3263/J-BR/2017

Eingelangt am 29.11.2017
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

des Bundesrates David Stögmüller, Freundinnen und Freunde an die Bundesministerin für Bildung

betreffend Zweifelhafte Unterrichtsmethoden und Weltanschauung an der Weinbergschule in Salzburg

BEGRÜNDUNG

Am Donnerstag den 23.11.2017 berichtete der ORF in der Sendung „Am Schauplatz“ über „Die Kinder vom Zachhiesenhof“.[1] Der sogenannte Zachhiesenhof beheimatet an der Adresse Huttich 2 in der Salzburger Gemeinde Seekirchen nicht nur die „Gemeinschaft werktätiger Christen für ein neues Jerusalem“, die von der Bundesstelle für Sektenfragen als Sekte eingestuft wird, sondern auch den „Verein zur Förderung alternativer Bildungswege“. Dieser Verein (ZVR-Nummer 609495453) wiederum betreibt dort eine Privatschule mit Öffentlichkeitsrecht (Schulkennzahl: 503221), die so genannte Weinbergschule.[2]

In der ORF-Reportage wurden schwere Vorwürfe gegen die Gemeinschaft am Zachhiesenhof erhoben. So müssen die Mitglieder ihr gesamtes Vermögen einbringen und bekommen monatlich nur mehr 100€ Taschengeld, eine Anführerin der Sekte bekäme sogenannte „Durchgaben“ direkt von Jesus Christus, die sie verschriftlicht. Diesen göttlichen Durchgaben haben alle Mitglieder zu folgen.

Es wurde berichtet, dass Widersprüche oder Zweifel mit sozialer Isolation und psychischem Druck geahndet werden.

Darüber hinaus soll nicht-konformes Verhalten „Besetzungen“ durch „Dämonen“ nach sich ziehen. Solche Dämonen-Besetzungen seien auch bei den Schülerinnen und Schülern festgestellt worden.


Der zuständige Schulinspektor sagt im ORF Bericht, dass er bei einer Inspektion im Klassenraum etwa ein Buch des Mystikers Jakob Lorber vorgefunden hat, der im 19. Jahrhundert - ganz wie die Sektenleiterin - „Privatoffenbarungen“ von Gott erhalten hätte und diese gemeinsam mit kruden Thesen zur Wissenschaft verschriftlicht hat.

Wissenschaftlich unhaltbare Behauptungen finden sich in Zusammenhang mit der Weinbergschule auch an einigen anderen Stellen. So hielt sich ein gewisser Richard Kandlin mehrfach am Zachhiesenhof auf, unterrichtete dort die Kinder und hielt Vorträge. Kandlin ist nach eigenen Angaben ehemaliger Schüler der Schetinin-Schule in Russland. Diese Schule wiederum hat enge Verbindungen zur antisemitischen und esoterischen Anastasia-Bewegung. Ein Hauptversprechen der Schetinin-Schule ist es unglaublich schnelle Lernfortschritte zu erzielen. Auf der Homepage der Weinbergschule wird etwa ein Video[3] zu einem Interview mit dem Gründer der Schetinin-Schule Michael Petrowitsch Schetinin verlinkt. In diesem Interview erklärt Schetinin etwa „lf we are successful to meet us, theyare able to solve the problem, to understand the whole secondary school subject material in Mathematics in 10 days (...) So, (mathematical-knowledge) of 11 classes in 10 days. This task is set‘. Also der gesamte Mathematik-Stoff der Sekundarstufe lässt sich in nur 10 Tagen erlernen, behauptet der Schulgründer. Funktionieren soll das mit esoterischen Prinzipien. "This is depending on open, independent conditions. If the polar structures (energies) are in touch, knowledge is transferred'. Damit wird auf die esoterische Idee des sogenannten “osmotischen Lernens” Bezug genommen. Es müsse nur der richtige energetische Zustand hergestellt werden, dann würde Wissen von einer Person zur anderen fließen. “Practical it is like to remember something that has been forgotten", so Schetinin weiter.

Hier findet sich die nächste esoterische Idee, die sich auch im Anastasia-Kult wiederfindet. Das gesamte kosmische Wissen sei in jedem Menschen vorhanden und durch die böse und verunreinigte Welt lediglich verschüttet. Unter den richtigen Umständen könne dieses Wissen wieder freigelegt werden, „The human being knows everything!".

Auch die Schulleiterin der Weinbergschule stellt im ORF-Interview ähnliche Behauptungen auf. „Biologie kann in zweieinhalb, drei Monaten erlernt werden“, so der O-Ton. Auch die Idee der Wissensosmose dürfte an der Schule verbreitet sein. In einem weiteren Video[4], das von der Weinbergschule auf Youtube veröffentlicht wurde, stellt Richard Kandlin das Konzept der Schetinin-Schule vor.

Auch Schülerinnen und Schüler kommen zu Wort: Einer sagt dazu wörtlich „Ich finde die Schaubildarbeit sehr gut, weil es ist einfach kein Frontalunterricht, sondern es ist eine Osmose. Es arbeitet jeder mit jedem, von Kind zu Kind".

Die esoterischen Prinzipien der Schetinin-Schule dürften demnach tief im Unterricht verankert sein.

