3602/J-BR/2018

Eingelangt am 10.12.2018
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Anfrage

 

der Bundesrätin Mag. Elisabeth Grossmann,

Genossinnen und Genossen

an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz

betreffend „Schutz von Kindern, die Opfer oder Zeugen von Gewalt in der Familie wurden

 

In Österreich ist jede 5. Frau zumindest einmal im Leben Opfer von Gewalt. Der gefährlichste Ort ist das sogenannte „traute Heim“, der intimste Rückzugsort und Wohnort der Familie wird zum Tatort.

 

Täter ist in den häufigsten Fällen der eigene Partner, oftmals der Vater der eigenen Kinder. Nicht selten müssen Kinder Gewalthandlungen gegen die eigene Mutter mitansehen. Das seelische Leid dieser Kinder muss wohl unermesslich sein. Kinder werden somit auch zu Opfern, auch wenn an ihnen keine direkten Gewalthandlungen gesetzt werden.

 

Die österreichischen NGO‘s haben einen Schattenbericht zum sogenannten GREVIO Bericht verfasst, mit welchem die Umsetzung der seit 2014 in Kraft befindlichen Istanbul-Konvention des Europarates zum Schutz von Frauen und Kindern kontrolliert wird. In diesem wird kritisiert, dass Gerichte meist keine zivilrechtlichen Schutzverfügungen (einstweilige Verfügungen) für solche Kinder aussprechen. Ebenso mangle es an psychosozialer Unterstützung, zumal Kinder- und Jugendwohlfahrtsträger, aber auch Interventionsstellen und Gewaltschutzstellen nur einen Auftrag hätten, für von direkter Gewalt betroffene Kinder und Jugendliche Angebote zu stellen und auch nur dafür Förderungen bekämen.

 

Seit 2013 wird standardmäßig die gemeinsame Obsorge nach Scheidungen ausgesprochen. In vielen Fällen auch dann, wenn der Obsorge-Berechtigte gegen den anderen Elternteil gewalttätig war. Auch dann, wenn Treffen in beaufsichtigten Rahmen stattfinden, orten ExpertInnen Gefahrenpotential im Hinblick auf Gewalthandlungen oder gar Entführungen. Sie empfehlen bei Gewalthandlungen auch gegen den anderen Elternteil, eine gemeinsame Obsorge automatisch, ohne Antrag, auszuschließen.

 

Daher stellen die unterzeichneten BunderätInnen an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz folgende

 

Anfrage:

 

1)     Wie viele Kinder waren 2014, 2015, 2016 und 2017 von Gewalthandlungen durch eigene Elternteile direkt betroffen? Bitte jeweils auch um Auflistung nach Bundesländern.

a)      Wie viele indirekt als ZeugInnen von Gewalthandlungen gegen einen Elternteil?

b)     Wie viele TäterInnen waren männlich?

c)     Wie viele weiblich?

 

2)     In wie vielen Fällen wurden einstweilige Verfügungen zum Schutze der Kinder ausgesprochen?

a)      Wie viele Kinder davon waren direkt von Gewalt betroffen?

b)     Wie viele Kinder davon wurden ZeugInnen von Gewalt gegen einen Elternteil?
Bitte jeweils auch hier um Auflistung nach Bundesländern.

 

3)     In wie vielen Fällen wurde psychosoziale Unterstützung und/oder Beratung durch vom Bund (mit)finanzierte Einrichtungen für Kinder mit

a)      direkter Gewalterfahrung und

b)      indirekter Gewalterfahrung (als ZeugInnen) angeboten?

 

4)     Welche vom Bund (mit) finanzierten Einrichtungen haben den Auftrag, Kindern, die ZeugInnen von familiärer Gewalt wurden, Unterstützung anzubieten und bekommen dies auch bezahlt?

 

5)     Welche Vorkehrungen gibt es, um Kindern die belastende Situation der Zeugeneinvernahme zu erleichtern?

 

6)     In wie vielen Fällen wurde gemeinsame Obsorge ausgesprochen, obwohl eine Anzeige wegen eines Deliktes gegen Leib und Leben gegen einen Elternteil vorlag?

 

7)     Welche Ausbildungsmodule gibt es für angehende RichterInnen, StaatsanwältInnen im Umgang mit Kindern mit Gewalterfahrung?

 

8)     Sind Änderungen in den angesprochenen Bereichen geplant?