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„Schlummernde Talente: Perspektiven für Jugendliche und junge Erwachsene (NEETs)“

 

 

 

 

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Parlamentarische Enquete des Bundesrates

Dienstag, 2. Juni 2015

 

(Stenographisches Protokoll)

 


Parlamentarische Enquete des Bundesrates

Dienstag, 2. Juni 2015

(XXV. Gesetzgebungsperiode des Nationalrates)

Thema

„Schlummernde Talente: Perspektiven für Jugendliche und junge Erwachsene (NEETs)“

Dauer der Enquete

Dienstag, 2. Juni 2015: 15.01 – 18.12 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Eröffnung

Präsidentin des Bundesrates Sonja Zwazl

2. Einleitungsreferate

Rudolf Hundstorfer, Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz

Mag. Dr. Harald Mahrer, Staatssekretär im Bundesministerium für Wissenschaft, For-schung und Wirtschaft

Mag. Mario Steiner, Institut für Höhere Studien

3. Panel & Diskussion

Panel III.1: „Arbeitsmarktpolitische Herausforderungen“

Panel III.2: „Positionen zu den Chancen der Jugendlichen und jungen Erwachsenen“

*****

Inhalt

1. Eröffnung

Vorsitzende Präsidentin Sonja Zwazl .......................................................................... 3

2. Einleitungsreferate

Bundesminister Rudolf Hundstorfer ........................................................................... 4

Staatssekretär Mag. Dr. Harald Mahrer ....................................................................... 7

Mag. Mario Steiner ....................................................................................................... 10

3. Panel & Diskussion

Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska ........................................................................... 15

Panel III.1: „Arbeitsmarktpolitische Herausforderungen“

Einleitungsstatements:

Dr. Johannes Kopf, LL.M. ........................................................................................... 16

Dr. Dieter Schaufler ..................................................................................................... 19

Sebnem Ertl, B.A. ......................................................................................................... 22

MMag. Sonja Schmöckel ............................................................................................. 24

Diskussion:

Bundesrätin Monika Mühlwerth ................................................................................. 27

Bundesrätin Mag. Susanne Kurz ............................................................................... 29

Bundesrat Efgani Dönmez, PMM ............................................................................... 30

Bundesrat Ferdinand Tiefnig ...................................................................................... 31

Bundesrätin Ana Blatnik ............................................................................................. 32

Bundesrat Rene Pfister ............................................................................................... 32

Bundesrat Franz Perhab ............................................................................................. 33

Doris Wagner, M.Ed. .................................................................................................... 34

Amrita Enzinger, M.Sc. ................................................................................................ 35

Mag. Lisa Sinowatz ...................................................................................................... 35

Abg. Dipl.-Ing. Gerhard Deimek ................................................................................. 36

Abg. Katharina Kucharowits ...................................................................................... 37

Panel III.2: „Positionen zu den Chancen der Jugendlichen und jungen Er-wachsenen“

Einleitungsstatements:

Dr. Peter Zeitler ............................................................................................................ 38

Mag. Richard Meisel .................................................................................................... 41

Christian Morawek ....................................................................................................... 42

Dr. Andrea Fraundorfer ............................................................................................... 44

Diskussion:

Abg. Asdin El Habbassi, BA ....................................................................................... 46

Abg. Mag. Gerald Loacker .......................................................................................... 48

Bundesrätin Mag. Daniela Gruber-Pruner ................................................................ 48

Bundesrat Christoph Längle ...................................................................................... 49

Mag. (FH) Sabine Scheffknecht .................................................................................. 49

Schlussworte der Präsidentin

Vorsitzende Präsidentin Sonja Zwazl ........................................................................ 50


 

15.01.30Beginn der Enquete: 15.01 Uhr

Vorsitzende: Präsidentin des Bundesrates Sonja Zwazl.

15.01.441. Eröffnung

 


15.01.45

Vorsitzende Präsidentin Sonja Zwazl|: Meine sehr verehrten Damen und Herren, ein herzliches Willkommen! Ich eröffne die Enquete des Bundesrates zum Thema Schlum-mernde Talente: Perspektiven für Jugendliche und junge Erwachsene (NEETs)“ und danke Ihnen recht herzlich, dass Sie der Einladung so zahlreich gefolgt sind. (Bei-fall.)

Ich begrüße alle Anwesenden sehr herzlich. Mein besonderer Gruß gilt den Referen-tinnen und Referenten, allen voran unserem Herrn Bundesminister Rudolf Hundstor-fer – noch dazu, weil ich weiß, dass du pünktlich gekommen bist, obwohl du gesagt hast, du kommst um 15 Minuten zu spät. Ein herzliches Willkommen! (Beifall.)

Ich bedanke mich auch bei dir, Herr Staatssekretär Dr. Harald Mahrer, recht herzlich, weil ich weiß, dass du wegen uns Termine verschieben musstest. Ein herzliches Will-kommen! (Beifall.)

Ein herzliches Willkommen Herrn Mag. Mario Steiner vom Institut für Höhere Studien sowie unseren Referentinnen und Referenten, Herrn Dr. Johannes Kopf vom AMS Ös-terreich, Herrn Dr. Dieter Schaufler als Vertreter des Zentrums Mauritiushof, Frau Mag. Sebnem Ertl von der Produktionsschule Leonding, Frau MMag. Sonja Schmöckel als Vertreterin des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, Herrn Dr. Peter Zeitler von der Wirtschaftskammer Österreich, Herrn Mag. Richard Meisel, Bundesarbeiterkammer, Herrn Christian Morawek, Österreichischer Verband der Elternvereine an öffentlichen Pflichtschulen, Frau Dr. Andrea Fraundorfer, Bundes-ministerium für Bildung und Frauen.

Darüber hinaus begrüße ich sehr herzlich alle Mitglieder des Bundesrates, des Natio-nalrates und der Landtage, die Vertreterinnen und Vertreter der jeweiligen Bundesmi-nisterien sowie alle von den jeweiligen Institutionen namhaft gemachten Vertreterinnen und Vertreter, die als Expertinnen und Experten an der heutigen Enquete teilnehmen.

Ein besonderer Gruß gilt natürlich auch den Vertreterinnen und Vertretern der Medien. Gerade zu diesem Thema sind diese ganz wichtig für uns.

Ferner begrüße ich alle Zuschauerinnen und Zuschauer, die die heutige Enquete ent-weder hier beziehungsweise auf ORF III oder via Livestream verfolgen.

*****

(Es folgen technische Mitteilungen und Hinweise in Bezug auf das Procedere durch die Vorsitzende sowie der Hinweis darauf, dass über diese Enquete ein Stenographisches Protokoll verfasst wird, das nach einiger Zeit im Internet unter „www.parlament.gv.at“ abrufbar sein wird.)

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein junger Mann, den ich kennengelernt ha-be – nennen wir ihn Martin –, ist verunsichert, ist das, was man landläufig als „nicht ge-sellschaftsfähig“ bezeichnet: lethargisch, nicht in der Lage, sich um einen Job zu be-werben oder gar einen solchen auszuüben.

Martin kommt in eine Hilfseinrichtung, wird aufgebaut, beginnt, an sich zu glauben. Die kalte Dusche erfolgt im Umfeld, bei Freunden, und es schmerzt die oft fehlende Aner-kennung und der fehlende Zuspruch innerhalb der Familie, vor allem der Eltern.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Junge Menschen, die völlig aus dem Rah-men unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens fallen, sind in Österreich Realität. Diese jungen Menschen sind und müssen weiter verstärkt eine Aufgabe für uns in der Politik sein. Das sind wir diesen jungen Menschen ganz einfach schuldig, und das sind wir unserem gesellschaftlichen Zusammenleben schuldig.

Wir können und dürfen es uns ganz einfach nicht leisten, und wir dürfen nicht zusehen, wenn junge Menschen aus der Bahn geworfen werden oder ihre Bahn ganz einfach nicht finden, aus welchem Grund auch immer. Die Ursachen sind vielfältig, unsere Auf-gabe ist klar: nicht zusehen, wenn Jugendliche ihre Bahn nicht finden, denn die Folge-kosten für unser Sozialsystem sind enorm, nicht zusehen, denn jeder Jugendliche, der seinen Weg nicht findet, kann zum Risikofaktor für unsere gesamte Gesellschaft wer-den.

Nicht zusehen dürfen wir aber vor allem, weil jeder einzelne Mensch wertvoll ist. Die Würde des Menschen ist unteilbar, das gilt für uns hier in diesem Saal ebenso wie für jene jungen Menschen, deren Gegenwart kaum wahrnehmbar ist und deren Zukunft wir, wenn wir nichts tun, wohl nicht einmal mehr mit einer Lupe finden können.

Wir in der Politik sind gefordert, aber nicht nur wir, sondern vor allem Eltern, Massen-medien, Schulen, Jugendbetreuer, um nur einige zu nennen. Im Grunde geht es jeden Einzelnen an, denn niemand darf wegschauen, wenn andere ihren Weg nicht finden.

Ich bin der festen Überzeugung, dass jeder junge Mensch in diesem oder jenem Be-reich besondere Talente, Fähigkeiten und Begabungen hat. Viel zu oft werden aber diese Talente von den einzelnen jungen Menschen selbst und auch von deren Umfeld übersehen, was dann oft zur Folge hat, dass der junge Mensch selbst nicht an sich glaubt, dass er glaubt, nichts wert zu sein und dass er zu nichts zu gebrauchen ist. Und die Talente schlummern weiter vor sich hin, immer tiefer vergraben und verschüttet.

Lassen Sie uns gemeinsam an einem Weckruf arbeiten, für diese Talente und damit für diese jungen Menschen!

15.09

15.09.032. Einleitungsreferate

 


Vorsitzende Präsidentin Sonja Zwazl|: Ich darf nun Herrn Bundesminister Rudolf Hundstorfer um seine Ausführungen bitten. – Bitte, Herr Minister.

 


15.09.31

Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer|: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren und lieber Harald Mahrer; wir sind ja heute Nachmittag sozusagen im Paarlauf unterwegs und verbringen den Abend auch noch gemeinsam, bei einer gemeinsamen Veranstaltung. Ansonsten ha-ben wir, glaube ich, doch noch ein etwas differenziertes Privatleben. (Heiterkeit.) Aber Spaß beiseite – und bevor ich mich jetzt in einen Wirbel hineinrede, komme ich zum Thema.

Ich danke für die Durchführung dieser Enquete. Ich möchte mich bei Frau Präsidentin Zwazl persönlich dafür bedanken, denn ich weiß, dass für sie, auch aufgrund ihrer be-ruflichen Tätigkeit – und ich weiß das nicht nur aus meiner Ministerfunktion, sondern auch aus meiner vorhergehenden Funktion –, das Thema Jugend und Ausbildung von jungen Menschen einen immens hohen Stellenwert hat. Nicht umsonst sind einige Pro-gramme, die hier entwickelt worden sind, auch für ganz Österreich in der Umsetzung richtungsweisend beziehungsweise auch ein Teil dessen, was wir tun.

Keine Frage: Auf der einen Seite haben wir, vor allem, was die Jugendarbeitslosigkeit betrifft, in Österreich immer noch eine sehr niedrige Quote, wissend, dass diese für uns selber, für unsere qualitativen Ansprüche zu hoch ist. Aber Fakt ist: International gese-hen sind wir immer noch an zweiter Stelle und werden das auch in Zukunft bleiben. Aber wir müssen uns natürlich fragen: Warum gibt es junge Menschen, die eine Aus-bildung abbrechen? Warum gibt es junge Menschen, die den Weg zu einer weiterfüh-renden schulischen Ausbildung, einer weiterführenden Lehrausbildung nicht finden? Warum gibt es junge Menschen, die den Weg zum AMS nicht finden, um sich ganz ein-fach entsprechend zu informieren?

Wir wissen viel darüber, aber wir haben 2012/2013 gemeinsam mit Professor Bacher von der Universität Linz in einer sehr umfassenden Studie versucht, das Thema NEETs in den Fokus der Arbeitsmarkt- und Bildungspolitik zu stellen. Auch wenn wir – wie ich schon gesagt habe – im internationalen Vergleich eine sehr niedrige NEETs-Rate ha-ben, ist aber trotzdem klar: Ohne formale Qualifikation ist ein Einstieg in den heutigen Arbeitsmarkt nicht möglich. Demzufolge ist natürlich ein frühzeitiger Ausbildungsab-bruch beziehungsweise die Tatsache, eine Ausbildung gar nicht zu beginnen, ein mas-sives Problem – nicht nur für den Betroffenen, sondern, wie die Frau Präsidentin schon gesagt hat, auch für unsere gesamte Gesellschaft.

Klar ist auch, dass wir uns sehr bemühen, durch nachholenden Qualifikationserwerb diesen Menschen zu helfen, diesen Menschen auch eine Ausbildung zukommen zu lassen. Wir haben eine ganze Palette an Angeboten seitens des AMS, seitens anderer Ministerien, aber natürlich auch seitens der Bundesländer, bei denen es immer darum geht, NEETs zu vermeiden beziehungsweise dafür zu sorgen, diese Menschen wieder in den Ausbildungs- und Erwerbsprozess zu bekommen.

Ich glaube, ein sehr wesentlicher Meilenstein war auf der einen Seite die flächende-ckende Ausrollung der Produktionsschulen, die in Oberösterreich begonnen haben. Ein zartes Pflänzchen in Linz, eine Idee aus Dänemark – das kann man ja offen sagen –, die nach Linz exportiert wurde und sich dann von Linz aus etwas verbreitert hat, und heute haben wir 22 oder 23 Produktionsschulen. Das ist ein Teil.

Ein zweiter Teil sind Programme, die im Fachjargon unter dem Begriff „Ausbildungs-Fit“ laufen, bei denen es für junge Menschen darum geht, ganz einfach zu schauen: Wohin kann die Reise gehen?

Ich glaube, wir sind uns darin einig – zumindest diejenigen, die sehr intensiv mit die-sem Thema zu tun haben –, dass wir mit dem Projekt Jugendcoaching, welches wir im Jahr 2012 begonnen haben und in ganz Österreich ausgerollt ist, wo ein, zwei Bun-desländer noch zusätzlich dazu ein sogenanntes Lehrlingscoaching vorgesehen ha-ben, einen sehr wesentlichen Meilenstein gesetzt haben.

Wir betreuen über dieses Projekt pro Jahr 30 000 Jugendliche in allen Bundesländern, vom Bodensee bis zum Neusiedler See, und es ist uns damit geglückt – das ist das sehr Erfreuliche –, die Rate der frühzeitigen SchulabgängerInnen in Österreich von 7,8 Prozent im Jahr 2012 auf 7 Prozent im Jahr 2014 herunterzubringen. Das sind zwei Jahre, 0,8 Prozentpunkte, aber immerhin ist dieser Schritt gesetzt worden. Wir werden hier nicht lockerlassen. Dieses Projekt Jugendcoaching wird es natürlich weiterhin ge-ben. Vielleicht auch dazu eine kleine Information: Es sind 25 Millionen € pro Jahr für dieses Projekt, die wir aufwenden. Das ist aber, glaube ich, sehr gut investiertes Geld, sehr notwendiges Geld.

Im Regierungsprogramm 2013 bis 2018 gibt es einen weiteren bildungspolitischen Mei-lenstein. Dieser bildungspolitische Meilenstein heißt schlichtweg „AusBildung bis 18“ und ist eine Ausbildungsverpflichtung bis zum 18. Lebensjahr. Wir sind in den diversen Vorbereitungsaktivitäten der vier betroffenen Ministerien, aber auch aller anderen Play-er in diesem Segment so weit, dass wir ab dem Schuljahr 2016/17 das Projekt mit den dann 15-Jährigen werden beginnen können. Natürlich muss der Nationalrat das legis-tisch noch beschließen. Aber das wird mit hoher Wahrscheinlichkeit heuer im Herbst passieren, weil es dabei schlichtweg darum geht, allen jungen Menschen zu sagen: Komm, mach etwas weiter! Die Schulpflicht zu erfüllen ist zwar gut, aber zu wenig.

Demzufolge geht es weiter. Jene, die in weiterführende Schulen gehen, gehen weiter in ihre weiterführenden Schulen. Es ist egal, ob das eine AHS, eine HTL, ein Oberstu-fengymnasium ist oder was auch immer. Alles, was Schule ist, ist die Schule, und was Lehrstelle ist, ist Lehrstelle. Aber eines dieser Segmente musst du machen. Es geht dabei schlichtweg darum, bis zum 18. Lebensjahr eine weiterführende Ausbildung zu tätigen, beginnend, wie gesagt, im Schuljahr 2016/17 mit den dann 15-Jährigen, und dann kommt es quasi immer stufenweise dazu.

Natürlich ist so eine Ausbildungsverpflichtung auch ein Recht auf Ausbildung. Ich er-werbe dadurch auch einen Rechtsanspruch auf Ausbildung. Das heißt, wir müssen uns bemühen, diese Möglichkeiten auch entsprechend zur Verfügung zu stellen. Natürlich wird es weiterhin so sein, dass es Jugendliche gibt, die nicht sofort in eine Lehrstelle integrierbar sind. Da wird es weiterhin die Produktionsschulen geben. Es wird Jugendli-che geben, die aufgrund irgendwelcher sonstigen Umstände, vor allem aus dem Seg-ment junger Menschen mit Behinderungen, noch einen Zwischenschritt brauchen. Das ist auch klar. Es wird Jugendliche geben, die nur eine Teillehre schaffen, aber das ist besser als gar nichts. Und es wird Jugendliche geben, die für die Lehrzeit vier Jahre brauchen werden, obwohl nur drei Jahre vorgesehen sind, aber auch das ist besser als gar nichts.

All das muss natürlich noch entsprechend implementiert werden. Aus diesem Grund müssen auch die vier Ministerien entsprechend zusammenarbeiten, denn es ist klar: Wenn wir sagen, wir wollen, dass du eine Verpflichtung eingehst, oder wir verpflichten dich, dann müssen wir auch dafür sorgen, dass das möglich ist.

Die Logik dahinter ist, wie gesagt: Du musst über die Pflichtschule hinaus noch etwas tun. Das, was bei deinen Großeltern oder bei denen Eltern vielleicht noch funktioniert hat, nach der Pflichtschulzeit in eine Fabrik oder in einen Industriebetrieb einzusteigen, das war einmal. Das muss man offen aussprechen und ansprechen.

Es ist ebenso klar, das sage ich auch ganz offen: Eine Verpflichtung kann und wird auch, wenn man sie nicht einhält, Sanktionen implizieren. Es wird eine finanzielle Sanktion als letztes Instrument geben – so wie bei der Nichteinhaltung der Schulpflicht, bei der es ja auch eine Sanktion gibt, eine Verwaltungsstrafensanktion. Aber wie ge-sagt, auch bei der Schulpflicht ist das das letzte Mittel, und genauso soll das auch bei der Ausbildungsverpflichtung sein.

Langer Rede kurzer Sinn: Wir sind dabei, dieses Reformvorhaben umzusetzen. Wir sind dabei zu schauen, dass wir für die Jugendlichen, bei denen derzeit überhaupt nichts geht und die schön langsam wissen, wo sie sind und wer sie sind, da oder dort noch entsprechende Angebote zur Verfügung stellen. Es geht uns darum, dass in Zu-kunft, vor allem in der Gruppe bis zum 18. Lebensjahr, das Wort „NEETs“ ein Fremd-wort wird. Es wird natürlich weiterhin Jugendliche oder junge Menschen geben, die mit 19, 20 oder 21 Jahren eine Ausbildung abbrechen. Das wird es weiterhin geben. Aber auch da bemühen wir uns, diesen jungen Menschen entsprechend Unterstützung zu geben.

Auf der einen Seite haben wir ausreichend Schulen, das ist nicht das Thema. Was noch notwendig ist und worum wir uns gemeinsam bemühen müssen – und deshalb bin ich sehr froh, dass es diese heutige Enquete gibt –, sind hochwertige Lehrstellen und qualitativ hochwertige Ausbildungsplätze. Da sind wir gemeinsam noch gefordert. Sie wissen, wir haben bei den Lehrstellen ein gewisses West-Ost-Gefälle. Wir haben im Westen mehr Angebot als Jugendliche und im Osten weniger Angebot als Jugend-liche. Das ist der eine Punkt.

Wir müssen uns natürlich auch darüber im Klaren sein, dass wir im Bildungsbereich weitere Reformen brauchen. Worüber wir uns auch im Klaren sein müssen, ist, dass diverse Jugendprojekte auf Landesebene natürlich weiterhin zur Verfügung stehen müssen beziehungsweise dass wir da nicht etwas abbauen, sondern versuchen, da oder dort noch etwas aufzubauen.

In diesem Sinne möchte ich meine Ausführungen mit einem nochmaligen Dankeschön schließen und darf Ihnen versichern, dass wir alles daransetzen werden, dass diese Bildungsverpflichtung und Ausbildungsverpflichtung auch wirklich so umgesetzt wird, dass es für die jungen Menschen eine Erfolgsgeschichte wird, nämlich eine Erfolgsge-schichte für ihren weiteren Lebensweg. In einem Land Europas gibt es dieses Modell, das ist in den Niederlanden, und die Niederlande haben nicht umsonst eine sehr ge-ringe Arbeitslosenrate bei den 15- bis 19-Jährigen. Wir haben zwar heute auch schon eine geringe, aber sie muss noch geringer werden. In diesem Sinne danke ich schön. (Beifall.)

