2/MT-BR

 

M I T T E I L U N G

 

des EU-Ausschusses des Bundesrates

vom 4. November 2010

 

gemäß Art. 23f Abs. 4 B-VG

 

RAT 9288/10

Initiative des Königreichs Belgien, der Republik Bulgarien, der Republik Estland, des Königreichs Spanien, der Republik Österreich, der Republik Slowenien und des Königreichs Schweden für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Europäische Ermittlungsanordnung in Strafsachen

(35450/EU XXIV.GP)

 

Die von mehreren Mitgliedsstaaten – darunter auch Österreich – vorgelegte Initiative für eine Richtlinie verfolgt das Ziel, die grenzübergreifende Verfolgung von Straftaten zu vereinfachen. Zu diesem Zweck soll der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung umfassend auf den Bereich der Ermittlungsmaßnahmen und der Beweiserhebung ausgeweitet werden. Der EU-Ausschuss des Bundesrates begrüßt die Ziele der Initiative insbesondere auch deshalb, da durch einen neuen einheitlichen Ansatz die bestehenden Doppelgleisigkeiten in Hinblick auf grenzübergreifende Ermittlungsmaßnahmen beseitigt und so ein höheres Maß an Rechtssicherheit erzielt werden kann.

 

Grundlage dafür, dass eine gegenseitige Anerkennung als geeignetes Instrument angesehen werden kann, ist – wie dies auch im Stockholm Programm festgehalten wird – ein Vertrauen in die Funktionsfähigkeit der europäischen Strafrechtssysteme. Zur Stärkung dieses Vertrauens hat sich der Rat im November 2009 auf eine Roadmap geeinigt, die sechs Maßnahmen zur Stärkung der strafrechtlichen Verfahrensgarantien vorsieht.

 

Es ist von grundlegender Bedeutung, dass im Rahmen der Europäischen Ermittlungsanordnung in Strafsachen entsprechende Vorkehrungen getroffen werden, um Betroffene vor unverhältnismäßigen bzw. rechtsstaatlich bedenklichen Eingriffen in ihre Privatsphäre zu schützen.

 

Zwar enthält der derzeitige Richtlinienvorschlag die Möglichkeit, eine Ermittlungsanordnung abzulehnen. Die Gründe hierfür sind jedoch zu allgemein gehalten, um den handelnden Behörden als taugliches Beurteilungskriterium für die Zulässigkeit einer Ermittlungsanordnung zu dienen. Es sollte daher darauf geachtet werden, dass die Artikel über allfällige Ablehnungsgründe bestimmt und konkret formuliert werden, um den Behörden ein für die Praxis taugliches Regulativ an die Hand zu geben.

 

Darüber hinaus legt die Initiative keine Mindestanforderungen fest, an die sich die Anordnungsbehörde bei ihrer Entscheidung über eine Ermittlungsanordnung zu halten hat. So ist etwa weder eine Legalitätsprüfung (vgl. Art 7 der Europäischen Beweisanordnung), noch eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vorgeschrieben. Aus diesen Gründen scheint es dringend geboten, die Behörde des Anordnungsstaates zu einer Gesetzmäßigkeits- und Verhältnismäßigkeitsprüfung zu verpflichten. In diesem Zusammenhang sollte allerdings im Sinne eines beschleunigten Verfahrens darauf geachtet werden, dass doppelte Prüfungen durch die Behörden im Anordnungs- und Vollstreckungsstaat vermieden werden. 

 

In Hinblick auf die einer betroffenen Person gegen eine Ermittlungsanordnung zur Verfügung stehenden Rechtsmittel erscheint es zweckmäßig, einen Widerspruch in der Sache selbst nur vor einem Gericht des Anordnungsstaates zuzulassen. In Hinblick auf die zu beachtenden Verfahrensvorschiften bleibt jedoch ausschließlich das Recht des Vollstreckungsstaates maßgeblich. Insofern sollte die Möglichkeit bestehen, die Übermittlung der auf Grund einer Ermittlungsanordnung gesicherten Beweise und damit ihrer Verwertung in einem anderen Mitgliedsstaat zu verweigern, wenn die Beweise nicht legal erlangt wurden bzw. wenn diese in einem ähnlichen österreichischen Fall nicht verwendet werden dürften (z.B. Beweiserhebungsverbote).

 

Der Ausschuss ist der Ansicht, dass die Gründe einer Bewilligung einer Ermittlungsanordnung durch die Anordnungsbehörde konkretisiert werden müssen  (z.B. Rücksichtnahme etwa auf das Redaktionsgeheimnis, Berufsgeheimnisse und das Doppelbestrafungsverbot). Jedenfalls ist sicherzustellen, dass eine Übermittlung von Beweismitteln verweigert werden kann, deren Verwertung in Österreich in einem vergleichbaren Verfahren – etwa auf Grund von Beweiserhebungsverboten - nicht zulässig wäre.