3494/J-BR/2018

Eingelangt am 24.05.2018
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Anfrage

 

des Bundesrates David Stögmüller, Freundinnen und Freunde

an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz

betreffend Justiz und Bundesverwaltungsgerichtsbarkeit am Limit?

BEGRÜNDUNG

 

Das Bundesverwaltungsgericht ist die zentrale Anlaufstelle für Beschwerden gegen Behördenentscheidungen in Angelegenheiten der unmittelbaren Bundesverwaltung – mit Ausnahme des Finanzrechtes.

Im Geschäftsjahr 2017 entschied das Bundesverwaltungsgericht über 29.000 Beschwerdeverfahren abschließend ab. Vor über vier Jahren übernahm das BVwG die Agenden des Asylgerichtshofes, des Bundesamtes und weiterer Bundesbehörden. Dabei entscheidet das BVwG über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenrecht und Asyl (BFA). Der Bereich Verfahren über Anträge auf internationalen Schutz, Vergabe von Aufenthaltstitel aus humanitären Gründen sowie über die Beendigung des Aufenthaltes Fremder in Österreich ist mit 11.550 abgeschlossenen Verfahren im Geschäftsjahr 2017 einer der größten Fachbereiche im BVwG.[1] Anzumerken sei hier die enorme zusätzliche Problematik der negativen Asylbescheide die in zweiter Instanz vom BVwG zurückverwiesen, abgeändert oder aufgehoben werden musste.[2]

Im Bereich der ordentlichen Gerichtsbarkeit schaut die Personalsituation nicht besser aus. Hier gab es massive Protestaktionen von Seiten der Richtervereinigung rund um den Abbau von Personal und Planstellen. Es ist für uns unverständlich, dass gerade jetzt wo es neue Herausforderungen wie z.B. die Umsetzung des Erwachsenenschutzgesetzes geben soll, sogar von Reduzierung von Planstellen geredet wird.

Für uns scheint die Situation ähnlich zu sein wie 2014, wo in ganz Österreich Polizeiposten geschlossen und PolizistInnen abgebaut wurden, und man sich jetzt, vier Jahre später bewusst wird, dass dies ein sicherheitspolitischer Fehler war und nun mit massiven Qualitätsverlust und hohen Kosten bereinigt werde kann. Genau das soll der Justiz und der Bundesverwaltungsgerichtsbarkeit erspart bleiben.

Die unterfertigenden BundesrätInnen stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1.    Wie viele Verfahren waren im Geschäftsjahr 2017 beim Bundesverwaltungsgericht anhängig?

2.    Wie viele Verfahren sind davon im Geschäftsjahr 2017 neu anhängig geworden?

3.    Wie viele anhängig Verfahren gab es in den Jahren 2015 und 2016?

4.    Geben Sie eine Übersicht der abgeschlossenen Verfahren der letzten drei Jahren an.

5.    In wie vielen Verfahren über entschiedene Rechtssachen wurde beim Verwaltungsgerichtshof Revision erhoben? (Geben Sie dies bitte jeweils für die Jahre 2015, 2016 und 2017 an)

6.    Wie viele Prozent im Geschäftsjahr 2017 aller Verfahren stammen aus dem Bereich (geben Sie auch die Anzahl der Verfahren an):

a.    Fremdenrecht und Asyl

b.    Wirtschaft, Kommunikation, Verkehr und Umwelt

c.    Soziales

d.    Persönliche Rechte und Bildung

7.    Bei wie vielen der entschiedenen Fälle im Geschäftsjahr 2017 wurde die Behördenentscheidung:

a.    bestätigt

b.    aufgehoben oder abgeändert

c.    abgewiesen/zurückverwiesen

8.    Wie viele Planstellen gibt es im BVwG mit Stichtag Beantwortung dieser Anfrage? (unterteilt in Richterinnen und Richter / Angestellte mit universitäre juristische Ausbildung / allgemeiner Verwaltungsdienst (z.B. KanzleimitarbeiterIn))

a.    Wie viele davon sind befristete Verträge?

b.    Wie viele von den befristeten Verträgen werden jeweils 2018, 2019, 2020 auslaufen?

9.    In der parlamentarischen Anfragebeantwortung 3446/J-BR/2018 vom 06.02.2018[3]: verwiesen Sie bei der Frage 9 darauf, dass eine Beantwortung dieser Frage erst mit Inkrafttreten des Bundesfinanzgesetzes 2018/2019 möglich ist. Daher folgende Frage erneut:

Werden Sie für das Jahr 2018/2019 eine Aufstockung des Personals im BVwG vornehmen?

a.    Um wie viele Planstellen wird erhöht bzw. wie viele Planstellen werden reduziert?

b.    In welchen konkreten (Tätigkeits-)Bereichen bzw. Abteilungen und wie viele Personaleinheiten jeweils (Richter_in / Angestellte mit universitäre juristische Ausbildung / Allgemeiner Verwaltungsdienst)?

c.    Wenn nein, warum werden die Planstellen nicht erhöht?