15.22


Vorsitzende Präsidentin Sonja Zwazl|: Herr Minister, ich bedanke mich recht herzlich für die Ausführungen. Ich denke, im Sinne der Jugend ist es wichtig, dass wir alle an einem Strang ziehen und weiterhin unsere Konzepte und Programme ausbauen. Dan-ke schön.

Ich darf nun Herrn Staatssekretär Dr. Mahrer um sein Einführungsstatement bitten.

 


15.22.12

Staatssekretär im Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft Mag. Dr. Harald Mahrer|: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Mitglieder des Bun-desrates sowie des Nationalrates! Ich habe ja auch einige Abgeordnete hier im Saal gesehen. Lieber Herr Bundesminister! Tatsächlich, wir verbringen den Abend nicht pri-vat gemeinsam, wir haben heute noch gemeinsam etwas zu verleihen, einen CSR-Preis, den größten österreichischen, den TRIGOS. Da geht es um unternehmerische Verantwortung. Und das schließt schon wieder ganz gut den Kreis zu dem Thema, mit dem wir uns heute beschäftigen: schlummernde Talente.

Ich bin Frau Präsidentin Zwazl und dem Bundesrat sehr dankbar dafür, dass dieses Thema mehr in den Fokus der Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit gerückt wird. Herr Bundesminister Hundstorfer hat ja schon einiges davon angesprochen, was bereits im Rahmen des vereinbarten Regierungsprogrammes passiert. Ich würde das jetzt gerne politisch in einen größeren Kontext setzen, warum wir vielleicht wagen sollten, fünf, sie-ben, zehn Jahre in die Zukunft zu blicken, und dann gemeinsam darüber nachdenken sollten, ob dieses Thema nicht möglicherweise viel wichtiger werden wird und daher die Anstrengungen, die wir heute gemeinsam unternehmen, möglicherweise zu wenige sind.

Wir befinden uns – darüber sind sich die Experten in der Zwischenzeit einig – am Be-ginn des größten wirtschaftspolitischen Strukturwandels seit 150 Jahren. Die Digitali-sierung als Treiber wird Auswirkungen haben, die niemand von uns – niemand, nicht einmal die kühnsten Experten, die in diesem Bereich arbeiten – auch nur annähernd voraussagen kann.

Was wir im deutschsprachigen Raum unter dem Begriff Industrie 4.0 kennen – die meisten von Ihnen werden das in der Zwischenzeit durch Medienberichte oder wenn Sie sich im Detail damit auseinandergesetzt haben, schon ein bisschen gesehen ha-ben –, bedeutet einen unfassbaren Umbruch in den Produktionswertschöpfungsketten der Industrie und der produzierenden Industrie, mit Auswirkungen auf alle Wirtschafts-bereiche. Jeder von Ihnen weiß es auch privat: Die Digitalisierung hat in den letzten 15 Jahren auch enorme Auswirkungen auf die Art und Weise gehabt, wie wir leben, wie wir kommunizieren, und wird das auch noch zunehmend haben.

Wenn man ein bisschen darüber nachdenkt, erkennt man auch, dass das Bildungssys-tem in dem Bereich bislang nicht großartig mithalten kann. Die Dynamik nimmt zu. Herr Bundesminister Hundstorfer hat die notwendigen Reformen angesprochen. Das heißt, da werden wir vermutlich ordentlich Gas geben müssen, um mithalten zu können. Das betrifft nicht nur Österreich. Es betrifft alle Länder der Europäischen Union. Egal, mit wem Sie sich auf Ratsebene unterhalten, allen ist klar: Die Anstrengungen, die wir hier unternehmen, sind vermutlich zum jetzigen Zeitpunkt zu wenig. Die technologische Dy-namik ist zurzeit eine zu große.

Wenn man sich jetzt ansieht, dass es recht unterschiedliche Gründe gibt – der Herr Bundesminister hat die berühmte Studie angesprochen, warum jemand sozusagen in diesen Bereich der NEETs hineinfällt –, dann ist das mannigfaltig. Es gibt da nicht die typische Kategorisierung, sondern das geht vom Schulabbrecher aus einem gut verdie-nenden Elternhaushalt bis zum Kind mit Migrationshintergrund, bei dem die mangeln-den Sprachkenntnisse zum Verhängnis werden. Die Bandbreite ist groß. Faktum ist nur: Wir werden zusätzlich zu diesen möglicherweise mehr NEETs bekommen, wenn die Anforderungen durch den technologischen Wandel noch größer werden.

Was heute vielleicht ein wunderbares Alleinstellungsmerkmal in der dualen Ausbildung ist, könnte in fünf, sieben, zehn Jahren nicht mehr ein so wundersames Allheilmittel sein, wenn plötzlich zur spezialisierten Ausbildung ein ganz anderes, viel mehr mit Me-dienkompetenz verbundenes Generalistenwissen vonnöten ist.

Ich versuche, das Thema NEETs, über das wir heute sprechen – schlummernde Talen-te –, in einen größeren Kontext zu setzen, weil wir gemeinsam tatsächlich vor großen Herausforderungen stehen. Da verbinde ich sozusagen diese Herausforderung mit der Notwendigkeit dessen, was wir im Bildungssystem zu tun haben. Es gibt, glaube ich, drei Grundsätze, an denen wir uns gemeinschaftlich mit einem nationalen Schulter-schluss orientieren sollten. Das ist, den Versuch zu unternehmen, tatsächlich – aus so-zialpolitischen Überlegungen, denn Bildungspolitik ist die beste Sozialpolitik – mög-lichst kein Kind zurückzulassen, möglichst frühzeitig zu fördern. Das ist wesentlich bes-ser, als spät zu intervenieren und spät zu reparieren.

Da gefällt mir die Überschrift „Schlummernde Talente“, weil es tatsächlich so ist, dass jeder Mensch, jedes Kind, jedes kleine Mädchen, jeder kleine Bub irgendwelche Talen-te hat. Was wir zurzeit viel zu wenig machen, ist, auf diese Talente im positiven Sinn zu reflektieren, schon im frühkindlichen Bereich, und positive Erfolgserlebnisse zu vermit-teln, denn über diese positiven Erfolgserlebnisse lernt jedes Kind, weiterzumachen, ein bisschen Risiko zu nehmen, auszuprobieren, denn Kinder – das wissen wir aus der Bil-dungsforschung, und das weiß jeder von sich selbst, wenn er Kinder hat – probieren ganz natürlich Dinge aus, weil sie so lernen. Das liegt in der Natur des Menschen. Irgendwie haben wir es über die Jahrzehnte geschafft, ein Bildungssystem zu kreieren, dass das irgendwie abtrainiert, anstatt es weiter zu fördern.

Das heißt, wesentlich mehr auf die individuellen Talente unserer Kinder zu setzen, möglichst frühzeitig, und dort auch zu fördern. Möglicherweise bedeutet das auch, mehr Geld in die Hand zu nehmen und das im frühkindlichen Bereich zu machen. Das verhindert, dass wir Kinder verlieren. Zurzeit verlieren wir sehr viele Kinder, weil wir sie nicht frühzeitig fördern, weil sie sehr unterschiedlich sind. Das liegt auch in der Natur des Menschen. Das gehört, glaube ich, in dem Zusammenhang gesagt.

Wenn man das auf der einen Seite sieht und weiß und auf der anderen Seite den zu-nehmenden Trend in Richtung Digitalisierung sieht, könnte man vermutlich zur Er-kenntnis kommen, dass uns gar nichts anderes übrig bleiben wird, als in diese Rich-tung zu arbeiten. Daher auch im Sinne unserer gesamten Bildungsreform Überlegun-gen auf Regierungsebene – aber da sind wir uns mit den vielen anderen politischen Gruppierungen, Expertengruppierungen eigentlich einig, dass wir in Österreich eine Schwerpunktsetzung im frühkindlichen Bereich brauchen würden.

Ich glaube, unabhängig davon, was wir heute an arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen im Bereich der Weiterqualifizierung, der Nachqualifizierung, der Unterstützung im Schulabbrecher-Bereich setzen, braucht es auch einen Schwerpunkt, um dort hinzu-schauen: Was heißt das denn in 5, 10, 15 Jahren? Und da spielt natürlich aufgrund der langfristigen Wirkung der frühkindliche Bereich eine ganz andere Rolle. Das gehört dann konsequent weitergedacht: Was machen wir im Bereich individualisierter Talent-förderung in der Volksschule, beim Übergang in die Sekundarstufe und dann im Be-reich der beruflichen Aus- und Weiterbildung oder der höheren Qualifizierung?

Aber wir würden uns in den Sack lügen, wenn wir sagen, wir machen das nur an der Schnittstelle Bildungssystem/Arbeitsmarkt, wir machen es nur in der Sekundarstufe, weil wir wieder denselben Fehler machen würden wie in den letzten 20, 30 Jahren, dort nicht hinzuschauen, wo über die Chancengerechtigkeit der jungen Menschen eigentlich entschieden wird, und das ist im frühkindlichen Bereich, meine Damen und Herren.

Was ich heute hier machen will, ist, in diesem Zusammenhang für einen nationalen Schulterschluss zu werben, zu schauen, dass wir hier eine Entideologisierung betrei-ben, und zu sagen: Überlegen wir uns gemeinschaftlich einmal, wo wir wirklich gemein-sam Schritte setzen können, um Akzente voranzubringen, die uns vielleicht nicht im nächsten Jahr, aber auf alle Fälle in 10, 15 Jahren in eine Position bewegen, in der wir einerseits deutlich weniger NEETs haben – denn je früher wir investieren, umso weni-ger fallen uns später aus dem System – und andererseits etwas vorwegnehmen, mit dem wir uns so oder so auseinandersetzen müssen, einer Veränderung im Bildungs-system aufgrund der Digitalisierung.

Wir könnten jetzt stundenlang über die Türschilddebatte der Gesamtschule, des Gym-nasiums reden. Das sind alles berechtigte Debatten, die auch zu führen sind. Aber wenn wir im frühkindlichen Bereich nichts machen, sind alle anderen Sachen später Makulatur. (Beifall des Bundesrates Dönmez.)

Ich würde mir wünschen, dass wir in diesem Bereich einen nationalen Schulterschluss zusammenbringen. Darauf wollte ich hinweisen, weil der Herr Bundesminister die viel-fältigen Maßnahmen sozusagen auf der operativen Ebene die Probleme, die wir heute haben, betreffend eh schon angesprochen hat. Ein Hauptaugenmerk auf diesen Be-reich zu legen ist eine gute, eine richtige Investition.

Das heißt aber auch – da bleibe ich bei der Digitalisierung –, dass wir möglicherweise dieses Talentförderungssystem ganz anders denken müssen, als das heute der Fall ist. Ich weiß, es gibt da durchaus differenzierte Ansichten: Soll man im Bereich der Kin-dergartenpädagoginnen und Kindergartenpädagogen bei dem System bleiben, wie wir es heute haben, oder ist es durchaus berechtigt, darüber nachzudenken, einem be-stimmten Bereich der Pädagoginnen und Pädagogen auch eine tertiäre Ausbildung zukommen zu lassen? Manche sagen, nein, das brauchen wir nicht, das ist nicht not-wendig, andere sagen, es wäre vielleicht ganz gut, darüber nachzudenken. Ich werbe zumindest einmal für einen sachorientierten Diskurs über die Sache.

Es täte uns als entwickelter Demokratie und liberaler Rechtsstaat westlicher Prägung gut anstehen, einmal darüber nachzudenken und die Sachargumente auf den Tisch zu legen. Wenn wir wissen, dass über die Zukunft der jungen Menschen am ehesten im frühkindlichen Bereich entschieden wird, dann sollten wir auch darüber diskutieren, welche Fertigkeiten für die Pädagoginnen und Pädagogen in diesem Bereich notwen-dig sind, damit sie die Talente bestmöglich fördern und auch sicherstellen können, dass wir eine größtmögliche Chancengerechtigkeit haben. Wir können zu der Erkennt-nis kommen, dass das vielleicht nicht für alle Bereiche notwendig ist, aber vielleicht, wenn wir uns diese Fragen gemeinsam stellen, kommen wir zur Erkenntnis, dass für bestimmte Fertigkeiten eine derartige Ausbildung sehr wohl notwendig ist.

Wenn ich mir ansehe, was in anderen Ländern passiert, dann kann zumindest ich in der Reflexion zur Erkenntnis kommen, dass das für einen bestimmten Bereich gut wä-re. Und auch hier werbe ich für eine breitere, sachorientiertere, entideologisierte De-batte, weil es geht um nichts anderes als um die Zukunft der Kinder. Auch hier glaube ich, je mehr wir hier investieren und je sachorientierter wir hierüber die Debatte führen, umso mehr werden wir pro futuro eine Situation herstellen, in der es weniger NEETs gibt. – Nur um ein paar Aspekte herauszugreifen.

Man sollte in einer Demokratie westlicher Prägung, die sicher aufgrund der Verände-rung, die die Digitalisierung auch im Informationsverhalten und im Kommunikationsver-halten mit sich bringt, vor großen Herausforderungen steht – Stichwort Partizipation, Einbindung, Inklusion der Bürgerinnen und Bürger –, auch sehen, dass eine gesteiger-te Talentförderung und eine Förderung des Selbstbewusstseins auch andere mündige Bürgerinnen und Bürger hervorbringt. Es würde uns als Demokratie auch nicht schlecht anstehen, darauf einen spezifischen Wert zu legen, denn – wie der deutsche Maler An-selm Feuerbach so schön gesagt hat –: „Niemand urteilt schärfer als der Ungebildete. Er kennt weder Gründe noch Gegengründe.“ – Herzlichen Dank. (Beifall.)

15.32


Vorsitzende Präsidentin Sonja Zwazl|: Danke schön, Herr Staatssekretär, für deine Ausführungen! Ich denke, wir sind alle da, damit wir gemeinsam darüber nachdenken, wie wir unsere Kinder wirklich gut fördern können. Wichtig ist ein Miteinander.

Ich bedanke mich recht herzlich und darf jetzt Sie, Herr Mag. Mario Steiner vom Institut für Höhere Studien, um Ihr Einleitungsreferat bitten.

 


15.32.59

Mag. Mario Steiner (Institut für Höhere Studien)|: Frau Präsidentin! Herr Minister! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Vielen Dank für die Gelegenheit, Ih-nen hier die wesentlichsten Forschungsergebnisse zum Thema Bildungsabbruch im österreichischen Bildungssystem präsentieren zu können.

Sie haben in Ihren Unterlagen einen Ausdruck dessen, was ich präsentieren möchte, bekommen. Ich bin normalerweise gewohnt, mit PowerPoint zu präsentieren, mir ist gesagt worden, das funktioniert hier nicht, und deswegen möchte ich Ihnen die Gele-genheit geben, gleich mitzuschauen, denn es wird jetzt auch viele empirische Berech-nungsergebnisse zur Diskussion geben, und es hilft Ihnen vielleicht, das gleichzeitig vi-suell zu sehen.

Die Themen, auf die ich zu sprechen kommen möchte, sind im Großen und Ganzen drei große Themenblöcke. Zunächst einmal geht es um das Ausmaß des vorzeitigen Bildungsabbruches. Dann geht es um die Zusammenhänge des vorzeitigen Bildungs-abbruches, das heißt, wer ist davon betroffen, welche Konsequenzen sind damit ver-bunden und welche Ursachen können benannt werden. Und das dritte große Thema wird sein, auf Strategien, dagegen vorzugehen, einzugehen.

Zunächst einmal auf die vielleicht auf den ersten Blick simple Frage, welches Ausmaß an frühen Abbrechern und Abbrecherinnen wir in Österreich denn haben, eine nicht ganz so simple Antwort.

Zunächst muss überhaupt einmal definiert werden: Was sind denn frühe Abbrecher? Frühe Abbrecher und Abbrecherinnen sind Jugendliche im Alter von 15 bis 24 Jahren, die sich nicht mehr in Ausbildung befinden und keinen Abschluss haben, der über die Pflichtschule hinausreichen würde. Das sind die frühen Abbrecher.

Die Berechnung dieses Anteils der frühen Abbrecher ergibt ganz unterschiedliche Er-gebnisse, eben in Abhängigkeit davon, welche Datengrundlage man heranzieht. Sie sind wahrscheinlich alle diese Early-school-leaving-Rate gewohnt, deren Ergebnis es ist, dass wir in Österreich 7 bis 8 Prozent frühe BildungsabbrecherInnen haben. Sie wird auf Basis des Mikrozensus berechnet. Der Mikrozensus ist eine Stichprobe, Stich-proben sind mit Schwankungen verbunden. Das Ergebnis auf dieser Basis sind unge-fähr 75 000 Jugendliche im Alter von 15 bis 24 Jahren, die davon betroffen sind.

Dieses Ergebnis von 7,5 Prozent ist im internationalen Vergleich sehr gut, da sind wir, glaube ich, an dritt- oder viertbester Stelle im EU-27-Vergleich. Es ist aber nur die hal-be Wahrheit. Die halbe Wahrheit deswegen, da uns neuerdings neue Verwaltungs-daten zur Verfügung stehen, die an sich Umfragedaten gegenüber zu bevorzugen sind, und diese Verwaltungsdaten weisen einen Anteil von 12,6 Prozent frühen Bildungsab-brecherInnen auf. Das entspricht einer Größe von 128 000 Jugendlichen im Alter von 15 bis 24 Jahren.

Dieses Ergebnis passt auch sehr gut mit einem Indikator zusammen, der uns schon seit Jahrzehnten bekannt ist, nämlich dem Anteil der RisikoschülerInnen. Wir wissen durch all die PISA-Studien, dass wir ungefähr 20 Prozent SchülerInnen im Alter von 15 Jahren haben, die nicht sinnerfassend lesen können.

Der langen Rede kurzer Sinn: Wir haben in Österreich im Gegensatz zur an sich nied-rigen Early-school-leaving-Quote auch ein quantitatives Problem, was den frühzeiti-gen Bildungsabbruch betrifft.

Wenn man sich jetzt in weiterer Folge die Frage stellt, wo im Bildungssystem dieser frühe Bildungsabbruch stattfindet, dann kann man das an verschiedenen Schulformen festmachen, welche Anteile von den Jugendlichen, die diese Schulformen gewählt ha-ben, abbrechen, aber so weit abbrechen, dass sie nicht nur die Ausbildung abbrechen, sondern ihre gesamte Laufbahn.

Wenn man das zugrunde legt, dann kommt man drauf, dass es in der BHS circa 7 Pro-zent eines Eintrittsjahrganges sind, in der AHS 9 Prozent, in der BMS – wobei es hier große Unterschiede je nach Fachrichtung gibt – sind es 13 Prozent und schließlich beim dualen System 21 Prozent.

Jetzt kann man eine Conclusio ziehen und sagen, der Brennpunkt des frühen Ab-bruchs wäre die Lehre. Das ist auf der einen Seite richtig, auf der anderen Seite aber auch wieder nicht richtig. Es ist deswegen richtig, weil es eben 21 Prozent sind, die ab-brechen, auf der anderen Seite sehen wir im internationalen Vergleich aber auch, dass jene Staaten, die ein duales System oder eine sehr stark ausgebaute Berufsbildung haben, wie das eben in Österreich der Fall ist, an sich eine vergleichsweise niedrige Quote haben. Es sind hier zwei einander widerstreitende Tendenzen.

In weiterer Folge kann man sich die Frage stellen, wie denn der frühe Bildungsabbruch in Österreich verteilt ist, und man wird feststellen, dass es sehr große regionale Unter-schiede gibt. Wir haben jetzt mit dieser neuen Datengrundlage, die ich zuvor geschil-dert habe, erstmals die Möglichkeit, diese Unterschiede auch auf Bezirksebene hinun-ter zu berechnen, und kommen hier drauf, dass wir eine Spanne zwischen auf der ei-nen Seite 6 Prozent im Bezirk Zwettl und auf der anderen Seite von 26 Prozent im 20. Bezirk in Wien haben.

Wenn man sich die regionalen Ergebnisse genauer ansieht, stellt man fest, es ist ein städtisches Problem. Das heißt, in sehr vielen Bezirken in Wien haben wir hohe Drop-out-Quoten beziehungsweise Early-school-leaving-Quoten oder frühe AbbrecherInnen-Quoten, aber ebenso auch in Linz, in Innsbruck, in Graz und dergleichen. Es ist de facto ein städtisches Problem.

In weiterer Folge stellt sich die Frage, wer denn vom frühen Bildungsabbruch in wel-chem Ausmaß betroffen ist, und Sie werden in Ihren Unterlagen eine Grafik finden, in der ich versucht habe, das nach Bundesländern differenziert im Hinblick auf das Ge-burtsland darzustellen. Wenn man das macht und sich die entsprechende Grafik an-sieht, dann stellt man zunächst einmal fest, dass der frühe Abbruch in Abhängigkeit von der Herkunft sehr stark ungleich verteilt ist. Wir haben ungefähr 10 Prozent Ab-bruchquote bei denen, die in Österreich geboren worden sind, aber 30 Prozent bei de-nen, die außerhalb von Österreich geboren wurden.

Wenn man das gleichzeitig noch regional differenziert betrachtet, stellt man fest, dass das Risiko von Personen mit Migrationshintergrund in den einzelnen Bundesländern sehr unterschiedlich stark ausgeprägt ist. Das Risiko ist zum Beispiel in Wien für Mi-grantInnen 190 Prozent des Risikos derer, die ohne Migrationshintergrund sind. Aber es gibt auch Bundesländer, die 300 Prozent deutlich überschreiten und an die 400 Pro-zent heranreichen.

