3508/J-BR/2018

Eingelangt am 05.06.2018
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Anfrage

 

des Bundesrates David Stögmüller, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie

betreffend Projekt „Breitspurbahn plus Mega-Güterterminal“ und dessen Folgen für Mensch und Umwelt

 

 

BEGRÜNDUNG

 

Lobbyisten in Wirtschaftsverbänden, Bahn- und Bauwesen sowie großprojektverliebte Politiker betreiben seit langem das Projekt einer Verlängerung der russischen Breitspur-Bahnstrecke von ihrem derzeitigen Ende in der Ostslowakei um rund 450 Kilometer in den Raum Wien-Bratislava samt Mega-Güterterminal in Österreichs Ostregion.

 

Als Argumente für diese Region wurden jahrelang die Wasserstraße Donau, die Bahnstrecken in alle Himmelsrichtungen und das dichte hochrangige Straßennetz angeführt.

Zuletzt büßte diese umweltfreundlich verbrämte „trimodale Prosa“ der vergangenen Jahre aber deutlich an Glaubwürdigkeit ein, als ÖBB-Chef Matthä in Reaktion auf Bedenken hinsichtlich möglicher Beeinträchtigung des Nationalparks Donau-Auen deutlich festhielt, dass „eine Anbindung des Güterbahnhofs an die Wasserstraße nicht sinnvoll und daher in den Planungen auch gar nicht vorgesehen“ sei (vgl. nöwpd vom 18.5.2018).

 

Real geht es beim Projekt auch nicht um einen letzten „Lückenschluss“ (BM Norbert Hofer) auf der Strecke China-Europa, sondern um die Umstellung von weiteren etwa 3,5 % der Gesamtdistanz auf russische Spurweite, während insbesondere der (längere) Streckenabschnitt in China weiterhin in Normalspur verbliebe.

 

Trotz dieser und vieler weiterer Argumentationslücken fand das Vorhaben bereits die Unterstützung der vorherigen Bundesregierung und ÖBB-Spitze und nun die offensive Aufnahme in das Programm der derzeitigen, „russophilen“ Bundesregierung.

Demzufolge ist in der laufenden Regierungsperiode 2017-2022 wörtlich eine "(…) Beteiligung am Bahn-Projekt ‚Neue Seidenstraße‘“ sowie die „(…) Umsetzung des Projektes zur Errichtung einer Breitspurbahn nach Wien" vorgesehen. Als Datum für Baubeginn bzw. Inbetriebnahme hat BM Hofer zuletzt wiederholt 2024 und 2033 genannt.

 

Weder für die Planungskosten in dreistelliger Millionen-Euro-Höhe noch für die auf 6,5 Milliarden Euro geschätzten Baukosten noch für die derzeit mit 215 Millionen Euro pro Jahr (!) angegebenen Betriebs- und Erhaltungskosten ist bisher Vorsorge getroffen, nicht einmal die Aufteilung der Kosten unter den Projektpartnern ist ansatzweise geklärt. Dennoch will die ÖVP-FPÖ-Regierung die österreichischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler offenbar in Kürze für das nebulose Projekt massiv in Anspruch nehmen.

Eine merkwürdige Schwerpunktsetzung, hat die Regierung doch eben erst bei der „normalen“ ÖBB-Infrastruktur im Land Einsparbedarf dekretiert und im neuen ÖBB-Infrastruktur-Rahmenplan 2018-2023 wichtige, großteils überfällige und baureife Investitionen

·        in Barrierefreiheit,

·        in Bahnhofsmodernisierung,

·        in den Ausbau von Pendlerstrecken für mehr Kapazität und/oder Tempo,

also in die hier und heute täglich für hunderttausende Fahrgäste relevante Qualität des Schienenverkehrs, gegenüber dem bisherigen Rahmenplan 2017-2022 um Jahre aufgeschoben. Dies auch und gerade im Raum Wien und der Ostregion.

 

Wieso Großbauprojekte im primär russischen Interesse wichtiger sind als Projekte im Interesse österreichischer PendlerInnen oder österreichischer Bahn-Fahrgäste mit Mobilitätseinschränkung ist dringend aufklärungsbedürftig.

 

Die von den vier staatlichen Bahngesellschaften von Russland, der Ukraine, der Slowakei und Österreich zu gleichen Teilen getragene „Breitspur-Planungsgesellschaft“ mit Sitz in Wien, wo auch der eine oder andere ehemals hochrangige FPÖ-Politiker und zuletzt ein Jungburschenschafter und ehemaliger Chef des RFS (Ring Freiheitlicher Studenten) als neuer Co-Geschäftsführer ein Auskommen gefunden hat, besteht nun seit bald 10 Jahren.

Trotz dieses langen Vorlaufs, der auch diverse zwischenstaatliche Übereinkünfte und leider großteils nicht oder nur auszugsweise öffentlich zugängliche Studien auf Pre-Feasibility-Niveau umfasst, sind viele öffentliche Aussagen zum Projekt nach wie vor von bemerkenswerter Unschärfe. Neben der Finanzierung und ihrer Aufteilung sind auch Antworten zu anderen grundlegenden Fragen bei weitem unzureichend für den Start eines absehbar samt seinen Folgen öffentlich zu finanzierenden Milliardenprojekts.

Typisch sind weit streuende oder widersprüchliche Angaben zB

·        zur vorgesehenen Kapazität der Strecke und zum transportierten Gütervolumen,

·        zu den aktuell auf dem Seeweg bestehenden wie zu den bestehenden und den nach Vollendung auf der Schiene vorgesehenen Transportzeiten und -geschwindigkeiten,

·        zum Standort des in der Ostregion geplanten Mega-Güterterminals,

·        zu den Ausmaßen dieses Mega-Güterterminals

·        zu den nötigen Folgeinvestitionen durch diesen Mega-Güterterminal.

