3761/J-BR/2020

Eingelangt am 04.05.2020
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Bundesrätinnen Andrea Kahofer, Wolfgang Beer, Genossinnen und Genossen

an die Bundesministerin für Landesverteidigung

betreffend Einberufung der Miliz

 

Am 23.3.2020 trat Verteidigungsministerin Klaudia Tanner gemeinsam mit dem Generalstabschef

General Robert Brieger und dem Milizbeauftragten des Österreichischen Bundesheeres

Generalmajor Erwin Hameseder in einer Pressekonferenz vor die Medien um mitzuteilen, wie die

Einberufung der Miliz stattfinden wird. Diese hatte sie ihrerseits am 17.3.2020 angekündigt. Rund

3.000 MilizsoldatInnen, verteilt über ganz Österreich, würden einberufen, um in der aktuelle Corona

Krise entsprechend gerüstet zu sein, so die Botschaft damals.

In dieser Pressekonferenz entstand der Eindruck, dass manche Vertreter des Bundesheeres es gar

nicht erwarten konnten, die Miliz erstmals in der 2. Republik einzuberufen. Von einem historischen

Moment war die Rede, dass im Gegensatz zur Vergangenheit diesmal die Gelegenheit ergriffen

worden sei, die Miliz einzuberufen.

Seither gingen weiter Regierungspressekonferenzen ins Land und zunehmend wurde klar, dass

Lockerungen in der anfangs ausgesprochen restriktiven Maßnahmen der Bundesregierung geplant

sein und zur Umsetzung kommen würden. Diese treten jetzt auch mit Anfang Mai und dann in

zweiwöchigen Zeitabschnitten in Kraft.

Viele Menschen haben zunehmend den Eindruck, dass die Maßnahmen, wie eben beispielsweise die

Aufbietung der Miliz, oder die einseitig verhängte Verlängerung des Grundwehrdienstes

überschießend waren und mittlerweile nicht mehr angebracht sind. Dieser Eindruck verfestigt sich

auch dahingehend, dass am 29. April mitgeteilt wurde, dass es jetzt doch nur 2.430 Milizsoldatlnnen[1]

sein sollten, die einberufen werden sollen und es sich hier nur um eine Teileinberufung handle.

Insbesondere mit Blick auf die Lageinformation, die am 23.4.2020 vom Kommando Streitkräfte

versandt wurde, kommen Fragen auf. Darin wird beispielsweise betont: „Gemäß Weisung des BMLV

zur Teilaufbietung der Miliz werden die Milizsoldaten in der Einsatzvorbereitung mit der Pistole, dem

Sturmgewehr und der Leuchtpistole scharf schießen. Während des Einsatzes sollen zusätzlich - wenn

möglich - Scharfschießen mit Scharfschützengewehr, Maschinengewehr, Panzerabwehrrohr - kein

Vollkaliber - und Maschinengewehrlafette durchgeführt werden.“ Im Folgenden wird zwar darauf

verwiesen, dass diese Übung "keinesfalls" im Kontext einer Vorbereitung auf die aktuellen

Assistenzaufgaben stünden, aber die Einsatzbereitschaft der Miliz gehoben werden solle.

In diesem Zusammenhang braucht es dringend Klarstellungen und Aufklärung, daher stellen die

unterzeichneten BundesrätInnen folgende

Anfrage:

1)    Wie viele SoldatInnen befinden sich derzeit in den verschiedenen Einsatzbereichen?

a.     Listen Sie diese bitte nach Einsatzbereich im März, April und Mai 2020 auf.

b.     Listen Sie diese bitte nach Einsatzdauer der jeweiligen Züge inkl. Zugstärke im März, April und Mai 2020 auf.

 

2)    Wie ist die Verdachts- und Infektionslage im Österreichischen Bundesheer?

a.     Listen Sie bitte mit Blick auf COVID-19 die in den einzelnen Einsatzbereichen aufgetretenen Verdachts- und Infektionsfälle sowie Genesene in den Monaten März, und April bis zum letztmöglichen Zeitpunkt auf.

b.     Listen Sie bitte mit Blick auf COVID-19 die aufgetretenen Verdachts- und Infektionsfälle im Auslandseinsatz sowie Genesene im Auslandseinsatz in den Monaten März, und April bis zum letztmöglichen Zeitpunkt auf.