Es ist ungleich verteilt, das wissen wir. Die Frage in weiterer Folge ist, welche Konse-quenzen mit dem vorzeitigen Bildungsabbruch verbunden sind. Diese Konsequenzen können wir uns am besten im Hinblick auf Arbeitsmarktdaten ansehen. Wenn man hier die frühen AbbrecherInnen mit denen vergleicht, die einen Abschluss auf der Se-kundarstufe II erlangen konnten, dann stellt man zunächst einmal fest, dass die Ju-gendlichen ohne Abschluss eine doppelt so hohe Arbeitslosenrate aufweisen wie jene, die einen Abschluss haben. Wenn sie es dann trotzdem geschafft haben, in Beschäf-tigung einzutreten, dann ist ihr Risiko, über Hilfstätigkeiten nicht hinauszukommen, ein vierfach erhöhtes, verglichen zu denen, die einen Abschluss haben. Und schließlich ist das Risiko, überhaupt nicht zur Gruppe der Erwerbsbevölkerung dazuzuzählen, sozu-sagen einen Inaktivitätsstatus aufzuweisen, bei denen siebenfach erhöht, die abgebro-chen haben, verglichen zu denen, die einen Abschluss erwerben konnten. Wenn man sich dann aber gleichzeitig vor Augen hält, welche Bedeutung das Berufsleben für die soziale Integration hat, kann man daraus auch den Schluss ziehen, dass soziale Aus-grenzung die logische Konsequenz von diesen Daten ist.

Eine Frage, die sich natürlich dann stellt, ist: Woher kommt es? Was sind denn die Ur-sachen? Warum brechen denn die Jugendlichen ab? Wenn man sich diese Frage stellt, muss man diese Frage, glaube ich, auf zwei Ebenen beantworten, auf einer sys-tembezogenen Ebene auf der einen Seite und auf einer individuenbezogenen Ebene auf der anderen Seite.

Zunächst einmal können wir auf der systembezogenen Ebene im Vergleich europäi-scher Bildungssysteme interessante Erkenntnisse erzielen. Zunächst einmal sind die Beschäftigungschancen, die early school leavers oder frühe BildungsabbrecherInnen vorfinden, relevant und wichtig. Jene Staaten, die sozusagen am Arbeitsmarkt kaum einen Unterschied im Hinblick auf den Bildungsabschluss machen, haben wesentlich höhere Frühabbruchquoten als jene Staaten, in denen man ohne Abschluss kaum Chancen hat. Österreich zählt eher zu der zweiteren Kategorie.

Was wir auch aus dem Vergleich von europäischen Bildungssystemen lernen, ist, dass sich das Sitzenbleiben oder Wiederholen von Schuljahren negativ auf die Early-school-leaving-Quote auswirkt. Gleichzeitig – und das habe ich zuvor schon erwähnt – übt ei-ne ausgebaute Berufsbildung in Form der Lehre – wir haben nicht nur die Lehre, son-dern auch berufsbildende mittlere und höhere Schulen – einen senkenden Effekt auf den Anteil der frühen BildungsabbrecherInnen aus. Bei Dingen wie der Gesamtschule oder bei niedrigen KlassenschülerInnenzahlen gibt es nicht den primären Effekt auf den Anteil der frühen AbbrecherInnen, aber sie haben einen sehr starken Effekt auf die soziale Zusammensetzung und insofern wieder einen indirekten Effekt auf den frühen Bildungsabbruch.

Die Länge der Schulpflicht schließlich ist im Hinblick auf den Anteil der frühen Bil-dungsabbrecherInnen ohne Einfluss. Man könnte sagen, mehr vom Gleichen ändert nichts an der Problematik, und darin liegt auch wieder die Chance der „Ausbildung bis 18“, da die „Ausbildung bis 18“ nicht eine Verlängerung der Schulpflicht ist, sondern es ist qualitativ betrachtet etwas anderes.

Eine weitere Antwort auf der Systemebene im Hinblick auf die Ursachen – also wenn man sich zum Beispiel die Frage stellt, warum denn MigrantInnen in einem viel höhe-ren Ausmaß vom vorzeitigen Bildungsabbruch betroffen sind – findet man dann, wenn man das Ausmaß der Über- oder Unterrepräsentation von MigrantInnen oder Personen mit nichtdeutscher Umgangssprache nach Schulformen näher betrachtet. Wenn man das macht, stellt man fest, dass Personen mit nichtdeutscher Umgangssprache in AHS und BHS deutlich unterrepräsentiert und dafür im Gegenzug in Sonderschulen deutlich überrepräsentiert sind.

Diese Grafik, die dem Ganzen zugrunde liegt, enthält drei Dinge, auf die ich ganz be-sonders hinweisen möchte. Das eine sind die lehrerbildenden Schulen. In den lehrer-bildenden Schulen haben wir das größte Ausmaß der Unterrepräsentation von Perso-nen mit Migrationshintergrund differenziert nach Schulformen überhaupt. Das hat wie-derum zur Konsequenz, dass die Ausbildung von Role Models, die Jugendliche brau-chen würden, um zu sehen, aha, es gibt auch unter den LehrerInnen Personen mit Mi-grationshintergrund, also man kann es schaffen, eben behindert wird oder die Chance, die sich daraus ergibt, nicht in dem Maß genützt wird, wie wir sie nützen könnten.

Das andere ist die Überrepräsentation von MigrantInnen in der Sonderschule. Damit wird nämlich ein Teufelskreis offensichtlich: Personen mit nichtdeutscher Mutterspra-che oder Umgangssprache haben schwierigere Startvoraussetzungen. Aufgrund dieser schwierigeren Startvoraussetzungen kommen sie in Schulformen, in denen sie noch viel weniger Chance haben, einen Abschluss zu erlangen, der es ihnen dann ermögli-chen würde, ihre Bildungslaufbahn fortzusetzen. Und damit beißt sich die Katze in den Schwanz.

Das Dritte, auf das ich zu sprechen kommen möchte – das sehen Sie auch in der Gra-fik sehr gut –, sind die Unterschiede nach Bundesländern, was diese Überrepräsenta-tion von MigrantInnen in Sonderschulen betrifft. Da haben wir eine Spannbreite von 10 Prozent im Best-performing-Bundesland auf der einen Seite und 90 Prozent auf der anderen Seite. Das ist, würde ich einmal sagen, keine Visitenkarte für eine zunehmen-de Föderalisierung im Bildungsbereich.

Schließlich stellt sich die Frage auf der individuellen Ebene, und auf der individuellen Ebene gibt es viele Wirkungszusammenhänge, die anzuführen sind und als Ursachen für einen vorzeitigen Bildungsabbruch gelten können. Auf der einen Seite sind es Se-lektionserfahrungen; Selektionserfahrungen im Sinne von „nicht genügen“, also Nicht genügend zu bekommen, sitzenzubleiben und dergleichen, also ständig ein Feedback im Sinne von „du genügst nicht“ zu sammeln, was das Selbstvertrauen und den Selbst-wert der Jugendlichen untergräbt und so den vorzeitigen Bildungsabbruch bis zu einem gewissen Grad auch befördert.

Ein zweiter Wirkungszusammenhang ist eine mangelnde Berufs- und Ausbildungsinfor-mation oder auch Potenzialkenntnis der Jugendlichen. Da geht es nicht primär oder ausschließlich nur um zusätzliche Informationen, sondern es geht auch darum, dass die Jugendlichen oft nicht wissen, wo ihre Stärken und wo ihre Schwächen liegen. Sie wissen sehr gut darüber Bescheid, was sie nicht können, aber was sie wirklich kön-nen, das wissen sie kaum. Das führt zu Orientierungslosigkeit und führt vielleicht dazu, die falsche Schule zu wählen, und wenn dann die falsche Schule gewählt wurde, ist ein früher Abbruch naheliegend.

Schließlich haben wir ein Bildungssystem, das auch sehr viel an Lernleistung in den privaten Bereich auslagert. Wenn nun der familiäre Hintergrund einen Mangel an fi-nanziellen Ressourcen aufweist, um zum Beispiel diese Lernleistung in Form von Nachhilfe zuzukaufen, oder eben einen kulturellen Mangel – im Sinne dessen, die Kinder darin zu unterstützen, diese Lernleistung zu erbringen –, sind Leistungsdefizite die Folge. Und aus Leistungsdefiziten resultiert ein vorzeitiger Abbruch.

Dann bin ich schon beim letzten Punkt angelangt, nämlich der Frage nach den Maß-nahmen gegen den frühen Abbruch in Österreich. In diesem Zusammenhang war es richtig, den Ansatz in Österreich für lange Zeit als defizitorientierten Kompensationsan-satz zu bezeichnen. Das heißt, die Problemursache wurde im Individuum gesehen, das Individuum hatte Defizite. Diese Defizite galt es zu kompensieren, und deswegen wa-ren entsprechende Nachschulungsangebote das probateste Mittel, um darauf zu re-agieren. Wir haben in diesem Bereich sehr viele gute Maßnahmen, wir haben ein sehr breites Angebot, wir haben aber leider auch ein relativ unkoordiniertes Angebot von diesen Maßnahmen. In der Zwischenzeit – das ist eine Charakterisierung, die auf ein EU-Projekt zurückgeht, das wir vor mittlerweile 15 Jahren durchgeführt haben – hat sich aber doch einiges getan, und es sind auch relevante Veränderungen zu nennen.

Zunächst einmal das vom Herrn Minister schon angesprochene Jugendcoaching. Das Jugendcoaching ist deswegen hervorzuheben, da es eine Maßnahme ist, die eben ansetzt, bevor die Problematik tatsächlich schon zu einem Abbruch geführt hat. Es ist im Interventions- und nicht im Kompensationsbereich angesiedelt, und es ist vor allem auch eine Maßnahme mit entsprechenden Zahlen: Also 30 000 Jugendliche, das hat tatsächlich eine Auswirkung. Das kann man dann auch auf den Makroindikatoren be-obachten.

Was auch anzuführen ist, sind die verschiedenen Strategien, die entwickelt worden sind. Auf der einen Seite die Lifelong-Learning-Strategie, bei der als Ziel ausgegeben wurde, dass man bis zum Jahr 2020 6 Prozent Frühabbrecher und ‑abbrecherinnen er-reichen möchte. Das ist ein ambitioniertes Ziel, vor allem unter der Voraussetzung der neuen Datenlage, die wir haben.

Und was auch hervorzuheben ist, ist die Early-school-leaving-Strategie, die inzwi-schen entwickelt worden ist. Leider sind die Strategien nicht mit einem entsprechenden Budget ausgestattet beziehungsweise mit entsprechenden Strukturen unterlegt, um tat-sächlich auch zu einer Umsetzung in nennenswertem Ausmaß zu gelangen.

In einer abschließenden Betrachtung ergeben sich aus meiner Perspektive drei dring-liche Handlungsfelder. Und eines dieser drei dringlichen Handlungsfelder ist zu-nächst einmal, die Selektivität des österreichischen Bildungssystems zu reduzieren. Was dabei zu tun ist, ist, glaube ich, allgemein bekannt. Das beginnt mit relativ einfa-chen Maßnahmen, nämlich dieser sozial-selektiven Schulformenzuweisung, die man einfach nur zu unterbinden braucht, geht hin zu einem Modulsystem, das auch schon in Ansätzen entwickelt wurde, anstelle von Schuljahreswiederholungen. Ein Reizwort sind sicher Ganztags- und Gesamtschulen. Aber beide Dinge haben nachgewiesener-maßen einen Effekt auf die soziale Zusammensetzung und auf die soziale Selektivität des Bildungssystems.

Ein bisschen herausfordernder wird schon der nächste Punkt, der hier steht, nämlich die indikatorenbasierte Finanzierung, die bedeutet: Nicht nach dem Gießkannenprinzip bekommen alle Schulen gleich viel Geld, sondern in Abhängigkeit von ihrer Problem-lage, mit der sie umgehen müssen, werden die Finanzmittel unterschiedlich verteilt. Und schließlich wäre eine Ressourcen- anstelle einer Defizitorientierung im Bildungs-system angezeigt.

Zweites großes Ziel sollte sein, die Effektivität zu steigern, indem die Ergebnisverant-wortung am Schulstandort etabliert wird. Das kann man aber von den Schulen nicht einfach nur verlangen, sondern man muss ihnen auch die entsprechenden Instrumente dafür an die Hand geben, was Schulautonomie bedeuten würde. Schulautonomie in ei-nem sehr weitreichenden Sinne, das heißt, auch was Budget und Personal betrifft, natürlich kombiniert mit einer externen Evaluierung, die aber nicht nur die Leistung zugrunde legen soll, sondern auch das Integrationsausmaß, das die Schule zustande bringt.

Das dritte Ziel sollte eine politisch ernst gemeinte Strategie sein. Ernst gemeint bedeu-tet: Es gibt ein geteiltes Ziel, dem sich alle Stakeholder verpflichten. Es gibt ein ent-sprechendes Budget dafür und im Anschluss daran Maßnahmen, die an dem Bedarf ansetzen. In diesem Zusammenhang ist, finde ich, „Ausbildung bis 18“ eine Chance. – Vielen Dank. (Beifall.)

15.54


Vorsitzende Präsidentin Sonja Zwazl|: Herr Mag. Mario Steiner, recht herzlichen Dank für Ihre Ausführungen. Ich bedanke mich aber auch recht herzlich für die informativen Unterlagen. Ein herzliches Dankeschön.

15.54.193. Panel und Diskussion

 


Vorsitzende Präsidentin Sonja Zwazl|: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir kommen nunmehr zu den Einleitungsstatements der Panel-Diskutantinnen und ‑Disku-tanten zum Thema „Arbeitsmarktpolitische Herausforderungen“ sowie zur anschlie-ßenden Diskussion.

Ich bitte die Diskutantinnen und Diskutanten, die Zeit von 10 Minuten pro Statement nicht zu überschreiten, damit uns dann noch genug Zeit für Diskussionen zur Verfü-gung steht.

Diesen Teil unserer Enquete moderiert unsere Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska. Ich darf dich bitten, die Moderation zu übernehmen, und ersuche dich auch um deine ein-leitenden Worte. – Bitte schön, Inge.

Panel III.1: „Arbeitsmarktpolitische Herausforderungen“

 


15.55.10

Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska|: Frau Präsidentin! Ja, ich darf Sie auch recht herz-lich bei der zweiten Enquete im Bundesrat begrüßen, die sich mit diesem Thema be-schäftigt.

Vor einem halben Jahr hatten wir unter Präsidentin Ana Blatnik die Enquete zum Schwerpunkt „Die duale Ausbildung“, jetzt in Fortführung die „Schlummernden Talen-te“. Für all diejenigen, die neu im Bundesrat sind, darf ich sagen: Das ist auch ein Aus-druck dessen, wie der Bundesrat arbeitet, nämlich nicht nur oberflächlich, sondern schon auch in die Tiefe schauend und nicht nur am oberen Rand, sondern wirklich zu schauen, dass wir auch etwas weiterbringen. Und daher auch in meinem Namen, Frau Präsidentin Zwazl, noch einmal ein herzliches Dankeschön für diese Enquete heute.

Was passiert, wenn wir schlummernde Talente nicht wecken, haben wir jetzt schon gehört. Es gibt schon einige Maßnahmen. Die ersten vier Impulsreferate, die wir hören, beschäftigen sich – jedes aus einem anderen Blickwinkel und aus einer anderen Ver-antwortung – mit diesem Thema, aber immer mit dem gleichen Ziel, die Jugendlichen dort abzuholen, wo sie stehen, die Jugendlichen dort mit einzubinden, wo sie es brau-chen, damit sie in dieser Gesellschaft wiederum den Selbstwert finden, den sie auch verdienen.

Der erste Beitrag, den wir hören, kommt von Herrn Dr. Johannes Kopf vom AMS. Das AMS versteht sich als Dienstleistungsunternehmen öffentlichen Rechts, und eines der wichtigsten Ziele des AMS war und ist die Verhinderung der Jugendarbeitslosigkeit.

Herr Dr. Kopf sieht sich in seiner Funktion nicht nur als einer derjenigen, dem die Kennzahlen wichtig sind, sondern ihn interessieren auch die Geschichten hinter den einzelnen Personen. Und ich glaube, dass das eines der wichtigsten Dinge ist, die das AMS auch leisten kann. Daher bitte ich Sie um Ihr Statement.

15.56

15.56.20Einleitungsstatements

 


15.57.01

Dr. Johannes Kopf, LL.M. (AMS Österreich)|: Frau Vizepräsidentin! Liebe Frau Präsi­dentin! Werte Abgeordnete von Bundesrat und Nationalrat! Meine Damen und Herren! Danke für die Einladung.

Als ich die Einladung bekommen habe, habe ich mir gedacht: Das ist leicht. Das ist et­was, was ich ununterbrochen gefragt werde. Wie ist Österreich zum Thema Jugendbe­schäftigung, Jugendarbeitsmarkt aufgestellt? Das habe ich schon vom französischen Senat bis zur „New York Times“ erzählen dürfen und so weiter. Ich könnte es Ihnen so­gar in Form eines ordentlich vorbereiteten englischen Referats erzählen. Ich durfte vor zehn Tagen beim Westminster Forum vor vielen Vertretern des House of Lords reden und erzählen, was wir nicht alles tun und wo wir nicht gut aufgestellt sind.

Dann habe ich mir gedacht: Das interessiert Sie eigentlich gar nicht. Sie wollen nämlich wahrscheinlich hören, was nicht so funktioniert oder wo wir besser werden müssen. Darum liegen in dieser guten Nachricht aus meiner Sicht auch zwei schwache Nach­richten. Die gute Nachricht ist: Ja, wir sind arbeitsmarktpolitisch mit unserer Lehre, mit der Ausbildungsgarantie, mit den verschiedensten Projekten – und auch ich begrüße sehr das Jugendcoaching, muss ich offen sagen –, in den Produktionsschulen und den Bemühungen des AMS und so weiter zum Thema Jugendbeschäftigung sehr gut auf­gestellt.

Aber darin liegt auch folgendes Problem, das mein Vorredner, Kollege Mario Steiner, schon angesprochen hat: Wir haben ein System, das gut normiert ist. Wir haben ein System, das mit der dualen Ausbildung auf Qualität achtet. Wir haben ein System, das die Qualität auch sichert und so weiter. Und darin liegt insofern ein bisschen das Pro­blem, als die, die da nicht mitmachen, nämlich die Lehre oder die Schule nicht ab­schließen, dann die großen Probleme auf dem Arbeitsmarkt haben. Und das unter­scheidet uns deutlich von anderen Ländern. Es gibt Länder, die haben höhere Early-school-leaving-Raten als Österreich, aber weniger NEETs.

Vereinfacht kann man es ein bisschen damit vergleichen: Wir haben ein tolles System, wie die Kinder schwimmen lernen – mit Freischwimmer, Allroundschwimmer und was auch immer und verschiedenen Schwimmkursen und Qualitätssicherung und so weiter. Aber da gibt es eine ganze Menge an Schwimmbädern, die lassen dich dann nicht rein, wenn du die Zertifikate nicht hast. Und der Arbeitsmarkt ist ein bisschen so. Die, die keine über die Pflichtschule hinausgehende Ausbildung haben, spielen bei uns sozusa­gen nicht mit.

Die Arbeitslosenraten von Personen mit nur Pflichtschule als höchstem Abschluss sind in den letzten 24 Jahren – so lange haben wir Daten – von 9 auf 24 Prozent gestiegen, haben sich also mehr als verdoppelt. Und alle anderen Arbeitslosenquoten von Akade­mikerInnen, von Personen mit Matura als höchster abgeschlossener Ausbildung oder mit Lehre sind seit 24 Jahren im Wesentlichen stabil. Die Lehre schwankt ein bisschen nach der Konjunktur zwischen 5 und 7 Prozent, aber sie ist seit 24 Jahren relativ stabil, während die andere Quote von 9 auf 24 Prozent gestiegen ist, sich also mehr als ver­doppelt hat.

Das heißt, wir haben Schwierigkeiten mit den Schulabbrechern. Das sind jetzt nicht nur die NEETs. Diese gut 70 000 Personen, die in Österreich NEETs sind, kann man na­türlich noch untergliedern. Darunter sind jene, die uns keine Sorgen machen, darunter sind jene, die zum Beispiel noch einige Monate auf eine Ausbildung warten, die nur kurz NEETs sind, oder jene, die ohnedies beim AMS sind und in Kürze gut betreut eine Ausbildung machen können, und so weiter. Da gibt es welche – vor allem natürlich Frauen –, die aufgrund von Betreuungspflichten NEETs sind. Diese machen uns schon mehr Sorgen, denn da stellt sich die Frage, wie gut die Betreuung im Land ist, damit diese eben an einer Ausbildung und am Arbeitsmarkt teilhaben können und so weiter.

Aber in gewisser Weise sehen wir einen Nachteil darin, dass es, wenn das System sehr gut aufgebaut ist, diejenigen, die nicht über dieses System kommen, bei uns schwieriger haben als in anderen Ländern, wo man möglicherweise informeller Kompe­tenzen erwerben kann und damit dann eine bessere Chance auf dem Arbeitsmarkt hat.

