3763/J-BR/2020

Eingelangt am 04.05.2020
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Dringliche Anfrage

Gemäß § 61 Abs. 3 GO-BR

 

der Bundesrätlnnen Korinna Schumann, Rudolf Kaske, Michael Wanner,

Genossinnen und Genossen

an die Bundesministerin für Arbeit, Jugend und Familie

betreffend Höchste Arbeitslosigkeit seit 1945

Das Jahr 2020 wird als jenes Jahr in die Geschichte eingehen, in dem Österreich die höchsten Arbeitslosenzahlen in der zweiten Republik hatte - in 75 Jahren waren die Zahlen jener Menschen, die keine Arbeit hatten, noch nie so hoch.

Eine Situation, die nicht nur bedrohlich, sondern für jeden und jede der rund 600.000 Menschen mit einem erschütternden Einzelschicksal verbunden ist, von dem in den allermeisten Fällen auch weitere Personen mittel- oder unmittelbar betroffen sind. Kinder und Familien fallen gemeinsam mit den Betroffenen ins Bodenlose. Lebenschancen gehen verloren. Hart Erarbeitetes gerät in Gefahr, weil Menschen ihre Existenz nicht sichern können und auch die Aussicht Arbeit zu finden, für die nächste Zeit sehr schlecht aussieht

Abseits der psychologischen Auswirkungen - Angst, Wut und Verzweiflung - sind auch ökonomische Langzeitfolgen zu befürchten: Menschen rutschen über die Arbeitslosigkeit in die Armut, ein Umstand, der uns als Gesellschaft massiv beunruhigen muss.

Armut ist Sprengstoff für das soziale Gefüge, für Zusammenhalt und Solidarität, alleine aus diesem Grund ist alles zu tun, um das Abrutschen in Armut zu verhindern. Dazu zählt beispielsweise die Erhöhung des Arbeitslosengeldes von 55 auf 70 Prozent Nettoersatzrate, die dringend nötig ist, um einen Absturz in die Armut abzuwenden. Oder aber auch wirkliche Überbrückungshilfen für besonders betroffene Gruppen, wie AlleinerzieherInnen und geringfügig Beschäftigte, die bislang fehlen.

Dazu gehören aber auch klare Konzepte und tatsächliche politische Handlungen, wie die Bundesregierung gedenkt, Menschen wieder in Arbeit bringen zu können. Und es geht darum jene, die längerfristig keinen Arbeitsplatz finden, so zu unterstützen, dass sie eine Perspektive bekommen. Dafür ist letztlich nachhaltig gestaltete, sinnvoll kommunizierte und gut durchdachte Wirtschafts- und vor allem Arbeitsmarktpolitik der richtige und einzige Hebel.

Nicht zu vergessen sind hier all jene Menschen, die aktuell in Kurzarbeit sind, das sind rund 1,1 Millionen Personen. Auch sie sind potentiell der Gefahr ausgesetzt, in die Arbeitslosigkeit zu fallen, sollten ihre Arbeitgeberlnnen nicht endlich den Aufwind durch sich klärende Wirtschaftsdaten und wirksame Hilfen verspüren.

All das und der Umstand, dass die Bundesregierung in vielen Bereichen nicht klarstellt, mit welchen Schritten gerechnet werden kann, führt zu Unsicherheit und macht den Menschen große Sorgen. Die Unsicherheit, die in diesem Zusammenhang bei so vielen Menschen herrscht, ist ein großes, ein reales Problem.

Wir haben als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten immer betont, dass wir niemanden zurücklassen wollen und niemanden zurücklassen werden. Das ist insofern wichtig, als dass ähnliche Ansagen auch von der Bundesregierung bekannt sind. „Koste es, was es wolle“, war jenes Zitat, das Bundeskanzler Kurz regelmäßig wiederholt hat. Dieses Versprechen des Bundeskanzlers muss für alle Menschen in unserem Land gelten. Wenn es um die Rettung von Arbeitsplätzen und die Verhinderung von Armut geht, muss eine starke Arbeitsmarktpolitik, die sofort und allumfassend greift, das Gebot der Stunde sein.

Um in diesem Thema Klarheit und Transparenz zu erhalten, stellen die unterfertigten Bundesrätlnnen folgende

Dringliche Anfrage

1)    Wie hoch ist die tagesaktuelle Anzahl der Arbeitslosen - aufgelistet nach Männern und Frauen?

2)    Welche Branchen sind von Arbeitslosigkeit besonders betroffen und wie verteilt sich die Arbeitslosigkeit in Summe auf alle Branchen?

