3554/J-BR/2018

Eingelangt am 12.06.2018
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Anfrage

 

des Bundesrates David Stögmüller, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien

betreffend den Moscheenschließungen, Imamausweisungen und den damit verbunden Innerislamischen Streit in der IGGÖ

BEGRÜNDUNG

 

Die von der Regierung abgehaltene Pressekonferenz zu den angeblichen „Schließungen“ von Moscheen und der Ausweisungen von Imame, schlägt große Wellen in der islamischen Glaubensgemeinschaft (IGGÖ) und im türkischen Wahlkampf.

Wie der Standard am 10. Juni 2018 berichtete, dürfte dieser Maßnahme ein interner Machtkampf in der IGGÖ vorrausgegangen sein. So dürfte Ibrahim Olgun, der Präsident der IGGÖ, selbst den Antrag auf Schließung eingebracht haben, obwohl dieser in seiner ersten Stellungnahme empört über das Regierungsvorgehen zeigte. Grund für dieses Vorgehen sehen mehrere Mitglieder des Obersten Rates der IGGÖ ein Interesse Olguns, seine Machtposition innerhalb der Glaubensgemeinschaft zu stärken [1].

Dem dürfte eine Eskalierung eines alten Streits um die Postenbesetzung des Lehrgangs für Islamische Religionspädagogik (IRPA) an der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule vorausgehen. Olgun warf seinen Vize Abdi Tasdögen vor, eine „illegale Zustimmung“ seitens der IGGÖ zur Anstellung der Lehrkräfte an der KPH gegeben zu haben und eine „parallel Struktur“ aufgebaut zu haben.
Dies wiederum wies Tasdögen in einem langen E-Mail, dass uns Grüne vorliegt, von sich und verwies auf einen Beschluss des Obersten Rates. Tasdögen wiederum warf dem Präsidenten Olgun vor im Auftrag der türkischen Botschaft, sowie „Personen von Atib“ zu handeln und selbst Parallelstrukturen mit ausgezeichneten Kontakten nach Ankara aufbauen zu wollen [2].

Unbestritten ist, dass durch den Ausschluss der Arabischen Kultusgemeinde (ca. 1000 Mitglieder), die Position von Ibrahim Olgun gestärkt worden ist. Durch das Vorgehen Olguns liegt der Verdacht nahe, dass Olgun im Eigeninteresse und der Atip gehandelt hat, und somit die Stärkung der türkischen Rechten innerhalb der IGGÖ vorantrieb. Weiter steht die Annahme im Raum, dass Olgun, dem ausgezeichnete Beziehungen zur türkischen Botschaft und nach Ankara nachgesagt werden, durch sein Vorgehen Präsident Erdogan ein „Wahlzuckerl“ bereitete, wie auch die Wahlkampfparolen Erdogans „Krieg zwischen Kreuz und Halbmond“ untermauern.

Auch für den Extremismusexpereten Thomas Rammerstorfer steckt hinter der Schließung der Moschee am Antonplatz ein machtpolitisches Kalkül „Die Moschee wird der Partei BBP zugerechnet, die weitestgehend (0,6% bei den letzten Wahlen) unbedeutend ist. Es macht den Eindruck, als hätte man sich hier ein Bauernopfer gesucht. Zu diesem Zeitpunkt, einen Tag nach dem Beginn der Wahlen (in Österreich) der Türkei, ist das ein willkommenes Wahlkampfgeschenk für Erdogan“. Weiter heißt es von seitens Rammerstorfer: „Die Arabische Kultusgemeinde war der IGGIÖ-Spitze sowieso ein Dorn im Auge, seit sie 2016 die Wahl des ATIB-Mannes Ibrahim Olgun anfechten wollte. Das stärkt jedenfalls die Dominanz der türkischen Rechten in der IGGIÖ.“

 

Die unterfertigenden BundesrätInnen stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1.    Wann haben Sie bzw. ihr Ministerium Kenntnisse über die Vorwürfe der IGGÖ gegen die besagten Moscheen und die arabische Kultusgemeinde erhalten?

 

2.    Ist es richtig, dass Sie bereits am 30. August 2017 Kenntnis von den Vorwürfen der IGGiÖ gegen die besagten Moscheen und die arabische Kultusgemeinde hatten?

a.    Wenn nein, wann genau haben Sie davon in Kenntnis gesetzt worden?

b.    Von wem haben konkret haben Sie diesbezügliche Informationen erhalten?

 

3.    Welche Informationen lagen Ihnen vor?

 

4.    Von wem genau aus der IGGiÖ kamen die Infos?

 

5.    War Ibrahim Olgun persönlich an der Übermittlung der Informationen beteiligt?

a.    Wenn ja, welche Informationen kamen von ihm?