 

Originell ist es weiters, den ökologischen Vorteil von Bahntransport im Vergleich zu Luftfracht als Argument für das Breitspurbahn-Projekt heranzuziehen. Als ob völlig zeitunkritische Güter wie die im jüngst am 12.4.2018 auf den Weg geschickten ÖBB-Zug China-Wien transportierten Schlafsäcke (!) oder auch Massen-Elektronikgeräte, Plastikspielzeug u dgl ohne Breitspur per Luftfracht und nicht per Schiff nach Wien oder Europa kämen.

 

Dass der erwähnte ÖBB-Zug China-Wien offenbar heute schon, ganz ohne multimilliardenschwere Neubauprojekte und ohne Breitspuranschluss, in nahezu derselben Zeit nach Wien fahren kann wie es von den Projektbetreibern für nach dem Neubau in Aussicht gestellt wird, ist ebenfalls bemerkenswert.

Im Übrigen wurde beim Anlass vom 12.4.2018 von ÖBB-Chef Matthä gar nicht Fahrzeit oder Infrastrukturqualität, sondern der gegenüber dem Schiffstransport höhere Preis des Bahntransports als zentrales Problem genannt. Wie ein in Errichtung und Erhaltung derart teures Projekt den schon davor teureren Verkehrsträger verbilligen sollte ist unbeantwortet.

Was konkret damit gemeint ist, dass man ÖBB-seits an dieser Preisdifferenz „arbeiten will“, blieb ebenfalls offen. Russische oder chinesische Umwelt- und Beschäftigungsstandards oder gar die Standards der internationalen Seeschifffahrt auf den Bahnverkehr bis und ab Österreich zu übertragen, kommt hoffentlich ebensowenig in Frage, wie die heute schon unzureichenden Sicherheits-Zustände im grenzüberschreitenden Bahngüterverkehr durch weitere Einsparungen weiter zu unterhöhlen.

Sollte an vom ÖBB-Güterverkehr und/oder von den österreichischen SteuerzahlerInnen finanzierte deutliche Preisnachlässe für den Bahntransport mit China oder Russland gedacht sein, so wären diese bei der prekären wirtschaftlichen Lage der RCA unverantwortlich und letztlich gegen die Interessen des Eigentümers, also der Republik und damit der österreichischen SteuerzahlerInnen, gerichtet.

 

Klare Aussagen der Verantwortlichen, namentlich des Verkehrsministers, sind auch zu all diesen grundlegenden Fragen ausständig.

 

Ein spezielles Kapitel ist der am Ende der Breitspur-Verlängerung geplante Mega-Güterterminal. Flächenbedarf (rund 200 ha) und die offenbar zentrale Bedingung guter Autobahn-/Schnellstraßenanschluss legen von der „Pre-Feasibility-Studie“ der Breitspur GmbH ausgehend fünf denkbare Standorte in der Ostregion nahe. Von diesen forcierten BM Hofer und die ÖBB zunächst offensichtlich und ohne allzuviel Absprachen vor Ort den

·        Raum Parndorf.

Nach dem geballten Protest aller hier betroffenen Gemeinden und des Landes Burgenland wird nun ein Standort in Niederösterreich favorisiert. Neben der

·        Region Carnuntum/Raum zwischen Gallbrunn-Stixneusiedl und Trautmannsdorf-Sarasdorf (hier wurden ebenfalls bereits Proteste laut) handelt es sich um

·        ein Areal westlich des Flughafens im Raum Schwechat-Zwölfaxing-Himberg,

·        eine Fläche nahe südöstlich am Siedlungsgebiet von Gänserndorf und um

·        ein Areal in S2-Nähe zwischen Kapellerfeld, Deutsch-Wagram und Pillichsdorf-Großengersdorf am nordöstlichen Wiener Standtrand.

In früheren Jahren war zudem wiederholt vom Gelände der ehemaligen Schiffswerft in Korneuburg nordwestlich von Wien als möglichem Terminalstandort die Rede.

 

ÖBB-Chef Matthä hat sich jüngst (vgl. nöwpd vom 18.5.2018) klar für das Marchfeld ausgesprochen. Dies würde u.a. eine Nordumgehung Bratislava per Karpaten-Basistunnel erfordern und erhöht so allein die Breitspurbahn-Baukosten um 1 Milliarde oder mehr.

 

Zur Frage, welche Folgen ein zwei Quadratkilometer oder rund 300 Fussballfelder großer Güterumschlagplatz mit 20- bis 24-Stunden-Betrieb, dauerndem LKW- und Zugs-Zu- und Abtransport, beabsichtigter Ansiedlung von Frächter-Unternehmen im großen Stil und entsprechenden Licht-, Lärm- und Schadstoffemissionen für Mensch und Natur

·        im näheren Umkreis des Mega-Terminals und

·        in der gesamten heute schon stark von Verkehr und Flächenversiegelung und Schadstoffproblemen geprägten Region

haben werden, fehlt bisher jede Antwort.

 

Bei der angesichts der Dimension und der Folgen sehr sensiblen Standortfrage selbst schreckt die Regierung mit dem Verkehrsminister nicht vor groben Widersprüchen zurück:

Im jüngsten Regierungsbeschluss zum Breitspurprojekt vom 21.2.2018, dem ein von Verkehrsminister Hofer und Wirtschaftsministerin Schramböck unterzeichneter und eingebrachter Ministerratsvortrag (GZ: BMVIT- 54/0001-II/SL/2018 vom 16.2.2018) zugrunde liegt, ist klar festgehalten: „Der Terminalstandort in Österreich wurde (…) im Norden von Parndorf ausgewählt.“ Ähnliches ist auch den Unterlagen aus dem SP-V-Verfahren zum geplanten Ausbau der Ostbahn zwischen Wien und der ungarischen Staatsgrenze zu entnehmen. Dies scheint die Unwahrheit gewesen zu sein: Offenbar weil es danach vor Ort und in der Region heftige Kritik an diesen Plänen und an der Nichteinbindung der Betroffenen gab, haben Bundesminister Hofer und ÖBB-Vertreter (vgl. zB BVZ 12/2018) seitdem mehrfach geäußert, dass die Standortentscheidung „noch offen“ sei.

