3130/J-BR/2016

Eingelangt am 10.03.2016
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Dringliche Anfrage

 

der Bundesräte Jenewein, Rösch und Kollegen

an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz

betreffend: Roter Pensionstransfer zwischen Bank Austria und Pensionsversicherungsanstalt

Seit Mitte Dezember ist die Öffentlichkeit davon informiert, dass die Bank-Austria rund 3200 Mitarbeiter ins ASVG überführen möchte und die bisherige Pensionsregelung mit Ende 2015 auslaufen wird. Die Bank hat auch diesbezüglich mit dem Ende des Geschäftsjahres 2015 ihre Pensionsrückstellungen in der Bilanz aufgelöst.

Der ursprüngliche Plan der Bank-Austria, den §311 (5), der im Jahr 1956 formuliert wurde und der vorsieht, dass ein Übertrag ins ASVG mit einem 7%igen Überweisungsbetrag auf Grundlage der Bemessungsgrundlage (Monatsentgelte) an die Pensionsversicherungsanstalt (PVA) möglich ist, wurde durch die öffentliche Debatte und auch durch die „Geheimverhandlungen“ zwischen der Bank und dem Ministerium (mit tatkräftiger „Unterstützung“ der Gewerkschaft) vorläufig verhindert.

Nach wochenlangem Schweigen kreißte das Sozialministerium und gebar eine „Lex Bank Austria“, ein Gesetzesunikum, welches nun mittels des neu zu schaffenden § 311a ASVG versucht, die Bank zur Zahlung von 22,8% der Bemessungsgrundlage zu bewegen.

Bedenken gegen diese Form der rückwirkenden Anlassgesetzgebung ließen nicht lange auf sich warten. Verfassungsjurist Theo Öhlinger formulierte seine Kritik dazu wörtlich im ORF Morgenjournal am 07.03.2015: "...zum einen im Hinblick auf die offensichtliche rückwirkende Dimension dieses Vorschlags und zum anderen, weil möglicherweise eine unsachliche Differenzierung gegenüber anderen Rechtsträgern besteht, und all das wäre im Lichte des Gleichheitsgrundsatzes fragwürdig". Auch der Arbeitsrechtler Franz Marhold von Wirtschaftsuniversität Wien sieht dieses Gesetz höchst problematisch: "Es darf kein Maßnahmengesetz sein. Das heißt, es darf nicht nur die Arbeitnehmer der Uni Credit Bank Austria erfassen".

Diese Bedenken wischt Sozialminister Stöger locker vom Tisch. Er, Stöger, gehe von einem verfassungskonformen Gesetz aus, ließ er am 08.03.2015 die erstaunte Öffentlichkeit wissen. Diese dreiste Vorgehensweise lässt - neben dem Zweifel an der fachlichen Qualifikation von Sozialminister Stöger - auch Zweifel an der Ernsthaftigkeit und an der Handlungsfähigkeit des Sozialministers aufkommen. Wenn man sich jedoch die gesamte Regie dieses Pensionstheaters vor Augen hält, so muss auch davon ausgegangen werden, dass die UniCredit von Anfang an Zusagen aus dem Sozialministerium bekommen haben muss, denn kein verantwortungsvoll handelnder Bankdirektor lässt aufs Geratewohl hin Milliardenrückstellungen auflösen, wenn er sich seiner Sache nicht absolut sicher ist.

Daher sei mit dieser Schmierentragödie einmal mehr klar geworden, dass einzig die Gemeinde Wien und damit namentlich die rot-grüne Stadtregierung Profiteur dieses Deals ist, denn die Stadt Wien kann nunmehr Ausfallshaftungen für die AVZ, die als Pensionsrückstellungen passiv gestellt waren, auflösen. Dementsprechend ist die Gemeinde Wien um 1,8 Milliarden Euro Schulden erleichtert worden. Der Deal geht natürlich auch zu Lasten der Mitarbeiter der Bank Austria, die weder auf die Unterstützung der Gewerkschaft, noch auf Unterstützung des Ministeriums vertrauen konnten. Die Kaltschnäuzigkeit, mit der hier unter Ausschluss der Öffentlichkeit, ohne Einbeziehung der Legislative und ohne Job-Garantieerklärung der italienischen Bank vorgegangen wurde, lässt sogar die allegorische Figur des Gordon Gecko als Philanthropen erscheinen.