 

6.    Mit Welchen konkreten Personen des Obersten Rates wurde noch von Seiten des Ministeriums kommuniziert?

a.    Geben Sie die Namen und die konkreten Inhalte der Kommunikation an.

 

7.    Wer ist der Zuständige Mitarbeiter in Ihrem Ministerium bzw. welche Abteilung ist dafür verantwortlich?

a.    Wer ist dafür in Ihrem Ministerkabinett verantwortlich?

 

8.    Wurde von Seiten des Ministeriums auch mit dem Vizepräsidenten Abdi Tadögen kommuniziert?

a.    Wenn ja, wann und mit welchen Inhalten?

b.    Wenn nein, warum sind Sie nicht mit dem Vizepräsidenten des IGGiÖ im Kontakt?

9.    Welche Infos genau wurden dem Kultusamt übermittelt?

 

10. Von wie vielen Kultusgemeinden / Moscheen war im August 2017 seitens der IGGiÖ die Rede?

a.    Geben Sie an von welchen Kultusgemeinden / Moscheen konkret in Verdacht standen?

 

11. Ist es korrekt, dass laut Statuten der IGGiÖ, wie das Herr Tasdögen gegenüber der „Wiener Zeitung“ (Ausgabe 12.06.2018) ausführt, diese Infos direkt aus dem Büro Olgun kamen und eine Weitergabe dieser Infos bzw. des Antrags auf Schließung der betroffenen Moscheen den Statuten der IGGiÖ wiederspricht und die zuständigen Gremien der IGGiÖ übergangen worden sind?

 

12. Liegt Ihnen bzw. Ihrem Ministerium der Schriftverkehr zwischen Abdi Tasdögen (Vizepräsident der IGGÖ) und Ibrahim Olgun (Präsident der IGGÖ) mit dem Betreff „Aktuelle Situation unserer IRPA-KPH Angelegenheit“ vor?

a.    Seit wann liegt Ihnen bzw. Ihrem Ministerium dieser Schriftverkehr vor?

b.    Wenn ja, bitte an die Antwort anhängen.

 

13. Wenn das Kultusamt bereits Ende August umfassend Kenntnis von den Anschuldigungen der IGGiÖ gegen einzelne Kultusgemeinden hatte, sich dort Vertreter eines politischen Islams oder Salafisten aufhielten, wie vorgeworfen, wieso dauerte es bis Mai 2018, bis die Moscheen geschlossen wurde?

 

14. Warum wurde nicht bereits früher eingegriffen?

 

15. Welcher konkrete Grund liegt vor, dass Sie erst am 08.06.2018 eingegriffen haben, obwohl ihnen bereits Informationen vorgelegen sind?

 

16. Bereits im Machtstreit aus dem Jahr 2016 warfen sich Ibrahim Obdul und Vizepräsident Abdel gegenseitig vor, Parallelstrukturen aufzubauen.

a.    Liegt ihnen bzw. Ihren Mitarbeiter_innen der Mailverkehr der jeweiligen Vorwürfe vor?

b.    Wann haben Sie diesbezüglich in Kenntnis Gesetz worden??

 

17. Warum wird ausgerechnet, den Vorwürfen von Olgun, dem ein starkes Naheverhältnis nach Ankara und Atib vorgeworfen wird, von Ihnen und Ihrem Ministerium Glauben geschenkt?

a.    Liegen Ihnen weitere Informationen vor?

                                          i.    wenn ja, welche und von wem?

 

18. Welche Moscheen wurden (bis Beantwortung dieser Anfrage) bereits geschlossen?

a.    Geben Sie das konkrete Datum der Schließung jeder einzelnen Moschee an.

b.    Gegen wie viele wurden bereits Bescheide ausgestellt? (Geben Sie die einzelnen Moscheen an)

 

19. Wie viele Imame (bis Beantwortung dieser Anfrage) wurden ausgewiesen?

a.    Gegen wie viele wurden bereits negative Aufenthaltsbescheide ausgestellt?

 

20. Gegen wie viele Vereine (Kultusgemeinden) wurden Verwaltungsverfahren eingeleitet? Geben Sie auch die Namen und Orte der einzelnen Vereine an.

 

21. Welche (präventiven) Maßnahmen wird diese Bundesregierung unternehmen, um gegen den Vormarsch der rechtsextremen Grauen Wölfe in Österreich vorzugehen?

 

[1] https://derstandard.at/2000081327871/Innerislamischer-Streit-loeste-Moscheenschliessung-aus

[2] https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/oesterreich/politik/843262_Eine-unheilige-Allianz.html