Menschen untergebracht. (Quelle: http://steiermark.orf.at/news/stories/2722560/)

 

Demnach scheint es, als würde das Schubhaftzentrum als Erstaufnahmezentrum zweckentfremdet werden.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher an die Bundesministerin für Inneres folgende

 

 

ANFRAGE:

 

 

1.    Wie viele Insassen, die auf die Rückführung in ihr Heimatland warten, beherbergt das Schubhaftzentrum Vordernberg derzeit?

2.    Wie viele Schubhäftlinge befanden sich im Jahr 2015 jeweils zum Monatsfünfzehnten im Schubhaftzentrum Vordernberg?

3.    Dient das Schubhaftzentrum derzeit auch als Erstaufnahmestelle für Flüchtlinge?

4.    Wenn ja, wie viele Flüchtlinge sind derzeit dort untergebracht?

5.    Wenn ja bei 3, aus welchen Ländern stammen die Flüchtlinge vorwiegend?


6.    Wenn ja bei 3, welche Flüchtlinge sind derzeit untergebracht (Familien, Männer, Frauen, Kinder, Jugendliche)?

7.    Wenn ja bei 3, wie viele der Flüchtlinge haben bereits um Asyl angesucht?

8.    Wenn ja bei 3, werden die Flüchtlinge nur vorübergehend beherbergt und nach 48 Stunden in andere Quartiere gebracht?

9.    Wenn ja bei 8, in welche?

10. Soll das Schubhaftzentrum (auch) in Zukunft als Erstaufnahmestelle dienen?

11. Wenn ja, wie viele Flüchtlinge sollen zukünftig untergebracht werden?

12. Wenn ja bei 10, sollen die Flüchtlinge länger als 48 Stunden untergebracht werden?

13. Die Rede ist von einem „für die Flüchtlinge adaptierten Gebäude“. Welche Umbauten waren dazu notwendig?

14. Auf welche Höhe beliefen sich die Kosten für diese baulichen Maßnahmen?

15. Wer trug die Kosten der getätigten Umbauten?

16. Wie hoch sind die monatlichen Mietkosten des gesamten Gebäudes?

17. Wie hoch sind die laufenden Kosten des gesamten Gebäudes (Betriebskosten)?

18. Wie viele Personen des privaten Sicherheitsdienstes G4S sind derzeit im Schubhaftzentrum Vordernberg beschäftigt?

19. Wie hoch sind die monatlichen Kosten für diese Sicherheitsfirma und wie hoch waren die Gesamtkosten im Jahr 2015?

20. Welcher Vertrag besteht zwischen dem Innenministerium und dem privaten Sicherheitsdienst G4S?

21. Auf welchen Zeitraum wurde der Vertrag mit der Sicherheitsfirma abgeschlossen?

22. Gibt es eine klare gesetzliche Regelung bezüglich die Betreuung von Schubhäftlingen durch private Sicherheitsfirmen?

23. Wie viele Polizisten sind derzeit im Schubhaftzentrum Vordernberg im Einsatz?

24. Wurden diese Polizeibeamten von anderen Dienststellen in der Umgebung abgezogen?

25. Wie hoch sind die monatlichen Kosten für die Polizeibeamten, die vor Ort im Einsatz sind und wie hoch waren die Gesamtkosten im Jahr 2015?

26. Welche Maßnahmen werden gesetzt, um die Sicherheit in der Umgebung zu gewährleisten?

27. Wie viel Personal ist derzeit für die Betreuung der Insassen des Schubhaftzentrums beschäftigt?

28. Ist zusätzliches Personal für die etwaige Betreuung von Flüchtlingen vorgesehen?

29. Wie hoch sind die Kosten, die für das Betreuungspersonal aufgewendet werden müssen?

30. Ist derzeit noch weiteres Personal im Schubhaftzentrum beschäftigt?

31. Auf welche Summe belaufen sich die gesamten Personalkosten im Jahr 2015?

32. Wenn das Schubhaftzentrum auch als Erstaufnahmezentrum genutzt wird bzw. genutzt wurde, wie hoch sind die Kosten, die durch die Erstversorgung entstehen bzw. entstanden sind?

33. Wer trägt die in Punkt 32 genannten Kosten?

34. Erhalten bzw. erhielten die vorübergehend im Schubhaftzentrum untergebrachten Flüchtlinge „Taschengeld“?


35. Ist es vorgesehen, auch in Zukunft Flüchtlinge im Schubhaftzentrum unterzubringen?

36. Wenn ja, in welcher Form sollen Flüchtlinge untergebracht werden (Erstaufnahmezentrum, Flüchtlingsquartier, o.Ä.) und wie lange?

37. Wie viele Personen können derzeit im Schubhaftzentrum untergebracht werden?

38. Wie hoch ist der derzeitige Auslastungsgrad in Prozent?

39. Falls der Auslastungsgrad unter 90% liegt, warum wird die Kapazität nicht ausgeschöpft?

40. Wie hoch ist der prozentuelle Anteil, den das Schubhaftzentrum Vordernberg vom Gesamtbudget der Landespolizeidirektion Steiermark einnimmt?

41. Welche Kosten wurden der Landespolizeidirektion Steiermark durch das Schubhaftzentrum verursacht?

42. Gibt es zur Unterstützung der Landespolizeidirektion Sondermittel des Bundes, um das Schubhaftzentrum aufrecht zu erhalten?

43. Wenn nein, warum nicht?