3175/J-BR/2016

Eingelangt am 04.10.2016
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Anfrage

des Bundesrates Reinhard Pisec

und weitere Bundesräte

an den Bundesminister für Kunst, Kultur, Verfassung und Medien

 

betreffend Tätigkeiten des Bundesdenkmalamtes

Es fällt auf, dass das österreichische Bundesdenkmalamt seiner Funktion der Erhaltung der österreichischen Kulturgüter nur in vernachlässigender Weise nachkommt. So wurde im Jugendstil errichteten Haus Stubenring 8 – 10 (Wirtschaftskammer Wien) das Inventar des jahrhundertalten Plenarsaales entfernt und erst nach Urgenz in Nachhinein ein fragwürdiger Veränderungsbescheid ausgestellt. Die Bibliothek mit dem historischen Lesesaal und den Intarsien am Eingangsportal in diesem Hause konnten ohne Einspruch des Denkmalamtes 2012 gleichfalls entfernt werden, sodass heute nichts mehr an die einst alte Bibliothek erinnert.

Auch bezüglich der architektonischen Raumgestaltung befasst sich das Bundesdenkmalamt wenig. Gerade in Wien bedarf es außerordentlicher Bürgerinitiativen, damit einfallslose Bauprojekte der Stadtregierung, die vorwiegend dem Profit von Bauspekulanten dienen, zu Fall gebracht werden. So ist es gelungen, die Verbauung des Areals vor dem Konzerthauses zu verhindern, aber noch nicht jene der Karlskirche. Insgesamt hat Wien in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts bis heute mehr historische Kulturschätze durch Zerstörung verloren, als durch kriegerische Einwirkungen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Eine Aufzählung würde in dieser Anfrage den Rahmen sprengen.

Erzherzog Johann dürfte nicht nur in der Steiermark für vielen bekannt sein - aber das Denkmalamt sieht Erzherzog Johanns prachtvolles ehemaliges Jagdschloss[1] als nicht erhaltungswürdig an.

Andere Städte und Länder (Zürich, Prag oder Budapest) gehen mit ihrer historischen Bausubstanz wesentlich verantwortungsvoller um, weil sie einerseits an den Tourismus denken und andererseits den Bedürfnissen der Bevölkerung entgegenkommen wollen.


Vor diesem Hintergrund stellen die unterfertigten Bundesräte folgende Anfrage an den Bundesminister für Kunst, Kultur, Verfassung und Medien

Anfrage

1)    Warum steht Erzherzog Johanns ehemaliges Jagdschloss in der Obersteiermark nicht unter Denkmalschutz?

2)    Wie definiert das Bundesdenkmalamt den Denkmalschutz und welche Sanktionen sind bei Nichteinhaltung dafür vorgesehen?

3)    Welche Objekte sind in Wien entgegen den Weisungen des Bundesdenkmalamtes zerstört worden?

a) Welche Sanktionen hat das Bundesdenkmalamt bei Zuwiderhandlung ausgesprochen?

4)    Welche Objekte sind in Wien entgegen den Weisungen des Bundesdenkmalamtes errichtet worden und dies dem Raumbild wiederspricht?

a) Welche Sanktionen hat das Bundesdenkmalamt bei Zuwiderhandlung ausgesprochen?

5)    Welche Ausbildung ist notwendig, um beim Bundesdenkmalamt in leitender Funktion beschäftigt zu werden?

6)    Gibt es mit dem Denkmalschutz in der Schweiz, Tschechien und Ungarn eine Zusammenarbeit und wenn ja, wie sieht diese aus?



[1] https://www.immobilienscout24.at/immobilien,steiermark/leoben,trofaiach.html