Die unterfertigenden Bundesrätlnnen stellen daher folgende


 

ANFRAGE

1.    Sind Ihnen die Vorwürfe und Vorfälle rund um die Weinbergschule in Salzburg bekannt?

2.    Unter welchen konkreten Voraussetzungen kann einer Privatschule das Öffentlichkeitsrecht entzogen werden?

3.    Gibt es in Bezug auf die Weinbergschule ein Verfahren oder eine Prüfung betreffend die Entziehung und das Erlöschen des Öffentlichkeitsrechtes?

a.    Falls ja, gibt es schon eine Entscheidung bzw. bis wann ist mit einer solchen zu rechnen?

b.    Falls ja, wegen welcher konkreten Punkte wurde ein Verfahren bzw. eine Überprüfung eingeleitet? Geben Sie bitte die konkreten Punkte an.

c.    Falls nein, warum wurde ein solches Verfahren bzw. eine solche Prüfung noch nicht eingeleitet?

d.    Werden Sie ein entsprechendes Verfahren einleiten?

e.    Wurde nach § 16 des PrivSchG dem Schulerhalter unter Androhung des Entzuges eine Frist gesetzt? Wenn ja, welche konkreten Voraussetzungen nach § 14 PrivSchG konnten nicht mehr erfüllt werden?

4.    Wie lange und unter welcher Maßgabe der Unterrichtserfolge wurde der Weinbergschule das Öffentlichkeitsrecht verliehen? Bitte geben Sie auch die konkreten Unterrichtserfolge an.

5.    Unter welchen konkreten Voraussetzungen kann das Recht auf Schulführung entzogen werden?

6.    Wurde der Weinbergschule das Recht auf Schulführung entzogen?

a.    Wenn ja, geben Sie bitte die konkreten Punkte an, warum das Recht entzogen wurde?

b.    Wenn nein, warum nicht?

c.    Wenn eine solche Entscheidung noch nicht gefällt worden ist, gibt es ein laufendes Verfahren dazu? Und wenn ja, über welche konkreten Punkte.

d.    Wenn nein: Werden Sie ein solches Verfahren einleiten?

7.    Sind Ihnen bzw. BeamtInnen Ihres Ministeriums die zweifelhaften Unterrichtsmethoden bzw. Weltanschauungen an der Weinbergschule bekannt?

a.    Wenn ja, seit wann konkret?

8.    Gab es seit der Verleihung des Öffentlichkeitsrechts bereits Hinweise an die zuständigen Schulbehörden bzw. an Ihr Ministerium, dass an der Weinbergschule zweifelhafte Unterrichtsmethoden oder Weltanschauungen angewendet bzw. vermittelt werden?

a.    Wie viele Hinweise sind bereits eingelangt? Bitte geben Sie die konkrete Anzahl an.


b.    Zu welchem Zeitpunkt sind diese Hinweise an Sie gelangt? Geben Sie bitte das konkrete Datum für jeden einzelnen Hinweis an.

9.    Liegen Ihnen Beschwerden oder Vermerke von der zuständigen Schulbehörde vor?

a.    Wenn ja, welche konkret? Geben Sie auch das Datum der einzelnen Beschwerden oder Vermerke an.

b.    Sind Sie den einzelnen Beschwerden und Vermerken nachgegangen? Geben Sie bitte die konkreten Maßnahmen, die Sie bzw. die zuständige Schulbehörde unternommen haben an.

10. Wurden Sie als Bundesministerin über die Vorgänge in der Weinbergschule von der zuständigen Schulbehörde informiert?

a. Wenn ja, wann genau und in welchem Umfang?

11.  Nach welchen konkreten Lehrplänen wird an der Weinbergschule unterrichtet?

a.    Wurden die per Verordnung geregelten Inhalte gelehrt?

b.    Ist ein Unterricht, der den gesamten Lernstoff innerhalb von 3 Monaten (zB Biologie oder Mathematik) beibringen soll, rechtlich möglich?

c.    Wenn nein, werden Sie den entsprechenden Aussagen des Direktors der Weinbergschule nachgehen? Welche konkreten Maßnahmen werden Sie einleiten?

12.  lst die Weinbergschule anspruchsberechtigt für Subventionen?

a.    Wenn ja welche Voraussetzungen nach § 21 des PrivSchG werden dafür erfüllt?

b.    Welches Ausmaß der Subventionen erhält die Weinbergschule? Bitte um genaue Angabe von Art der Subvention und von der Höhe der Gelder, sowie der zur Verfügung gestellten Lehrerdienstposten.

13.  Unterstützt das Bildungsministerium die von der Weinbergschule propagierten Methoden der Schetinin-Schule?

a.    Wenn ja, wie und warum?

b.    Wenn nein, was werden Sie bzw. Ihr Ministerium zukünftig unternehmen, um solche Methoden in Bildungseinrichtungen zu unterbinden?

c.    Entspricht diese Methode einem ordnungsgemäßen und den Aufgaben des österreichischen Schulwesens gerecht werdenden Unterricht?

14.  Auch die sogenannte LAIS-Bewegung nimmt Bezug auf die Schetinin-Schule[5]. Liegen Ihnen bzw. Ihrem Ministerium bezüglich der LAIS Beschwerden bzw. laufende Verfahren vor? Bitte um konkrete Anzahl mit Datum und kurzer Erläuterung zu den einzelnen Fällen.

a.    Unterstützen Sie bzw. Ihr Ministerium die Vorschläge der LAIS­Bewegung?

b.    Was werden Sie konkret unternehmen, um solche Methoden in Bildungseinrichtungen zu unterbinden?



[1] https://www.youtube.com/watch?v=gORqzvkDNy0 YouTube Aufzeichnung der ORF Reportage „Am Schauplatz“ vom 23.11.2017 (abgerufen 27.11.2017)

[2] http://www.weinbergschule.at/index.php/de/ abgerufen am 27.11.2017

[3] https://www.youtube.com/watch?v=mkC58LMk6e0 abgerufen am 27 11.2017

[4] https://www.youtube.com/watch?v=WtWbArc1pn0 abgerufen am 27.11.2017

[5] http://www.laisschule-salzburg.at/paumldag-konzept.html abgerufen am 27.11.2017