3408/J-BR/2017

Eingelangt am 22.12.2017
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Ewa Dziedzic, David Stögmüller,

Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Inneres betreffend Alexander Höferl und die Identitäre Bewegung

BEGRÜNDUNG

Am 19. Dezember wurde über diverse Medienkanäle vermeldet, der bisherige Kommunikationschef der FPÖ, Alexander Höferl, solle Ihr neuer Pressesprecher werden: „Wie Alexander Höferl dem KURIER bestätigte, sollte er in Zukunft dem Kabinett von Innenminister Kickl angehören und als dessen Pressesprecher agieren.“1 Wenige Stunden später wurde diese Meldung dementiert: „Allerdings nicht als dessen Pressesprecher, wie etwa der ,Kurier’ zunächst berichtete, sondern als Kommunikationschef. ,Eine Titelverwirrung’, sagt Höferl, nachdem Ministeriumssprecher Karl-Heinz Grundböck sowohl gegenüber ,Kurier’ als auch STANDARD richtiggestellt hat, dass Höferl nicht Pressesprecher, sondern Leiter der Kommunikation werde - und sich damit nicht um die ,Alltagsarbeit’ kümmern wird. Kurz zuvor sprach Höferl allerdings selbst von seinem neuen Job als ,Pressesprecher’.“2 Aufgrund der später bekannt geworden Aktivitäten möchten die Grünen ihre Anfrage von 21.Dezember 2017 um folgende Aspekte ergänzen:

Alexander Höferl führt einen Facebook-Account:

https://www.facebook.com/alexander.hoferl Auf diesem Account ist er Fan u.a. von folgenden Facebook-Seiten:

 

 

 

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1    https://kurier.at/politik/inland/unzensuriert-verantwortlicher-im-kickl-kabinett/302.774.526

2    https://derstandard.at/2000070685229/KicklsPressesprecher-schrieb-bis-zuletzt-fuer-unzensuriertat

 



 

Wie aus dem Screenshot ersichtlich, ist Höferl Fan der Identitären Bewegung (IB) und deren Subseite „Defend Europe“, einer Kampagne, im Zuge derer Aktivisten der Identitären mit dem gecharterten Schiff C-Star durchs Mittelmehr kreuzten, um die Rettung von Geflüchteten zu verhindern. Finanziert wurde die Aktion durch Crowdfunding über die US-Plattform „wesearchr.com“, die laut Recherchen der „Tagesschau“ vom Alt-Right-Aktivisten Charles C. Johnson gegründet wurde.4 Weiters wird berichtet: „Die von US-Neonazi Richard S. Spencer gegründete Website ‘Altright.com’ pries in martialischen Worten die IB im Juli für ihren Beitrag zur ‘Schlacht um das Mittelmeer’ und behauptete, ‘junge Weiße überall in der Weißen Welt’ würden nun ‘angesichts ihrer Entrechtung erwachen’. Das seien ‘ermutigende Nachrichten’. Insbesondere die Videos der kanadischen YouTuberin Lauren Southern zeigen, dass die internationale Vernetzung zwischen IB und Alt-Right Früchte in Form von großen Reichweiten auch bei einem jungen Zielpublikum trägt. Sie begleitete gemeinsam mit der US-Amerikanerin Brittany Pettibone die ,Defend Europe’-Aktion und setzte regelmäßig Video-Blogs dazu ab.“5

Höferl ist auch Facebook-Fan von Lauren Southern:

 

 

 

 

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3             alle Screenshots vom  21.12.2017

4             vg I. http://faktenfinder.tagesschau.de/identitaere-alt-right-101.html

            5             Ebda


 

In dem in Ihrem Ressort erstellten Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2016 werden zu den Identitären in einem vierseitigen Fachbeitrag u.a. folgende Einschätzungen getroffen:

Die offensichtlichste Strategie derartiger Bewegungen und Netzwerke liegt einerseits im Versuch, rechtsextreme Einstellungsmuster in der Öffentlichkeit „salonfähig“ zu machen und andererseits im Bemühen, klassische rechtsextreme Szenestrukturen aufzubrechen und sich als junge popkulturelle Avantgarde zu stilisieren. Es ist erkennbar, dass diese Abgrenzungsversuche strategischen Hintergrund haben, um die weitere Ausbreitung derartiger Netzwerke nicht zu gefährden.