3)    Nennen Sie die Zahlen der arbeitslos gemeldeten Menschen, aufgelistet nach Bundesländern und den prozentuellen Anstieg seit 1.3.2020 bzw. 1.4.2020

4)    Wie hoch ist die tagesaktuelle Anzahl der Arbeitnehmerlnnen in Kurzarbeit?

5)    Wann werden genauere Daten bezüglich des Geschlechts, des Alters etc. von Beschäftigten in Kurzarbeit bekanntgegeben werden können?

6)   Wie hoch ist die tagesaktuelle Anzahl älterer Personen (ab 45 Jahren) in Arbeitslosigkeit?

7)   Wie hoch ist die tagesaktuelle Anzahl jüngere Menschen (bis 25 Jahren) in Arbeitslosigkeit?

8)   Ist ein Zusammenhang zwischen Ausbildungsgrad und Arbeitslosigkeit insbesondere seit 1.3.2020 feststellbar?

9)   Wie hoch ist die tagesaktuelle Anzahl der Lehrlinge deren Ausbildungsverhältnis seit 1.3.2020 beendet wurde?

10) Wie hoch ist die tagesaktuelle Anzahl der Menschen mit Behinderung, die seit 1.3.2020 arbeitslos geworden sind?

11) In wie vielen Fällen kam es seit 1.3.2020 zu einer Kündigung mit Wiedereinstellungszusage?

12) Wie hoch ist der derzeitige MitarbeiterInnenstand des AMS?

a.    auf Planstellen

b.    mit Werkvertrag

c.    freie DienstnehmerInnen

13) Wann ist, nach Beschluss des Nationalrates vom 3.4.2020 und des Bundesrates vom 4.4.2020 mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP und Grünen, mit einer Aufnahme von 500 weiteren MitarbeiterInnen auf Planstellen für das AMS zu rechnen?

14) Wie lange dauert durchschnittlich die Einschulungszeit für MitarbeiterInnen des AMS?

15) Wie viele Überstunden wurden von AMS-Mitarbeiterlnnen zwischen 16. März und 30. April geleistet?

16) Wie wird die außerordentliche Leistung der AMS-Mitarbeiterlnnen belohnt? Ist eine Belohnung, wie der Corona-Tausender denkbar?

17) Aus welchem Grund wurde das PAMAS-System (Algorithmus) nur ausgesetzt und nicht auf Grund der derzeitigen Krisenlage beendet?

18) Welche Qualifikationsmaßnahmen sind für die Menschen in Arbeitslosigkeit in den nächsten Monaten geplant? Bitte um eine detaillierte Aufstellung inklusive des Datums, an dem mit der Umsetzung begonnen wird und wie viele Menschen davon profitieren?

19) Wann werden die ausgesetzten Schulungsmaßnahmen im Bereich des AMS wiederaufgenommen?

20) Ab wann wird es zusätzliche Schulungsmaßnahmen für die betroffenen Arbeitslosen geben?

21) Welche zusätzlichen arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen sind im Zuge des Konjunkturpakets geplant?

22) Sind derzeit überhaupt schon Arbeitsmarktprogramme in Planung und welche ExpertInnen sind bei der Erarbeitung einbezogen?

23) Wie wird sichergestellt, dass 50% der AMS Mittel für Maßnahmen für Frauen zur Verfügung stehen?

24) Welche Arbeitsmarktförderungsmaßnahmen sind besonders für ältere Arbeitnehmerlnnen geplant und wann werden sie beginnen? Ist mit einer Wiederaufnahme der erfolgreichen Aktion 20.000 zu rechnen?

25) Welche Arbeitsmarktprogramme sind für Menschen mit Behinderung in Planung und wann sollen sie beginnen?

26) Wie kann die Ausbildung von FacharbeiterInnen weiterhin ermöglicht werden und ist geplant diese auszubauen?

27) Um wie viele Lehrplätze wird die überbetriebliche Lehrausbildung ab 1. September 2020 aufgestockt?

28) Welche Vorkehrungen treffen sie, um einer wahrscheinlichen neuerlichen Welle von Arbeitslosigkeit im Herbst entgegenzuwirken?

29) Mit welcher Begründung wird eine Möglichkeit zum vorzeitigen Mutterschutz für Schwangere in der Corona-Krise abgelehnt?

Unter einem wird in formeller Hinsicht verlangt, diese Anfrage im Sinne des § 61 Abs. 3 GO-BR vor Eingang in die Tagesordnung dringlich zu behandeln.