Die zweite Gefahr, die aus meiner Sicht in diesem gut entwickelten System liegt – das sage ich ganz offen –, ist: Da geht nicht mehr viel mit Arbeitsmarktpolitik. Das ist aus meiner Sicht problematisch. Natürlich kann man noch da und dort überlegen, was ei­nem noch einfällt. Und man kann vor allem den Punkt „Ansprache der jungen Men­schen“ verbessern. Aber es ist relativ schwierig, die jungen Menschen anzusprechen. Jeder, der Kinder hat, weiß, wie schwierig es ist, 15-, 16-Jährige anzusprechen und die richtige Sprache zu finden. Wir haben da viel experimentiert.

Es gibt in Deutschland ein hochdekoriertes Projekt, wo eine der deutschen Regional­bundesagenturen, sozusagen so groß wie ein Bundesland, in diesem Fall vergleichbar mit ganz Österreich, eine Jugend-App gemacht hat, die ganz, ganz toll ist, die viele Preise gewonnen hat. Diese App hat nur einen wesentlichen Haken, sie wird von den Jugendlichen nicht angenommen.

Auch wir haben experimentiert mit der Frage, ob das AMS jugendlicher wirken soll – auch in den Geschäftsstellen und so weiter. Wir sind, glaube ich, per se gegenüber 15- und 16-Jährigen, und das ist ein Problem der öffentlichen Hand, generell nicht sehr glaubwürdig. Wir sind nicht Red Bull und wir sind auch nicht ich weiß nicht wer.

Was interessanterweise bei uns gut funktioniert hat, ist eine Kleinigkeit, die wir einge­führt haben, nämlich der SMS-Reminder. Wir haben das Problem, dass Jugendliche vielfach zu unseren Terminen nicht kommen. Der SMS-Reminder, den wir eingeführt haben, dass sie am Vortag eine SMS bekommen, hat die Termintreue massiv erhöht. – Das war eine Kleinigkeit, die gut funktioniert hat.

Was ich damit sagen will, ist nicht, dass man nicht noch mehr tun kann, selbstverständ­lich kann man mehr tun. Trotzdem: An sich haben wir ein sehr gut entwickeltes Sys­tem, auch mit der dualen Ausbildung.

Jetzt kommt das Aber: Aber wir haben trotzdem noch 7 Prozent NEETs. Wir haben 7 Prozent „Early School Leaver“, die mit ihrer Ausbildung aufhören. Und wir haben das von mir schon genannte Problem, dass die, die nur Pflichtschulabschluss haben, keine Jobs mehr finden. Denn die großen Trends am Arbeitsmarkt – egal, wie sie heißen: Glo­balisierung, Ökologisierung, Technisierung – haben eine Folge, nämlich dass die Fir­men von den jugendlichen Einsteigern eine höhere Qualifikation verlangen als nur Pflicht­schule. Das ist das Problem.

Deswegen aus meiner Sicht: Die Hebel liegen – und da stoße ich in das gleiche Horn wie Herr Staatssekretär Mahrer – im Bildungssystem. Und sie liegen dort sehr früh.

Meine Frau und ich haben drei Buben, und der Jüngste – ich entschuldige mich bei je­dem, der dieses Beispiel schon gehört hat, aber es ist aus meiner Sicht sehr eindrück­lich und zeigt das Problem – ist ein Jahr alt und heißt Oskar. Das statistische Risiko, dass er nur Pflichtschulabschluss haben und damit zu der Gruppe gehören wird, die am Arbeitsmarkt nur sehr schlechte Chancen hat, liegt statistisch bei unter 8 Prozent, 7 Komma irgendwas. Es sind nur deswegen diese 7 Prozent, weil ich ein Studium ha­be. Hätte ich nur Pflichtschule, läge das statistische Risiko bei über 30 Prozent, und hätte ich nur Pflichtschule und Migrationshintergrund, bei 56 Prozent.

Ich weiß nicht, ob es jemanden gibt, der glaubt, dass es an meinen Genen liegt. Wenn es einen solchen gibt, dann hoffe ich, dass er es sich nicht zuzugeben traut, dass er das glaubt. Wenn die beiden Babys im Spital vertauscht worden wären, dann hätte der andere die guten Chancen. Das ist nicht fair. Wir müssen schauen, wie wir bei den Kin­dern Chancengerechtigkeit erreichen. (Beifall.)

Da gibt es nicht viel wissenschaftliche Evidenz, aber es gibt ein bisschen was aus Deutschland. Staatssekretär Mahrer hat einen Punkt angesprochen, den ich mir jetzt herausnehme, das ist die frühkindliche Erziehung.

Jörg Dräger, einer der Vorstände der Bertelsmann Stiftung – wir hatten ihn anlässlich 20 Jahre AMS eingeladen, wo wir stark auf das Thema Bildung gesetzt haben –, hat eine Studie präsentiert, bei der die Frage, wie wahrscheinlich eine höhere Ausbildung in Abhängigkeit zum Besuch einer Kinderkrippe ist, in Deutschland untersucht wurde. Als Ergebnis kam raus: Wenn die Eltern Akademiker sind, gibt es keinen Unterschied, ob das Kind in die Krippe geht oder nicht. Aber wenn die Eltern Pflichtschule haben, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Kind eine höhere Ausbildung macht, um 80 Prozent höher, wenn das Kind eine Krippe besucht.

Ich habe keine Evidenz zur Frage: Wie ist das mit dem Kindergarten? – Ich glaube, da gibt es auch einen starken Zusammenhang. Wir haben uns sehr gefreut über das erste verpflichtende Kindergartenjahr, und ich denke, weitere Schritte sollten folgen.

Ich begrüße sehr das Projekt der Ausbildungspflicht bis 18 Jahre. Aber nicht verges­sen, da setzen wir an bei 15, wo aus meiner Sicht schon viel passiert ist. Ein früherer Ansatz wäre wichtiger.

In diesem Sinne – seien Sie mir nicht böse, ich schiebe das Problem ein bisschen weg vom AMS und sage –: Wenn das Bildungssystem und auch das Früherziehungssystem besser arbeiten, dann haben wir weniger zu tun. Das ist ein bisschen egoistisch, ich bin aber der festen Überzeugung, dass das auch inhaltlich richtig ist. – Vielen Dank. (Beifall.)

16.06


Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska|: Ich möchte nur darauf hinweisen, dass wir jetzt vier Statements insgesamt – eines haben wir schon gehört, drei Statements folgen noch – und dann 20 Minuten Zeit für die Diskussion haben.

Das zweite Statement hören wir von Herrn Dr. Dieter Schaufler. Er ist als Vertreter des Zentrums Mauritiushof bei uns. Der Mauritiushof gibt jungen Menschen nicht nur Hoff­nung, sondern auch Selbstwert. Das ist eine der Grundlagen, kann man auf Ihrer Home­page lesen.

Wenn man sich die Fotos auf Ihrer Homepage ansieht, dann sieht man auch, dass Sie nicht nur Projektleiter, Trainer und Coach sind, sondern auch mit vollem Herzen bei der Sache. – Bitte um Ihr Statement.

 


16.06.56

Dr. Dieter Schaufler (Zentrum Mauritiushof)|: Sehr verehrte Frau Präsidentin! Herr Bun­desminister! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete von Bun­des- und Nationalrat! Sehr verehrte Damen und Herren! Ich darf mich kurz vorstellen. Mein Name ist Dieter Schaufler. Ich bin seit vielen Jahren Arzt für Allgemeinmedizin mit dem beruflichen Schwerpunkt psychosoziale, psychosomatische und psychotherapeu­tische Medizin. Ich diene als Präsident der Österreichischen Gesellschaft für tierge­stützte Therapie und betreibe und leite den Mauritiushof, eine der ersten ärztlichen ös­terreichischen Institutionen, die sich mit diesem Thema beschäftigen.

Seit einigen Jahren darf ich ein gleichnamiges Projekt auf Initiative des AMS und der Wirtschaftskammer Niederösterreich für arbeitslose junge Menschen im Alter zwischen 18 und 25 Jahren leiten. In den ersten Projektdurchgängen haben wir als Team unser Hauptaugenmerk auf die massive Unterstützung der TeilnehmerInnen gerichtet. Wir haben viele Stunden mit Gesprächsrunden im Sinne therapeutischer Gruppenarbeit ver­bracht, viele Bewerbungsschreiben verfasst und versandt, die TeilnehmerInnen zu di­versen Veranstaltungen oder Behördenwegen begleitet und vieles mehr. Auch haben wir Aus- und Weiterbildungsangebote organisiert, die letztlich aber leider oft wieder ab­gebrochen wurden.

Kurz: Viele dieser Bemühungen unsererseits, neue Möglichkeiten für unsere Teilneh­merInnen in dieser Form zu organisieren, waren leider teilweise vergebens. Wir durften in einem Pilotprojekt aus dieser Erfahrung lernen. Wir fanden anschließend nämlich den Mut, mit unseren TeilnehmerInnen am Mauritiushof gemeinsam zu arbeiten, und zwar wirklich und wahrhaftig gemeinsam zu arbeiten.

Es war für mich tatsächlich ein schwieriger Prozess, meine üblichen therapeutischen Werkzeuge etwas in den Hintergrund zu stellen, meinen Dienstleistungsgedanken et­was zu reduzieren und einfach meine Schützlinge in unsere zum Teil harte Arbeits- und Lebensrealität in einem landwirtschaftlichen Betrieb mitzunehmen. Dieser Betrieb ist nämlich keine geschützte Werkstätte, keine speziell zu diesem Zweck errichtete Ins­titution, sondern ein realer Wirtschaftsbetrieb mit angestellten MitarbeiterInnen.

Unsere Erfahrungen dieser letzten Jahre darf ich wie folgt zusammenfassen: Arbeit ver­leiht Menschen Würde! – Dieser Satz hat sich durch die Begegnung mit diesen jungen Menschen fest in meine Seele eingebrannt.

Ich erlebe täglich den Stolz meiner Schützlinge über die eigenen erbrachten Leistun­gen. Gerade wirklich körperlich anstrengende Tätigkeiten rund um unsere Tiere wer­den schon nach kurzer Zeit als Herausforderung betrachtet, und die ganze Gruppe er­kämpft sich Erfolg. Erfolg scheint ein wesentlicher Parameter für unsere eigene Zufrie­denheit zu sein.

Wir voll im Beruf stehenden Menschen können uns oft gar nicht vorstellen, wie ein Le­ben ohne Tagesstruktur, ohne Aufgaben, ohne Tagesziele und ohne aus der Arbeit re­sultierende Erfolge aussieht und vor allem wie man sich dabei fühlt.

Erst viele Gespräche mit meinen jugendlichen TeilnehmerInnen ließen mich verstehen, wie hilflos, unfähig und frustriert sich die meisten unserer TeilnehmerInnen fühlen. Die Grundemotion der meisten TeilnehmerInnen ist ein tiefes Gefühl der eigenen Wertlo­sigkeit. Ich finde leider kein schöneres Wort für dieses Lebensgefühl.

Erst die vollbrachte Arbeitsleistung lässt Menschen Erfolg erleben, und Erfolg wiede­rum bereitet den Weg zum Selbstwert. Sich selbst als wertvoll zu erleben, ist leider keine Selbstverständlichkeit für viele junge Menschen.

Aber nicht jede Arbeit lässt uns Erfolg erleben. In meiner ärztlichen Ordination habe ich viele Menschen gesehen, die zwar viel gearbeitet, aber dennoch diese Arbeit als nicht befriedigend erlebt haben. Viele Tätigkeiten heute lassen uns an deren Sinnhaftigkeit zweifeln. Wir alle kennen dieses Phänomen aus unserer eigenen Arbeit. In seiner ma­ximalen Ausprägung bezeichnet unsere Gesellschaft diese Erscheinung auch als Burn­out-Syndrom mit all seinen körperlichen und seelischen Symptomen.

So möchte ich hier den Begriff „sinngebende Arbeit“ einführen. Wir erleben offen­sichtlich nicht jede Arbeit als sinngebend und damit in weiterer Folge als Erfolg ge­bend. Es scheint so zu sein, dass zum Beispiel unter anderem solch archaische, menschliche Tätigkeiten rund um die Natur und um die Tiere und Pflanzen, so wie wir das am Mauritiushof leben können, Menschen ein Gefühl des Sinnhaften vermitteln können. Sinngebendes Arbeiten ist für mich heute die Grundlage dafür, dass Men­schen überhaupt Freude an ihrer Arbeit finden.

Wir haben auch die Erfahrung gemacht – eigentlich selbsterklärend –, dass wir mit un­seren TeilnehmerInnen erst gemeinsam arbeiten müssen, um etwaige soziale Defizite, die den Einstieg in die heutige Arbeitswelt behindern, in der Praxis aufdecken, an­schließend besprechen und einer Lösung zuführen zu können.

Teamfähigkeit, die Gabe der hierarchischen Unterordnung, freundlicher Umgang mit Kol­legInnen und MitarbeiterInnen, aber auch mit Führungskräften und vieles mehr müssen erst gemeinsam erlebt, unmittelbar besprochen und in weiterer Folge einer nachhalti­gen Lösung und Verarbeitung zugeführt werden.

Dies erfordert von uns Trainern und Trainerinnen Kompetenz nicht nur in sozialer oder psychologischer, sondern vor allem auch in arbeitstechnischer Hinsicht. Wir sind als BetreuerInnen gefordert, genug eigene Erfahrung in der Arbeitswelt erworben zu ha­ben, selbst einmal erfolgreich in einem Wirtschaftsbetrieb gearbeitet zu haben. Wie sonst sollen wir diese Kompetenzen an unsere TeilnehmerInnen, Schützlinge weiterge­ben? Das lässt sich nicht aus Büchern lernen.

Fast alle unsere TeilnehmerInnen haben tatsächlich wenig oder zum Teil überhaupt keine Kenntnisse betreffend wirtschaftliche oder auch gesellschaftspolitische Grundla­gen. Mit jeder Gruppe müssen wir erarbeiten, was ein Dienstverhältnis überhaupt dar­stellt, dass es Kollektivverträge gibt, dass Arbeit nicht nur bedeutet, seine persönliche Präsenz zu zeigen, sondern erbrachte Leistung erfordert. Sehr wichtig scheint mir auch die Darstellung beider Seiten zu sein, die der DienstnehmerInnen, aber auch die der DienstgeberInnen. Erst dann wird der Leistungs- und Teamgedanke in einem Betrieb überhaupt verstanden.

Ein paar Anmerkungen zum tiergestützten Setting in unserer Arbeit mit jungen Men­schen: Es ist von wesentlicher Bedeutung, dass der Tagesablauf in einem landwirt­schaftlichen, tierhaltenden Betrieb nicht durch die menschliche oder meine Willkür vor­gegeben wird, sondern durch die natürlichen Bedürfnisse artgerecht gehaltener Nutz­tiere. Gerade Menschen unserer Zielgruppe, die oft aus sozialen Verhältnissen kom­men, die wenig strukturiert sind, erleben begründete Arbeit und Zeitvorgaben sehr po­sitiv, denn sie können sich orientieren, manche überhaupt erst einen geordneten Tag-Nacht-Rhythmus herstellen.

Beeindruckend ist weiters das Bedürfnis unserer TeilnehmerInnen, das Leben für die Tiere angenehm zu gestalten. Fachlich bezeichnet man die Grundlage solchen Han­delns auch als Du-Evidenz. Im tierischen Gegenüber erkennt man sich selbst wieder, und die Obsorge um das Wohlergehen unserer Tiere wird zur ersten Symbolhandlung, das eigene Wohlergehen zu organisieren und zu verantworten. Unsere artgerecht ge­haltenen Tiere liefern ein soziales Gefüge ähnlich einer familiären Struktur, die den jun­gen Menschen Schutz, Sicherheit und Möglichkeit zur raschen Weiterentwicklung gibt. Vor allem aber können unsere TeilnehmerInnen über Symbolbeziehungen zu unseren Tieren neue Beziehungserfahrungen durchleben und daran reifen und wachsen. Das ist das eigentliche Prinzip der tiergestützten Therapie und bedeutet alles andere als ei­nen Streichelzoo.

Abschließend möchte ich noch auf ein paar aus meiner Sicht sehr wesentliche Punkte verweisen:

Unterstützung zur Selbsthilfe. Wir haben uns entschlossen, dass wir unsere Teilneh­merInnen zwar mit allen notwendigen Informationen versorgen, aber nicht die gesamte Verantwortung bezüglich der Arbeitssuche oder der Suche nach weiterführenden Ausbildungen übernehmen – ein schwieriger Entschluss, denn letztlich erwartet man von uns TrainerInnen zu Recht entsprechende Erfolge in dieser Hinsicht. Aber genau das ist dann auch passiert. Unsere TeilnehmerInnen wurden nun selbst aktiv und ha­ben diese Aufgaben übernommen. Immer wieder überraschen sie uns nun mit neuen Bewerbungen, Vorstellungsgesprächen und Schnuppertagen, die sie selbst organisie­ren und wahrnehmen.

Ich denke, dass genau das unser aller Ziel sein muss. Wir müssen diese jungen Men­schen dahin begleiten, dass sie selbst die Verantwortung für ihr eigenes Leben über­nehmen können und wollen. Dazu brauchen sie aber auch Vorbilder, Menschen, die mit beiden Beinen im Leben stehen, die selbst mehr oder weniger erfolgreich ihr Leben gestalten.

Dem steht gegenüber, dass wir guten Willens als Gesellschaft Systeme und Institu­tionen für diese jungen Menschen geschaffen haben, die im Sinne des psychologi­schen Begriffs Kollusion manchmal auch ein unbewusstes Einvernehmen zwischen Be­treuerinnen und Betreuten in der Form herstellen, dass unbewusst keiner von beiden eine Veränderung wünscht. So wie der Arzt oft nur die Krankheit sieht und nicht die ge­sunden Anteile seiner Patienten, sieht der Betreuer manchmal eben nur die Lebens­angst und Hilflosigkeit und nicht die aufkeimende Hoffnung und den neuen Mut. Das habe ich leider auch oft beobachtet. Manchmal waren doch tatsächlich die eigentlichen Unterstützer der jungen Menschen wiederum unbewusst der Hemmschuh für den wei­teren Lebensweg.

Wir müssen auch als Gesellschaft, glaube ich, darüber nachdenken, ob möglicherwei­se ein Überangebot an Freiheit, sozialer Unterstützung und Verständnis bewirken könn­te, dass junge Menschen in ihrer Hilflosigkeit und Frustration noch mehr gefangen wer­den. Da das sprichwörtliche goldene Mittelmaß zu finden, könnte aus meiner Sicht eine der grundlegenden Herausforderungen für die nächste Zukunft unserer Gesellschaft sein.

Haben wir heute den Mut, diese jungen Menschen in reale Arbeitssituationen zu bringen! Geben wir ihnen dabei die beste fachliche Unterstützung, die wir aufbringen können, und vor allem gute Vorbilder fürs Leben! Gehen wir mit ihnen die Wege, die wir selbst gegangen sind! Wir alle waren bei unseren ersten Arbeitserfahrungen ängst­lich, manchmal hilflos, oft ungeschickt, ja und manchmal sogar dumm. Aber wir haben daraus gelernt, und man hat uns auch dazulernen lassen.

Diese jungen Menschen können diesen Weg vielleicht noch nicht alleine gehen. Sie brauchen professionelle Begleiter. Aber sie brauchen nicht immer einen geschützten Ort, sondern das reale Leben. Nur dort findet man die Authentizität und den Ernst der Realität, an der wir alle wachsen und reifen mussten. Es erscheint mir sehr wichtig, diese jungen Menschen weg von einer Identität als Bargeld- oder Dienstleistungsemp­fängerInnen hin zu einem Selbstverständnis als wichtige Träger dieser Gesellschaft zu begleiten. Dazu müssen wir ihnen aber auch die Möglichkeit zur Selbstidentifikation in diesem Sinne geben.

Ich habe meine TeilnehmerInnen, einige sind heute auch hier, vor dieser Enquete ge­fragt, welche Botschaft ich denn von ihnen an dieses Hohe Haus übermitteln darf. Der erste Satz, der aus der Gruppe kam, war: Wir wollen, bitte, arbeiten!

Ich danke für Ihre geschätzte Aufmerksamkeit. (Beifall.)

16.19


Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska|: Herr Dr. Schaufler, danke für Ihre Ausführungen.

Das nächste Statement hören wir von der Produktionsschule aus Leonding, die Pro­duktionsschule, die eigentlich keine Schule ist, wie man lesen kann, keine Schule im traditionellen Sinn. Der Ursprung kommt eigentlich aus Dänemark und bezeichnet kei­ne Institution, sondern ein pädagogisches Konzept.

Das vordringliche Ziel ist die Stabilisierung, die Motivationssteigerung und die Vermitt­lung von fachlichen Fähigkeiten. Mit großer Spannung freuen wir uns jetzt auf die Lei­terin, Frau Sebnem Ertl. – Bitte um Ihre Ausführungen.

 


16.20.04

Sebnem Ertl, B.A. (Produktionsschule Leonding)|: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Vielen herzlichen Dank, dass ich hier sein darf. Jugendli­che, die maximal einen Pflichtschulabschluss vorweisen können, haben es besonders schwer, im Berufsleben Fuß zu fassen, und entsprechend lange beziehungsweise kom­plex gestalten sich dann die Übergangsphasen in einen Beschäftigungsstatus.