10. Gibt es im BVwG Leiharbeitskräfte?

a.    Wenn ja, wie viele und in welchen Bereichen werden diese eingesetzt?

b.    Wie viele davon haben eine universitäre juristische Ausbildung?

c.    Welche Kosten (Sachaufwand) fallen für diese an? Geben sie diese Kosten jeweils für die Jahre 2014, 2015, 2016, 2017 und 2018 an.

d.    Welche Kosten (Sachaufwand) werden für diese in Zukunft anfallen? Geben Sie eine Entwicklung für die nächsten 5 Jahre an.

11. Wird es einen Rückbau an Planstellen im BVwG im Jahr 2018 geben?

a.    Wenn ja, in welchen konkreten Bereichen bzw. Abteilungen (Richter_in / Allgemeiner Verwaltungsdienst)?

b.    Wenn nein, warum gibt es diesbezügliche Ängste des zuständigen Personalvertreters im BVwG[4]?

12. Wird es einen Rückbau an Planstellen im BVwG im Jahr 2019 geben?

a.    Wenn ja, in welchen konkreten Bereichen bzw. Abteilungen (Richter_in / Allgemeiner Verwaltungsdienst)?

13. Wird es auch „Leihverträge“ für akademisch juristisches Personal im BVwG für die Jahre 2018/2019 geben?

a.    Wenn ja, wie viele und in welchem Bereich werden diese eingesetzt?

b.    Wie hoch sind die Kosten (Sachaufwand) für diese?

14. Wie viele „Leihverträge“ für akademisch juristisches Personal im BVwG hat es in den letzten 5 Jahren gegeben? (jeweils aufgelistet seit 2012)

a.    Wie hoch waren die verursachten Kosten für die akademischen juristischen Personaleinheiten seit 2012? (jährlich aufgelistet seit 2012?

15. Rechnen Sie mit einer Abnahme der Verfahren im BVwG für die Jahre 2018/19?

a.    Wenn ja, warum?

16. Wann wird der Tätigkeitsbericht 2018 des BVwG der Öffentlichkeit und dem Parlament vorgelegt werden?

 

 

17. Wird es einen Rückbau an Richter- und Staatsanwaltsplanstellen im Jahr 2018/2019 geben?

a.    Wenn ja, in welchen konkreten (Tätigkeits-)Bereichen bzw. Abteilungen?

b.    Um wie viele konkrete Planstellen wird von Seiten des Ministeriums reduziert?

18. Wird es einen Rückbau an Richter- und Staatsanwaltsplanstellen bis zum Jahr 2022 geben?

a.    Wenn ja, in welchen konkreten (Tätigkeits-)Bereichen bzw. Abteilungen?

b.    Um wie viele konkrete Planstellen wird von Seiten des Ministeriums reduziert?

19. Die Bundesvertretung der Richter und Staatsanwälte spricht in einem Schreiben an Sie von einem „Überstand“ von derzeit 40 Stellen, die nicht im Personalplan Deckung finden[5]. Ist das korrekt?

20. Wie kam es zu diesem Überstand des nicht im Stellenplan vorgesehenen Personals?

a.    Warum wurde ein solcher vom Ministerium bewilligt (z.B. aufgrund bereits vorhandenen Engpässen)?

21. Laut Medienberichten[6] sollen die 40 Planstellen für Richter doch nicht abgebaut werden. Ist das korrekt?

a.    Wie konkret soll hier die Umsetzung erfolgen?

22. Wie wird die konkrete Finanzierung aussehen? Geben Sie den Budgettopf aus dem die 40 Planstellen bezahlt werden sollen an.

a.    Wie hoch werden die Kosten für 2018/2019/2020 jeweils sein? (Geben Sie hier die Kosten für jedes Jahr an)

23. Werden für diese Planstellen Rücklagen aus Ihrem Ressort verwenden?

a.    Wenn ja, um welche konkreten Rücklagen handelt es sich hier?

b.    Wenn nicht aus Ihrem Ressort, aus welchem Budgettopf / Rücklagen werden diese 40 Planstellen konkret finanziert werden?

24. Hat es diesbezüglich bereits Gespräche mit der Richtervereinigung gegeben?

a.    Wenn ja, wann und mit welchem konkreten Ergebnis?

25. Gibt es zurzeit unbesetzte Richter- bzw. Staatsanwaltsstellen?

a.    Wenn ja, wo und warum sind diese konkret umbesetzt?

