3555/J-BR/2018

Eingelangt am 12.07.2018
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Anfrage

 

der Bundesrätlnnen Martin Weber und GenossInnen

an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend die rechtsstaatlich höchst bedenkliche Freilassung von drei Terrorverdächtigen aus der Untersuchungshaft in Graz

Anfang Juli 2018 wurden drei islamistische Terrorverdächtige aus der Untersuchungshaft in Graz entlassen (zahlreiche Medien berichteten darüber).

Bei einer Anti-Terror-Razzia in Graz im Jänner 2017 waren 14 Personen festgenommen worden.

Ein Senatsbeschluss des OLG Graz ordnete die Enthaftung der drei Personen an, da die Ermittlung noch nicht zu Ende gebracht worden sei und Unverhältnismäßigkeit gegeben sei, denn ohne Anklage könnten die drei Personen nicht länger festgehalten werden. Bei der U-Haft gelte ein besonderes Beschleunigungsgebot. Die Staatsanwaltschaft sei auch mehrfach aufgefordert worden, die Ermittlungen zu Ende zu bringen.

Laut Staatsanwaltschaft Graz gibt es noch keine „Enderledigung“, sprich Anklage, „weil noch Ermittlungsergebnisse fehlen: Ein Abschlussbericht, Gutachten ... “, erklärte Sprecher Hansjörg Bacher.

Gegen die Entscheidung des OLG ist kein Rechtsmittel möglich. Die Ermittlungen gehen weiter. Laut der zuständigen Sprecherin des OLG Graz Elisabeth Dieber sei der dringende Tatverdacht nach wie vor gegeben.

Christian Pilnacek, Generalsekretär und Sektionschef für Strafrecht im Justizministerium, sprach auf Anfrage von Der Standard von „schlechter Optik“. Er verwies zudem darauf, dass die Staatsanwaltschaft Graz die meistbeschäftigte in Österreich sei. Seit einiger Zeit habe die Anklagebehörde mehrere Großverfahren - etwa gegen die identitäre Bewegung, andere islamistische Terror-Verdächtige oder die sogenannten Staatsverweigerer - am Laufen.


Der für Sicherheit und Katastrophenschutz zuständige steirische Landeshauptmann­Stellvertreter Michael Schickhofer (SPÖ) reagierte auf die genannten Vorgänge mit scharfer Kritik.

„So etwas darf in einem Rechtsstaat nicht passieren. Wenn Tatverdächtige enthaftet werden obwohl sie nach wie vor als gefährlich eingestuft werden, hat der weisungsbefugte Justizminister und in Wahrheit die gesamte schwarz/blaue Bundesregierung massiven Handlungsbedarf".

Auf Grund des Dargelegten stellen die unterzeichneten Bundesrätlnnen daher an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz nachstehende

Anfrage:

1)    Warum ist es im vorliegenden Fall gegen die Terror-Verdächtigen noch nicht zu einer Anklage gekommen, wodurch die Freilassung durch das OLG Graz hätte vermieden werden können?

2)    Wenn Sie wie Ihr Generalsekretär Mag. Christian Pilnacek mit der sehr schwierigen Personalsituation der meistbeschäftigten Staatsanwaltschaft Österreichs (Graz) argumentieren so stellt sich die Frage: Warum wurde von Ihnen nicht dafür gesorgt, dass die Staatsanwaltschaft Graz (zumindest temporär) zusätzlich deutlich mehr Personal bekommt?

3)    Hängt die dramatische Personalknappheit bei der Staatsanwaltschaft Graz auch damit zusammen, dass die türkis/blaue Bundesregierung bei der heurigen Beschlussfassung über das Justizbudget 2018/2019 unverantwortliche Personalkürzungen vorgenommen hat?

4)    Liegt die Hauptursache dafür, dass es noch nicht zu einer Anklage gekommen ist, auf Grund der genannten Bedingungen bei der Justiz (Staatsanwaltschaft Graz) oder ist die Ursache auch bei den Sicherheitsbehörden (Bundesministerium für Inneres) zu suchen, welche ja der Staatsanwaltschaft bestmöglich zuarbeiten sollen (z.B. zügige Auswertung von Datenträgern)?

5)    Waren Sie vor der Entlassung der drei U-Häftlinge über den unerfreulichen Verfahrensstand im Gegenstand informiert?

6)    Welche Konsequenzen ziehen Sie aus der rechtsstaatlich höchst bedenklichen Tatsache, dass dringend Tatverdächtige und nach wie vor gefährliche Personen aus der Untersuchungshaft entlassen worden sind bzw. welche Vorschläge haben Sie, um derartige Fälle künftig zu vermeiden?