 

Im Gegensatz zu Behauptungen auch im Ministerratsvortrag ist diese Entscheidung zudem weder „im Einvernehmen“ mit den betroffenen Ländern und Gemeinden noch unter vorangehender Einbindung der Öffentlichkeit erfolgt. Der Bürgermeister der Gemeinde Parndorf wies öffentlich (vgl. BVZ 28.2.2018) erbost darauf hin, dass die Gemeinde von der Entscheidung für Parndorf als Standort „aus der ZIB“ erfahren habe, „dabei hat uns kein Mensch, weder aus der Regierung, noch von der ÖBB Spitze, irgendetwas davon gesagt.“ Minister Norbert Hofer hat dies in demselben Zeitungsartikel eingestanden, wenn er ankündigt „wir werden auch den Kontakt mit Parndorf und dem Bürgermeister aufnehmen“.

 

Wo im Ministerratsvortrag auf zuvor bereits erfolgte Gesprächs- und Informationsrunden verwiesen wird, ist über diese und deren Ergebnisse bis zur Parndorf-Kontroverse im 1. Quartal 2018 öffentlich nichts bekannt.

 

Widerspüchliches wird auch zum Ausmaß dieses Mega-Güterterminals angeführt:

Bei Kritik vor Ort ist vorzugsweise von 150 Hektar die Rede, ansonsten jedoch stets von 150-200 oder gleich 200 Hektar oder - wie zB seitens der Planungsgesellschaft selbst im November 2017 bei einem internationalen Anlass – von „minimal 150 bis 200 ha“ zuzüglich Erweiterungsflächen, also womöglich noch deutlich mehr Flächenfraß.

 

Die Arbeitsplatz-Versprechen sind ähnlich „präzise“:

Während in der PR von Regierung und Projektbefürwortern 3.000, 4.000, 9.000 (vgl. https://infothek.bmvit.gv.at/transsib-verlaengerung-weiter-auf-spur/) oder gleich 18.000 Arbeitsplätze geradezu vom Himmel fallen, ist ÖBB-Chef Matthä mit seiner Aussage (vgl. ORF NÖ 17.5.2018), dass der Breitspur-Terminal „dutzende langfristig abgesicherte Jobs bringen“ werde, wohl deutlich näher an der sehr viel bescheideneren Realität.

 

Vollends absurd ist, dass die gesamte schwarzblaue Bundesregierung am 21.2.2018 dem von BM Hofer und BMin Schramböck „im Einvernehmen mit dem Bundeskanzler, der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres und dem Bundesminister für Finanzen“ eingebrachten Antrag, „die formulierte Position zustimmend zur Kenntnis zu nehmen“, offenbar ohne Wimpernzucken zustimmte:

Denn die vorgelegte Unterlage enthielt gar keine Position zum Breitspurprojekt! Sondern wörtlich den Auftrag, eine solche „Position Österreichs für die Realisierung des Projektes im Hinblick auf Geschäftsmodell, Wirtschaftlichkeit, Finanzierung und gesellschaftsrechtliche Basis für die Planungs-, Bau- und Betriebsphase im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort“ erst „zu konkretisieren“!

 

Dieser schlampige Umgang der Regierung mit Fakten ist besonders alarmierend, weil das Breitspur-Projekts massive Konsequenzen für die SteuerzahlerInnen hätte:

Öffentlichen Aussagen aus der Endphase der letzten Bundesregierung zufolge wären für das Breitspur-Projekt allein auf österreichischem Staatsgebiet und nur im Schienennetz Investitionen von rund 2 Milliarden Euro nötig, davon allein 850 Millionen Euro für den geplanten Mega-Güterterminal. (Wie realistisch demzufolge Angaben sind, dass das Breitspur-Gesamtprojekt mit gut 6 Mrd. Euro „nur“ etwa das Dreifache dieser Summe kosten soll, ist eine weitere offene Frage.)

Auch nach Umsetzung dieser Investitionen sollen aber die wohl eher zahlreichen (nur dies könnte das Engagement der ÖBB für dieses Projekt im primär russisch-chinesischen Interesse erklären), mit Gefahrgütern usw beladenen ÖBB/RCA-Güterzüge vom Terminalstandort mitten durch dichtest besiedeltes Gebiet Niederösterreichs und Wiens weitergeführt werden!

Von einem Terminalstandort im Raum Parndorf wären die Züge erklärtermaßen über die Ostbahn-Bestandsstrecke, also mitten durch die Orte von Bruck an der Leitha über Himberg bis Wien und dann durch Wien hindurch Richtung Westen gegangen. Ein Terminalstandort im Osten Wiens hätte massiven Rund-um-die-Uhr-Güterzugsverkehr über die Nordbahn, also zB durch Gänserndorf, Strasshof, Deutsch-Wagram zur Folge. Im weiteren ginge der Verkehr bei Standorten im Marchfeld oder südlichen Weinviertel dann mitten durch ohnedies stark verkehrs- und lärmbelastete Bezirke Wiens wie den 22. und den 21. Bezirk – zum Teil auch in unmittelbarer Nähe am neu errichteten Krankenhaus Wien-Nord vorbei – und dann womöglich auch durch Langenzersdorf, Bisamberg, Korneuburg oder Stockerau Richtung Tulln und Westbahn.

 

Im hochrangigen Straßennetz sollen Angaben der Regierung zufolge erstaunlicherweise keine zusätzlichen Ausbauten und Kosten nötig werden. Dies steht im Widerspruch zu Forderungen heimischer Projektbefürworter, die im Zusammenhang mit der Breitspur-Idee ultimativ Straßenbauprojekte über das bestehende Straßenbauprogramm der ASFINAG hinaus verlangen, und im Widerspruch mit dem Faktum, dass von einer zusätzlichen, jedenfalls deutlich vierstelligen Zahl von LKW-Fahrten pro Tag zum und vom Terminal auszugehen wäre.

Letztlich wird womöglich sogar eine Waldviertelautobahn mit diesem zusätzlichen LKW-Verkehr und der Erreichbarkeit der angeblich vielen tausend Arbeitsplätze „gerechtfertigt“.

