3472/J-BR/2018

Eingelangt am 04.04.2018
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der BundesrätInnen Ewa Dziedzic, Freundinnen und Freunde
an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz

betreffend CRISPR und die neuen Gentechnik-Methoden

BEGRÜNDUNG

 

Die neuartigen Gentechnik-Methoden – insbesondere CRISPR – sind umstritten. Einige sehen darin Potenzial, andere beleuchten auch die Risiken. Offen ist, ob die so erzeugten Organismen rechtlich als “genetisch verändert“ gelten oder nicht. Denn bei „Gentechnik“ handelt es sich zunächst um einen juristischen Begriff. Aus dem Bericht des Joint Research Centre der EU-Kommission[1] wird deutlich, dass zu den neuen Techniken nur wenige Studien vorliegen. Technikspezifische Probleme sind aber durchaus zu erwarten. So ist beispielsweise bei der Technik des GenSilencing, also dem Abschalten bestimmter Genabschnitte, derzeit nicht klar, wann die Abschaltung wieder aufgelöst wird oder ob die Genaktivität durch die Veränderung besonders angekurbelt wird. Die Abschaltung ist vererbbar und könnte sich damit ausbreiten. Neuseeländische Forscher untersuchten die Risiken in einer Studie von 2013. Sie empfahlen dringend eine Sicherheitsprüfung derart hergestellter Organismen. Alle neuen Techniken seien noch jung, viele Mechanismen nicht völlig klar.

 

In der Anfragebeantwortung 10237/AB vom 05.01.2017 zu 10699/J (XXV.GP) wurde ausgeführt:

 

Diese Gutachten bestätigen die Meinung Österreichs, dass die Anwendungen der sogenannten „Neuen Züchtungstechniken“ zu gentechnisch veränderten Organismen im Sinne der Richtlinie 2001/18/EG führen und daher vollständig in den Geltungsbereich dieser Richtlinie fallen.

 

In einer aktuellen Studie von Herrn Prof. Dr. Krämer im Auftrag von testbiotech wurde untersucht, inwieweit Crispr/Cas und Co. unter das bestehende Gentechnikrecht der EU fallen. Prof. Krämer kommt darin, im Gegensatz zum Generalanwalt des EuGH, zu dem klaren Schluss, dass die neuen Gentechniken rechtlich als Gentechnik im Sinne des Geltungsbereichs der EU-Richtlinie 2001/18 gehandhabt werden müssen. Seine beiden Hauptargumente sind:

Die im EU-Gentechnikrecht verankerten Ausnahmen für einige Züchtungsverfahren bestehen, weil diese zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der EU-Richtlinie seit langem als sicher angesehen wurden. Es bestand also eine Art „history of safe use“. Diese ist für CRISPR/Cas etc. aber nicht vorhanden. Deshalb müssen diese Techniken vor Freisetzungen oder Importen auf Risiken untersucht werden.

 

Das Vorsorgeprinzip darf nicht geschwächt werden. Wenn es Unsicherheiten zur rechtlichen Einschätzung der Neuen Gentechniken auf EU-Ebene gibt, darf die Entscheidung nicht den einzelnen Mitgliedsstaaten überlassen bleiben. Folgt der EuGH der Einschätzung des Generalanwalts, könnte es zu erheblichen Regulierungslücken kommen.

 

2016 sagte Dietmar Vybiral, der im Gesundheitsministerium zuständige Experte für Gentechnik, dass in Österreich die Haltung klar sei: „All diese neuen Techniken wie Crispr/Cas und so weiter erzeugen gentechnisch veränderte Organismen - zumindest nach der österreichischen Rechtslage“. Dass das Endprodukt, also etwa die Rapspflanze oder der Apfel, genauso gut durch eine natürliche Kreuzung oder schon lange zugelassene Methoden wie Bestrahlung oder chemische Behandlung hätten entstehen können, ist für den Molekularbiologen kein Argument (http://science.orf.at/stories/2798582/).

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

 

ANFRAGE

 

1.    Hat sich an der in der Begründung zitierten Position der österreichischen Bundesregierung (Anfragebeantwortung 10237/AB vom 05.01.2017 zu 10699/J (XXV.GP)) etwas geändert oder besteht nach wie vor die Rechtsauffassung, dass die Anwendungen der sogenannten „Neuen Züchtungstechniken“ zu gentechnisch veränderten Organismen im Sinne der Richtlinie 2001/18/EG führen und daher vollständig in den Geltungsbereich dieser Richtlinie fallen?

 

2.    Wie werden Sie sicherstellen, dass die in der Begründung zitierte Sicht des Gesundheitsministeriums auch Niederschlag im Umgang mit diesen neuen Züchtungstechnologien findet?

a.    Wo und wann hat Österreich diese Sicht auf europäischer Ebene bisher eingebracht?

 

3.    Welche Initiativen werden von Ihnen bzw. Ihrem Bundesministerium gesetzt, um in dieser Causa auf EU-Ebene Allianzen zu bilden?

 

4.    Sollten die Richter des EuGH der Einschätzung des Generalanwalts folgen, dann klafft im EU-Gentechnik-Recht eine große Lücke, die rasch geschlossen werden muss. Welche Initiativen werden Sie als zuständige Bundesministerin setzen, um diese Lücke zu schließen?

 



[1] http://ftp.jrc.es/EURdoc/JRC65265_RR.pdf