3536/J-BR/2018

Eingelangt am 12.06.2018
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Bundesrätin Ewa Dziedzic, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Bildung

betreffend Förderung der Gleichstellung im Schul- und Bildungswesen

BEGRÜNDUNG

Die Berufswahl hat einen entscheidenden Einfluss auf das berufliche Fortkommen von Frauen, ihre Erwerbs- und Einkommenschancen. Die Weiterentwicklung feministischer Bildungskonzepte und Gender Mainstreaming im Schul- und Bildungswesen ist daher besonders wichtig. Der Fortschreibung traditioneller Geschlechterrollen könnte im schulischen Bildungswesen durch geeignete Maßnahmen entgegengewirkt werden.

Weiters gibt es in Österreich einen Grundsatzerlass zum Unterrichtsprinzip "Erziehung zur Gleichstellung von Frauen und Männern": https://bildung.bmbwf.gv.at/ministerium/rs/1995_77.html

Die Einführung des Unterrichtsprinzips "Erziehung zur Gleichstellung von Frauen und Männern" ist als vorrübergehende Sondermaßnahme im Sinne von Artikel 4 der "Konvention der Vereinten Nationen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau" (BGBI. 443/1982) zu verstehen, die Österreich 1982 ratifiziert hat.

Österreich hat sich damit verpflichtet, durch gesetzgeberische und sonstige Maßnahmen für die tatsächliche Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichberechtigung zu sorgen und mit allen geeigneten Mitteln unverzüglich eine Politik der Beseitigung der Diskriminierung der Frau zu verfolgen (Artikel 2). Für den Bildungsbereich sind vor allem die Artikel 5 (bewusstseinsbildende Maßnahmen zur Beseitigung von Vorurteilen und zur Förderung partnerschaftlichen Verhaltens von Frauen und Männern) und Artikel 10 (Maßnahmen zur Beseitigung von Diskriminierungen im Bildungsbereich) von Bedeutung.

Direkt unter der Unterschrift findet sich seit neustem die Bemerkung: "aufgehoben durch das Rundschreiben Nr. 09/2018: BMBWF-637/0001-Präs./2018 ; Administrative Entlastung -Aufhebung von Rundschreiben und Erlässen"

Seit Jänner 2018 läuft im Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung ein Projekt zur administrativen Entlastung von Schulleitungen mit einem Teilprojekt zu Rundschreiben und Erlässen. Ziele dieses Teilprojektes sind die Rechtsbereinigung und die Reduktion von Rundschreiben und Erlässen. Dahingehend werden seitens der Zentralstelle laufend obsolete und redundante Rundschreiben und Erlässe im eigenen Wirkungsbereich gesichtet und schrittweise aufgehoben.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

1.            Welche Maßnahmen des Gender Mainstreaming im Schul- und Bildungswesen werden in der aktuellen Legislaturperiode umgesetzt und welche sind in Planung?

2.            Welche internationalen Studien und Erfahrung werden Sie bei der Umsetzung von Gender Mainstreaming berücksichtigen?

3.            Was tun Sie, um die Bewusstmachung von geschlechtsspezifischer Sozialisation zu fördern?

4.            Wie soll geschlechtssensibles Arbeiten in der Schule gefördert werden?

5.            Was tun Sie, um die Lehr- und Lernmittel auf deren geschlechtsspezifischen Inhalt hin zu untersuchen?

6.            Gibt es Schulbuchanalysen zu den darin vorkommenden Geschlechterrollen?

7.            Was tun Sie, um die Interaktion zwischen Lehrpersonen und SchülerInnen auf geschlechtsspezifisches Verhalten hin zu analysieren und Strategien zur Veränderung zu erarbeiten?

8.            Wie fördern Sie das Aufbrechen von Schultypen- und Fächerwahl in Wahlpflichtfächern?

9.            Wie fördern Sie die Erhöhung des Berufswahlspektrums von Mädchen, insbesondere für Berufe mit Aufstiegschancen?

10.         Wie möchten Sie die Frauenförderung im Bildungswesen vorantreiben?

11.          Gibt es eine Gender Analyse der Organisationsstrukturen und -kulturen im Schul- und Bildungswesen?

12.         Gibt es gezielte Maßnahmen, um den Bildungszugang von Mädchen aus dem ländlichen Raum zu verbessern?

13.         Welche Maßnahmen setzen Sie, um Mädchen aus sozial schwächeren Schichten den Besuch einer weiterführenden Schule zu erleichtern?

14.         Was tun Sie, um sexuelle Übergriffe auf Mädchen in Schulen zu verhindern?

15.         An wie vielen Schulen gibt es SchulsozialarbeiterInnen, an die sich Mädchen, die von Sexismus oder Gewalt betroffen sind, wenden können?

16.         Wie sieht das prozentuelle Verhältnis von weiblichen Klassensprecherinnen zu männlichen Klassensprechern in den Bundesschulen aus?