 

Trotz all seiner energie- und klimapolitisch kontraproduktiven Elemente - von massiver Flächeninanspruchnahme und -versiegelung über massiven zusätzlichen LKW-Verkehr bis zu den offenbar im großen Stil geplanten Transporten fossiler Energieträger wie Flüssiggas nach Mitteleuropa – haben Verkehrsminister Hofer und „Nachhaltigkeits“ministerin Köstinger das Neue-Seidenstraße-Projekt völlig unkritisch und ausschließlich auf der Habenseite in die Klima- und Energiestrategie „mission2030“ aufgenommen - ein Fall von Greenwashing.

 

Die öffentliche Kritik am Projekt geht aber in zwei wichtigen Bereichen über die skizzierten fachlichen Halbwahrheiten und offenen Fragen noch weit hinaus:

·        Zurecht wird die „freiwillige Selbstkolonialisierung“ angesichts der im Raum stehenden chinesisch und/oder russisch diktierten Finanzierungsbedingungen und der absehbaren krassen Unpaarigkeit der Warenströme zugunsten Chinas und Russlands hinterfragt. Eine Regierung, der eine sog. „Nachhaltigkeitsministerin“ angehört, betreibt mit Breitspur & Co den noch weiter erleichterten Zugang von unter ökologisch und sozial fragwürdigsten Bedingungen produzierter Billigware zum österreichischen und europäischen Markt – was soll das mit „Nachhaltigkeit“ zu tun haben? Ebenso ist ein Regierungspartner FPÖ, der in seinem Wahlprogramm 2017 neben Nachhaltigkeit und erneuerbaren statt fossilen Energieträgern auch „gestärkte Souveränität“ prominent gewichtet hat, zu fragen, wie das mit dem genau entgegenstehenden Breitspurprojekt zusammenpassen soll. Beim jüngsten Staatsbesuch in China ist eine Vereinbarung über vertiefte Kooperation bei der Neuen Seidenstraße gescheitert, weil Peking umfassende Zugeständnisse Wiens forderte, darunter die förmliche Anerkennung chinesischer Kerninteressen und einen Beitritt Österreichs zu jener 16+1-Gruppe, in der China 16 osteuropäische Länder an sich gebunden hat – es kann also keinerlei Zweifel mehr an den geopolitischen Absichten bei der „Neuen Seidenstraße“ samt Breitspur bestehen, die Österreichs Souveränität beschneiden statt erweitern.

·        Sehr ernst zu nehmen sind weiters vor dem Hintergrund von Krim, Ostukraine usw auch Hinweise des renommierten Verkehrshistorikers Georg Rigele (vgl. Der Standard, 8.6.2017) und anderer KommentatorInnen (vgl. zB Die Presse, 22.8.2014), dass es beim Breitspurweiterbau Richtung Österreich wohl um ein militärstrategisch motiviertes Projekt gehe: „Die russische Breitspur hat keine technischen Vorteile. Ihre einzige Funktion ist die der politischen und militärischen Abgrenzung“ - weshalb man sich umso besser überlegen sollte, ob man sich für die Westwärtsverlegung dieser militärischen Abgrenzung bis vor die Tore Wiens „mit einem gefährlichen Aggressor verbrüdern“ will.

 

Auch dazu sollte die Bundesregierung dringend Stellung nehmen.

 

 

Die unterfertigenden BundesrätInnen stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1.    Welche Fläche soll für den sog. „Terminal Wien“ des Breitspurprojekts, der laut Ministerratsbeschluss vom 21.2.2018 im Raum Parndorf, nunmehr wohl aber an einem anderen Standort in Niederösterreich umgesetzt werden soll, tatsächlich a) exklusive, b) inklusive Betriebsansiedlungen und Verkehrsanschlüsse im Umfeld verbaut werden?

2.    Wie hoch soll gebaut werden, für wie viele Container soll am Areal Fläche für (Zwischen-)Lagerung bereitstehen, und wie hoch sollen Container übereinander gestapelt werden?

3.    Was bedeutet die geplante Verbauung von – laut projektbetreibender Planungsfirma – „minimal 150 bis 200 ha“ (zuzüglich Straßenanschlüsse, Schienenanschlüsse, beabsichtigte Ansiedlung flächenintensiver Logistikunternehmen …) für

a)    die Boden- und Grundwasserqualität?

b)    den Wildtierbestand (inkl. Vögel, Amphibien)?

c)    bestehende Windenergieanlagen?

d)    bestehende Schutzgebiete in den vorgesehenen Terminalstandort-Regionen?

e)    betroffene touristisch bedeutsame Einwichtungen, wie überregionale Verbindungsradwege u.dgl.?

f)     das im Areal vorhandene landwirtschaftliche Wegenetz - wird es für Güterwege Unterführungen/Brücken geben? Wenn ja wieviele, und auf wessen Kosten werden diese errichtet werden?

g)    den Hochwasserschutz (Versickerungsflächen, Ersatzflächen, etc.)?

h)    die Eigentümer der zu verbauenden/zu enteignenden Liegenschaften sowie der angrenzenden Liegenschaften?

4.    Welche Adaptierungen im a) hochrangigen, b) niederrangigeren Straßennetz im Umfeld der öffentlich und in den Unterlagen der Planungsfirma genannten Terminalstandorte sind jeweils zu erwarten?

5.    Trifft es zu, dass „eine Anbindung des Güterbahnhofs an die Wasserstraße nicht sinnvoll und daher in den Planungen auch gar nicht vorgesehen“ sei (vgl. nöwpd 18.5.2018)?

6.    Welche Lärmentwicklung

a)    aufgrund des Terminals selbst

b)    aufgrund des erhöhten Verkehrsaufkommens in der Umgebung (Güterzüge und LKW)

ist wo zu welchen Tageszeiten zu erwarten?

7.    Welche Betriebszeiten wird es geben, ist insbesondere a) ein Nachtbetrieb, b) ein Rund-um-die-Uhr-Betrieb zu erwarten?

