3802/J-BR/2020

Eingelangt am 06.10.2020
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

des Bundesrates Markus Leinfellner

und weiterer Bundesräte

an den Bundesminister für Inneres

betreffend Straftaten und Polizeieinsätze im Zusammenhang mit Wohnwagensiedlungen

 

In den vergangenen Jahren wurde österreichweit immer wieder von teils illegalen Großversammlungen von Roma und Sinti berichtet. An diesen, nicht immer reibungslos verlaufenden Veranstaltungen nehmen mitunter hunderte Besucher und bis zu 150 Wohnwägen teil. Bereits 2018 sorgte eine dieser illegalen Zusammenkünfte im steirischen Leibnitz für Aufregung. Damals bestätigte der zuständige Bezirkshauptmann Manfred Walch gegenüber der „Kleinen Zeitung, dass es rechtlich de facto keine Handhabe gegen die Wildcamper gäbe: „Man könnte natürlich Strafen wegen illegalen Campierens im Naturschutzgebiet verhängen. Doch was würde das ändern? Nach dem Sicherheitspolizeigesetz könnte man die Menschen wegweisen, nicht aber die Fahrzeuge. Das ist eine relativ aussichtslose Sache.“ Bürgermeister Helmut Leitenberger führt außerdem aus: „Es ist richtig, dass die letzte Gruppe, die hier war, das Gelände stark verschmutzt zurückgelassen hat.“ (https://www.kleinezeitung.at/steiermark/suedsuedwest/5476270/Leibnitz_Illegales-RomaCamp-aergert-Leibnitzer)

 

Dass Probleme dieser Art in den vergangenen Jahren stetig zugenommen haben, beweist ein weiterer Fall aus Oberösterreich. Dort hat 2019 laut einem Bericht der Kronen Zeitung eine Gruppe von Roma und Sinti das Messegelände Wels in Beschlag genommen. „Nach einigen Jahren mit höchstens 15 bis 20 Gespannen trudeln nun seit Ende letzter Woche reihenweise Fahrzeuge aus Deutschland und Frankreich ein. Über 70 Wohnwagen sind bereits abgestellt. Ob sie vor dem großen Truckertreffen am Wochenende wieder abreisen, ist fraglich.“ (https://www.krone.at/1944145) Die ungebetenen Gäste wollten am Areal einen Gottesdienst abhalten und setzten die zuständigen Behörden unter Druck. Auch hier wurde die mangelnde Rechtsgrundlage zur Wegweisung der Gruppe deutlich. Vizebürgermeister Gerhard Kroiß: „Recht viel können wir nicht tun. Die Gruppe kommt unangekündigt. Sie hat klar gemacht, dass sie den Gottesdienst im Freien abhalten wird, falls sie die Halle nicht bekommt!“

 

Im Jahr 2020 schließlich war Niederösterreich betroffen. Im März, während der Hochphase des Lockdown zog es eine Gruppe von Roma und Sinti an den Ratzendorfer See bei St. Pölten. Aus Sicherheitsgründen wurden die Wohnwägen auf ein isoliertes Gebiet nahe dem Veranstaltungszentrum umgeleitet. Im Juli kehrten sie genau dorthin zurück um abermals länger zu verweilen. Ungefähr zeitgleich belagerte die unglaubliche Masse von 150 Wohnwägen ein Feld am Stadtrand von Tulln. Laut einem Bericht der „Kronen Zeitung“ gab es täglich Beschwerden über „Corona-Partys“ im dort aufgestellten Festzelt, ebenso wurde ein von der ortsansässigen Feuerwehr zur Verfügung gestellter Wassertank mit Fäkalien beschmiert und stark verunreinigt. (https://www.krone.at/2200430)

 

Die Steiermark blieb im heurigen Jahr ebenfalls nicht verschont. Im Juli schlug eine Gruppe ihr Quartier auf der Wiese im Stadtpark auf. Bei dieser handelt es sich jedoch um ein Retentionsbecken im Falle eines Hochwassers. Auch hier bedauerte der zuständige Bürgermeister Christoph Stark, dass es keine Handhabe gegen die illegalen Camper gäbe. Im Wortlaut ließ er die „Kleine Zeitung“ wissen: „Ich habe dem Innenminister jetzt auch einen Brief geschrieben, dass wir eine Handhabe brauchen, derzeit ist das nicht der Fall“

(https://www.kleinezeitung.at/steiermark/weiz/5845622/Gleisdorf_Roma-bevoelkern-eigentlich-gesperrte-Wiese-im-Stadtpark)

 

Fraglich bleibt, wie oft es in den letzten Jahren im Rahmen solcher, unerlaubter Lager zu Polizeieinsätzen, Festnahmen oder Anzeigen gekommen ist. Ebenso, warum bis heute keine gesetzliche Grundlage geschaffen wurde, um den Grundstücksbesitzern bzw. den örtlichen Behörden eine Räumung der illegal besetzten Grundstücke zu ermöglichen. Um diese Sachverhalte zu klären ergeht folgende Anfrage.

