3164/J-BR/2016

Eingelangt am 11.07.2016
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ANFRAGE

 

 

des Bundesrates Arnd Meißl

und weiterer Bundesräte

an die Bundesministerin für Bildung

betreffend Sicherstellung des Erhalts von Sonderschulen

 

 

Der Nationale Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention sieht vor, Sonderschulen bis 2020 zu einem Auslaufmodell werden zu lassen. Vor dem Hintergrund, dass die Zahl an Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf kontinuierlich steigt und auch die Nachfrage an Betreuung in einer sonderpädagogischen Schule ungebrochen hoch ist, macht diesen Plan mehr als hinterfragenswert.

Im vergangenen Schuljahr wurden österreichweit 30.632 Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf – davon 3.271 alleine in der Steiermark – unterrichtet (Quelle: http://www.statistik.at/web_de/statistiken/menschen_und_gesellschaft/bildung_und_kultur/formales_bildungswesen/schulen_schulbesuch/029658.html). Je nach Beeinträchtigung der Kinder wird ein individueller Unterrichtsplan erstellt und von speziell geschulten Sonderschullehrern unterrichtet. Bis dato haben Eltern die Möglichkeit, selbst zu wählen, ob sie ihr Kind in einer Integrations- oder Sonderschule unterbringen möchten. Mit der Umstellung auf reine Integrationsklassen würde man sie dieser Wahlfreiheit berauben.

Betrachtet man das Recht auf Bildung nach der UN-Behindertenrechtskonvention wird dieses von Österreich bereits vollends erfüllt. Von diesem Standpunkt aus betrachtet, ist es nicht notwendig, Sonderschulen abzuschaffen und nur mehr Integrationsklassen zu installieren.

Ilse Schmid, Präsidentin des steirischen Landesverbandes der Elternvereine an Pflichtschulen, geht es nicht um ein „Entweder-Oder“, sondern um ein „Sowohl-als-auch“. Je nach Beeinträchtigung des Kindes unterscheiden sich auch Beschulungs- und Betreuungsbedarf. Eltern sollen weiterhin über die für ihr Kind am besten geeignetste Schulform entscheiden können. „Eltern von Kindern mit schwersten Behinderungen wissen am besten, ob sie ihr Kind in eine Sonderschule geben wollen oder nicht. Oft kann das, was sie brauchen, in einer Regelschule nicht kompensiert werden“ (Quelle: http://www.kleinezeitung.at/s/steiermark/bildung/4966749/Aus-fur-Sonderschulen_Nicht-jedes-Kind-kann-und-soll-integriert-werden).

Schmid hält die Begründung der weitgehenden Abschaffung der Sonderschulen mit der Behindertenrechtskonvention für einen Vorwand: „Dort steht lediglich, dass Menschen mit Behinderungen nicht von Bildung ausgeschlossen werden dürfen.“ Diese Forderung wird allerdings mit der Regelung im Schulpflichtgesetz, wonach die Eltern von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf grundsätzlich die Wahl zwischen Sonderschule und Integrationsklasse haben, schon erfüllt. Schmidt vermutet in einem Standard-Interview: „Wenn man alle Indizien zusammennimmt, ist das wesentlichste Motiv für die Abschaffung der Sonderschulen die Einsparung. Wenn man sich die Kosten pro Schüler im Nationalen Bildungsbericht ansieht, saust der Balken bei den Sonderschulen am weitesten nach oben“ (Quelle: http://derstandard.at/2000038029421/Sonderschule-Eltern-wehren-sich-gegen-Abschaffung).

Bei allen Neuerungen oder Änderungen im Bildungsbereich muss das Kindeswohl absolute Priorität haben, monetäre Überlegungen dürfen nicht heran gezogen werden. Es geht hier um die Bildung aller Kinder, Einsparungsmaßnahmen unter diversen Deckmäntelchen sind strikt abzulehnen.

 

Die unterfertigten Bundesräte stellen daher an die Bundesministerin für Bildung folgende

 

ANFRAGE:

 

1.    Sind in der Steiermark Schließungen von Sonderschulen geplant?

2.    Wenn ja, welche Schulen sind betroffen?

3.    Wenn ja, wo bzw. in welchen Schulen sollen die betroffenen Schüler integriert werden?

4.    Wird Personal aufgrund der kolportierten Sonderschulschließungen abgebaut?

5.    Wenn ja, wie viele Personen werden davon betroffen sein?

6.    Wie viele Kinder in der Steiermark, die Sonderschulen besuchen, sind von Schließungen betroffen?

7.    Welche Konzepte zur Integration von Schülern mit besonderen Bedürfnissen liegen vor?

8.    Wie werden die Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf betreut?

9.    Wie wird sichergestellt, dass Kinder mit Beeinträchtigung optimale und ihren Bedürfnissen entsprechende Betreuung und Beschulung erhalten?

10.  Wird zusätzliches Lehr- bzw. Betreuungspersonal für die Betreuung behinderter oder verhaltensauffälliger Kinder in den neu geschaffenen Unterrichtseinheiten eingesetzt?

11.  Wenn ja, wie viel zusätzliches Personal soll eingesetzt werden?

12.  Wenn ja, wie hoch sind die Kosten durch das zusätzlich eingesetzte Personal?

13.  Wenn nein, warum nicht?

14.  Wenn nein, wie wird die Betreuung der Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf sichergestellt?

15.  Sind durch die Inklusion von Schülern mit körperlichen Behinderungen Umbaumaßnahmen an Schulen notwendig?

16.  Wenn ja, wie hoch beziffern sich die Kosten für den Umbau von barrierefreier Infrastruktur?

17.  Erhofft man sich durch die Schließung von Sonderschulen Einsparungen?

18.  Wenn ja, auf welche Summe beziffern Sie diese?

19.  Sind bereits Pilotprojekte für die Integration von Kindern aus Sonderschulen in die Wege geleitet worden?

20.  Wenn ja, wo?

21.  Wenn ja, welche pädagogischen Rückschlüsse können aus den bisherigen Erfahrungen gezogen werden?