8.    Welche Lichtentwicklung ist bei Nachtbetrieb des Terminals zu erwarten?

9.    Welche Gesundheitsgefährdungen der benachbarten Bevölkerung sind (sowohl während der Bauphase als auch im Vollbetrieb des Terminals) zu erwarten durch zB

a)    erhöhte Belastungen durch Feinstaub und Abgase?

b)    Störung des Schlafes aufgrund erhöhter Lärmentwicklung?

c)    Störung aufgrund von Lichtemissionen?

10. Welche Betriebsansiedlungen sind zu erwarten?

11. Wie wird der Einfluss der neuen Betriebsansiedlungen und des Warenimports auf die bestehende regionale Wirtschaft eingeschätzt?

12. Wie viele zusätzliche Arbeitsplätze (Angabe in Vollzeitäquivalenten pro Jahr) werden insgesamt erwartet durch

a)    den Bau des Terminals

b)    den Bau der Bahnverbindungen

c)    den Betrieb des Terminals

d)    den Betrieb der Breitspur-Bahnverbindung selbst (österr. Teil)

e)    den nötigen zusätzlichen Ausbau des Straßennetzes

f)     die Betriebsansiedlungen

g)    sonstige Begleitmaßnahmen?

13. Welcher Anteil dieser Arbeitsplätze sind jeweils „langfristig abgesicherte Jobs“?

14. Um welche Art von Arbeitsplätzen mit welchem Qualifikationserfordernis wird es sich:

    1. bei den langfristig abgesicherten Jobs,
    2. bei den anderen Jobs handeln?

15. Wie wirkt sich ein im Sinne von Frage 12 angenommener Anstieg der Arbeitsplätze aus

a)    auf den regionalen Arbeitsmarkt?

b)    auf den regionalen Immobilienmarkt?

c)    auf das regionale Bevölkerungswachstum?

d)    auf die regionale Infrastruktur?

16. Welche Studien, Untersuchungen, … welcher AutorInnen in wessen Auftrag von wann liegen Ihren Ausführungen zu den Fragen 1 bis 15 jeweils zugrunde? Wir ersuchen um konkrete Beantwortung im Einzelnen.

17. Wie hoch werden nach heutigem Stand die Kosten des Breitspurbahn-Projekts insgesamt für

    1. den Bund,
    2. die Länder,
    3. die Gemeinden,
    4. die Europäische Union,
    5. Unternehmen mit staatlicher Beteiligung wie insbesondere solche des ÖBB-Konzerns,
    6. Drittstaaten,
    7. sonstige Investoren sein, aufgeschlüsselt nach Baukosten, Betriebskosten und Kosten von Begleitmaßnahmen wie Straßenbau und Adaptierung der Infrastruktur?

18. Wie hoch werden nach heutigem Stand die Kosten des Breitspur-Terminal-Projekts für

    1. den Bund,
    2. die Länder,
    3. die Gemeinden, 
    4. die Europäische Union,
    5.  Unternehmen mit staatlicher Beteiligung wie insbesondere solche des ÖBB-Konzerns,
    6. Drittstaaten,
    7. sonstige Investoren sein, aufgeschlüsselt nach Baukosten, Betriebskosten und Kosten von Begleitmaßnahmen wie Straßenbau und Adaptierung der Infrastruktur?

19. Wie werden die volkswirtschaftlichen Folgen

    1. des Breitspurbahnprojekts,
    2. des Terminalprojekts beziffert und wie wurden diese berechnet?

20. Wie wird insbesondere der gesamtwirtschaftliche nationale Nutzen

    1. des Breitspurbahnprojekts,
    2. des Terminalprojekts beziffert und wie wurde dieser berechnet?

21. Welche wirtschaftlichen, ökologischen und politischen Folgen werden für Österreich erwartet, wenn das

    1. Breitspurbahnprojekt,
    2. Terminalprojekt nicht umgesetzt wird, und welche, wenn es umgesetzt wird?

22. Welche wirtschaftlichen Folgen werden für österreichische Unternehmen aufgeschlüsselt nach Größenklassen erwartet?

23. Welche Folgen durch

    1. Breitspurbahnprojekt,
    2. Terminalprojekt werden für den österreichischen Arbeitsmarkt im Allgemeinen erwartet?

24. Wie groß ist der globale ökologische Nutzen aufgrund der dem Breitspurprojekt zugerechneten Verlagerung des Transports vom Schiff und vom Flugzeug (?)auf die Schiene? Welche Treibstoffe/Traktionsenergieträger mit welchen Emissionsfaktoren und welchem CO2-Ausstoß pro tkm zu welchem Zeitpunkt werden dabei bei Schiff, Frachtflugzeug und Schienenverkehr unterstellt?

25. Welche Auswirkungen für CO2-Ausstoß und Schadstoffbelastung (insbes. Feinstaub, Stickoxide) wird die Region um den Terminalstandort zu tragen haben?

26. Wie groß ist der globale wirtschaftliche Nutzen durch das Breitspurbahnprojekt? Wem kommt dieser wirtschaftliche Nutzen in welcher Verteilung zugute?

27. Wie groß ist der politische Nutzen und für wen?

28. Welche Alternativen gibt es, um global betrachtet denselben oder einen ähnlichen ökologischen, wirtschaftlichen und politischen Nutzen zu erzielen?

29. Ist es möglich, unausweichliche lokale und regionale ökologische Einbußen gegen möglichen globalen ökologischen Nutzen abzuwägen, wenn ja wie?

30. Was ergibt eine solche Abwägung im Fall des beabsichtigten Breitspurbahn-Terminals am Standort

    1. Parndorf,
    2. Region Carnuntum,
    3. Schwechat-Zwölfaxing,
    4. Gänserndorf,
    5. Kapellerfeld/Deutsch-Wagram,
    6. Werftgelände Korneuburg?

31. Sind im Hinblick auf die Klimaveränderung und die angesichts des Pariser Klimavertrags global nötigen wirksamen Gegenmaßnahmen langfristig unverändert wachsende Transportvolumina (prognostizierte Zuwachsraten) realistisch, wenn ja warum?

