3234/J-BR/2017

Eingelangt am 27.04.2017
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ANFRAGE

 

der BundesrätInnen Ewa Dziedzic, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres

 

betreffend brutale Verfolgung und Menschenrechtsverletzungen gegen Homosexuelle in Tschetschenien

 

BEGRÜNDUNG

 

 

Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien stehen an der Tagesordnung und die gesellschaftliche Situation für LGBTI- Menschen war immer schon gefährlich und prekär. Nun spitzt sich die Lage in Tschetschenien täglich zu und die Informationen verdichten sich, dass die Dimension der Verfolgung von schwulen Männern größer ist, als bisher angenommen wurde. JournalistInnen der „Nowaya Gaseta“ sollen zwei neue Gefängnisse für (vermeintlich) schwule Männer entdeckt haben und Präsident Kadyrow droht Schwule bis zu Beginn des Ramadan beseitigen zu wollen.  Die JournalistInnen sprechen von systematischer Verfolgung und Folterung mehrer 100 schwuler Männer durch die Polizei und paramilitärische Einheiten, und sie werden inzwischen auch selbst von Gefolgsleuten von Kadyrow bedroht ihre Nachforschungen einzustellen berichtet das Online Portal queer.de am 25.4.2017.[1]

Anfang April war durch kritische, russische Medien bekannt geworden, dass es offenbar Internierungslager nur für – in diesem Fall - schwule Männer gibt. Inzwischen gibt es auch Augenzeugenberichte, die diese Verfolgungen bestätigen:

Maksim said it had started with a chat room conversation with “a very good old friend who is also gay,” and who suggested that they meet at an apartment. When Maksim arrived, however, he was greeted not by his friend but by agents who beat him. Later, they strapped him to a chair, attached electrical wires to his hands with alligator clips and began an interrogation. “They yelled, ‘Who else do you know?’” Maksim said, and zapped him with current from time to time. “It was unbearably painful; I was hanging on with my last strength,” he added. “But I didn’t tell them anything.” [2]

Das russische LGBT- Network unterstützt und evakuiert Betroffene aus Tschetschenien, betont gleichzeitig aber auch, dass diese Menschen sich weiterhin in Gefahr befinden. Behörden tauschen Daten aus, damit werden Aufenthaltsorte bekanntgegeben. Laut der russischen NGO haben bereits europäische Botschaften ihre Visabestimmungen gelockert. 

Inzwischen gibt es Appelle der UN vom 13.April 2017: “We urge the authorities to put an end to the persecution of people perceived to be gay or bisexual in the Chechen Republic who are living in a climate of fear fuelled by homophobic speeches by local authorities.” [3]

Sowie von Seiten der OSZE  Office for Democratic Institutions and Human Rights (ODIHR) am 13.April 2017:

“The authorities in the Russian Federation must urgently investigate the horrific reports of human rights violations against allegedly gay men in Chechnya, as well as identify, prosecute and punish any known perpetrators,” said Director Link. “Additionally, authorities should adopt immediate protection measures for victims and vulnerable individuals who could become victims, as well as facilitate the full rehabilitation of all victims of torture.”[4]

Als auch der Europäischen Union vom 19.April 2017:

“If confirmed, these serious human rights violations would add to the long list of human rights abuses in Chechnya. Instead of supporting the rights of the victims, some officials of the Chechen Republic have even attempted to justify the violence against them. The Russian authorities have taken international human rights commitments that bind them at all levels to ensure the safety of all persons who may be at risk in Chechnya due to their sexual orientation.”[5]

Ohne die Zustimmung von Präsident Putin wären diese brutalen Menschenrechtsverletzungen nicht möglich. Am 4. April haben Sie eine Aussendung gemacht, in der Sie die Geschehnisse verurteilen und mitteilen, dass Sie mit den EU-PartnerInnen vor Ort an der Verifizierung der Vorwürfe arbeiten.

Die unterfertigenden BundesrätInnen stellen daher folgende

 

ANFRAGE

 

 

 

1.    Wann haben Sie von den Geschehnissen in Tschetschenien erfahren und wer hat Sie darüber informiert?

 

2.    Welche EU-PartnerInnen haben Sie wann kontaktiert?

 

3.    Konnten die Vorwürfe massiver Menschenrechtsverletzungen gegenüber schwulen Männern  offiziell verifiziert werden?

 

a)    Wenn ja, welche Informationen haben Sie von wem genau bekommen?

b)    Falls nein, warum nicht?

 

4.    Haben Sie den russischen Botschafter für ein Gespräch ins Außenministerium vorgeladen, um die Ereignisse in Tschetschenien zu besprechen?

 

a)    Wenn ja, was wurde bei diesem Gespräch genau besprochen?

b)    Wenn nein, warum nicht?

 

5.    Gab es Gespräche mit Bundeskanzler Kern, der am 21.April im Rahmen eines Regenbogenmarsches für Menschenrechte in Tschetschenien ein Statement verlesen ließ, dass er die Verfolgung verurteile, bezüglich einer gemeinsamen Vorgehensweise? 

 

a)    Wenn ja, was war der Inhalt dieses Gesprächs und wie wird die zukünftige Vorgehensweise der Bundesregierung sein?

b)    Wenn nein, warum nicht?

 

6.    Werden Sie sich in Ihrer Funktion als Außenminister und Vorsitzender der OSZE für die sofortige Beendigung der Misshandlungen, Internierungen, Folterungen und Tötungen von schwulen Männern in Tschetschenien einsetzen?

 

a)    Wenn ja, welche Maßnahmen planen Sie zu setzen?

b)    Wenn nein, warum nicht?

 

7.    Eine der Forderungen von MenschenrechtsaktivistInnen ist die Möglichkeit, wieder Asylanträge in den Botschaften vor Ort zu stellen. Dies würde die lebensgefährliche Situation der verfolgten Männer entschärfen. Wie stehen Sie zu dieser Forderung?

 

8.    Gab es Gespräche mit Innenminister Sobotka bezüglich der Ermöglichung von Asylanträgen in den jeweiligen Botschaften?

 

a)    Falls ja, was ist das Ergebnis dieser Gespräche?

b)    Falls nein, warum nicht?



[1] http://www.ggg.at/2017/04/25/tschetschenien-journalisten-finden-zwei-neue-gefaengnisse-fuer-schwule-maenner/

[2] https://www.nytimes.com/2017/04/21/world/europe/chechnya-russia-attacks-gays.html?_r=0

[3] http://www.ohchr.org/EN/NewsEvents/Pages/DisplayNews.aspx?NewsID=21501&LangID=E

[4] http://www.osce.org/odihr/311611

[5] https://eeas.europa.eu/headquarters/headquarters-homepage/24836/eu-local-statement-human-rights-abuses-gay-men-chechnya_en