17.         Was werden Sie tun, um die Weiterführung und Ausbau von bestehenden Initiativen und Projekten zur Unterstützung von Mädchen und Frauen bei der nicht-traditionellen Berufswahl und Berufsausbildungswahl voranzutreiben?

18.         Wie viele Mädchen- und Frauenberatungsstellen bieten derzeit geschlechtssensible Berufsorientierung an? Bitte listen sie diese Mädchen- und Frauenberatungsstellen nach Bundesländern getrennt auf.

19.         Welche Mädchen- und Frauenberatungsstellen, mit einem Schwerpunkt auf nicht­traditionelle Berufsorientierung, werden von Ihrem Ressort gefördert

20.          Wie werden Sie den Ausbau des Beratungsangebotes zur nicht-traditionellen Berufswahl- und Berufsausbildungswahl in Mädchen- und Frauenberatungsstellen oder Projekten forcieren?

21.          Gibt es dafür einen Mehrjahresplan und falls ja, wie sieht dieser aus?

22.          Stimmt es, dass der Grundsatzerlass zum Unterrichtsprinzip "Erziehung zur Gleichstellung von Frauen und Männern" aufgehoben wurde?

23.          Wenn ja, mit welcher Begründung und für welchen Zeitrahmen?

24.          Wie begründen Sie die politische Sinnhaftigkeit der Aufhebung

25.          Ist aus Ihrer Sicht die „tatsächliche Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichberechtigung“ bereits erfolgt und legitimiert die Aufhebung?

26.          Das Unterrichtsprinzip sollte bisher zu einem Verhalten im täglichen Umgang mit den Mitmenschen, das vom Grundsatz der gleichrangigen Partnerschaft von Frauen und Männern getragen ist, erziehen. Wie soll das in Zukunft garantiert werden?

27.          Welche Maßnahmen werden Sie treffen, um die Bewusstmachung von geschlechtsspezifischer Sozialisation durch Familie, Schule, Medien und Arbeitswelt sowie von Auswirkungen dieser Sozialisation auf die Ausbildungs- und Berufswahl, Lebensplanung, Freizeitgestaltung und das eigene Denken und Verhalten (wie Körpersprache, Kommunikation, Rollenvorstellungen usw.) in jeweils altersadäquater Form zu erreichen?

28.          Sind dafür finanzielle Mittel oder konkrete Maßnahmen vorgesehen?

29.          Wenn ja, welche?

30.          Wenn nein, mit welcher Begründung?

31.          Wie werden Sie als zuständiger Minister zum Bewusstmachen von alltäglichen Formen von Gewalt und Sexismus in der Schule beitragen?

32.          Sind hier konkrete Maßnahmen vorgesehen?

33.          Wenn ja, welche?

34.          Wenn nein, mit welcher Begründung?

35.          Welche Möglichkeiten soll es für das Aufzeigen von Möglichkeiten zur Prävention und Intervention sowie von Schritten zum partnerschaftlichen Umgang miteinander an Schulen geben?

36.          Werden Sie als zuständiger Minister hierzu ein Maßnahmenkatalog vorlegen?

37.          Wenn ja, bis wann?

38.          Wenn nein, mit welcher Begründung wird es keine konkreten Maßnahmen geben

39.          Hat die Aufhebung des Grundsatzerlasses etwas mit der Rechtsbereinigung und der Reduktion von Rundschreiben und Erlässen zu tun?

40.          Wenn ja, mit welcher Begründung?

41.          Laut Rundschrieben sollen von der Zentralstelle laufend obsolete und redundante Rundschreiben und Erlässe im eigenen Wirkungsbereich gesichtet und schrittweise aufgehoben werden. Ist der Grundsatzerlass zum Unterrichtsprinzip "Erziehung zur Gleichstellung von Frauen und Männern" obsolet oder redundant?

42.          Soll es ersatzweise einen anderen Erlass geben, um die Gleichstellung im Unterrichtswesen zu fördern?

43.          Wenn nein, wieso nicht?

44.          Wenn ja, bis wann ist damit zu rechnen?

45.          Von wem konkret wurde die Aufhebung veranlasst?

46.          Haben Sie sich als zuständiger Minister im Vorfeld über die Auswirkungen des Erlasses informiert?

47.          Wenn ja, zu welchem Schluss sind Sie gekommen?

48.          Halten Sie diese Aufhebung ohne eine Ersatzregelung für zielführend bezügl. Gleichstellung der Geschlechter und Förderung der Chancengleichheit an Schulen?

49.          Wurden Ihres Wissens nach Lehrkräfte und Direktionen über die Aufhebung und die Auswirkungen ausreichend informiert?

50.          Wurden im Vorfeld der Aufhebung ExpertInnen hinzugezogen, um zu beurteilen, wie sich die Aufhebung auswirken kann?

51.          Wenn ja, welche?

52.          Wenn nein, wieso nicht?