32. Wie ist der mittels eines Breitspurbahnprojekts noch weiter erleichterte Zugang von unter ökologisch und sozial fragwürdigsten Bedingungen produzierter Billigstware und von fossilen Energieträgern wie Flüssiggas zum österreichischen und europäischen Markt mit „gestärkter Souveränität“, „Nachhaltigkeit“, „konsequenter Umstellung der Energieversorgung auf heimische und erneuerbare Ressourcen“ u. dgl. mehr (vgl. FPÖ-Wahlprogramm 2017, Kapitel Umwelt) in Deckung zu bringen?

33. Welche Studien, Untersuchungen … welcher AutorInnen in wessen Auftrag von wann liegen Ihren Ausführungen zu den Fragen 17 bis 32 jeweils zu grunde? Wir ersuchen um konkrete Beantwortung im Einzelnen.

34. Dem vom Verkehrsminister gemeinsam mit der Wirtschaftsministerin eingebrachten Ministerratsvortrag zum Breitspur-Projekt vom 16.2.2018 ist zu entnehmen: „Seitens des BMVIT wurde den Vertretern der – damaligen - BMF, BMEIA, BMWFJ und BKA der aktuelle Projektstatus in mehreren, gemeinsamen Erörterungen – zuletzt im Herbst 2017 - näher gebracht und die Ergebnisse der Projektphasen vorgestellt.“

Wann und mit wem im Einzelnen haben diese „gemeinsamen Erörterungen“ mit VertreterInnen anderer Ressorts zum Breitspur-Projekt stattgefunden, welche Ergebnisse wurden dabei jeweils vorgestellt, und welche sonstigen Erkenntnisse wurden gewonnen?

35. Dem Ministerratsvortrag zum Breitspur-Projekt vom 16.2.2018 ist weiter zu entnehmen: Entsprechend wurde mit den Vertretern der betroffenen Bundesländer Wien, Niederösterreich und Burgenland verfahren. Aus Sicht des BMVIT kann eine Verwirklichung des Projektes jedenfalls nur im Konsens mit den betroffenen Bundesländern stattfinden, weshalb gegenwärtig die diesbezüglichen Gespräche intensiviert werden.“

a)    Wann und mit wem im Einzelnen haben bis zum 16.2.2018 „gemeinsame Erörterungen“ des BMVIT jeweils mit den Bundesländern Wien, Niederösterreich und Burgenland zum Breitspur-Projekt, welche Ergebnisse wurden dabei jeweils vorgestellt, und welche sonstigen Erkenntnisse wurden gewonnen?

b)    Wann und mit wem im Einzelnen haben seit dem 16.2.2018 „gemeinsame Erörterungen“ des BMVIT jeweils mit den Bundesländern Wien, Niederösterreich und Burgenland zum Breitspur-Projekt stattgefunden, welche Ergebnisse wurden dabei jeweils vorgestellt, und welche sonstigen Erkenntnisse wurden gewonnen?

36. Dem Ministerratsvortrag zum Breitspur-Projekt vom 16.2.2018 ist weiter zu entnehmen: Das BMVIT hat in Zusammenarbeit mit den Österreichischen Bundesbahnen ein Konzept zur Anbindung der Breitspurstrecke an das TEN-Netz in Abhängigkeit des Terminalstandortes samt Kapazitätsanalyse der Zu- und Ablaufstrecken und notwendiger infrastruktureller Maßnahmen entsprechend erstellt und das Investitionserfordernis beziffert. Eine entsprechende Evaluierung der im hochrangigen Straßennetz erforderlichen Ausbaumaßnahmen hat seitens der befassten ASFINAG – abgesehen von im Bauprogramm der ASFINAG bereits vorgesehenen Maßnahmen – zu keinen zusätzlichen Investitionserfordernissen geführt.“

a)    Wer hat das erwähnte „Konzept zur Anbindung der Breitspurstrecke an das TEN-Netz ...“ wann beauftragt?

b)    Wann wurde dieses Konzept fertiggestellt?

c)    Welche Terminalstandorte wurden dabei konkret geprüft?

d)    Welche Kapazitäten der jeweiligen Zu- und Ablaufstrecken wurden festgestellt?

e)    Welche notwendigen infrastrukturellen Maßnahmen wurden je Terminalstandort jeweils identifiziert?

f)     Welches Investitionserfordernis wurde je Terminalstandort jeweils beziffert?

g)    Ist dieses Konzept öffentlich publiziert, wenn ja wo, wenn nein warum nicht?

h)    Wer hat die „entsprechende Evaluierung der im hochrangigen Straßennetz erforderlichen Ausbaumaßnahmen“ wann beauftragt?

i)     Welche „im Bauprogramm der ASFINAG bereits vorgesehenen“ Ausbaumaßnahmen sind konkret im Zusammenhang mit dem Breitspur-Projekt erforderlich und warum?

j)      Ist diese Evaluierung und ihr Ergebnis öffentlich publiziert, wenn ja wo, wenn nein warum nicht?

37. Können Sie ausschließen, dass eine kürzlich von manchen Amtsträgern insbesondere in Niederösterreich verlangte „Waldviertelautobahn“ mit dem zusätzlichen LKW-Verkehr infolge des Breitspur-Terminals und mit der Erreichbarkeit der (angeblich) vielen tausend Arbeitsplätze „gerechtfertigt“ wird?

38. Dem Ministerratsvortrag zum Breitspur-Projekt vom 16.2.2018 ist weiter zu entnehmen: Die von der Breitspur Planungsgesellschaft mbH in Auftrag gegebene und im Herbst 2017 abgenommene Verkehrsstudie der Firma „Prognos AG“ sagt voraus, dass am Terminal Wien im Jahr 2030 ein Gütervolumen in der Höhe von 17,0 Mio. Tonnen und im Jahr 2050 in der Höhe von 21,5 Mio. Tonnen erwartet werden kann.“

a)    Mit welchen Verkehrsträgern soll welcher Teil dieses Gütervolumens zum/vom sog. „Terminal Wien“, der laut Ministerratsvortrag/Regierungsbeschluss in Parndorf, späteren Aussagen zufolge hingegen in Niederösterreich entstehen soll, jeweils an-/wegtransportiert werden (Modal Split)?

b)     Ist diese Studie öffentlich publiziert, wenn ja wo, wenn nein warum nicht?

c)     Wie erklären Sie die Diskrepanzen zwischen MR-Vortrag und anderen öffentlichen Aussagen Ihrerseits zum Projekt bei Jahreszahlen und Gütervolumina?