Die NEET-Gruppe – „Not in Education, Employment, or Training“ – betrifft Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 16 bis 24 Jahren. Die zentrale Frage bei Reinte­grationsmaßnahmen von NEET-Jugendlichen ist, wie man diese Zielgruppe erreichen kann und welche Angebote man initiiert. Ein Angebot sind da die Produktionsschulen.

Wir sind in der Region mit Akteuren in den Bereichen Schule, Jugendarbeit, AMS, Pro­duktions- und Dienstleistungsunternehmen und der Gemeinde vernetzt, und es kommt zu einem Informationsaustausch über desintegrierte Jugendliche. Daher ist die Vernet­zung in der Region eine ganz wichtige Reintegrationsmaßnahme von NEET-Jugendli­chen.

Die Besonderheit der Produktionsschule Leonding ist die enge Vernetzung zwischen der Leitung, also mir, der Pädagogik, den Eltern und den Jugendlichen. Aufgrund der unterschiedlichen Migrationsbiographien des Produktionsschulteams und des daraus resultierenden Erfahrungshintergrundes bekommt man leichter Zugang in das Eltern­haus des Jugendlichen. Aufgrund von Elterngesprächen in deren Muttersprache sind Verständigungsschwierigkeiten praktisch ausgeschlossen. Das Vertrauen in die Pro­duktionsschule durch die Eltern macht es uns leichter, Jugendliche, vor allem Mädchen aus traditionellen Häusern, für die Produktionsschule Leonding zu gewinnen.

Auch wird der Zugang für NEET-Jugendliche erleichtert, indem die Jugendlichen, die bereits TeilnehmerInnen der Produktionsschule sind, die Produktionsschule an Ver­wandte und den Freundeskreis weiterempfehlen.

Die Produktionsschule Leonding ist eine auf die Bedürfnisse der Jugendlichen abge­stimmte Maßnahme. In der Produktionsschule Leonding erhalten alle Jugendlichen psychosoziale Betreuung auf freiwilliger Basis durch erfahrene PädagogInnen und eine handwerklich fachliche Begleitung durch engagierte FachtrainerInnen, die von den Ju­gendlichen in Anspruch genommen wird.

Die Jugendlichen erwerben in weiterer Folge durch produktives Arbeiten in den Werk­stätten Fähigkeiten für ihre persönliche und berufliche Entwicklung. Dadurch wird der Selbstwert gestärkt, und es bildet sich daraus Verantwortungsbewusstsein.

Die Produktionsschule Leonding ist eine der sieben Produktionsschulen in Oberöster­reich vom Trägerverein BFI Oberösterreich. Errichtet wurde sie im Jahr 2011 und im Herbst jenen Jahres in Betrieb genommen. Sie entspricht dem im Modell der Produk­tionsschulen nach dänischem Vorbild – das haben wir schon im Vorfeld gehört – instal­lierten Gedanken der Heimat. Dies fördert die Identifikation und bereitet die Basis da­für, gerne zu lernen und mitzuarbeiten.

In der Regel bringen die Jugendlichen vielfältige soziale und persönliche Problemstel­lungen mit. Da setzt das Konzept der Produktionsschule Leonding an, indem die Ju­gendlichen Wissen durch praktisches Tun erwerben. Sie erzeugen Produkte und Dienst­leistungen für unterschiedliche Firmen und für Privatkunden und sehen so einen Sinn­bezug zu ihrem Tun. Durch den Erwerb von Schlüsselkompetenzen entwickeln die Ju­gendlichen berufliche Perspektiven und werden ExpertInnen für ihren eigenen Entwick­lungsprozess und ihr weiteres Leben.

Bis jetzt waren in der Produktionsschule Leonding 262 Jugendliche ausschließlich aus dem Bezirk Linz-Land. Der Migrationsanteil in der Produktionsschule Leonding beträgt 75 Prozent, wobei die Staatszugehörigkeit beziehungsweise die Herkunft nicht auf Europa allein beschränkt ist, sondern bis nach Mittelamerika, Afrika und Asien reicht. Daraus resultiert dann natürlich eine große Anzahl von Muttersprachen und unter­schiedlichen Kenntnissen der deutschen Sprache. Die Vermittlungsquote betrug im Jahre 2012 38 Prozent, im Jahre 2013 47 Prozent, im Jahre 2014 38 Prozent. Die Ver­mittlungsquote beinhaltet die Vermittlung in ein Lehr- oder Arbeitsverhältnis beziehungs­weise in eine andere Schulungsmaßnahme des AMS.

Die wöchentliche Anwesenheitszeit beträgt 32 Stunden. Die Zuweisung der Teilnehme­rInnen erfolgt ausschließlich über das AMS Linz-Land. Während der Zeit ihrer Teilnah­me an der Produktionsschule erhalten die Jugendlichen die Kosten zur Deckung des Lebensunterhaltes abgegolten. Die Verweildauer bei uns in der Produktionsschule Leonding beträgt sechs Monate und kann dann im Bedarfsfall auf eineinhalb Jahre ver­längert werden.

In der Produktionsschule Leonding haben 40 Jugendliche in vier Fachbereichen einen vollwertigen persönlichen Arbeitsplatz. Folgende Fachbereiche werden in der Produk­tionsschule Leonding angeboten: eine Metallwerkstatt, eine Holzwerkstatt, EDV und ein Gastronomiebereich.

Neben den täglichen Arbeiten in den Fachbereichen steht jeder Teilnehmerin und je­dem Teilnehmer das Bewerbungstraining zur Verfügung. Dieses beinhaltet auch die Erstellung von professionellen Bewerbungsunterlagen, Gesprächs- und Telefontraining und die Vorbereitung für Einstellungstests. Jeden Freitag findet in der Produktions­schule Theorieunterricht statt und speziell in Leonding Deutschunterricht für Jugend­liche mit Migrationshintergrund in Kleinstgruppen.

Die Zielsetzung der Produktionsschule Leonding lautet: Aneignung sozialer, kultureller und gesellschaftlicher Kompetenzen. Dies bedeutet, dass die TeilnehmerInnen befä­higt sein sollten, sich im Gefüge der Arbeitswelt, aber auch in der Gesellschaft zu orientieren und diese aktiv mitzugestalten.

Wir sehen in dieser Vorgabe folgende wichtige Kernpunkte: Die Jugendlichen sollen fähig sein, ihr Leben selbstbestimmt und eigenverantwortlich zu meistern. Nicht die In­tegration durch Anpassung, sondern der respektvolle Umgang mit verschiedenen Kul­turen, Denkweisen und Werten wird gelebt. Nicht nur die Aneignung theoretischen Wis­sens allein steht im Fokus, sondern auch das Lernen von‑ und miteinander. Dies be­inhaltet aber auch, von den Erfahrungen und von den Lebensumständen unterschied­licher Altersschichten zu profitieren.

Zum Schluss kommend: Wir beschäftigen uns in Leonding mit multiplen arbeitsmarkt­politisch relevanten Themen. Dies schließt den Zugang zu NEET-Jugendlichen mit ein. Demnach sollten die Produktionsschulen trotz Einsparungsmaßnahmen des Arbeits­marktservices als arbeitsmarktpolitisch relevantes Instrument für bildungsferne Jugend­liche und junge Erwachsene gesichert werden.

Ich möchte noch ein persönliches Statement am Schluss abgeben. Ich selber habe ei­nen Migrationshintergrund, und früher wurde mir die Chance gegeben, mich in diesem Land zu integrieren, zu lernen. Ich würde mir wünschen, nicht nur als Leiterin der Produktionsschule, sondern auch als Mensch, dass man diesen Jugendlichen die Chance gibt, sich in diesem Land zu integrieren, und es ihnen ermöglicht, einen Ar­beitsplatz zu bekommen. Nur weil sie Ibrahim oder Ramasan heißen und nicht Franz oder Otto, ist es nicht unbedingt Sinn der Sache, dass man diese Jugendlichen aus­grenzt. Da ist die Politik gefordert! – Danke. (Beifall.)

16.29


Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska|: Ein herzliches Dankeschön, auch für die auf­rüttelnden Worte zum Schluss.

Als nächsten Beitrag hören wir von der Vertreterin des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, Frau Mag. Sonja Schmöckel, Jugendliche sollen ein ihren Interessen und Bedürfnissen entsprechendes Angebot finden. Das ist das Ziel ih­rer Arbeit. – Bitte um Ihr Statement.

 


16.29.39

MMag. Sonja Schmöckel (Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumenten­schutz)|: Frau Vizepräsidentin! Ich begrüße Sie, sehr geehrte Frau Präsidentin Zwazl! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen, von denen ich auch einige hier gesehen habe! Als ich die Einladung zu dieser Enquete bekommen habe, habe ich nicht wie Dr. Kopf gedacht, das ist leicht, sondern ich habe gedacht: Das ist ein Rahmen, in dem ich eher selten rede!

Nach den politischen Statements, nach wissenschaftlichen Statements und nun auch nach den Praktikern bin ich jetzt in der glücklichen Lage, dass ich Ihnen ein wenig aus der Beamtenperspektive darbringen darf. Das klingt jetzt furchtbar langweilig, bleiben Sie bitte trotzdem im Saal! (Heiterkeit.)

Es geht um die diversen Vorbereitungsaktivitäten, die der Herr Bundesminister zum Beispiel vorhin genannt hat, zur „AusBildung bis 18“, die zum Glück, da möchte ich mich bei meinem Vorredner, Herrn Mag. Steiner, bedanken, von diesem als politisch ernst gemeinte Strategie aufgefasst wird. Da freue ich mich.

Kurz zum Thema dieser Enquete: Es geht heute um NEET-Jugendliche. Noch vor ei­nigen Jahren waren NEET-Jugendliche nicht unbedingt ein Thema der Arbeitsmarkt­politik. 2013 haben wir – der Herr Bundesminister hat es auch erwähnt – Prof. Bacher, einen netten Kollegen von Mag. Steiner, damit beauftragt, eine Erhebung darüber zu machen, wie viele NEET-Jugendliche es überhaupt konkret in Österreich gibt und wie wir sie mit Angeboten und insbesondere mit arbeitsmarktpolitischen Angeboten errei­chen können, denn wir sehen unsere Aufgabe auch darin, dass NEET-Jugendliche – nicht nur, aber auch – ein Thema der Arbeitsmarktpolitik sind.

Diese Studie hat es auch belegt: Als individuelle Risikofaktoren gelten der frühe Schul­abbruch, Krankheiten, Kinderbetreuung und Arbeitslosigkeitserfahrung. Als strukturelle Risikofaktoren gelten die Anzahl der Arbeitsplätze – also auch die Konjunktur – und ganz stark die aktive Arbeitsmarktpolitik.

Da sind wir sehr gelobt worden, nicht nur von der Studie, sondern auch immer wieder im Ausland. Kein Wunder, dass auch Dr. Kopf immer wieder im Ausland referieren darf. Die aktive Arbeitsmarktpolitik, die Österreich gerade im Bereich der Jugendlichen seit einigen Jahren betreibt, wird als vorbildlich wahrgenommen.

Da gibt es unter anderem seit 2001 die Produktionsschulen, wie eben vorgestellt. Ich möchte gleich dazusagen, weil es vielleicht ein bisschen Verwirrung gab mit den Be­griffen AusbildungsFit und Produktionsschulen. Diese beiden Angebote werden im Laufe dieses Jahres zusammengelegt und gemeinsam dann Produktionsschulen hei­ßen.

Es gibt die Ausbildungsgarantie durch die überbetriebliche Lehrausbildung seit dem Jahr 2008. Es gibt auch für ältere Jugendliche Angebote mit der „Aktion Zukunft Ju­gend“ seit 2009 und – das ist auch mehrmals, was mich sehr freut, bereits erwähnt worden – das Jugendcoaching seit 2012, das die Rate der frühen SchulabbrecherIn­nen gesenkt hat.

Fazit unserer Erfahrungen aus diesen Projekten war stets: Bildung und Ausbildung sind zentral für alles, was weiter folgt hinsichtlich der arbeitsmarktpolitischen oder der beruflichen Integration junger Menschen. Das, was auch Herr Staatssekretär Mahrer vorhin angesprochen hat, ist da deutlich geworden: Je früher wir ansetzen, desto bes­ser.

Nun werden wir uns relativ schwertun, mit arbeitsmarktpolitischen Mitteln im Kinder­garten anzusetzen, aber bis zum Schulbereich haben wir uns jetzt einmal vorgewagt mit der „AusBildung bis 18“, die auf Initiative des Sozialministeriums und der Sektion Arbeitsmarkt ins Leben gerufen wurde beziehungsweise einmal ins Regierungspro­gramm aufgenommen wurde,.

Warum hat sich die Sektion Arbeitsmarkt, der ich angehöre, in dem Bereich so aktiv gezeigt? – Einige Punkte haben wir schon gehört, zu ergänzen ist: Ein dreifaches Ar­beitslosigkeitsrisiko haben jene Jugendlichen, die nur oder maximal über einen Pflicht­schulabschluss verfügen. Ein Fünftel dieser Personengruppe ist armutsgefährdet.

Was Dr. Kopf bereits sagte: Zertifikate sind in Österreich sehr wichtig. Uns geht es tat­sächlich um jene Jugendlichen, die kein Zertifikat über diesen Pflichtschulabschluss hi­naus haben. Das sagt über die Qualität der Abschlüsse natürlich noch nichts aus. Auch da ist sicherlich eine Baustelle zu finden.

Was heißt nun eigentlich „AusBildung bis 18“? Wir haben den Begriff jetzt einige Male gehört, der Herr Minister hat auch von einer Ausbildungspflicht, von einer Ausbildungs­verpflichtung gesprochen. Tatsächlich steht im Regierungsprogramm Folgendes:

„Ausbildung bis 18: Alle unter 18-Jährigen sollen nach Möglichkeit eine über den Pflichtschulabschluss hinausgehende Ausbildung abschließen.“

Konkretisiert heißt das für uns jetzt: Ab dem Schuljahr 2016/17 wird, beginnend mit einem Jahrgang, jeder Jugendliche nach Vollendung der Schulpflicht – die Schulpflicht wird gesetzlich nicht angetastet – verbindlich eine weiterführende Bildungs- oder Aus­bildungsstätte besuchen.

Das bedeutet, konkret betroffen sind jene Jugendlichen, die im kommenden Schul­jahr – und das ist die Brisanz auch für uns, die wir daran arbeiten – ihre Schulpflicht beenden. Sie werden bereits als erster Jahrgang dieser „AusBildung bis 18“ unterlie­gen.

Das ist eine weitreichende Reform, aber eine, mit der wir international eigentlich an Gegebenes anknüpfen. Im internationalen Vergleich ist Österreich mit einer nur neun­jährigen Schulpflicht europaweit Schlusslicht, und auch international statistisch sehr weit hinten. Wir haben bereits vom Minister die Niederlande als Positiv-Beispiel gehört. Belgien, Polen, Portugal haben alle Schulpflichten bis 18 – und da rede ich von Schul­pflichten oder Teilzeitschulpflichten.

In Deutschland gibt es zum Beispiel bundeslandspezifisch Teilzeitschulpflichten – das bedeutet, Berufsschule ist natürlich auch okay, aber bis 18, teilweise auch bis 19. Auch Südtirol hat 2010 einen ähnlichen Prozess erlebt wie wir heute. Es hat das Recht und die Pflicht auf Ausbildung bis 18 eingeführt.

Wen betrifft eigentlich die „AusBildung bis 18“? – Der Begriff sagt es: Es betrifft alle bis 18. Natürlich nur jene, die nicht vorher einen weiterführenden Abschluss erlangen. Wenn man mit 17 Jahren Matura macht, ist man natürlich befreit von einer Weiterfüh­rung. Ein Großteil der jungen Menschen macht das ja heute schon, und wir haben ei­nige Zahlen dazu von Mag. Steiner zu hören bekommen.

Im Endeffekt, wenn wir es grob fassen, werden pro Jahrgang 5 000 Jugendliche mehr einen Platz im Bildungs- oder Ausbildungssystem brauchen. Wenn wir irgendwann alle drei zusätzlichen Jahrgänge erwischen, dann sind es rund 16 000 Jugendliche. – Das werden wir doch wohl schaffen.

Was dürfen diese Jugendlichen machen? Wir haben jetzt von ganz tollen Projekten – ich möchte mich ganz herzlich bedanken –, vom Mauritiushof und von der Produk­tionsschule, gehört. All das hat natürlich weiterhin seine Existenzberechtigung, denn gerade unter diesen 5 000 Jugendlichen werden sehr, sehr viele sein, die genau diese Strukturen, die genau diese Angebote brauchen werden.

Die Illusion, dass wir gerade diese 5 000, die uns derzeit aus dem System fallen, in ei­ne betriebliche Lehre stecken können, das wird es nicht spielen. Das werden einige davon nicht schaffen. Manche schon, und da möchte ich auch die Wirtschaft natürlich nicht aus der Pflicht nehmen, die auch da verstärkte Integrationsbemühungen machen und sich um diese Jugendlichen bemühen muss und Unterstützungsleistungen – die es ja gibt für Jugendliche, die in einer Lehre sind – annehmen und erkennen muss. Das sind Jugendliche in der Pubertät, denen man eine Chance geben und die man an die Hand nehmen muss.

Aber auch andere Projekte haben natürlich ihre Existenzberechtigung. Es kann der Besuch einer allgemeinen oder berufsbildenden Schule sein, das Absolvieren einer du­alen Ausbildung, auch integrativ, oder eben eine qualitativ hochwertige, anerkannte bildungs- oder arbeitsmarktpolitische Maßnahme, oder auch Angebote für Jugendliche mit besonderem Unterstützungsbedarf, insbesondere auch jene für Jugendliche mit Be­hinderung.

Diese wollen wir auch bewusst nicht herausnehmen, denn ich denke, wenn sie ausbil­dungspflichtig sind, dann haben sie einen Anspruch auf eine Ausbildung und dann haben wir auch die Aufgabe, ihnen die Angebote zu schaffen und diese auch zu fi­nanzieren. – Aus meiner privaten Sicht ist es sehr gut, wenn wir diesen Druck auf­bauen.

Man kann natürlich von der „AusBildung bis 18“ – das sind dann Feinheiten – auch be­urlaubt werden; diese kann unter bestimmten Umständen ruhen. Da ist gerade unser Ministerium federführend dabei, einen Gesetzentwurf aufzusetzen, der dann intensiv mit allen anderen zuständigen Ressorts und Akteuren besprochen wird.

Falls es wieder einmal um diese finanziellen Sanktionen geht: Wir wissen genau, dass das keine bewusstseinsverändernden Maßnahmen sind, das hat keinen positiven Einfluss. Das kann nur ganz am Ende eines Plans sein, und zwar eines Stufenplans nicht der Sanktionen, sondern eines Stufenplans der Unterstützung.

Wenn wir einen Jugendlichen identifizieren, der nicht an der „AusBildung bis 18“ teil­nimmt, schicken wir ihm keinen Zahlschein nach Hause, sondern ein Schreiben, an wen er sich wenden kann. Dann schicken wir ihm die Unterstützungssysteme oder die Personen, sofern wir ihn irgendwie erwischen, die ihm helfen können, dass er doch wieder den Anschluss an das System findet.

Erst wenn all das nicht fruchtet, kann irgendwo am Ende einmal eine finanzielle Sank­tion stehen, aber ich wäre froh, wenn das natürlich so selten wie möglich zum Einsatz kommt. (Beifall.)

Die Verantwortung dafür liegt bei den Eltern, bei den Institutionen, Schulen, Lehrlings­stellen, AMS, SMS, bei den Ländern natürlich.

Wir wollen auch ein Netzwerk der Unterstützung auf regionaler Ebene etablieren, denn wir denken, je regionaler und je besser vernetzt die Akteure sind, die Gutes für die Jugendlichen tun können, desto besser wirkt es für den Jugendlichen. Was können wir denn auf Bundesebene schon groß machen, außer die Rahmenbedingungen zu setzen?

Die Akteure habe ich bereits angesprochen. Wir als Sozialministerium initiativ, stehen aber ziemlich alleine da, wenn uns nicht das Bildungsministerium darin unterstützt, das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft, das Bundesministerium für Familie und Jugend – auch dieses ist da ein wesentlicher Akteur – und die Länder. Bei vielen Bereiche, die da angesprochen werden – die niederschwelligen Angebote für Ju­gendliche, Jugendliche mit Behinderung, die Kinder- und Jugendhilfe –, bei all dem, was wir vor allem auch im Netzwerk der Unterstützung brauchen werden, sind die Länder Akteure, die da relevant sind. Die Sozialpartner spielen eine große Rolle, selbst die Gemeinden, das AMS, das Sozialministerium Service ist ganz zentral, und auch die wissenschaftliche Begleitung ist uns natürlich wichtig. – Vielen Dank an Mag. Steiner.

Wir sind nicht nur dabei, ein Gesetz zu schreiben, sondern wir müssen natürlich be­gleitend auch an einer Strategie arbeiten. Was heißt das: „AusBildung bis 18“, außer dass ein Gesetz kommt, dass die Jugendlichen eine Ausbildung machen sollen? – Das bedeutet auch das Recht auf Ausbildung, hat der Minister vorhin gesagt, und das heißt, jeder Jugendliche soll ein seinen Interessen und Bedürfnissen entsprechendes Angebot finden. Das heißt, wir müssen die bestehenden Angebote verbessern, deren Koordination, deren Nutzung. Es wird auch ein paar Angebotslücken geben, die wir schließen müssen. Das wird auch etwas kosten, aber ich denke, das ist sehr gut inves­tiertes Geld.

