4002/J-BR/2022

Eingelangt am 07.04.2022
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Anfrage

 

der Bundesrät*innen Mag. Sascha Obrecht,

Genossinnen und Genossen

an den Bundesminister für Arbeit

 

betreffend Whistleblower-Richtlinie nicht rechtzeitig umgesetzt, Österreich ist säumig – Kocher gegen Schutz für Whistleblower*innen

 

Bereits am 23.10.2019 wurde die Richtlinie zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden[1] („Whistleblower-Richtlinie“), beschlossen. Sie hätte von den Mitgliedsstaaten bis 17.12.2021 umgesetzt werden müssen.

Der Minister für Arbeit blieb während der zweijährigen Umsetzungsfrist jedoch untätig – Österreich ist nach wie vor säumig und verstößt dadurch gegen Art 26 Abs 1 der Richtlinie.

 

Ziel der Richtlinie ist ein hohes Schutzniveau für Whistleblower*innen zu gewährleisten. Als Whistleblower*innen kommen unter anderem ArbeitnehmerInnen und Selbständige in Betracht. Zentrale Inhalte der Richtlinie sind die Etablierung wirksamer Whistleblower-Systeme im privaten und öffentlichen Sektor und der Schutz vor Vergeltungsmaßnahmen gegen Whistleblower*innen. Für ArbeitnehmerInnen hätte sich dafür bereits seit Langem ein Motivkündigungsschutz angeboten; selbst die entsprechende Verpflichtung in der Richtlinie konnte den Arbeitsminister jedoch bislang nicht dazu bewegen.

 

Diese Säumnis reiht sich nahtlos in die Arbeitsbilanz des Ministers im Bereich des Arbeitsrechts ein. Obwohl er der Arbeitsminister mit dem kleinsten Portfolio der II. Republik ist, ignoriert er die Hälfte seines Aufgabengebiets mit beharrlicher Konsequenz. Durch seine Untätigkeit drohen der Republik jedoch in diesem Fall auch unmittelbare rechtliche Konsequenzen in Form von Strafzahlungen und eines Vertragsverletzungsverfahren durch die EU-Kommission.

 

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Bundesrätinnen und Bundesräte folgende

 

Anfrage

 

1)      Bereits vor dem Beschluss wurde jahrelang von der EU-Kommission der Schutz von Whistleblower*innen vorangetrieben. Seit wann ist im Bundesministerium für Arbeit bekannt, dass die EU-Kommission Pläne zum Schutz von Whistleblower*innen hegt?

 

2)      Wann waren MitarbeiterInnen des Bundesministeriums für Arbeit erstmals dabei konkret auf europäischer Ebene eingebunden?

 

3)      Was ist der Grund dafür, dass die Richtlinie nach einer zweijährigen Umsetzungsfrist immer noch nicht umgesetzt ist?

 

4)      Was gedenken Sie der Europäischen Kommission zu antworten, wenn Österreich zur Begründung der Säumigkeit aufgefordert wird?

 

5)      Gibt es in Bundesministerium für Arbeit bereits Vorarbeiten für die – verspätete – Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht?

a.       Falls ja: Wie sehen diese aus?

b.      Falls ja: Was ist der konkrete Zeitplan für die Umsetzung und wann planen Sie die notwendige Regierungsvorlage in den Ministerrat zu bringen?

 

6)      Im Lichte der EuGH-Leitentscheidung Van Duyn[2] ist – trotz Nichtumsetzung der Richtlinie – von der unmittelbaren Wirkung der Richtlinie gegenüber der Republik Österreich seit 18.12.2021 auszugehen.

a.       Sind Sie auch in Ihrem eigenen Verantwortungsbereich, dem Bundesministerium für Arbeit, säumig?

b.      Welche Maßnahmen zum Schutz von Whistleblower*innen haben Sie im Ministerium für Arbeit eingerichtet?

c.       Wie sehen die verpflichtenden internen Meldekanäle aus?

d.      Ist Ihnen bzw Ihrem Ministerium das Risiko etwaiger Staatshaftungsklagen aufgrund Ihrer Untätigkeit bewusst?

e.       Wie bereitet sich Ihr Ministerium auf derartige Begehren vor?

 

7)      Planen Sie trotz Säumigkeit eine Umsetzungsfrist für Unternehmen nach Beschluss des Gesetzes? Falls ja, wie lang soll diese sein?

 

8)      Haben Sie sich (oder die MitarbeiterInnen im Bundesministerium für Arbeit) in dieser Frage mit der Industriellenvereinigung ausgetauscht und falls ja: warum, wie oft und wann konkret?



[1] RL 2019/1937.

[2] EuGH 4.12.1974, C-41/74.