26. Wie viele „Leiharbeitskräfte“ (gesamt inkl. z.B.: Kanzleikräfte, usw.) wurden in den letzten 5 Jahren im Bereich der Gerichte eingesetzt? (jährlich aufgelistet seit 2013)

a.    Welche konkreten Leiharbeitskräfte wurden dabei eingesetzt und zu welchem (Tätigkeits-)Bereich wurden diese eingesetzt? (z.B.: Sekretariatstätigkeit, Kanzleiarbeit, usw.) bitte jährlich unterteilen.

b.    Welche Kosten haben diese im Budget (Sachaufwand) verursacht? (jährlich aufgelistet seit 2013)

27. Warum werden in der Justiz bzw. in der öffentlichen Verwaltung Leiharbeitskräfte eingesetzt?

28. Wie viele VerwaltungspraktikantInnen im BVwG werden aktuell beschäftigt?

a.    Geben Sie bitte eine Entwicklung seit 2013 an (unterteilen Sie diese bitte auch zwischen AbsolventInnen: eines Diplom-., Bachelor-, Master oder Doktoratsstudium / Höheren Schule / mittleren Schule oder Lehrberuf / sonstigen Verwaltungspraktikanten)

29. Wie viele VerwaltungspraktikantInnen an den österreichischen Gerichten werden aktuell beschäftigt?

a.    Geben Sie bitte eine Entwicklung seit 2013 an (unterteilen Sie diese auch zwischen AbsolventInnen: eines Diplom-., Bachelor-, Master oder Doktoratsstudium / Höheren Schule / mittleren Schule oder Lehrberuf / sonstigen Verwaltungspraktikanten).

30. Zurzeit erreichen mich viele Briefe von jungen JuristInnen die sich vergeblich um eine Zulassung zur Gerichtspraxis bemühen. Diese erhalten eine Absage von den Oberlandesgerichten begründet mit der aktuellen budgetären Situation der Gerichte.

a.    Wie viele Personen haben in den Jahren 2015/2016/2017 und 2018 (Stand Beantwortung dieser Anfrage) eine Zulassung zur Gerichtspraxis erhalten (jährlich aufgelistet)?

b.    Wie viele Bewerbungen bzw. Ansuchen zur Gerichtspraxis gab es in den Jahren 2015/2016/2017 und 2018 (Stand Beantwortung dieser Anfrage)?   Wenn Sie diesbezüglich keine Daten haben, liegen Ihnen Tendenzen vor?

c.    Wie hoch sind die finanziellen Mittel für die Kosten die im Rahmen der Gerichtspraxis entstehen (jeweils aufgelistet für das Jahr 2015/2016/2017)?

d.    Aus welchen Budgettopf werden diese bezahlt?

e.    Wie viel wurde 2016 und 2017 aus finanziellen Rücklagen für die Gerichtspraxis verwendet?

31. Wird durch die Reduzierung des Personal es zu einer Gefährdung des ordentlichen Gerichtsbetriebes kommen?

a.    Wenn nein, warum nicht?



[1] Ministerium für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz (2018): Anfragebeantwortung „Asylbeschwerden beim BVwG im Jahr 2017“ 06.04., online: https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/BR/AB-BR/AB-BR_03186/imfname_688721.pdf (Zugriff: 03.05.2018)

[2] Tageszeitung Kurier (2018): Asylbescheide: „Würfeln wäre richtiger“ 14.04., online: https://kurier.at/chronik/oesterreich/asylbescheide-wuerfeln-waere-richtiger/400021009 (Zugriff: 03.05.2018)

[3] Anfrage der BundesrätInnen David Stögmüller, Ewa Dziedzic, Freundinnen und Freund betreffend „Asylbeschwerden beim BVwG im Jahr 2017“ vom 06.02.2018: https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/BR/J-BR/J-BR_03446/imfname_680132.pdf (Zugriff: 03.05.2018)

[4] Tageszeitung Kurier (2018). Justiz am Limit: 40 Leihkräfte für Asylverfahren angeheuert. 18.04., online: https://kurier.at/politik/inland/justiz-am-limit-40-leihkraefte-fuer-asyl-verfahren-angeheuert/400022623 (Zugriff 03.05.2018)

[5] Brief der Bundesvertretung der Richter und Staatsanwälte (2018): Personalsituation in der Justiz vom 04.04., online: https://richtervereinigung.at/wp-content/uploads/delightful-downloads/2018/04/2018_Justizbudget_Budgetausschuss_b04042018.pdf (Zugriff am 03.05.2018)

[6] Die Tageszeitung „die Presse“ (2018): Richterstellen bleiben doch erhalten vom 12.04., online: https://diepresse.com/home/recht/rechtallgemein/5404900/Richterstellen-bleiben-doch-erhalten (Zugriff am 15.05.2018)