Durch ihre öffentliche Inszenierung als vermeintlich harmlose „Jugendbewegung“ sind ihre rechtsextremen Einstellungsmuster für nur peripher informierte Sympathisanten nicht immer auf den ersten Blick zu erkennen. Diese dienen jedoch gezielt als Codes und Signale für Anhänger rechtsextremen Gedankenguts, Milieus und Szenen, die in den letzten Jahren aufgrund ihrer gewaltaf nen Erscheinung und offen nationalsozialistischen Verherrlichung zunehmend gesellschaftlich geächtet wurden und daher kaum noch Nachwuchs generieren können.

Jedoch handelt es sich bei den Identitären um einen erneuten Versuch, ein Netzwerk des modernisierten Rechtsextremismus in der Fortführung der zuvor beschriebenen Neuen Rechten zu schaffen.

Derartige gesellschaftszersetzende Kommunikationsstrategien und das öffentliche Auftreten rechtsextremer Ideologieträger bei identitären Splittergruppen führen zunehmend zu einer Polarisierung und Spaltung in der Öffentlichkeit und gefährden das friedliche Zusammenleben liberaler Demokratien. An Stellen, wo von Anhängern der Identitären Grenzen durch strafrechtliche Handlungen überschritten werden oder Gegenmobilisierungen statt nden, bedienen sich die Verantwortlichen des bei Rechtsextremisten gängigen Narrativs der Täter-Opfer-Umkehr.6

Bereits im Verfassungsschutzbericht 2015 wird die Identitäre Bewegung unter dem Titel „Neue Rechte“ folgendermaßen charakterisiert:

Die zentralen Merkmale der „Neuen Rechten liegen in der Verschiebung von Deutungen, Argumentationsmustern sowie in der Verwendung von verklausulierten Begrifflichkeiten. Termini wie „Rassen“ werden beispielsweise durch „Kulturen“ ersetzt und Parolen wie „Ausländer raus“ werden mit Narrativen der „Entwurzelung“, „Überfremdung“, „Remigration“, „Gefährdung der eigenen Kultur“, „Zwangsassimilation“ und als „Islamisierung Europas“ in den öffentlichen Meinungsbildungsprozess eingebracht und in einschlägigen Internet-Foren massiv verbreitet. Mit dem überhöhten Bezug auf „Nation“ wird seitens der Agitatoren der „Neuen Rechten“ gegen jegliche Form der auf Pluralismus und Menschenrechten beruhenden Gesellschaftsordnung argumentiert und mobilisiert.7

Auch auf der Website „unzensuriert.at“ und „unzensuriert.de“ finden sich unzählige Artikel, in denen Aktionen der Identitären positiv kommentiert werden, so auch die Aktion „Defend Europe“.

 

 

 

 

 

 

 

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6              http://www.bvt.qv.at/401/files/Verfassunqsschutzbericht2016.pdf

7              http://www.bvt.qv.at/401/files/Verfassunqsschutzbericht2015.pdf

 


 

Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang auch ein Beitrag auf „unzensuriert“ mit dem Titel „Identitäre Bewegung lässt sich von Staatsapparat nicht einschüchtern“8, in dem eine Videobotschaft des IB-Frontmanns Martin Sellner wiedergegeben wird. Sellner alteriert sich darin über den Deutschen Verfassungsschutz, der die IB auf seine Beobachtungsliste gesetzt hatte: ,,'Wir sehen bei der ’Identitären Bewegung1 Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung’, erklärte Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen bei einem Redaktionsgespräch mit der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. ’So werden Zuwanderer islamischen Glaubens oder aus dem Nahen Osten in extremistischer Weise diffamiert. Deshalb beobachten wir die Bewegung nun auch.”“9