Sollte sich in einem halben Jahr indes herausstellen, dass dieses Gesetz vom VfGH aufgehoben wird, dann wäre jedenfalls wieder der Status quo hergestellt, die Bank kann ihre Mitarbeiter mit 7% der Höchstbemessungsgrundlage ins ASVG überführen und die Gemeinde Wien hat von jetzt an bis zur VfGH Entscheidung Zeit, einen großen Teil ihrer „teuren“ Pensionsbezieher in die ausgelagerten Bereiche der Gemeinde Wien zu verschieben um diese danach ebenfalls noch billig ins ASVG einzukaufen. Damit wäre die Gemeinde Wien ein zweites Mal Profiteur und könnte so auf Kosten der Allgemeinheit einen weiteren Teil ihrer Schulden loswerden.

Vor diesem Hintergrund erscheint das eher hölzerne Vorgehen des Sozialministers, sowohl des ehemaligen Ministers Rudolf Hundstorfer als Mastermind dieses Pensionsdeals aber auch des amtierenden multiministrablen Minister Stöger in einem gänzlich anderem Licht.

Die unterfertigen Bundesräte stellen daher an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz folgende

DRINGLICHE ANFRAGE

1.    In welchem Zeitraum und bis zu welchem Zeitpunkt wurde mit der Bank Austria auf der Grundlage des § 311 ASVG über eine Übertragung der Pensionen an die Pensionsversicherungsanstalt verhandelt?

2.    Ab welchem Zeitpunkt wurde im BMASK an einer Formulierung eines § 311a und eines § 696 ASVG gearbeitet?

3.    Fand dies parallel zu einem Dialog mit der Bank Austria statt?

4.    Wurde der Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes bzw. wurden externe Verfassungsrechtler bei der „Erfindung“ des § 311a und des § 696 ASVG

herangezogen und wenn ja, um welche Verfassungsrechtler handelt es sich dabei?


5.    Auf der Grundlage welcher verfassungsrechtlichen Expertise gehen Sie davon aus, dass diese Novellierung einer Anfechtung vor dem Verfassungsgerichtshof Stand halten wird?

6.    Welche Konsequenzen hat eine Aufhebung der Novellierung durch den Verfassungsgerichtshof auf den Anlassfall des Bank Austria Pensionstransfers und welche Haftungskosten( Verfahren, Schaden, Rückabwicklung) erwachsen der Republik dadurch?

7.    Könnte die Bank Austria auf der Grundlage der alten Gesetzesfassung, d.h. konkret auf der Grundlage des § 311 ihre Mitarbeiter dann in das ASVG und damit die PVA transferieren?

8.    Auf welcher Grundlage kommt man insbesondere auf den im Gesetz genannten Überweisungsbeitrag von 728,7 Mio. Euro?

9.    Wie erklären Sie sich die Differenz zu der durch die Bank Austria aufgelösten Rücklage von 1,9 Milliarden Euro für die betroffene Personengruppe in der Bilanz 2015?

10.  Auf welcher Grundlage geht man aktuell nur von 3068 betroffenen Bank Austria Mitarbeitern aus?

11 .Wie erklären Sie sich die Differenz zu den immer wieder genannten 3300 betroffenen Bank Austria Mitarbeitern?

12.Wie viele Bank Austria Mitarbeiter bzw. Mitarbeiter der AVZ könnten hier noch zusätzlich in diese Regelung eingemeldet werden und welcher Überweisungsbeitrag würde sich dann daraus ergeben?

In formeller Hinsicht wird verlangt, diese Anfrage im Sinne des § 61 der Geschäftsordnung des Bundesrates dringlich vor Eingang in die Tagesordnung zu behandeln und dem Erstunterzeichner Gelegenheit zur Begründung zu geben.

Wien, den 10.3. 2016