SCHRIFTLICHE INFORMATION gemäß § 6 EU-InfoG

zu Pkt. 1 der Tagesordnung des

EU-Ausschusses des Bundesrates am 21.6.2017

 

1.      Bezeichnung des Dokuments

 

COM (2017) 253 final Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige und zur Aufhebung der Richtlinie 2010/18/EU des Rates

 

 

2.      Inhalt und Ziel der Vorlage

Dieser Richtlinienvorschlag soll dazu beitragen, die Gleichstellung von Frauen und Männern am Arbeitsplatz sowie im Hinblick auf Arbeitsmarktchancen weiterzuentwickeln. Maßnahmen wie ein Vaterschaftsurlaub, ein nicht übertragbarer Elternurlaub bzw. Urlaub für pflegende Angehörige und flexible Arbeitsregelungen sollen es berufstätigen Eltern und pflegenden Angehörigen erleichtern, Beruf und Familienleben besser in Einklang zu bringen.

 

Inhalt:

·      Der Vater soll anlässlich der Geburt eines Kindes einen Anspruch auf mindestens 10 Arbeitstage Vaterschaftsurlaub haben; Bezahlung mindestens in Höhe des Krankengeldes

 

·      Die Arbeitnehmerin bzw. der Arbeitnehmer soll einen individuellen nicht übertragbaren Anspruch auf Elternurlaub von mindestens 4 Monaten haben; Dieser kann bis zum 12. Geburtstag des Kindes konsumiert werden; Bezahlung mindestens in Höhe des Krankengeldes

 

·      Die Arbeitnehmerin bzw. der Arbeitnehmer soll Anspruch auf mindestens 5 Arbeitstage Pflegeurlaub pro Jahr haben; Bezahlung mindestens in Höhe des Krankengeldes

 

·      Die Arbeitnehmerin bzw. der Arbeitnehmer soll ein Recht auf Arbeitsfreistellung im Falle höherer Gewalt aus dringenden familiären Gründen bei Erkrankung oder Unfall haben

 

·      Arbeitnehmerinnen bzw. Arbeitnehmer mit Kindern bis mindestens 12 Jahren sowie pflegende Angehörige haben Recht auf flexible Arbeitsregelungen für Betreuungs- und Pflegezwecke

 

 

3.      Hinweise auf Mitwirkungsrechte des Nationalrates und Bundesrates

Möglichkeit zur Stellungnahme des Nationalrates und des Bundesrates nach Art. 23g B-VG.

 

4.      Auswirkungen auf die Republik Österreich einschließlich eines allfälligen Bedürfnisses nach innerstaatlicher Durchführung

Der sich ergebende Anpassungsbedarf auf nationaler Ebene hängt vom Endergebnis der Verhandlungen ab und lässt sich derzeit noch nicht abschließend feststellen. Anpassungsbedarf könnte sich insbesondere bei folgenden Punkten ergeben:

 

·        Derzeit gibt es keinen Rechtsanspruch auf Vaterschaftsurlaub in der Privatwirtschaft; dieser wäre daher im Ausmaß von 10 Arbeitstagen einzuführen.

·        Derzeit besteht in Österreich ein Anspruch auf Elternurlaub bis zum Ablauf des 2. Lebensjahres des Kindes; nimmt ein Elternteil allerdings den gesamten Elternurlaub in Anspruch, dann hat der zweite Elternteil keinen Anspruch darauf.

Beim Elternurlaub wäre daher für jeden Elternteil ein nicht übertragbarer Rechtsanspruch von 4 Monaten Elternurlaub zu schaffen. Die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser 4 Monate Elternurlaub wäre bis zum 12. Lebensjahr des Kindes auszudehnen.

·        Einen Pflegeurlaub von mindestens 5 Arbeitstagen gibt es bereits in Österreich.