39. Dem Ministerratsvortrag zum Breitspur-Projekt vom 16.2.2018 ist weiter zu entnehmen: Darstellen der Position Österreichs im Hinblick auf das gemeinsame Geschäfts- sowie des Finanzmodells, die wirtschaftliche und gesellschaftsrechtliche Basis für die Planungs-, Bau- und Betriebsphase sowie die damit verbundenen finanziellen Auswirkungen für Österreich und die Partner.“

a)    Welche Geschäftsmodelle stehen derzeit zur Diskussion und welche Position vertritt Österreich dazu?

b)    Welche Finanz(ierungs)modelle stehen derzeit zur Diskussion und welche Position vertritt Österreich dazu?

c)    Welche gesellschaftsrechtliche Basis für die Planungs-, die Bau- und die Betriebsphase sind Stand der Diskussion und welche Position vertritt Österreich dazu?

d)    Welche wirtschaftliche Basis für die Planungsphase ist Stand der Diskussion und welche finanziellen Auswirkungen für Österreich sind damit verbunden?

e)    Welche wirtschaftliche Basis für die Bauphase ist Stand der Diskussion und welche finanziellen Auswirkungen für Österreich sind damit verbunden?

f)     Welche wirtschaftliche Basis für die Betriebsphase ist Stand der Diskussion und welche finanziellen Auswirkungen für Österreich sind damit verbunden?

40. Dem Ministerratsvortrag zum Breitspur-Projekt vom 16.2.2018 ist weiter zu entnehmen: „Auf dieser Basis sind die dafür notwendigen Konsultationen mit den Partnerländern und potentiellen, weiteren Projektpartnern zu führen, sowie – zusammen mit den Partnerländern – die Abstimmung mit der Kommission der Europäischen Union anzustreben und sodann dem Ministerrat zu berichten.“

a)    Welche „potentiellen, weiteren Projektpartner“ sind Stand der Diskussion?

b)    Welche Abstimmung mit der EU-Kommission ist konkret erforderlich?

c)    Welche „notwendigen Konsultationen mit der EU“ werden konkret wann von wem unternommen werden?

41. Dem Ministerratsvortrag zum Breitspur-Projekt vom 16.2.2018 ist weiter zu entnehmen, dass nach Konkretisierung der Position Österreichs, Darstellung der finanziellen Auswirkungen, Konsultationen mit Projektpartnern und EU und neuerlichem Bericht an den Ministerrat „darauf aufbauend“ die Vorbereitungen für die behördlichen Grundsatzgenehmigungen, im Gleichklang mit dem slowakischen Projektabschnitt und unter Einbindung der Öffentlichkeit, insbesondere der berührten Bundesländer und Gemeinden, voran zu treiben“ und „im Einvernehmen mit dem BMF die Bereitstellung der für diese Schritte notwendigen Budgetmittel zu klären und sicher zu stellen“ seien.

a)    Bis wann ist mit der Erfüllung der diversen angesprochenen und bislang unerledigten Vorbedingungen zu rechnen, auf denen aufbauend erst Vorbereitungen für behördliche Grundsatzgenehmigungen incl. Öffentlichkeits-Einbindung voran zu treiben wären?

b)    Haben Sie entgegen dem Regierungsbeschluss vom 21.2.2018 bereits Vorbereitungen für behördliche Grundsatzgenehmigungen aufgenommen, wenn ja welche und auf welcher rechtlichen Grundlage?

c)    Werden Sie entgegen dem Regierungsbeschluss vom 21.2.2018 bereits vor Erfüllung dieser Vorbedingungen Vorbereitungen für behördliche Grundsatzgenehmigungen aufnehmen, wenn ja welche und auf welcher rechtlichen Grundlage?

42. Von wem wurde die Passage „Auf Grundlage eines mit den Projektpartnern abgestimmten und den zuständigen Stellen beschlossenen Geschäfts- und Finanzierungsmodells können die Planungen zur Baureifmachung des Projektes erfolgen.“ wann in Ihren Ministerratsvortrag vom 16.2.2018 eingefügt?

43. Wer sind die „zuständigen Stellen“, die ein Geschäfts- und Finanzierungsmodell zu beschließen hätten, konkret?

44. Nachdem der Ministerratsvortrag vom 16.2.2018 jedenfalls in seiner öffentlich zugänglichen Fassung keine Position Österreichs enthält - wie lautet die „Position“ zum Breitspur-Projekt konkret, die die Regierung am 21.2.2018 auf u.a. Ihren Antrag hin zustimmend zur Kenntnis genommen haben will?

45. Sollen

a)    für den Terminal selbst,

b)    für die mit ihm verbundenen Betriebsansiedlungen,

c)    für die mit ihm verbundenen Infrastrukturneu- und –ausbauprojekte

bestehende Schutzgebiete in Anspruch genommen werden?

46. Wenn ja, Gebiete welche Schutzgebietskategorien und in welchem jeweiligen Ausmaß? Bitte um Beantwortung aufgegliedert nach den vorgesehenen und u.a. von Ihnen persönlich medial kolportierten Standorten.

47. Wenn nein: Wie nahe soll konkret an welche bestehenden Schutzgebiete herangerückt werden?"

48. Welche Auswirkungen hätte ein Breitspur-Terminalstandort im Raum Parndorf auf die Tourismusregion Neusiedler See?

49. Welche Auswirkungen hätte ein Breitspur-Terminalstandort im Raum Parndorf auf den Nationalpark Neusiedler See?

50. Welche Auswirkungen haben das Breitspurbahnprojekt und ein Terminalstandort im Nahbereich der Donau, zB in der Region Carnuntum oder im Marchfeld, auf den Nationalpark Donauauen?

