3225/J-BR/2017

Eingelangt am 20.03.2017
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

ANFRAGE

 

des Bundesrates Mag. Reinhard Pisec, BA

und weiterer Bundesräte

an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft

betreffend die Entfernung der unter Denkmalschutz gestandenen Präsenzbibliothek und des historischen Lesesaals in der Wirtschaftskammer Wien

 

Die Digitalisierung von Büchern in Kombination mit der Volltextsuche (das Suchen von Begrifflichkeiten) stellt einen immensen Quantensprung für das wissenschaftliche Arbeiten dar. Weltweit lassen Bibliotheken ihre Bestände online scannen, damit diese zur Ansicht oder zum Download für alle bereitstehen. Wissenschaft, Bildung und Forschung sind dankbar dafür.

Gegen den internationalen Trend der Bildungsoffensive in Form von Digitalisierung und des offenen Zugangs zu Bibliotheken verläuft die Entwicklung in der Wirtschaftskammer Wien und Österreich. Die Präsenzbibliothek der WKO Wien hatte auch an der Universität Wien einen hohen Bekanntheitsgrad, bevor diese 2012 – obwohl unter Denkmalschutz gestanden – gemeinsam mit dem historischen Lesesaal geschlossen, entfernt und demontiert wurden. Nicht einmal die Bestände wurden digitalisiert und damit der Öffentlichkeit zum Lesen bereitgestellt. In der pompös neu errichteten Wirtschaftskammer Österreich gibt es nur eine Kleinstbibliothek auf wenigen m² und keinen Lesesaal.

Interessant ist, dass online[1] nach wie vor auf die nicht mehr existierende Präsenzbibliothek der Wirtschaftskammer Wien hingewiesen wird.

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Bundesräte an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft folgende

 

 

Anfrage

 

1.  Warum wurden 2012 die Präsenzbibliothek und der historische Lesesaal in der Wirtschaftskammer Wien entfernt, obwohl diese - beim Bau des Gebäudes am Stubenring in Wien vor mehr als 100 Jahren bereits errichtet - unter Denkmalschutz standen?

2.  Warum ist im Internet noch immer die Öffnung der Präsenzbibliothek in der WKO Wien mit Öffnungszeiten von Montag bis Freitag angeführt?


3.   Warum gibt es keine online Archivierung der Bibliotheksbestände (Bücher scannen und digitalisieren) in der WKO Wien, damit diese für alle in Volltextsuche zugänglich sind?

4.  Warum gibt es keine online Archivierung der Bibliotheksbestände (Bücher scannen und digitalisieren) in der WKO Österreich, damit diese für alle in Volltextsuche zugänglich sind?

5.  Was unternimmt das Wissenschaftsministerium, damit in Zeiten erhöhter Aufmerksamkeit für Bildung die Präsenzbibliothek und der historische Lesesaal in der WKO Wien wiedererrichtet werden?

6.  Was unternimmt das Wissenschaftsministerium, damit die unter Österreichs legendärem Nationalökonomen Ludwig von Mises (Angestellter der Handelskammer) in den 1920er und 30er Jahren stark erweiterte Bibliotheksbestände im Zeitalter der Digitalität der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

7.  Warum werden im „Mises-Jahr 2017“ seine Werke und Handschriften und diese aus seinem Wissenschafts-Kollegium nicht der Öffentlichkeit zugänglich gemacht?

8.   Warum erinnert bis heute keine Gedenktafel in der Wirtschaftskammer Wien an den wichtigsten Akteur der Wiener Schule der Nationalökonomie, Ludwig von Mises, der 10 Jahre lang in den heute noch bestehenden Räumlichkeiten sein wissenschaftliches, außeruniversitäres Privatseminar abgehalten hat?

9.  Warum ist im Gebäude der WKO Österreich kein öffentlich zugänglicher Lesesaal vorhanden, der auch diesen Namen verdient?

10.  Was hat die WKO Wien veranlasst, die Bibliothek und den Lesesaal zu demontieren?

11.  Warum hat die Wirtschaftskammer Wien keine Mittel für die Anstellung von wissenschaftlich ausgebildeten Bibliothekaren und Archivaren zur Verfügung, obwohl sie von Pflichtmitgliedschaften finanziert wird und somit eine Monopolstellung notabene innehat?



[1] http://www.univie.ac.at/elib/index.php?title=Lexikon:WKW_-_Bestandsverzeichnis_1898_-_Wirtschaftskammer_Wien/A-J