3512/J-BR/2018

Eingelangt am 07.06.2018
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Bundesrätin Ewa Dziedzic, Freundinnen und Freunde an
die Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres

betreffend die „Ständige Strukturierte Zusammenarbeit“ im Rüstungsbereich (PESCO)

Begründung

Am 11.12.2017 hat der Vertreter der österreichischen Bundesregierung Sebastian Kurz im Rahmen des Rates für Auswärtige Angelegenheiten und internationale Beziehung die Erklä­rung über die Begründung der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit (PESCO, Perma­nent Structured Cooperation) im Rüstungsbereich unterzeichnet. „PESCO ist ein entschei­dender Schritt in Richtung Stärkung der gemeinsamen Verteidigungspolitik“, heißt es darin. Die PESCO-Teilnehmerstaaten verpflichten sich unter anderem dazu, ihre Rüstungsausgaben real regelmäßig zu erhöhen. „Erweiterte Verteidigungsfähigkeiten von EU-Mitgliedsstaaten werden auch der NATO zugutekommen“, heißt es weiter in der Erklärung, und auch die Festlegung auf eine regelmäßige Erhöhung der Rüstungsausgaben erinnert frappant an das NATO-Ausgaben-Ziel von 2% des BIP.

In einem ersten Schritt sollen von den PESCO-Teilnehmerstaaten 17 Projekte gemeinsam durchgeführt werden, die von einem „Netz von Logistik-Drehkreuzen in Europa und zur Un­terstützung von Operationen“ bis hin zur Entwicklung eines „Schützenpanzers/Amphibisches Angriffsfahrzeug/Leichtes gepanzertes Fahrzeug“ reichen. Österreich hat sich zur Teilnahme an vier PESCO-Projekten verpflichtet, einem mit dem Titel „Militärische Mobilität“, ein weite­res unter dem Titel „Kompetenzzentrum für Ausbildungsmissionen der Europäischen Union (EUTM CC)“, ein weiteres unter dem Titel „Paket verlegbarer militärischer Fähigkeiten zur Katastrophenhilfe“ sowie einer „Plattform für den Austausch von Informationen über die Re­aktion auf Cyberbedrohungen und -vorfällen“.

Vertreter der österreichischen Bundesregierung haben mehrfach öffentlich erklärt, dass sie PESCO nur unter einem „Neutralitätsvorbehalt“ unterzeichnet hätten. Nähere Informationen über diesen angeblichen „Neutralitätsvorbehalt“ blieb die Bundesregierung bislang jedoch schuldig.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage

1)  Wann und in welcher Form wurde der Hinweis auf den verfassungsrechtlichen Status der immerwährenden Neutralität vorgebracht?

2)  Welche völkerrechtliche Verbindlichkeit besitzt die vorgebrachte Erklärung, dass dadurch „die österreichische Neutralität unberührt“ bleibt?

3)  Wurde die Vereinbarung zum PESCO-Dokument wie auch die vorgebrachte Erklärung der Bundesregierung zur Neutralität dem Österreichischen Nationalrat entsprechend den in Art 23e B-VG verfassungsrechtlich verankerten Informationspflichten als EU-Vorhaben zur Stellungnahme zugeleitet?

a)    Falls ja, wann?

b)    Falls nein, warum nicht?

4)  Warum sind der Öffentlichkeit über die 17 PESCO-Projekte bisher nur die Überschriften und ein paar spärliche Zeilen bekannt, sollte eine moderne EU-Verteidigungspolitik nicht transparenter sein?

5)  Warum ist der Passus einer ständigen Erhöhung der Rüstungsausgaben, der an das NATO-Ausgaben-Ziel von 2% des BIP angelehnt ist, in PESCO enthalten?

6)  Wird Österreich als PESCO-Mitglied im Einklang mit dem ersten PESCO-Kriterium regel­mäßig seine Rüstungsausgaben erhöhen?

7)  In welchem Umfang wird Österreich seine Rüstungsausgaben gemäß PESCO-Kriterium ständig erhöhen?

8)  Kann es die Aufgabe eines neutralen Landes wie Österreich sein, die Kampfkapazität der NATO zu erhöhen?