3797/J-BR/2020

Eingelangt am 18.08.2020
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

des Bundesrates Markus Leinfellner

und weiterer Bundesräte

an die Bundesministerin für Landesverteidigung

betreffend Umsetzung der Pionier- und Sicherungskompanien

Im Juni 2018 wurde von der Bundesregierung der Ministerratsvortrag zur „Heeresgliederung neu“ beschlossen. Dieser sah eine Reduzierung der obersten militärischen Kommanden (zwei statt vier) und eine Stärkung der Truppe auf der operativen Ebene vor. Insbesondere die Bundesländer profitierten davon. Ein immanenter Bestandteil dieser Reform war die Aufstellung von neun Pionier- und Sicherungskompanien, die direkt den Militärkommanden unterstellt werden sollten, um besser für regionale Assistenzeinsätze bei Umwelt- und Naturkatastrophen (Lawinen, Hochwasser, Murenabgänge, Windbruch etc.) gewappnet zu sein. Eine Verwendung dieser Soldaten im Anlassfall und eine Abstimmung mit den zuständigen Behörden in den betroffenen Regionen wäre rasch möglich gewesen. Die Aufstellung der Pionier- und Sicherungskompanien hätte nach einem zeitlich gestaffelten Phasenplan realisiert werden sollen. Die Steiermark wäre gemeinsam mit dem Burgenland und Oberösterreich in der ersten Phase vorgesehen gewesen - diese stand unmittelbar vor der Fertigstellung. Seitens des Militärkommandos Steiermark wurden bereits sämtliche Ausarbeitungen erfolgreich zu einem Abschluss gebracht.

Unter Verteidigungsministerin Klaudia Tanner wurde das Projekt jedoch aus Kostengründen gestrichen. Angesichts der deklarierten Schwerpunktsetzung der Ministerin auf Katastropheneinsätze erscheint diese Maßnahme sehr verwunderlich. Für den Katastrophenschutz in den Bundesländern ist die ersatzlose Streichung der Pionier- und Sicherungskompanie ein herber Rückschlag. Statistisch gesehen nehmen Naturkatastrophen und extreme Wetterereignisse wie Hochwasser, Hagel, Lawinen, massiver Schneefall sowie Stürme weiter zu. Vor diesem Hintergrund ist die Streichung der Pionier- und Sicherungskompanien der falsche Ansatz. Das von Tanner bemühte Kostenargument geht ins Leere, denn die Aufstellung der Einheiten kann relativ kostengünstig realisiert werden. So sind beispielsweise in der Steiermark bereits zwei Pionierzüge beim Militärkommando in Graz angesiedelt. Die bestehenden Truppenteile müssten lediglich um einen Zug (rund 30 Personen) und ein eigenes Kompaniekommando (rund 10 Personen) erweitert werden, was mit der Zuteilung von anderen Verbänden problemlos möglich gewesen wäre. Eine kostenintensive Aufnahme von neuem Personal ist nicht erforderlich. Zudem sind die benötigten Räumlichkeiten in der Gablenzkaserne vorhanden.

Wie wichtig die Schaffung solch hochspezialisierter Einheiten zur Unterstützung bei Elementarereignissen bundesweit ist, zeigt eine Presseaussendung des ÖVP- Wehrsprechers Michael Hammer im Rahmen der Beschlussfassung über die Pionier- und Sicherungskompanien: „Gerade bei Elementarereignissen und Katastrophen ist es wichtig, dass das Bundesheer schnellstmöglich im Bundesland in den Einsatz gehen kann. Durch die Aufstellung der neuen Pionierkompanien wird eine dafür besonders prädestinierte Einheit geschaffen." (Quelle: https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20180620_OTS0164/hammer- strukturreform-des-bundesheeres-bringt-effizienzsteigerung-und-staerkung-der- truppe)

Ebenso sprach sich der Landtag Steiermark im September 2019 für die Einführung der geplanten Pionier- und Sicherungskompanien und damit klar gegen die Einsparungspläne Tanners aus (XVII. GP, EZ/OZ: 3448/1 /

https://pallast2.stmk.gv.at/pallast-17-p/pub/document?ref=4c4aa359-a3c8-44e5- 85c6-aa9374ad44af&dswid=-2917).

Um den tatsächlichen derzeitigen Planungsstand sowie die zukünftige Umsetzung der Pionier- und Sicherungskompanien klären zu können, ergeht nachstehende Anfrage.

Die unterfertigten Bundesräte stellen daher an die Bundesministerin für Landes­verteidigung folgende

Anfrage

1.    Werden laut derzeitigem Planungsstand die Pionier- und Sicherungskompanien in den Bundesländern wie im Beschluss der Bundesregierung vom Juni 2018 umgesetzt?

2.    Wenn ja, bis wann ist mit einer Umsetzung der Planungen zu rechnen?

3.    Wenn nein, wie wird die Streichung der geplanten Einheiten begründet?

4.    Wie viele Pioniereinheiten sind derzeit österreichweit verfügbar und wie gliedern sich diese (Anzahl der Einheiten und Truppenstärke)?

5.    Gibt es derzeit Überlegungen, ein anderes Konzept zur raschen Hilfeleistung für regionale Assistenzeinsätze bei Umwelt- und Naturkatastrophen zu erarbeiten?

6.    Wenn ja, wie gestalten sich diese konkret?

7.    Wenn nein, warum nicht?

8.    Wie erklären Sie sich die Divergenz zwischen den kolportierten Einsparungen der Pionier- und Sicherungskompanien einerseits und den Aussagen des ÖVP- Wehrsprechers über deren Wichtigkeit aus dem Juni 2018 andererseits?

9.    Wird aufgrund des Beschlusses des Landtages Steiermark für die Einführung der Pionier- und Sicherungskompanien (XVII. GP, EZ/OZ: 3448/1) zumindest eine Verstärkung der in der Steiermark verfügbaren Kräfte angedacht?

10. Wenn ja, wie gestaltet sich diese konkret?

11. Wenn nein, warum nicht?