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

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8          https://www.unzensuriert.at/content/0021506-ldentitaere-Bewequnq-laesst-sich-von- Staatsapparat-nicht-einschuechtern

9            https://vVww.verfassunqsschutz.de/de/aktuelles/zur-sache/zs-2016-001-maassen-dpa-2016-08


ANFRAGE

1)      Haben Sie als nunmehr ressortverantwortlicher Minister die jährlichen Berichte des Verfassungsschutzes gelesen?

a.   Falls nein: warum nicht?

b.   Falls ja: Was werden Sie gegen die im jeweiligen Kapitel zu Rechtsextremismus dargestellten Gefahrenlagen unternehmen?

2)      Wie in der Begründung dieser Anfrage ausgeführt, sieht der Verfassungsschutz in der „Identitären Bewegung“ ein wesentliches Gefahrenpotential, das als „gesellschaftszersetzend“ bezeichnet wird und das „friedliche Zusammenleben liberaler Demokratien“ gefährde. Ist es für Sie akzeptabel, wenn mit Alexander Höferl ein „Fan“ dieser Bewegung in Ihrem Ressort tätig ist, und das sogar in einer führenden Position?

a.   Falls ja: warum?

b.   Falls nein: Welche Konsequenzen werden Sie in Bezug auf den IB-Fan Alexander Höferl ziehen?

3)      Welche Tätigkeiten hat Alexander Höferl nach den den Erkenntnissen Ihres Ressorts konkret für das Portal „unzensuriert.at“ und „unzensuriert.de“ ausgeführt:

a.   War er als Redakteur tätig? Falls ja: Welche Artikel hat er verfasst und von welchem Datum stammt der letzte von ihm verfasste Beitrag?

b.   Höferl wird im Vereinsregister als stellvertretender Obmann des Vereins „Unzensuriert - Verein zur Förderung der Medienvielfalt“ angeführt. Hatte Höferl weitere führende Funktionen bei „unzensuriert“? Falls ja: welche?

4)      Alexander Höferl wird bezüglich seiner Tätigkeiten für „unzensuriert“ im „Standard“ folgendermaßen zitiert: „Wer irritiert sein möchte, ist halt irritiert“.10 Entspricht es Ihrem Amtsverständnis als Innenminister, dass Irritationen bedeutungslos sind, wenn sogar der Verfassungsschutz in einer Einschätzung feststellt, dass „unzensuriert“ Inhalte veröffentlicht, die „zum Teil äußerst fremdenfeindlich [sind] und antisemitische Tendenzen [aufweisen]. Es werden auch verschwörungstheoretische und eine pro-russische Ideologie vertreten?. “11

5)      Welche Relevanz hat für das österreichische Innenministerium die Einschätzung des Deutschen Verfassungsschutzes zur Identitären Bewegung?

 

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10        https://derstandard.at/2000070685229/KicklsPressesprecher-schrieb-bis-zuletzt-fuer-unzensuriertat
11       
https://www.land-oberoesterreich.qv.at/Mediendateien/LK/beilage-kongress.pdf

 

6)      In einem Interview mit der Online-Redaktion Ihres Ministeriums führen Sie als eines Ihrer großen Ziele für die nächsten Jahre an: „Ein zweiter wesentlicher Schwerpunkt muss sein, dass es uns gelingt, in einigen Bereichen Präventionsarbeit zu verstärken. Da denke ich vor allem an die Bedrohung durch den fundamentalistischen Extremismus und den Islamismus. Da gibt’s auch eine hohe Erwartungshaltung vonseiten der Bevölkerung.”12 Sind unter „fundamentalistischer Extremismus“ die diversen Erscheinungsformen des Rechtsextremismus mitgemeint?