3773/J-BR/2020

Eingelangt am 02.06.2020
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

des Bundesrates Markus Leinfellner

und weiterer Bundesräte

an die Bundesministerin für Justiz

betreffend staatsanwaltschaftliche Ermittlungen aufgrund potentieller Misshandlungen in einem steirischen Pflegeheim

Eine hochwertige und respektvolle Betreuung pflegebedürftiger Menschen gehört zu den Grundprinzipien unseres Sozialstaates. Umso verstörender mutete ein Bericht der „Steirerkrone“ vom 21. April 2020 an, wonach es in einem steirischen Pflegeheim im Zuge der Corona-Krise zur vorsätzlichen Gefährdung von Menschenleben gekommen sein soll. Darüber hinaus habe es laut der Zeitung bereits in der Vergangenheit schwere Misshandlungen der Bewohner im betroffenen Pflegeheim gegeben. Eine Pflegerin habe sogar die Pflegedienstleitung mehrmals auf bestehende Missstände hingewiesen. So sei ein Bewohner wegen der schlechten Betreuung mit Maden befallen gewesen, Mitarbeiter hätten beim Duschen Gewalt angewendet und die Leute mit kleinen Löffeln „geschoppt“, wenn sie nicht essen wollten.

Am 4. Mai 2020 wusste die „Kronen Zeitung“ sodann zu berichten, dass mittlerweile auch die Staatsanwaltschaft aufgrund der gegenständlichen Vorwürfe gegen das Pflegeheim ermittelt, wie Hansjörg Bacher, der Sprecher der Staatsanwaltschaft Graz, der Zeitung bestätigte. (Quelle: https://www.krone.at/2148303)

Auf politischer Ebene wurde die Causa schließlich von den steirischen Freiheitlichen aufs Tapet gebracht, die im Rahmen der am 5. Mai stattgefundenen Landtagssitzung die zuständige ÖVP-Gesundheitslandesrätin Juliane Bogner-Strauß mit den massiven Anschuldigungen rund um besagtes Pflegeheim konfrontierten. Konkret wollte die FPÖ wissen, inwiefern seitens der Landesregierung und den zuständigen Bezirksverwaltungsbehörden bisher Kontrollen und weitere Maßnahmen zu den kolportierten Vorgängen durchgeführt wurden. Landesrätin Bogner-Strauß führte aus, dass nach Bekanntwerden von Hygieneproblemen im Zusammenhang mit COVID-19 zwei Kontrollen der Bezirkshauptmannschaft unter Einbeziehung einer Hygienesachverständigen erfolgten. Auf die massiven Missbrauchsvorwürfe ging die Gesundheitslandesrätin bedauerlicherweise kaum ein. Vielmehr betonte sie, dass derzeit kein Anlass für einen Entzug der Pflegeheimbewilligung vorliegen würde. Zudem gehe sie davon aus, dass die Staatsanwaltschaft sämtliche Vorwürfe im Zuge ihrer Untersuchungen aufklären werde.

Ob die Landesrätin mit ihrer Aussage Recht behalten wird, muss sich erst zeigen. Faktum ist hingegen, dass seit Bekanntwerden der potentiellen Misshandlungen bereits mehr als ein Monat vergangen ist, weswegen hinsichtlich der Erhebungen seitens der Staatsanwaltschaft bereits erste (Zwischen-)Ergebnisse vorliegen sollten. Im Zuge der gegenständlichen Anfrage soll folglich der aktuelle Ermittlungsstand erfragt werden.

Daher stellen die unterfertigten Bundesräte stellen an Bundesministerin für Justiz folgende'

Anfrage

1.    Betreffend welcher strafrechtsrelevanten Handlungen und des Verdachts der Begehung welcher Straftatbestände wird derzeit im gegenständlichen Fall seitens der Staatsanwaltschaft ermittelt?

2.    Wie viele Beschuldigte werden derzeit im Ermittlungsakt geführt?

3.    Wie viele Einvernahmen von Zeugen, Beschuldigten und sonstigen Personen sind bisher erfolgt?

4.    Wie gestaltete sich bisher die Zusammenarbeit mit den steirischen Bezirksverwaltungsbehörden bzw. mit dem Amt der Steiermärkischen Landesregierung, gab es beispielsweise Auskunftsansuchen seitens der Staatsanwaltschaft, wie wurde diesen nachgekommen etc.?

5.    Gab es seitens des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung bzw. seitens der steirischen Bezirksverwaltungsbehörden Anfragen an die Staatsanwaltschaft im Rahmen der Amtshilfe?

6.    Falls ja, wie gestalteten sich diese Anfragen?

7.    Wurden das Amt der Steiermärkischen Landesregierung bzw. die steirischen Bezirksverwaltungsbehörden über den aktuellen Ermittlungsstand bereits informiert, sodass ein eventueller Entzug der Pflegeheimbewilligung von den steirischen Behörden geprüft werden kann?

8.    Falls nein, wann ist geplant, das Amt der Steiermärkischen Landesregierung bzw. die steirischen Bezirksverwaltungsbehörden über den aktuellen Ermittlungsstand zu informieren, zumal dieser zweifelsohne von Interesse für die steirischen Behörden ist?

9.    Werden aktuell ähnliche Ermittlungen gegen andere steirische Pflegeheime bzw. deren Betreiber und Mitarbeiter seitens der Staatsanwaltschaft durchgeführt?

10. Falls ja, wegen welcher Straftatbeständen wird derzeit in den jeweiligen Fällen seitens der Staatsanwaltschaft ermittelt?

11. Falls ja, wie viele Beschuldigte werden in den jeweiligen Ermittlungsakten derzeit geführt?