·        Eine Arbeitsfreistellung im Falle höherer Gewalt aus dringenden familiären Gründen bei Erkrankung oder Unfall gibt es bereits in Österreich in Form der Pflegekarenz bzw. Sterbebegleitung von nahen Angehörigen und Begleitung schwersterkrankter Kinder.

·        Was die flexiblen Arbeitsregelungen betrifft, so besteht derzeit bereits die Möglichkeit Elternurlaub in Form einer Elternteilzeit bis zum 7. Lebensjahr des Kindes zu konsumieren. Diese wäre bis zum 12. Lebensjahr des Kindes gemäß Richtlinienvorschlag auszudehnen.

Im Pflegebereich besteht bereits die Möglichkeit, Pflegeteilzeit zur Pflege bzw. Betreuung naher Angehöriger zu vereinbaren bzw. Sterbebegleitung in flexibler Form in Anspruch zu nehmen.

Außerdem sollen andere flexible Arbeitsregelungen vorgesehen werden, wie z.B. Telearbeit. Diese müssten eventuell für Arbeitnehmer bzw. Arbeitnehmerinnen mit Kindern bis zum 12. Lebensjahr bzw. im Pflegebereich vorgesehen werden.

 

5.      Position des zuständigen Bundesministers samt kurzer Begründung

Der Richtlinienvorschlag wird grundsätzlich begrüßt, da wir jede Maßnahme, die eine weitere Verbesserung für Frauen und Männer am Arbeitsplatz bzw. am Arbeitsmarkt bewirkt, unterstützen. Wichtig ist, dass nun erstmals neben der Kinderbetreuung auch einheitliche Mindeststandards für Arbeitnehmer bzw. Arbeitnehmerinnen im Pflegebereich geschaffen werden. Die vorgesehenen Maßnahmen sollen jedenfalls dazu beitragen, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowohl für Frauen als auch für Männer zu verbessern. Vor allem Frauen sollen dadurch die Chance haben, besser in den Arbeitsmarkt integriert zu werden.

 

Neben einer grundsätzlich positiven Haltung zum Richtlinienvorschlag, enthält die eine oder andere Maßnahme in einer ersten Einschätzung aber auch Aspekte, die kritisch beurteilt werden. Dies wäre vor allem die Ausdehnung des Elternurlaubs bis zum 12. Lebensjahres des Kindes bzw. ein Anspruch auf flexible Arbeitsregelungen ebenfalls bis zum 12. Lebensjahr des Kindes. Außerdem wird die finanzielle Abgeltung vor allem während des Elternurlaubs, die mindestens der Höhe des Krankengeldes entsprechen muss, kritisch gesehen. Da in Österreich der Elternurlaub in Relation zu anderen EU Mitgliedstaaten sehr lange in Anspruch genommen werden kann und in dieser Zeit Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld besteht, könnte eine Abgeltung in Höhe des Krankengeldes eventuell zu einer budgetären Mehrbelastung führen, was zu vermeiden ist.

 

6.      Angaben zur Verhältnismäßigkeit und Subsidiarität

Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wird insoweit gewahrt, als der Vorschlag keine Harmonisierung der nationalen Systeme zur Folge hat.

 

Was die Subsidiarität betrifft, so gibt es derzeit bereits in den Mitgliedstaaten gesetzlichen Regelungen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Diese waren allerdings nicht ausreichend, um die Gleichbehandlung von Frauen und Männern am Arbeitsplatz bzw. die Arbeitsmarktchancen für Frauen entsprechend zu verbessern. Daher macht es Sinn, einheitliche Mindeststandards bei der Kinderbetreuung und im Pflegebereich auf EU Ebene zu schaffen und dadurch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Frauen und Männer EU-weit zu verbessern.

 

Stand der Verhandlungen inklusive Zeitplan

Der Vorschlag wurde am 28. April 2017 veröffentlicht. Die Diskussionen in der Ratsarbeitsgruppe haben noch nicht begonnen. Das Europäische Parlament hat noch keine Stellungnahme abgegeben.