Abschließend – die rote Lampe leuchtet hier so bedrohlich – sage ich noch herzlichen Dank fürs Zuhören und bitte Sie alle, die „AusBildung bis 18“ als Chance zu verstehen, als Recht auf Ausbildung. Ich bitte um Ihre Unterstützung dafür! – Danke. (Beifall.)

16.41


Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska|: Danke schön, Frau Mag. Schmöckel. Sie macht nichts, die rote Lampe. Sie beißt nicht, aber sie erinnert uns daran, dass wir die Rede­zeit einhalten sollten.

Bevor wir in die Diskussion eingehen, möchte ich auch Sie darum bitten. Wir haben zurzeit zwölf Wortmeldungen, das heißt, würden wir die 3 Minuten pro Redner einhal­ten, würden wir bereits die Zeit überziehen. Daher würde ich sie um 2 Minuten pro Redebeitrag bitten.

Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mühlwerth. – Bitte.

Diskussion

 


16.42.09

Bundesrätin Monika Mühlwerth (FPÖ, Wien)|: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Das waren sehr interessante Statements, es hat sich für mich aber schon eines herauskristallisiert, was wir ohnehin wussten: Es gibt da ein massives Problem mit Jugendlichen aus Zuwandererfamilien. Da darf man sich nicht darum herumdrücken; das ist so. Und das ist durch eine allzu freizügige Zuwanderung und durch eine allzu freizügige Familienzusammenführung entstanden.

Ich möchte Ihnen, Frau Ertl, widersprechen. Es ist nicht so, dass die Mehrheitsge­sellschaft diese Kinder nicht integrieren will. Das hieße nämlich, den Lehrern zu un­terstellen, sie würden die Kinder diskriminieren, die nicht Franz oder Otto heißen, und ich glaube, das wollten Sie sicherlich nicht.

Aber es ist schon so in Wien – und da weiß ich, wovon ich spreche –: Wenn die Anträ­ge auf Erteilung einer Gemeindewohnung gestellt werden, wissen vor allem die Tür­ken, sie wollen in eine „türkische Community“, in einen Bezirk, wo schon Türken leben. Warum? – Dort gibt es die Infrastruktur, sie können ja die Sprache nicht, dort sprechen alle Türkisch, dort gibt es den Friseur, den Fleischhauer, den Bäcker et cetera, und dort wollen sie auch hin.

Das macht die Integration so schwierig. Aber selbstverständlich muss es unser Inter­esse sein, dass diese Jugendlichen etwas lernen, eine Ausbildung erhalten, um später auch einen Arbeitsplatz erhalten zu können. Denn es ist nicht nur für sie von Interesse, sondern natürlich auch im Interesse des Staates, später Steuerzahler zu haben, die dazu beitragen, dass der Staat seine Aufgaben weiterhin erfüllen kann.

Wo muss man ansetzen? – Meiner Meinung nach ist das ja alles gut gemeint, was da heute gekommen ist, aber der erste Schritt beginnt in der Volkschule. Da ist diese selektionsfreie Gesamtschule, die sich ja alle wünschen, die es seit Jahrzehnten gibt, der es aber trotzdem nicht gelingt, allen Kindern die deutsche Sprache beizubringen und sie ausreichend in Lesen, Schreiben und Rechnen zu unterrichten. Da ist das Problem.

Und da ist mein Vorschlag, die Schule vielleicht ein wenig mehr von „Events“ zu be­freien. Damit meine ich nicht Landschulwochen oder Sprachkurse, aber ich weiß als Mitglied des Kollegiums des Stadtschulrates für Wien und ehemalige Vizepräsidentin des Stadtschulrates für Wien, wie viele schulbezogene Veranstaltungen eingereicht werden, wo einige gute Sachen dabei sind, wo man mehr lernen kann als in der Klas­se, aber wo auch viele Veranstaltungen darunter sind, die ich eher als Bespaßung be­zeichnen würde, wobei ich aber meine, dass mehr Zeit fürs Lernen wichtiger wäre.

Meiner Überzeugung nach ist es wichtig, dass die Schule wieder zu dem zurückkommt, was ihre eigentlich Aufgabe ist: Wissensvermittlung und Wissenserwerb. Das ist wesentlich für die Kinder.

Die Kompetenzen werden im Klassenverband trainiert, geübt, gelernt. Ein Teil sollte natürlich auch schon von den Eltern kommen, die wir dringendst ins Boot mitnehmen müssen – ausländische wie auch einheimische, denn da krankt es auch manchmal. Das wären für mich schon einmal die ersten wesentlichen Schritte, von denen ich glau­be, damit wäre schon sehr, sehr viel getan.

Wenn wir beherzigen würden, dass wir die Schule als einen Ort der Ruhe ansehen, denn die Kinder sind von so vielen Dingen umgeben und abgelenkt, dass die Schule als Ort der Ruhe eigentlich, finde ich, ein richtiger Hort wäre, dann, glaube ich, gelänge den Jugendlichen die Integration besser.

Die Eltern kommen meistens her und Bildung ist für sie nichts wert. – Da möchte ich den Bürgermeister von Neukölln, SPD-Mitglied Buschkowsky, zitieren, der in seinem Buch „Neukölln ist überall“ schreibt: Warum soll jetzt der jugendliche Zuwanderer so wahnsinnig viel in die Bildung investieren? Er schaut seinem Onkel und seinem Cousin zu – ich zitiere den Autor –, der lebt von Hartz IV, pfuscht ein bisschen nebenbei und kommt sehr gut über die Runden. Also wozu soll er sich anstrengen?

Da bin ich bei einem dritten Punkt – bei der Schule –, nämlich dass wir uns wieder auf die Tugenden besinnen, die da heißen: Leistungsbereitschaft – nicht wie „Gott Kupfer“ aus dem „Schüler Gerber“, sondern Leistungsbereitschaft, um eine für mich best­mögliche Leistung erlangen zu können –, Pünktlichkeit, Disziplin und auch ein ge­wisses Benehmen. Ich glaube, damit wären meiner Meinung nach wichtige Grund­schritte getan, die uns einmal gar nichts kosten. Die sind vollkommen kostenlos.

Da ich jetzt betreffend die Zeit so eingeschränkt worden bin (Vorsitzende Präsidentin Zwazl: Du hast schon 3 Minuten!) – habe ich schon; okay –, nehme ich in Anspruch, Ihnen den Rest beim nächsten Mal zu erzählen. – Vielen Dank. (Beifall.)

16.47


Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska|: Ich wünsche mir, dass die nächsten RednerIn­nen sich wirklich daran halten, die 2 Minuten einzuhalten, damit wir im Zeitbudget bleiben können.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Kurz. – Bitte.

 


16.47.37

Bundesrätin Mag. Susanne Kurz (SPÖ, Salzburg)|: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin froh, dass wir die politische Debatte morgen im Bundes­ratsplenum führen werden, deshalb werde ich jetzt nicht auf diese Dinge antworten, sondern mich auf andere Schwerpunkte beschränken, da auch die Redezeit beschränkt ist.

Ich denke, wir haben heute schon sehr viel von renommierten Expertinnen und Exper­ten aus der Fachwelt, aus der Praxis gehört. Klar ist für uns alle, einen Bildungsab­schluss, ein Zertifikat zu erreichen und über die Qualifikationen und die Kompetenzen zu verfügen, die am Arbeitsmarkt tatsächlich gebraucht werden, das ist sowohl für jede einzelne Person, aber insgesamt auch für Österreich erfolgsrelevant.

Ich möchte auch auf das Bildungswesen eingehen, denn alle arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen kommen eigentlich erst danach, wenn der Jugendliche/die Jugendliche quasi aus dem Bildungssystem schon hinausgefallen ist. Deshalb lege ich Wert darauf festzustellen, dass jede Investition – und da brauchen wir sicher noch mehr Investi­tionen als wir derzeit im Bildungswesen haben – auch mit Qualitätsentwicklung ver­knüpft werden muss, da Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung auch in diesem Bereich etwas ganz Wichtiges sind.

Es geht aber nicht nur um berufliche Ausbildung, die bekanntermaßen in Österreich sehr gut aufgestellt ist. Wir liegen sehr gut im OECD-Vergleich, wir wissen, dass unser berufsbildendes Schulwesen sehr anerkannt ist, und zwar nicht nur in Europa, sondern weltweit, und dass wir über gute Voraussetzungen verfügen, die die Jugendlichen be­kommen können, wenn sie sie annehmen.

Aber die Jugendlichen, um die es heute geht, die NEET-Jugendlichen, nehmen eben aus verschiedenen Gründen diese Möglichkeiten zur Qualifikation nicht an – einige Gründe dafür haben wir heute schon gehört –, und, was bedauerlich ist, ihre Zahl steigt. Deshalb, glaube ich, ist es sehr gut, dass wir heute darüber reden. Der Grund, warum wir darüber reden, ist, dass wir versuchen müssen, diese Zahl wieder zu sen­ken. Alle werden wir logischerweise nie erreichen, aber wir könnten doch relativ viele erreichen.

Es geht um diese ganz heterogene Gruppe. Wir haben die wirklich arbeitslosen Ju­gendlichen, es gibt aber auch Menschen, die krank sind. Wir haben gehört, es gibt Menschen mit Behinderung, es gibt Menschen, die Betreuungspflichten haben, insbe­sondere junge Frauen, Mädchen – da geht es nicht nur um die eigenen Kinder, son­dern oft um die eigenen Eltern –, und es gibt natürlich auch Gruppen, die nicht ge­fährdet sind, die sich einfach eine Auszeit nehmen. Um die brauchen wir uns weniger zu kümmern.

Es stimmt schon, es gibt Risikogruppen, die sozusagen ein höheres Risiko haben, NEET-Jugendliche zu werden. Darunter fallen auch Menschen mit Migrationshinter­grund, junge Menschen vor allem der ersten Generation. Aber eines möchte ich schon auch feststellen: 75 Prozent der NEET-Jugendlichen haben die österreichische Staats­bürgerschaft.

Was können wir tun? – Ich denke, Chancengerechtigkeit – es freut mich, dass es heute schon oft gefallen ist – ist das Gebot der Stunde. Wir müssen all diese Maßnah­men, die im Schulsystem eingeführt worden sind – Neue Mittelschule, ganztägig ge­führte Schulformen et cetera –, weiter ausbauen. Ich bin sehr dafür, auch die frühkind­liche Förderung zu verstärken.

In diesem Zusammenhang richte ich gleich einen Appell an all meine Kolleginnen und Kollegen: Beschließen wir doch so rasch wie möglich das zweite verpflichtende, kos­tenfreie Kindergartenjahr! Dann haben wir einen weiteren großen Schritt gemacht. Und damit höre ich auch schon auf. – Danke. (Beifall.)

16.51


Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska|: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bun­desrat Dönmez. – Bitte.

 


16.51.46

Bundesrat Efgani Dönmez, PMM (Grüne, Oberösterreich)|: Hohes Präsidium! Sehr geehrte Damen und Herren! Geschätzte Frau Kollegin Mühlwerth, ehrlich gesagt, mir haut es da wirklich die Kabel raus, wenn ich diese Unterscheidung zwischen Kindern mit und ohne Migrationshintergrund höre. Es sind unsere Kinder. Punkt. (Beifall.)

Österreich ist ein Land, welches exportorientiert ist. Über 70 Prozent unseres Wirt­schaftserfolges, unsere Wohlstandes werden im Ausland erwirtschaftet. (Bundesrätin Mühlwerth: Die Zahlen sprechen für sich, Herr Kollege!) – Etwas Besseres kann uns gar nicht passieren, als dass wir dieses Potenzial in unserem Land haben. Es ist eine andere Frage, wenn wir es nicht auf die Reihe kriegen, dass wir dieses Potenzial nicht nutzen und bestmöglich unterstützen und fördern, da wir eben ein selektives Bildungs­system haben. Das ist das eigentliche Problem.

Die Dinge, die Sie angesprochen haben, stimmen großteils. Es nützt uns nichts, wenn wir uns gegenseitig den Schwarzen Peter zuschieben. Alle Parteien haben in diesem Bereich viele Fehler gemacht, und wir müssen schauen, wie wir die Zukunft gestalten, das ist der entscheidende Punkt. (Bundesrätin Mühlwerth: Die Zahlen sind so!)

Ich selbst bin nicht nur Mitglied des Bundesrates, sondern auch in der Sozialarbeit tä­tig, und da habe ich unter anderem Jugendcoaching und IWA-Projekte geleitet. Ich ha­be dort junge Erwachsene und Jugendliche angetroffen, die alle arbeiten wollten, die den Willen dazu gehabt haben.

Aber wissen Sie, was gefehlt hat, sehr geehrte Damen und Herren? – Die Chance, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, eben aufgrund ihrer unterschiedlichen Beeinträchti­gungen. Wir Politiker thematisieren das wirklich sehr selten. Wir sagen immer: Wenn sich jemand anstrengt, viel leistet und wenn wir genug unterstützen, dann wird das schon. – Falsch!

Arbeit ist eine Ressource, und diese Ressource wird immer knapper. Die Anforderun­gen des Arbeitsmarktes werden immer höher, und da kommen viele, die – aus welchen Gründen auch immer – diese Leistung nicht erbringen können, unter Druck. Das ist das eigentliche Problem.

Das heißt, wir müssen die Diskussionen, wenn wir sie führen, ehrlich führen. Wir haben eine Ressourcenverknappung in diesem Bereich, und jene, die eine bessere und höhere Ausbildung haben – Herr Staatssekretär Mahrer hat es schon gesagt –, werden es leichter haben.

Jetzt komme ich schon zum nächsten Punkt – manche meiner VorrednerInnen haben es dankenswerterweise angesprochen, wie Sie, geehrte Frau Schmöckel –, und zwar: Menschen mit Beeinträchtigungen. Wenn wir uns da die Arbeitslosenzahlen anschau­en, sehen wir, das sind Zahlen jenseits von 30 Prozent. Und wenn da noch zusätzlich Menschen mit Migrationshintergrund dazukommen, dann ist es noch höher. Es ist in der Arbeitswelt – das ist eine Erfahrung, die ich gemacht habe – de facto unmöglich, diese Menschen in den Arbeitsmarkt zu vermitteln. Da können wir machen, was wir wollen.

Frau Ertl hat es angesprochen: Wir müssen die Chancengleichheit viel mehr in den Fokus nehmen. Ich kenne viele junge Erwachsene, die eine tolle Ausbildung haben, die perfekt Deutsch sprechen, aber weil sie eben Ali, Fatima oder Mustafa heißen, in Österreich sehr schwierig einen Job bekommen. Mittlerweile kehren sie wieder in die Türkei zurück, obwohl sie hier aufgewachsen sind und hier ihre Ausbildung genossen haben.

Herr Erdoğan sagt: Danke, dass ihr mir die Ausbildung bezahlt habt, ich brauche ohne­hin die Arbeitskräfte!

Das sind Resultate einer verfehlten Politik, da brauchen wir die Kugel nicht hin- und herzuschieben, denn da sind wir Politiker verantwortlich. Wir wissen auch, was zu machen wäre. Wir müssen den Mut fassen, das, was unsere zahlreichen Experten, so wie sie hier sitzen, und auch die zahlreichen Enqueten und Österreich-Konvente schon erarbeitet haben, auch umzusetzen. Daran scheitert es. – Danke für Ihre Aufmerksam­keit. (Beifall.)

16.55


Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska|: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bun­desrat Tiefnig. – Bitte.

 


16.55.41

Bundesrat Ferdinand Tiefnig (ÖVP, Oberösterreich)|: Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen aus Nationalrat, Landtag und Bundesrat! Liebe DiskussionsteilnehmerInnen! Wann beginnt das Schlummern der Kinder? In der Familie, in der Schule oder am Arbeitsmarkt? – Ich sage überall: Wenn man Jugendliche nicht anerkennt, ihnen nichts zutraut und nicht vertraut, dann beginnen sie zu schlummern.

Ich bin überzeugt davon, dass Kinder auch manchmal zu sehr nicht mehr Kinder sein dürfen. Sie werden zu sehr gefordert und überfordert. Daher wird es wichtig sein, auch in Zukunft eine wissenschaftliche Begleitung bei der pädagogischen Erziehung von Kindern in Angriff zu nehmen. Ich bin überzeugt davon, diese pädagogischen und wis­senschaftlichen Begleitmaßnahmen sind Voraussetzung, damit Kinder in Zukunft auf dem Arbeitsmarkt unterkommen.

Ein weiterer Punkt, der wichtig ist, damit Jugendliche am Arbeitsmarkt oder überhaupt in der Gesellschaft Fuß fassen, sind unsere Vereine. Das sind die Feuerwehren, das sind die Sportvereine, das ist die Landjugend. – Ich freue mich, dass die Landesleiterin der Landjugend Österreich Elisabeth Gneißl hier ist, um zuzuhören.

Die Landjugend ist der Motor im ländlichen Raum und ist auch die Organisation, die das Verbindungsglied zwischen Jugendlichen und Erwachsenen im ländlichen Raum ist.

Man muss unterscheiden zwischen Menschen, Kindern und Jugendlichen im städti­schen Bereich und Menschen und Kindern im ländlichen Bereich. Ich bin überzeugt davon, dass auch das Modell der landwirtschaftlichen Fachschulen in viele Bereiche umgelegt werden kann – auch in den Ausbildungsbereich, wo mehr Berufe dement­sprechend aufgezeigt werden, in welchen Berufszweig sie gehen können.

Lehrlingsmessen, aber auch die Produktionsschule, ein Vorbild, welches vielleicht über ganz Österreich gestreut werden sollte. In diesem Sinne finde ich diese Veranstaltung hervorragend, und ich denke, wir müssen in diesem Bereich weiterarbeiten. – Danke schön. (Beifall.)

16.57


Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska|: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundes­rätin Blatnik. – Bitte.

 


16.57.36

Bundesrätin Ana Blatnik (SPÖ, Kärnten)|: Frau Präsidentin! Gospa president! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Drage kolegice, dragi kolegi! Sehr geehrte Referentinnen und Referenten! Spoštovani referentice in referenti! Efgani Dönmez, ich danke dir für dein Statement!

Ich möchte vor allem zum Thema Berufswahl von Frauen Stellung nehmen. Noch im­mer ist es so, dass Frauen sich für typische Frauenberufe entscheiden, das ist Ver­käuferin, das ist Sekretärin, das ist im Grunde genommen die Friseurin. Ich möchte be­tonen, dass ich diese nicht unterbewerte, sie sind sehr wichtig, sie sind gut und sie machen ihre Arbeit hervorragend, aber Fakt ist, dass gerade diese Berufe schlecht entlohnt, schlecht bewertet werden und auch keine wirklichen Karrierechancen bieten.

Ich bin Berufsschullehrerin, und ich kann Ihnen sagen, es hat sich etwas geändert. In meiner Klasse, Betriebslogistik, sind 19 Schülerinnen und Schüler, also junge Männer und junge Frauen. Ich bin sehr froh darüber, dass diese Frauen ihren Selbstwert, ihre Sicherheit, ihr Erfolgserlebnis auch in der Technik finden. Und sie sind wirklich gut – nicht besser, aber auch nicht schlechter als die jungen Männer.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube, das ist der Punkt: Wenn wir die Rolle der Frau ändern wollen, ja müssen, dann müssen wir sie ändern, aber von An­fang an, etwa beim Kauf von Spielsachen. In den Lehrbüchern steht noch immer: Die Mutter kocht, der Vater repariert. Da muss etwas geändert werden!

Zum Schluss: Wir werden als Mädchen geboren, wir werden aber zu „typischen Frau­en“ gemacht. – Danke. Hvala lepa. (Beifall.)

16.59


Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska|: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bun­desrat Pfister. – Bitte.

 


17.00.01

Bundesrat Rene Pfister (SPÖ, Niederösterreich)|: Sehr geehrte Damen und Herren! Als einer, der aus der Praxis kommt und auch mit der Praxis zu tun hat – ich habe in einer Lehrwerkstätte in der Lehrlingsausbildung tagtäglich mit sehr vielen Jugendlichen zu tun –, möchte ich schon die Beispiele, die der Effi da angeführt hat, aufgreifen, weil wir, wenn es um die Lehrlingsausbildung geht, sehr häufig merken – auch die Frau Präsidentin weiß das –, dass es sehr schwierig wird.

Ich habe immer wieder Jugendliche, die in eine Ausbildung kommen, die auch diese Verbindungen ins Elternhaus gar nicht mehr haben. Warum haben sie diese Verbin­dungen ins Elternhaus nicht?! – Sie haben sie deswegen nicht, weil teilweise keine Familienverhältnisse, so, wie wir sie kennen, existieren, teilweise deshalb, weil der Vater oder die Mutter pendeln müssen, weit pendeln müssen, vielleicht auch die ganze Woche nicht zu Hause sind. Gott sei Dank gibt es noch in sehr vielen Fällen Groß­eltern, die sich um die Kinder kümmern.