51. Welche Auswirkungen haben ein Breitspurbahnprojekt und ein Terminalstandort nördlich der Donau auf europarechtlich und/oder völkerrechtlich geschützte Schutzgebiete wie etwa im Bereich der March oder im Marchfeld?

52. Wie hoch wird der Anteil von Gefahrgütern (wie entzündbare oder selbstentzündliche Flüssigkeiten oder Gase, usw.) an den Transportgütern geschätzt, der im Rahmen des angegebenen Gesamt-Transportvolumens am Terminal ankommen soll?

53. Wohin und mit welchen Verkehrsträgern soll dieser Teil des Gütervolumens konkret vom Terminal weitertransportiert werden?"

54. Wie werden die Kosten für die verbleibenden Schritte bis zu einer baulichen Projektrealisierung der Breitspurbahn Ostslowakei-Österreichische Ostregion international und innerstaatlich konkret aufgeteilt? Bitte um konkrete Angabe je vorgesehenem Projektvorbereitungs-, Projektierungs-/Planungs-/Projektgenehmigungs-/Projektfinanzierungsschritt."

55. Welcher Kostenbeitrag - incl. Manpower - seitens des ÖBB-Konzerns und seiner Teilunternehmen ist für das Breitspur-Projekt bisher erfolgt?

56. Welcher Kostenbeitrag - incl. Manpower - seitens des ÖBB-Konzerns und seiner Teilunternehmen wird für das Breitspur-Projekt in Zukunft erwartet?

57. Der am 12.4.2018 von China aus in Richtung Wien in Bewegung gesetzte Güterzug, der in 15 Tagen sein Ziel erreichte, beweist, dass derartige Verkehre in derartigem Tempo auch heute schon und auch ohne Breitspur-Anschluss bis in den Raum Wien möglich und zeitlich im Vergleich zum Seeschiff attraktiv sind. Warum soll dennoch die sehr teure und sehr langwierige Errichtung einer hunderte Kilometer langen Neubaustrecke einer Lösung mit Umspuranlagen oder Umladung plus Optimierung der logistischen Abläufe vorgezogen werden?"

58. Werden Sie die bisher erstellten und nunmehr vorgesehenen Studien und Gutachten der Breitspur GmbH anders als bisher im Volltext der Öffentlichkeit zugänglich machen? Wenn nein, warum nicht?

59. Ist es angesichts der nur mehr mit Bilanz-"Tricks" zu versteckenden wirtschaftlichen Schieflage der RCA (Rail Cargo Austria/ÖBB-Güterverkehrssparte) realistisch, dass ein „ÖBB-Güterverkehr in österreichischer Hand“ noch von einem Langfristprojekt Breitspur profitieren könnte? Wenn ja, wie ist diese optimistische Einschätzung begründet?

60. Können Sie trotz der bekannten Affinität der FPÖ zu russischen Machthabern und Geldgebern ausschließen, dass es sich beim Breitspurprojekt um eine Vorleistung für einen vollständigen oder teilweisen Verkauf der RCA an die Russische Staatsbahn RŽD oder andere russische Investoren handelt?

61. China verlangte zB beim jüngsten österreichischen Staatsbesuch unmissverständlich die förmliche Anerkennung chinesischer Kerninteressen samt Beitritt Österreichs zur 16+1-Gruppe, in der China 16 osteuropäische Länder an sich gebunden hat, also eindeutige Unterwerfungsgesten, als Vorleistung für ein Memorandum zur „Neuen Seidenstraße“ (das deshalb anders als von Ihnen beabsichtigt nicht zustandekam). Wie passt angesichts dieser Vorfälle der vehemente Einsatz der FPÖ für Breitspurbahn und Neue Seidenstraße zu den Versprechungen der FPÖ (vgl. Wahlprogramm 2017) für eine „gestärkte Souveränität“ Österreichs?

62. Ein Effekt des Breitspurprojekts wäre ein technisch ungehinderter, direkter Zugang für insbesondere russische, evtl auch chinesische Schwerst-Transporte bis in den Osten Österreichs. Russland hat in den letzten Jahren bereits konkrete militärische bzw. militärisch begleitete Aggressionen mit schwerem Gerät im Osten Europas gesetzt, in China hat der neue, langfristig abgesicherte Alleinherrscher anlässlich seiner Amtszeiterstreckung jüngst ebenfalls mit martialischen Drohungen unverkennbar militärischen Charakters aufhorchen lassen.

Wie beurteilen Sie im Lichte dieser friedenspolitisch besorgniserregenden Entwicklung die zusätzlichen Risiken, die mit der Errichtung einer bestens für Transporte von Panzern und anderem schweren Militärgerät geeigneten Infrastruktur bis vor die Tore Wiens für Österreich und insbesondere die Ostregion und ihre BewohnerInnen verbunden wären?

63. Wie erklären Sie – als Verkehrsminister und als langjähriger Behindertensprecher der FPÖ - , dass Sie Schieneninfrastrukturprojekte zugunsten der österreichischen PendlerInnen und der Fahrgäste mit Mobilitätseinschränkungen, wie barrierefreie Adaptierung und sonstige Modernisierung von Bahnhöfen oder Ausbau von Pendlerstrecken, im ÖBB-Rahmenplan 2018-2023 mit Einsparungs-Argumenten aufgeschoben haben, während Sie zugleich mit auffälligem Nachdruck ein zusätzliches Milliardenprojekt im hauptsächlich russischen Interesse vehement vorantreiben?

64. Sind Ihnen russische Interessen wichtiger als die Interessen von ÖBB-Fahrgästen, insbesondere auch solchen mit Mobilitätseinschränkungen?

65. Ist es zutreffend, dass ein ehemaliger sehr hochrangiger FPÖ-Politiker und FPÖ-Finanzverantwortlicher und nachmaliger ÖBB-Manager längerfristig bei der Breitspur GmbH beschäftigt war oder ist?

66. Können Sie ausschließen, dass im Zusammenhang mit dem Breitspurbahn-Projekt Parteienfinanzierung für die FPÖ zB aus Russland lukriert wird oder werden soll?