 

3)    Hinsichtlich der Einberufung der Miliz:

a.     Wie viele MilizsoldatInnen werden tatsächlich einberufen und ab wann konkret?

b.     Wo werden die MilizsoldatInnen im Detail eingesetzt, listen Sie diese nach Einsatzort und -art auf und umreißen Sie, welche Tätigkeiten dort konkret vorgesehen sind.

c.     Aus welchen Bundesländern kommen die aufgebotenen MilizsoldatInnen, listen Sie diese bitte nach absoluten Zahlen auf. Nennen Sie die Kompanien.

d.     Aus welchen Berufsgruppen kommen die MilizsoldatInnen, listen Sie diese bitte nach Möglichkeit auf.

e.     Werden die MilizsoldatInnen vor Ihrem Einsatz im Österreichischen Bundesheer auf COVI D-19 getestet?

f.      Wie hoch sind die Kosten für die Aufbietung der Miliz?

g.     Ist die Einberufung der Miliz unter den sich derzeit abzeichnenden Lockerungen in der von Ihnen angekündigten Stärke überhaupt noch notwendig?

h.     Welche Schwierigkeiten haben sich bei der Einberufung der Miliz ergeben, wo sind mit Blick auf zukünftige Mobilmachungen Verbesserungen nötig?

i.      Warum wurde bei einer Teilmobilisierung nicht von vornherein nur auf die freiwilligen, sondern auf alle MilizsoldatInnen zugegriffen?

j.      Wie hoch ist der Anteil der MilizsoldatInnen die der Einberufung auf Grund Befreiung nicht nachkommen, listen Sie die Zahlen nach Grund auf.

k.     Wieso wurde die Miliz erst so spät einberufen? Liegt das an der von Ihrem Vorgänger, BM a. D. Thomas Starlinger seinerzeit betonten fehlenden Einsatzfähigkeit des Österreichischen Bundesheers?

l.      Welches Ziel verfolgen Sie konkret mit der Einberufung der Miliz?

m.   Müssen auf Grund sich ändernder Voraussetzungen einberufene SoldatInnen nun aufwendig mit Bescheiden wieder vom Einsatzpräsenzdienst befreit werden?

i. Wenn ja: Wie viele?

ii. Wenn ja: wie hoch sind die dadurch entstandenen Kosten?

iii. Wenn ja, was sind die Gründe für die Befreiungen konkret?

n.     Sind Ihnen Komplikationen bei der Berufsfreistellung von MilizsoldatInnen bekannt?

                                          i.    Wenn ja: Wie viele SoldatInnen sind betroffen?

                                         ii.    Wenn ja: Wie unterstützt Ihr Ministerium die betroffenen MilizsoldatInnen?

                                        iii.    Wenn ja: Sind Nachteile bei der Auszahlung von Familienbonus oder -beihilfe zu befürchten, wenn MilizsoldatInnen aufgeboten werden und ihren Arbeitsplatz für 3 Monate verlassen müssen?

                                        iv.    Ist eine Abgeltung der Urlaubstage, die die MilizsoldatInnen an ihrem Arbeitsplatz zu befürchten haben, vorgesehen? Wenn nein: warum nicht?

o.     Würden Sie, als Verteidigungsministerin, von einem historischen Moment im Zusammenhang mit der Einberufung der Miliz sprechen? Wenn ja: Warum?

4) Bezugnehmend auf die in der Begründung angesprochene Lageinformation des Kommando
Streitkräfte:

a.      Wofür sollen Einsatzvorbereitung mit der Pistole, dem Sturmgewehr und der Leuchtpistole scharf schießen?

                      i.        Mit welchen Kosten ist diese Übung verbunden?

                     ii.        Für welche Einsatzzwecke sollen die angesprochenen Übungen durchgeführt werden?

                    iii.        Gibt es eine akute Gefährdungssituation, die eine solche Übung notwendig machen?

b.     Wofür sollen Scharfschießen mit Scharfschützengewehr, Maschinengewehr, Panzerabwehrrohr und Maschinengewehrlafette durchgeführt werden?

                      i.        Mit welchen Kosten ist diese Übung verbunden?

                     ii.        Ist eine Übung mit teurer Munition in der aktuellen Situation wirklich sinnvoll und angemessen?

c.     Im Anschluss an die Übungsumfänge wird auf die Motivlage der Bundesregierung und die Erwartungshaltung der Bevölkerung verwiesen, die von Market und Gallup in regelmäßigen Stichproben von etwa 1.000 Österreicherinnen und Österreichern durchgeführt werden.

                      i.        Welche konkreten Befragungen nennen Sie hierbei?

                     ii.        In welcher Regelmäßigkeit finden diese Befragungen statt?

                    iii.        Seit wann finden diese Befragungen statt?

                    iv.        Wer hat diese Befragungen beauftragt?

                     v.        Wie hoch sind die Kosten für diese Befragungen?

                    vi.        Nach welchen Kriterien wurden die einzelnen Ergebnisse für die Punktation ausgewählt? In welchem Zusammenhang stehen diese mit der Tätigkeit des österreichischen Bundesheeres?

                   vii.        Wird die Frage nach dem Bedrohungserleben der ÖsterreicherInnen jedes Mal gestellt, wie hat sich dieses entwickelt, geben Sie eine Aufstellung?

                  viii.        Hat das Bedrohungserleben messbar zugenommen, seitdem diese Erhebungen durchgeführt werden?



[1] https://www.pressreader.com/austria/salzburger-nachrichten/20200430/281556587983343