Wir merken in den letzten Jahren sehr stark, dass es genau in diesem Bereich Defizite gibt. Weil die Jugendlichen oder die Kinder dazu keine Möglichkeit mehr haben, weil Vater und Mutter aufgrund dessen, dass das Erwerbsleben ruft und die Einkommen beider Elternteile gefordert sind, nicht zu Hause sein können, und weil es auch ver­nünftig ist, dass man sich weiterentwickelt und weiterbildet, glaube ich, haben wir da auch Handlungsspielraum, der die gesamte Politik betrifft.

Man hat den Jugendlichen gesagt, sie sollen brav ihre Schulausbildung machen, brav lernen und schauen, dass sie gute Noten bekommen, dann haben sie nämlich alle ei­nen Job. Ich glaube, das ist ein Thema, das wir auch in dieser Gruppe haben. Wenn die Jugendlichen dann eine Schulausbildung, eine Ausbildung fertig haben und auf den Arbeitsmarkt drängen, dann wird es immer schwieriger, selbst mit Ausbildung.

Wir gehen hier genau diesen Weg, dass wir in der Lehrlingsausbildung – daher auch mit Bezug zur Praxis – versuchen, unseren Jugendlichen noch in der Ausbildung, wäh­rend der Lehrzeit Zusatzqualifikationen zu vermitteln. Das geht so weit, dass wir ih­nen auch die Möglichkeit anbieten, nach der Lehrlingsausbildung zusätzliche Ausbil­dungsqualifikationen zu erwerben. Wir haben das vor vier Jahren begonnen und mer­ken sehr stark, dass genau diesen Jugendlichen, die während der Lehrzeit in einer Ausbildung sind, in dieser Zeit sehr oft das Licht aufgeht, sodass sie erkennen, dass, wenn sie sich auf dem Arbeitsmarkt behaupten oder weiterentwickeln möchten, sie dann auch selbst etwas dafür tun müssen.

Ich glaube auch, dass es nicht nur im schulischen Bereich die Herausforderung ist, sondern dass den Kindern schon ganz früh, auch im Kindergarten, mitgegeben wird, dass Lernen nichts Negatives ist, dass Lernen nicht etwas ist, das keine Perspektiven gibt, sondern dass Lernen erstens einmal Spaß macht und zweitens dann auch Chan­cen auf dem Arbeitsmarkt schafft. (Beifall.)

17.02


Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska|: Als Nächster ist Herr Bundesrat Perhab zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


17.02.56

Bundesrat Franz Perhab (ÖVP, Steiermark)|: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ich brau­che nur kurze 2 Minuten. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Monika Mühlwerth, es wäre verlockend, ein bisschen etwas zu deinen Ausführungen zu sagen (Bundesrätin Mühlwerth: Nur zu!), trotz des Wahlergebnisses am Sonntag in der Stei­ermark. Als Vertreter der Wirtschaft darf ich dir aber schon sagen: Wir haben nicht nur einen gegenwärtigen Facharbeitermangel, sondern einen zukünftigen und wahrschein­lich einen noch größer werdenden. Wir sind dankbar, wenn es Österreicherinnen und Österreicher mit Migrationshintergrund gibt, die zu überwiegenden Teilen bereit sind, eine Lehre zu machen. (Beifall.)

Ich komme aus einer Branche, aus dem Tourismus, und bin selbst ein kleiner Arbeitge­berbetrieb. Ich denke, gerade da sind wir in unserem Denken schon weit darüber hin­weg, dass wir da auf Nationaltäten eingehen, sowohl was unsere Gäste als auch was unsere Mitarbeiter betrifft. Wir wissen nämlich, dass wir in einer Wintersaison in Öster­reich ohne Saisonniers, die meistens Nicht-Österreicher sind – zumindest Europäer, aber jedenfalls national keine Österreicher sind –, unsere Kapazitäten wahrscheinlich gar nicht mehr erfüllen könnten.

Daher: Nicht verallgemeinern, sondern darauf Wert legen, welche Ausbildungen sie vorher machen konnten.

Zum Thema Produktionsschulen. Ich wäre sehr dankbar dafür, wenn diese Produk­tionsschulen – ich glaube, in der Steiermark, in Graz haben wir sie auch – noch mehr mit den Betrieben vernetzt würden, weil wir schon feststellen, dass es nicht genügt, ein sogenanntes Trockendock zu absolvieren. Da haben wir ja auch immer einige Pro­bleme bei der überbetrieblichen Lehrlingsausbildung. Ich selbst habe auch zwei NEETs ausgebildet, bei denen ich von Anfang an gewusst habe, sie werden die Lehrausbil­dung nicht schaffen; aber sie haben die drei Jahre absolviert und sind heute weiterhin auf dem Arbeitsmarkt tätig. Das waren ehemalige Lehrlinge aus der damaligen DDR. Heute sind sie in Österreich verheiratet und haben ihren fixen Job im Tourismus, auch nach der Babypause. Es gibt also durchaus erfolgreiche Beispiele.

Ich denke, die Wirtschaft wird auch in Zukunft bereit sein, diese Ausbildungschancen auch für Jugendliche mit Migrationshintergrund zu bieten. Das ist jetzt eine leise Kri-
tik, eigentlich nicht Kritik, sondern eine Gegenposition zu Ihren Ausführungen, Frau Mag. Schmöckel. Sie haben sehr viel von Rechten der Jugendlichen gesprochen: Recht auf Arbeit, Recht auf Ausbildung, Recht auf Beschäftigung und so weiter. Ich möchte aber schon hinzufügen, es gibt auch Pflichten. Man muss schon motiviert sein. Man muss auch schon bereits sein, eine gewisse Leistung zu erbringen, um damit sein ge­rechtes Entgelt zu bekommen. Das ist dann die Win-win-Situation, die wir in der Wirt­schaft brauchen. (Beifall.)

17.05


Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska|: Als Nächste ist Frau Wagner zu Wort gemel­det. – Bitte.

 


17.05.48

Doris Wagner, M.Ed. (Berufsschulinspektorin, Landesschulrat Niederösterreich)|: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Vizepräsidentin! Werte Damen und Herren! Wir haben heute schon viel zum Thema Jugendarbeitslosigkeit und dazu gehört, dass wir öster­reichweit mit unserer sehr geringen Jugendarbeitslosigkeit im europäischen Kontext sehr gut liegen. Wir haben aber auch gehört, es gibt 75 000 NEETs. 75 000 NEETs sind 75 000 junge Menschen ohne Beschäftigung zu viel. Es wurden auch schon viele Maßnahmen besprochen, die man treffen kann, um diese Zahl von 75 000 zu reduzieren.

Ich möchte mich jetzt auf präventive Maßnahmen beschränken, denn Prävention ist, wie wir alle wissen, eigentlich das langfristig wertvollere Instrument. Ich darf Ihnen hier einige Maßnahmen aus dem Bundesland Niederösterreich, die auf eine Initiative von Frau Landesrätin Mag. Barbara Schwarz zurückgehen, präsentieren.

Wichtig ist, Begabungen zu erkennen, Jugendliche, Kinder, Kleinkinder zu fördern, weg von der Fehlerkultur in der Schule zu kommen, hin zu der Förderung dessen, was das Kind besonders gut kann und worin seine Stärken, seine Neigungen und Bega­bungen liegen. Wichtig ist auch, die sozialen Kompetenzen zu fördern, also nicht nur die fachliche Kompetenz, sondern wirklich auch die Persönlichkeitsentwicklung der jun­gen Menschen zu forcieren.

Ein weiterer Schwerpunkt in Niederösterreich ist Berufsorientierung und Bildungsbe­ratung. Da können wir wirklich auf gute Instrumente zurückgreifen. Ich darf das Be­rufsorientierungsportfolio nennen, eine Kooperation zwischen Land Niederösterreich, Wirtschaftskammer Niederösterreich und Arbeiterkammer Niederösterreich.

Ich darf auch auf den Begabungskompass verweisen, einem „Kind“ der Frau Präsi­dentin Zwazl und dem Land Niederösterreich. Damit können die Jugendlichen ihre Be­gabungen und Neigungen gut austesten, und sie werden in dieser Richtung auch be­ruflich beraten, welchen Karriereweg sie einschlagen sollten. Wichtig ist da aber auch die Einbindung der Eltern. Es ist ja heute schon mehrfach gesagt worden, dass die Eltern in der Bildungs- und Berufswahl ihrer Kinder eine wesentliche Rolle spielen.

Wichtig wäre auch die Zurverfügungstellung von Nicht-Lehrpersonal, das heißt, von Schulsozialarbeit und Schulpsychologie in verstärktem Ausmaß, denn Kinder und Ju­gendliche bringen heute viele Problemstellungen in die Schule, die früher zu Hause ge­löst wurden.

In diesem Sinne möchte ich auch noch ganz kurz auf die Lehre zu sprechen kommen und ein Plädoyer für die Lehre abgeben: Bitte geben Sie der Lehre jenen Stellenwert der dualen Ausbildung, den sie verdient, denn oft messen wir uns nur an der Akademi­kerinnen- und Akademikerquote und vergessen, wie erfolgreich unsere Facharbeiterin­nen und Facharbeiter, zum Beispiel auch bei den WorldSkills und EuroSkills, sind. – Danke. (Beifall.)

17.08


Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska|: Als Nächste ist Frau Landtagsabgeordnete En­zinger zu Wort gemeldet. – Bitte sehr.

 


17.08.57

Amrita Enzinger, M.Sc. (Landtagsabgeordnete, Landtag Niederösterreich)|: Sehr ge­ehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich bin froh darüber, dass es heute diese Enquete zu diesem wirklich wichtigen Thema NEET-People gibt. Ich möchte auch der Erstrednerin heftigst widersprechen. Ich komme aus einer Region in Niederösterreich, wo die Anzahl der NEET-People leider steigt, und das ist bei Gott nicht nur bei den Kindern mit Migrationshintergrund der Fall, denn das hat viele Ur­sachen.

Wir haben sehr viele Referate gehört. Ich denke aber auch, dass die Problemfelder ganz woanders liegen. Wie erreichen wir die jungen Menschen, die möglicherweise keinen Schulabschluss haben? – Die leben teilweise nicht in Familien mit einem Fami­liengefüge, wie wir es gewohnt sind. Die sind nicht ansprechbar. Da kann man nicht sagen, man investiert in einen Kurs, in die Jobwerkstätte, die kommen schon dahin, ma­chen ihre sechs Monate und sind dann fit für die Arbeitswelt. So ist das nicht!

Ich durfte mehrere junge Menschen begleiten, im Sinne davon, dass ich mir angehört habe, wie es ihnen geht, wie sie begleitet worden sind. Das sind sehr große Problem­felder, die da auf uns zukommen.

Hier habe ich jetzt eine ganz konkrete Frage an Herrn Dr. Schaufler; Sie haben ja von Ihrer Landwirtschaft gesprochen. Ich bin davon überzeugt, dass diese Menschen nur integriert werden können, wenn sie sehr niederschwellige Angebote bekommen, dabei wertgeschätzt werden, ein Zertifikat bekommen – das ist sehr wichtig für das weitere Fortkommen –, aber auch Motivation bekommen.

Mir stellen sich folgende Fragen: Wie sind Sie zu dieser Idee gekommen? Woher neh­men Sie das Geld? Werden die jungen Menschen auch weiterhin begleitet? Denn: Mei­ne Erfahrung ist nämlich, dass diese Menschen mit sechs Monaten Ausbildung viel zu wenig mitbekommen. Die brauchen auch später noch Wertschätzung, sodass sie spü­ren, dass sie gewollt sind, dass sie etwas Gutes tun. Das würde mich interessieren, und ich hoffe, dass wir noch ein bisschen diskutieren können. Ich hoffe, dass wir in Zu­kunft viel mehr Geld für die Ausbildung und die Integration von jungen Menschen be­kommen, dass die hohe Politik das beschließt.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir das jetzt nicht tun, dann werden wir in Zukunft Menschen betreuen müssen, die keine Lebensperspektive haben. Ich glau­be, wir können uns alle nicht vorstellen, was es heißt, wenn man keine Aufgabe hat, wenn man nicht aufstehen muss und wenn man nicht weiß, was man den ganzen Tag tun soll. – In diesem Sinne sage ich danke. (Beifall.)

17.11


Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska|: Als Nächste ist Frau Mag. Sinowatz zu Wort ge­meldet. – Bitte.

 


17.11.36

Mag. Lisa Sinowatz (Bundesarbeiterkammer)|: Liebe Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich über die vielen unterschiedlichen Aspekte, die im Rahmen dieser Diskussion bis jetzt schon vorge­bracht worden sind, und würde die bisher gelieferten Debattenbeiträge noch gerne um zwei kleine Mosaiksteinchen aus der Perspektive des Lehrlings- und Jugendschutzes ergänzen.

Der erste Aspekt betrifft den Punkt Teilhabe; Herr Dr. Kopf hat diesen Begriff verwen­det. Ich möchte da nur in den Raum stellen, dass die Teilhabe ein sehr multidimen­sionales Konzept ist, dass ein zentraler Aspekt ist, dass man von der Teilhabe am Arbeitsmarkt und am Erwerbsleben spricht, und dass sie zwar sehr wichtig ist, es aber auch sehr viele andere Aspekte von Teilhabe gibt, die bei benachteiligten Jugendlichen unterstützend thematisiert und bearbeitet werden sollten.

Wir haben momentan eine recht diverse Angebots- und Maßnahmenlandschaft, was ja grundsätzlich etwas sehr Gutes ist. Wie wir gehört haben, geht es bei den NEETs um eine sehr heterogene Gruppe mit unterschiedlichen Ursachen für den NEET-Status, aber auch mit dementsprechenden unterschiedlichen Bedürfnislagen.

Ich würde da nur gerne anschließend an die Ausführungen der Vorrednerin anmerken, dass es für uns da ganz wichtig wäre, dass es auch aufsuchende Angebote gibt, um diese Niederschwelligkeit, die zwar schon in vielen Bereichen gegeben ist, gerade für gewisse Gruppen, die es unter den NEETs gibt, auszubauen.

Der erste Punkt ist diese Teilhabe. Abgeleitet davon würde ich seitens der Arbeiter­kammer zwei Forderungen in den Raum stellen, nämlich einerseits, dass sich sozialin­vestive Herangehensweisen einfach rentieren. Wir haben heute schon mehrfach ge­hört, dass der Sozialbereich zum Beispiel da sehr viele Ansatzpunkte bietet, aber auch dass es im Bildungsbereich und im pädagogischen Umfeld einiges gibt.

Das Zweite, was ich auch noch in den Raum stellen möchte, ist: Das NEETs-Konzept ist eine sehr gute Ergänzung und Erweiterung der Kategorie Jugendarbeitslosigkeit, weil es doch einige wichtige Aspekte dazu gebracht hat.

Ich würde gerne anregen, noch eine weitere Dimension in diesem Themencluster auf­zunehmen, nämlich das Thema Jugendarmut. In Österreich sind 300 000 junge Men­schen unter 18 Jahren armutsgefährdet beziehungsweise überhaupt arm. Wenn man noch bis zum Alter von 25 Jahren hinaufgeht, dann sind wir bei 450 000. Das sind si­cherlich Aspekte, die man nicht außen vor lassen kann und die, wie man bei der sozio-strukturellen Betrachtung vom NEET-Phänomen und dann auch bei der Debatte gese­hen hat, sozusagen ein Thema sind, das da möglicherweise mithineingedacht werden sollte. Es gibt auch noch ganz wenig Forschung in Österreich zum Beispiel im Ver­gleich zu Deutschland, wo die Forschungslage schon ein bisschen besser ist.

Das ist einmal die Teilhabe, und jetzt komme ich zur strukturellen Dimension.

 


Vorsitzende Präsidentin Sonja Zwazl|: Ich ersuche Sie bitte, zum Ende zu kommen! Es sind schon über 3 Minuten.

 


Mag. Lisa Sinowatz (fortsetzend): Bei der strukturellen Dimension geht es einfach auch darum, dass LehrabsolventInnen im ländlichen Raum einem wirklich um 20 Pro­zent höheren Risiko ausgesetzt sind, in den NEETs-Status zu kommen. Das hat infra­strukturelle und strukturelle Ursachen. Das wurde zum Beispiel in der Vorwoche in den jüngsten Arbeiten der JKU Linz über NEETs in Wien bei der abif-Tagung wieder prä­sentiert und auch thematisiert. – Danke schön. (Beifall.)

17.15


Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska|: Als Nächster ist Herr Abgeordneter zum Natio­nalrat Dipl.-Ing. Deimek zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


17.15.28

Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ)|: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zwei Statements haben mich am heutigen Nachmittag – sagen wir es einmal so – munter gemacht. Das erste Statement kam von Staatssekretär Mahrer mit der Er­innerung an den Strukturwandel, und das zweite kam vom Vertreter des AMS, der ge­fordert hat, es müsste mehr in der Schule getan werden, damit im AMS dann „weni­ger“ – unter Anführungszeichen –, aber nicht qualitativ weniger, getan werden müsse.

Jetzt frage ich mich, was geht in unserem Bildungsbereich vor, damit wir an diese The­men überhaupt erinnern müssen. Ich erinnere mich, die letzten zehn Jahre haben wir eigentlich Scheinverbesserungen gehabt, angefangen bei der Scheinakademisierung. Jede Krankenschwester muss mindestens einen FH-Abschluss haben, aber es geht nicht mehr um das, was sie wirklich qualitativ arbeiten kann.

Wir geben Staatsgarantien; für alles und jedes gibt der Staat eine Garantie. Hat man keinen Lehrplatz, gibt es Ausbildungsstätten, wo man nebenbei noch eine Lehre ma­chen kann. Bekommt man kein Zertifikat – haben wir heute gehört –, bekommt man heute ein Staatszertifikat. Das ganze „Theater“ ist aber spätestens dann beendet, wenn die Damen und Herrn in der realen Wirtschaft aufschlagen; ich verwende be­wusst den Ausdruck „aufschlagen“, weil das meistens ein Negativereignis ist.

Dann sind mir heute ganz besonders positiv der Mauritiushof und Dr. Schaufler aufge­fallen. Dort werden genau diese Fehler, die wir in unserem staatlichen Bildungssystem andauernd produzieren, und zwar werden sie von beiden Regierungsparteien gewollt produziert, ausgebessert beziehungsweise werden die Kindern da wieder herausge­bracht. Im Sport wird so vieles akzeptiert – natürlich Chancengleichheit für alle –, aber eine hierarchische Eingliederung unter einen Trainer ist im Sport selbstverständlich. In der Bildung kann das gar nicht möglich sein.

In jedem Kollektivvertrag steht die Anwesenheitspflicht, sodass einer geistig mit­denkt, sodass einer etwas leistet. Leistung ist Arbeit in der Zeit – und nicht irgendet­was, das im Kollektivvertrag steht. Dass das Leistungsprinzip von einem Trainer gefor­dert wird, ist im Sport alltäglich – in der Bildung geht das unter! So geht es vom struk­turierten Ablauf bis in alle einzelnen Details.

Ich würde mir echte Verbesserungen wünschen, damit die Leute lernen, selbst Verant­wortung zu übernehmen. Selbstverantwortung statt irgendeiner Pseudo-Staatsgarantie, die der Staat sowieso nie halten kann.

Wer das versteht, der ist wirklich ganz vorne dabei – ganz egal, ob er Franz, Jens oder Efgani heißt. – Danke. (Beifall.)

17.18


Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska|: Als Nächste ist Frau Nationalratsabgeordnete Kucharowits zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


17.18.09

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ)|: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrte Frau Vizepräsidentin! Geschätzte Damen und Herren! Ich bin Kinder- und Ju­gendsprecherin für meine Fraktion im Nationalrat und möchte jetzt kurz die Perspektive der Lehrlinge oder der jungen Leuten, so, wie ich sie aus ihren Erzählungen kenne, hier ein bisschen hereinbringen.

Wenn Jugendliche einmal eine Lehre gefunden haben, was nicht unbedingt sehr leicht ist, gibt es ein sehr hohes Frustrationspotenzial, vor allem in gewissen Branchen, weil man dort eigentlich nicht mehr wirklich etwas lernt.

Wir haben im Nationalrat eine Petition liegen, die von Lehrlingen eingebracht wurde, worin es auch ganz klar um Qualitätskriterien geht. Es geht nämlich zum einen da­rum, Unternehmen in die Pflicht zu nehmen – das möchte ich auch an dieser Stelle sa­gen –, Lehrlinge auszubilden, denn das könnte auch mehr sein, und zum anderen dann aber auch darum, hochwertig auszubilden. Das passiert leider in manchen Bran­chen nicht, und es ist nicht so, dass ich hier schwarzmale, sondern das sind einfach Fakten, die junge Leute einfach tagtäglich erleben. Wir brauchen diese Qualitätskrite­rien, und da brauchen wir auch endlich eine politische Entscheidung, weil die schwebt noch immer im Raum. Das wird ganz einfach blockiert.

Das Zweite, was ich sagen wollte und heute noch nicht erwähnt wurde, ist die Genera­tion Praktikum. Ich weiß, das ist ein bisschen ein älteres Feld, fällt aber von der Zielgruppe her immer noch hier hinein. Die könnte nämlich auch sozusagen zu NEETs werden, weil junge Leute nach einem fertigen Studium einfach auch keinen wirklichen Job mehr bekommen, in dem sie auch gut bezahlt werden, von dem sie leben können. Stattdessen hüpfen sie von einem Praktikum zum nächsten.

Auch diese Gruppe müssen wir immer wieder im Auge behalten, und wir brauchen da auch dringend Lösungen und einfach einen Riegel vorgeschoben, weil das auch Aus­beutung von jungen Leuten ist.