 

Vor diesem Hintergrund stellen die unterfertigten Bundesräte an den Bundesminister für Inneres folgende

Anfrage

 

1.    Wie viele Zelt- und Wohnwagenlager der Roma und Sinti bzw. anderer Minderheiten sind Ihrem Ministerium in den Jahren 2015 bis 2020 bekannt? (aufgeschlüsselt nach Jahr, Bundesland und Anzahl)

2.    Wie viele Personen bzw. wie viele Wohnwägen waren bei diesen Lagern jeweils anwesend?

3.    In wie vielen dieser Fälle handelte es sich um eine illegale Nutzung bzw. Besetzung von Flächen zur Durchführung des Lagers? (aufgeschlüsselt nach Jahr, Bundesland und Anzahl)

4.    Wie oft kam es in diesen Fällen zu Räumungen dieser Wohnwagensiedlungen und nach welcher Rechtsgrundlage kamen diese zustande? (aufgeschlüsselt nach Jahr, Bundesland, Anzahl und Rechtsgrundlage)

5.    Wie oft kam es zu Polizeieinsätzen in diesen Wohnwagensiedlungen in den Jahren 2015 bis 2020? (aufgeschlüsselt nach Jahr, Bundesland und Anzahl)

6.    Kam es im Rahmen dieser Einsätze zu tätlichen Übergriffen auf die amtshandelnden Beamten?

7.    Wenn ja, wie häufig war dies der Fall? (aufgeschlüsselt nach Jahr, Bundesland und Anzahl)

8.    Wurden im Rahmen dieser Übergriffe Polizeibeamte verletzt?

9.    Wenn ja, wie viele und um welche Schwere der Verletzungen handelte es sich? (aufgeschlüsselt nach Jahr, Bundesland, Anzahl und Art der Verletzung)

10. Kam es im Umfeld der abgehaltenen Zusammenkünfte zu einem Anstieg krimineller Aktivitäten während des Durchführungszeitraumes?

11. Wenn ja, wie gestaltet sich dieser Anstieg konkret und um welche Straftatbestände handelt es sich?

12. Kam es im Rahmen der Durchführung dieser Zusammenkünfte zu Anzeigen gegen Bewohner?

13. Wenn ja, wie viele Personen wurden genau angezeigt und nach welchen Straftatbeständen bzw. Verwaltungsstraftatbeständen? (aufgeschlüsselt nach Jahr, Bundesland, Anzahl und Art des Deliktes sowie Staatsbürgerschaft)

14. Kam es im Rahmen der Zusammenkunft in Leibnitz 2018 zu Anzeigen gegen Bewohner?

15. Wenn ja, wie viele Personen wurden genau angezeigt und nach welchen Straftatbeständen bzw. Verwaltungsstraftatbeständen? (aufgeschlüsselt nach Jahr, Bundesland, Anzahl und Art des Deliktes sowie Staatsbürgerschaft)

16. Kam es im Rahmen der Zusammenkunft in Gleisdorf im Juli 2020 zu Anzeigen gegen Bewohner?

17. Wenn ja, wie viele Personen wurden genau angezeigt und nach welchen Straftatbeständen bzw. Verwaltungsstraftatbeständen? (aufgeschlüsselt nach Jahr, Bundesland, Anzahl und Art des Deliktes sowie Staatsbürgerschaft)

18. Kam es im Rahmen der Zusammenkunft in St. Pölten im März 2020 zu Anzeigen gegen Bewohner?

19. Wenn ja, wie viele Personen wurden genau angezeigt und nach welchen Straftatbeständen bzw. Verwaltungsstraftatbeständen? (aufgeschlüsselt nach Jahr, Bundesland, Anzahl und Art des Deliktes sowie Staatsbürgerschaft)

20. Kam es im Rahmen der Zusammenkunft in Tulln im Juli 2020 zu Anzeigen gegen Bewohner?

21. Wenn ja, wie viele Personen wurden genau angezeigt und nach welchen Straftatbeständen bzw. Verwaltungsstraftatbeständen? (aufgeschlüsselt nach Jahr, Bundesland, Anzahl und Art des Deliktes sowie Staatsbürgerschaft)

22. Kam es im Rahmen der Zusammenkunft in Wels 2019 zu Anzeigen gegen Bewohner?

23. Wenn ja, wie viele Personen wurden genau angezeigt und nach welchen Straftatbeständen bzw. Verwaltungsstraftatbeständen? (aufgeschlüsselt nach Jahr, Bundesland, Anzahl und Art des Deliktes sowie Staatsbürgerschaft)

24. Gibt es seitens Ihres Ministeriums Überlegungen, gemeinsam mit dem Justizministerium dafür Sorge zu tragen, dass die notwendigen rechtlichen Grundlagen für die zuständigen Behörden sowie Grundstücksbesitzer geschaffen werden, um widerrechtlich errichtete Lager räumen zu können?

25. Wenn ja, wie gestalten sich diese Überlegungen konkret?

26. Wenn nein, warum nicht?