3608/J-BR/2018

Eingelangt am 20.12.2018
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Bundesrätin Ewa Dziedzic, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Inneres

betreffend Normalisierung des Antisemitismus

BEGRÜNDUNG

Eine Umfrage der Grundrechteagentur (FRA) zwischen Mai und Juni 2018 unter mehr als 16.000 jüdischen Personen in 12 EU-Staaten ergab, dass ein Großteil der jüdischen Bevölkerung in den vergangenen fünf Jahren einen deutlichen Anstieg der Judenfeindlichkeit in Europa wahrnimmt. So gaben 63 Prozent der Befragten an, dass Antisemitismus in letzter Zeit stark zugenommen habe und 85 Prozent erachten Antisemitismus als ein großes Problem. Von zumindest einem antisemitischen Angriff selbst betroffen waren 28 Prozent der Befragten im vergangenen Jahr. Dabei werden als häufigste Plattform für antisemitische Statements von 89 Prozent das Internet  und Soziale Netzwerke genannt.

 

Im Ländervergleich zeigt die Studie im Wesentlichen ein ähnliches Niveau von Antisemitismus in ganz Europa. In Österreich stellt für 73 Prozent der Befragten Antisemitismus ein großes Problem dar, wobei 75 Prozent meinten, Judenfeindlichkeit habe in den vergangenen fünf Jahren zugenommen und 33 Prozent sogar eine starke Zunahme feststellen.

Insgesamt gebe es laut Studienautoren starke Anzeichen für eine Normalisierung des Antisemitismus, das heißt, manche Vorfälle werden gar nicht mehr als judenfeindlich wahrgenommen, weil sie so häufig passieren bzw. negative Stereotype gegenüber Juden bereits derart verfestigt sind.

Eine Zunahme der Judenfeindlichkeit in Österreich verzeichnet auch das Forum gegen Antisemitismus (FGA): In den Antisemitismusberichten der letzten vier Jahre wird eine beinahe Verdoppelung der Gesamtzahl gemeldeter, antisemitischer Vorfälle von 255 im Jahr 2014 auf 503 im Jahr 2017 dokumentiert. Vor allem gab es dabei einen Anstieg an Fällen, in denen die Betroffenen persönlich angegriffen wurden, was ein Hinweis darauf ist, dass auf Seiten der Täter eine Enthemmung stattgefunden hat.

 

Die zunehmende Verbreitung von Antisemitismus in der öffentlichen Sphäre sowie die damit einhergehende Normalisierung der Judenfeindlichkeit und Enthemmung  auf Seiten der Täter sind eine alarmierende Entwicklung, der unbedingt entgegengewirkt werden muss.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

1.    Wurden seitens des Bundesministeriums Studien oder Umfragen unter der jüdischen Bevölkerung Österreichs zum Thema Antisemitismus durchgeführt?

1.1.  Wenn ja, mit welchen Ergebnissen?

1.2.  Wenn nein, warum nicht?

2.    Welche Maßnahmen werden durch das Bundesministerium gesetzt bzw. sind geplant, um der Verbreitung und Normalisierung von Antisemitismus entgegenzuwirken?

3.    Sind in diesem Zusammenhang auch Maßnahmen gegen antisemitische Vorfälle im Internet oder auf Sozialen Netzwerken vorgesehen?

3.1.  Wenn ja, in welcher Form?

3.2.  Wenn nein, warum nicht?

4.    Welche Projekte zur Bekämpfung von Antisemitismus gab es bisher seitens des Bundesministeriums und wie viele finanzielle Mittel wurden dafür eingesetzt?