Was ich an sich zur heutigen Enquete sagen möchte, ist, dass ich es super finde, dass diese initiiert wurde. Ich halte es – nur als Anregung – für zentral, dass, wenn es um ei­ne Gruppe geht, diese Gruppe auch verstärkt zu Wort kommen sollte.

Ich möchte als Anregung mitgeben, vielleicht die Bundesjugendvertretung, die Öster­reichische Gewerkschaftsjugend oder junge Leute, die heute als Gast hier sind, auch mit einem Rederecht auszustatten. – Danke schön. (Beifall.)

17.20

17.20.32Panel III.2: „Positionen zu den Chancen der Jugendlichen und jungen Erwachsenen“

 


Vorsitzende Präsidentin Sonja Zwazl|: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir gelangen nun zu den Einleitungsstatements unserer Panel-Diskutantinnen und Diskutan­ten zum Thema „Positionen zu den Chancen der Jugendlichen und jungen Erwachse­nen“. Im Anschluss daran wird es wieder eine Diskussion geben.

Die Moderation wird in bewährter Weise wieder die Frau Vizepräsidentin überneh­men. – Bitte schön.

 


Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska|: Ich möchte noch vorschlagen, dass wir alle of­fenen Fragen an die Referentinnen und Referenten zum Schluss diskutieren, wenn es noch notwendig ist.

Als Nächsten haben wir einen Experten bei uns, Herrn Dr. Peter Zeitler von der Wirt­schaftskammer Österreich. Berufsinformationsmessen, Berufsorientierung, BerufsInfor­mationsComputer sind alles Angebote für junge Leute, die die Wirtschaftskammer bie­tet.

Sie werden uns hier mehr Einblick geben. – Bitte.

Einleitungsstatements

 


17.21.21

Dr. Peter Zeitler (Wirtschaftskammer Österreich)|: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Vizepräsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte zunächst einmal mit der Bestandsaufnahme beginnen und Ihnen gerne berichten, was alles getan wird.

Zunächst einmal möchte ich in Erinnerung rufen, dass die österreichischen Unterneh­men, also unsere Mitglieder, einen sehr wesentlichen Beitrag zur Ausbildung der jun­gen Menschen leisten, und zwar im Rahmen der beruflichen Ausbildung einen so guten Beitrag, dass die Arbeitsmarktchancen im Vergleich doch erheblich sind. Es ist auch so, dass fast jede Woche Botschaften aus anderen Ländern aus Europa oder aus der ganzen Welt anfragen und wissen wollen, wie das bei uns läuft, weil sie Ähnliches bei ihnen zu Hause einrichten wollen. – Gestern war eine ganze Delegation aus Chile hier, morgen haben wir mit einer Delegation aus Kroatien ein Gespräch, und so weiter. Das sind also einmal die positiven Dinge.

Wir haben natürlich auch eine Problematik; unsere Mitgliedsbetriebe sehen einerseits einen Fachkräftemangel, sehen andererseits auch manchmal, dass die Lehrstellen, die sie anbieten, nicht besetzt werden können. Gelegentlich ist es dann auch so, dass sie dann überhaupt darauf verzichten, eine offene Lehrstelle zu melden.

Wir wollen erreichen, dass das nicht der Fall ist, und die Mitgliedsbetriebe dazu anhal­ten, die Lehrstellen jedenfalls zu melden, anstatt die Flinte ins Korn zu werfen und zu sagen, dass man da ohnehin keinen geeigneten Jugendlichen findet.

Man müsste sich im Rahmen der Diskussion über die Ausbildungspflicht auch an­schauen, ob es eine Ausbildungsreife der jungen Menschen mit 15 Jahren gibt. Wir haben heute schon gehört, dass 20 Prozent der Pflichtschulabsolventen – Absolventen im Sinne des Lebensalters und nicht qualitativ – nicht sinnerfassend lesen können. Das ist eine Zahl, die wirklich besorgniserregend ist.

Da sollte es auch Maßnahmen geben. Wir haben da gemeinsam mit dem Sozialpartner in dem Dokument „Bildungsdokumente“ einige Maßnahmen vorgeschlagen, wie unter anderem schon vor der Pflichtschule zwei Jahre Unterricht. Das würde der Sozialisie­rung dienen, damit könnte man auch alle Kinder in einen sinnvollen Volksschulunter­richt mitnehmen – egal, welche Muttersprache sie haben.

Auf der anderen Seite sollte es mit 13 und 14 Jahren eine wirklich flächendeckende und qualitativ gute Berufsinformation geben. Es gibt jetzt schon vieles – da möchte ich dann gerne darauf eingehen –, aber das müsste natürlich verstärkt und wirklich flä­chendeckend gemacht werden, damit eben alle auf den richtigen Weg kommen.

Über das Ende der Schulpflicht sollte man sich auch wirklich Gedanken machen. De­finiert man die Schulpflicht nach dem Lebensalter – oder definiert man sie wirklich nach den Fähigkeiten, die der Betreffende hat? Sollte es also nicht für denjenigen, bei dem eben Defizite gesehen werden, noch ein länger dauerndes Angebot geben? Dann kann man darüber reden, ob es noch eine weitere Ausbildung, auch im Sinne der Ausbil­dung bis 18, geben kann. Das ist gut, aber zuerst einmal muss eine Grundlage da sein.

Wichtig ist natürlich für die Unternehmen und für die betroffenen Jugendlichen selbst, dass sie die Chance haben, die richtigen Ausbildungs- und Berufswahlentscheidungen zu treffen. Da stellt die Wirtschaftskammer-Organisation selbst einiges zur Verfügung, und zwar gibt es in jedem Bundesland, teilweise auch in Kooperation mit dem AMS, kostenlose Angebote zur Berufsorientierung. Man kann also in Einrichtungen der WIFIs kostenlos ein Basisangebot zur Berufsorientierung in Anspruch nehmen. Dann gibt es einen BIC, den BerufsInformationsComputer, der eben in mehreren Sprachen, teilweise auch in bis zu sechs Sprachen, Informationen über die Lehrberufe bereit­stellt – nicht nur über die Lehrberufe, sondern über alle Ausbildungswege, die es gibt. Dieser BerufsInformationsComputer wurde bisher 20 Millionen Mal aufgerufen. Sie ken­nen auch die vielen Berufsinformationsmessen, auf denen eben sehr anschaulich und angreifbar die verschiedenen Berufe dargestellt werden.

Wichtig ist auch, dass die Berufsinformation in den Schulen stärker verankert wird. Es kommt erfreulicherweise mit einer Lehrplan-Novelle so, dass es auch in den Allgemein­bildenden höheren Schulen in den Unterstufen dazu eine verpflichtende Unterrichts­stunde ab dem Schuljahr 2016/2017 geben wird. Ich glaube, dass es wichtig ist, dass in allen Schulen – auch jenen, die weiterführen, die durchgängig sind – entsprechende Information geboten wird, denn es ist nicht für alle das Optimum, vielleicht dann dort zu bleiben, sondern vielleicht ist es dann besser, eine berufliche Ausbildung einzugehen.

Wir müssen im dualen System natürlich auch schauen, dass wir auch Jugendliche er­fassen, die bisher nicht dort zu Hause waren. Das ist sicher eine Herausforderung, auch im Zuge der Ausbildung bis 18 für alle, und hängt damit zusammen, dass das duale System der Lehrlingsausbildung keine strukturelle Schwächung im Vergleich zu den an­deren Ausbildungswegen erleidet.

Es gibt jetzt auch schon das Angebot der integrativen Berufsausbildung. Dieses An­gebot ist bisher auch schon beträchtlich genützt worden, nur ist es mit einigen Nach­teilen verbunden. Es ist etwas kompliziert, unübersichtlich und ist doch mit einem ge­wissen Stigma verbunden. Die bevorstehende Novelle zum Berufsausbildungsgesetz wird voraussichtlich allein durch die Namensänderung diese Stigmatisierung beenden und auch die Möglichkeit schaffen, niederschwellige, standardisierte Ausbildungswege zu definieren, die den Jugendlichen den Vorteil bieten, dass sie dann etwas vorweisen können, was einen bestimmten Namen hat und was ihnen auch auf dem Arbeitsmarkt einen bestimmten Stellenwert gibt.

Den Betrieben wird dann natürlich auch die Möglichkeit gegeben, eine bessere Infor­mation darüber zu haben, welche Ausbildung – auch wenn es eine niederschwellige Ausbildung ist – der Jugendliche absolviert hat.

Es sollte auch eine Übergangsmöglichkeit von solchen Ausbildungswegen zu einer „re­gulären“ – unter Anführungszeichen – Ausbildung geben, damit eben auch die Möglich­keit einer Überleitung gegeben ist. Ich glaube, dass es sehr wichtig ist, auch diese strukturellen Grundlagen bereitzustellen.

Wichtig sind auch, wie schon erwähnt, ein entsprechendes Qualitätsmanagement und Steuerungsmaßnahmen. Wir wollen, dass sich der Anteil der Jugendlichen, die einen Abschluss der Sekundarstufe II erreichen, deutlich erhöht.

Was die Übergänge betrifft, arbeiten wir daran, diese Übergänge zu erleichtern. Es gibt das Modell Lehre mit Matura, das schon seit Langem guten Anklang findet. Es wer­den zunehmend auch AHS-Maturanten in die Lehre gehen, weil sie das eben als sinn­vollere Variante gegenüber einem akademischen Studium sehen. Es gibt schon jetzt Berufe, die gerne angenommen werden, aber das soll man bei aller Wahrung des Stel­lenwertes der beruflichen Ausbildung ausbauen.

Wir haben in den letzten Jahren einen kleinen Rückgang der Lehrlingszahlen erleben müssen. Das hat verschiedene Ursachen. Wir versuchen, dem entgegenzusteuern, nämlich durch Information der Betriebe, aber auch durch die Schaffung von neuen Be­rufsbildern.

Sie haben ja schon erwähnt, Herr Dr. Kopf, dass auch der Strukturwandel eine gewisse Bedeutung hat. Da hat das duale System die Stärke, dass es relativ schnell auf Ver­änderungen in der Berufswelt reagieren kann, denn einen Lehrberuf kann man relativ schnell reformieren. Wenn man sich jetzt dazu entschließt, einen Lehrberuf zu refor­mieren, kann er im Herbst 2016 schon verordnet sein.

Das alles sind Vorteile, die wir sehen und derer wir uns eben bewusst sein müssen. – Danke schön. (Beifall.)

17.31


Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska|: Recht herzlichen Dank, Herr Dr. Zeitler.

Als Nächsten darf ich Herrn Mag. Richard Meisel bei uns begrüßen. Nicht nur die Bun­desarbeiterkammer, sondern auch jede Landesarbeiterkammer hat eigene Lehrlings­abteilungen.

Ich nehme an, dass wir auch darüber einiges von Ihnen hören werden. – Bitte.

 


17.32.23

Mag. Richard Meisel (Bundesarbeitskammer)|: Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrte Vizepräsidentin! Vielen Dank für die Einladung! Was ich bis jetzt gehört habe, war, das wir uns alle einig sind, dass eine gute Ausbildung einen wichtigen Faktor beim Einstieg in die Arbeitswelt darstellt. Bei aller Kritik muss man auch sagen, dass bei uns die Ju­gendarbeitslosigkeit erstens sehr niedrig ist und dass wir ein sehr starkes, gutes be­rufsorientiertes Bildungssystem haben.

Laut OECD-Bericht 2014 befinden sich 87,6 Prozent in einer Ausbildung, also eine sehr hohe Zahl. Wir haben gehört, es schaffen aber nicht alle diesen Übergang; wir re­den da von 5 000 Jugendlichen. Und ich sage auch ganz deutlich: Jeder Jugendliche, der keinen Arbeitsplatz findet, ist einer zu viel – das gleich vorweg.

Die Risikogruppen, also die Early-School-Leavers und die NEETs, sind eine sehr he­terogene Gruppe, das haben wir heute schon gehört. Das heißt, es ist sehr wichtig, auf diese Gruppe mit speziellen Angeboten zu reagieren.

Man muss aber leider sagen, dass es bisschen zu einem Wildwuchs gekommen ist. Das heißt, da müsste man vielleicht ein Stück straffen und schauen, welche nieder­schwelligen Maßnahmen für diese Gruppen geeignet sind.

Wir haben auch schon gehört, dass da die Bandbreite sehr groß ist: von Wohlstands­verwahrlosten bis zu gemobbten SchülerInnen, bis zu psychisch Kranken –, was es nicht einfach macht, geeignete Maßnahmen zu finden.

Dazu sagen wir von der Bundesarbeitskammer, dass wir die Ausbildungspflicht bis 18 prinzipiell gut finden, dass aber Strafen natürlich wirklich nur eine letzte Maßnahme sein können. Das heißt, man muss natürlich auch die Eltern in diesen ganzen Prozess einbinden.

Was soll man aus unserer Sicht tun, um Bildungsabbrüche und diesen NEET-Status zu verhindern? – Prävention statt Kompensation. Je früher man beginnt, bei Schulmüdig­keit, bei Schulabsentismus, also bei Schulschwänzen zu intervenieren, desto früher er­zielt man auch Erfolge und kann sehr viel persönliches Leid ersparen, aber auch die sozialen Folgekosten minimieren.

Es gibt internationale Studien, zum Beispiel aus den USA, die davon sprechen, dass ein Schulabbrecher 500 000 Dollar kostet, in ausgereifteren Sozialsystemen wie in Finnland bis zu 1,1 Millionen €. Das ist sehr viel Geld. Deswegen ist es sehr wichtig, sehr früh gegenzusteuern.

Ein weiterer Erfolgsfaktor könnten Stopp-Drop-out-Programme sein. Es gibt von der Europäischen Union geförderte Programme zur Minimierung der Schulabbruchsrate. Da hat es sich bewährt, dass die einzelnen Schulstandorte im Rahmen einer gewissen pädagogischen Autonomie entscheiden, wie sie mit dem Phänomen umgehen können.

Zum Beispiel wurde an einer Handelsakademie hier in Wien, und zwar im 10. Bezirk, mit hohem Migrationsanteil ein Modell entwickelt. Sie sind von einem stundenorien­tierten Unterricht auf ein Kurssystem, ähnlich einer Maturaschule, umgestiegen – und konnten damit die Drop-out-Rate massiv senken.

Das heißt, man muss es auch ein bisschen den Schulen überlassen, wie sie mit die­sem Phänomen umgehen, und sie auch – das haben schon Vorredner gesagt – dem­entsprechend ausstatten.

Ich schließe mich meinem Vorredner an, was die Berufsorientierung betrifft. Die muss massiv ausgebaut werden. Es gibt schon gute Ansätze. Wenn man bedenkt, dass 50 Prozent der Maturanten nicht wissen, was sie im nächsten Jahr machen, dann gibt es da einen ziemlichen Aufholbedarf.

Für SchulabbrecherInnen sollten Systeme der zweiten Chance ausgebaut werden. Das betrifft Schulen für Berufstätige, Abendschulen. Die sind zwar von der Ausstattung her im Moment sehr gut, müssten aber sozusagen näher auf diese Zielgruppe ausge­richtet werden. Ich denke, dass auch für diese Gruppen ganztätige Schulformen sinn­voller wären.

Die niederschwelligen Angebote sind schon genannt worden, auch die aufsuchenden. Ich denke mir, man muss ein Stück auf die Jugendlichen zugehen, um sie zu ermun­tern, zu motivieren, wieder Bildungswege aufzunehmen.

Man darf bei dieser Frage natürlich nicht die Schule aus der Pflicht nehmen. Beim Thema Schulabbruch, beim Thema NEETs muss es auch zu einer Professionalisierung im Schulbereich kommen. Das heißt, Lehrer und Lehrerinnen müssen auch zu diesem Thema ausgebildet werden, um damit entsprechend umzugehen zu können.

Wir haben heute schon gehört, dass dieses Thema komplex und vielschichtig ist. Da gibt es keine einfachen Lösungen. Es ist wirklich ein vielschichtiges Thema. Es gibt sehr, sehr viele Studien darüber und es gibt dort einfach keine einfachen Lösungen. Lehrer und Lehrerinnen sollten entsprechend vorbereitet werden.

Aus Sicht der Bundesarbeitskammer ist das Jugendcoaching ein sehr, sehr sinnvoller Ansatz, der erste wirklich präventive Ansatz. Aus unserer Sicht, wenn es natürlich bud­getär möglich ist, kann man das auch auf andere Gruppen ausbauen. Ich glaube, es ist schon geplant, das Coaching auf die NEETs auszuweiten, und es sollte vielleicht auch ausgeweitet werden auf Gruppen, die das Schulsystem später verlassen.

Was wir sicher wissen – auch aus der Studie von Mario Steiner –, ist, dass Bildungsbe­nachteiligte sehr, sehr gut von der Kooperation zwischen Jugendcoaching und Schule profitieren. Mehr Kooperation in diesem Bereich bedeutet, dass wir die Early-School-Leaver-Raten und NEET-Raten senken können.

Ich denke, dass in diesem Bereich der Kooperationsgedanke wichtig ist. Es hat, glau­be ich, keinen Sinn, sich bestimmte Gruppen herauszupicken und zu sagen, die wären schuld, und wenn wir die nicht hätten, gäbe es das Problem nicht.

Wie gesagt, das Problem ist vielschichtig. Ich glaube, dass wir seriöse und pragmati­sche Lösungen in diesem Bereich brauchen. – Danke schön. (Beifall.)

17.39


Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska|: Danke recht herzlich.

Zum nächsten Beitrag darf ich Herrn Christian Morawek, Vertreter des Österreichi­schen Verbandes der Elternvereine an öffentlichen Pflichtschulen, bitten. Wie ich aber weiß, ist er nicht nur Elternvertreter, sondern auch jemand, der sich für Kinderrechte einsetzt, der immer sein Auge und sein Ohr bei den Kindern hat. – Bitte, Herr Morawek.

 


17.39.27

Christian Morawek (Österreichischer Verband der Elternvereine an öffentlichen Pflicht­schulen)|: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herzlichen Dank dafür, dass ich in diesem Plenum die Sicht der Eltern einbringen darf. Aus Sicht der Eltern beginnt das Problem der be­troffenen Jugendlichen oft schon viel früher, nämlich: Es ist ihnen oft in die Wiege ge­legt.

Kinder, die aus bildungsfernen Schichten kommen, die sich möglicherweise auch noch in einer sozialen Schieflage befinden, werden denselben Bildungsweg gehen wie ihre Eltern. Schlechte Ausbildung oder Bildung wird heute noch immer allzu oft vererbt. Da­her müssen wir aus Sicht der Eltern im Bildungssystem ganz früh ansetzen. Ich möchte dazu in Form von Blitzlichtern ein paar Gedanken bringen, die hoffentlich ergänzend zu den vielen Vorrednern und zu der gesamten Diskussion sind.

Die erste Bildungseinrichtung, der Kindergarten, wird gerade von Kindern aus gefähr­deten Familien zu spät besucht. Ein verpflichtendes Kindergartenjahr, wie es das jetzt gibt, ist wirklich begrüßenswert, aber sehr oft zu spät, um die Sprache rechtzeitig zu erlernen. Ich sage das aus Gesprächen mit vielen Eltern. Ja, ich trete für den Eintritt der Kinder – nicht verpflichtend – ab dem ersten Lebensjahr ein, weil Kinder in diesem Alter Sprachen sehr, sehr gut und leicht erlernen können.

Eltern aus bildungsfernen Schichten sehen sehr oft die Chancen nicht, die Kinder ha­ben, die den Kindergarten rechtzeitig und längere Zeit als ein Jahr besuchen. Das ist sehr, sehr schade.

In diesem Zusammenhang muss man allerdings auch sagen, dass österreichweit – Wien ist da eine Ausnahme – qualitative Bildungseinrichtungen, Elementarbildungsein­richtungen, sprich Kindergärten, fehlen; dass es zu wenig davon gibt, dass die, die es gibt, zu wenig lang offen haben, und noch dazu eine Riesenmenge an Schließwochen haben, das heißt, den Eltern nicht in dem Ausmaß zur Verfügung stehen, wie sie das brauchen würden.

Ein zweiter Punkt, auch ganz wichtig, ist von Anfang an die Zusammenarbeit mit den Eltern. Otto Glöckel, ein großer Schulreformer, hat schon vor 95 Jahren festgestellt, dass er die Zusammenarbeit zwischen Elternhaus und Schule für unerlässlich hält. Also schon vor 95 Jahren wurde festgestellt, wie wichtig das ist.

Diese Zusammenarbeit muss begleitet und unterstützt werden. Als Dachverband der Elternvereine verstehen wir uns da als Katalysator, der immer wieder diese Zusam­menarbeit auf Schulseite einmahnt, aber auf der anderen Seite die Eltern auffordert, diese Angebote anzunehmen und sich aktiv am Schulleben zu beteiligen.

Eine weitere Bedeutung kommt auch der Ausbildung zu. Ich glaube, dass es sehr wich­tig wäre, wenn es eine Ausbildung aller pädagogischen Berufe gäbe; damit meine ich, dass auch die ElementarpädagogInnen mit dabei sein sollten. Für Personen, die in die­sem System sind, sollte es leicht sein, während ihrer beruflichen Laufbahn zu wech­seln.

Der eine möchte vielleicht nicht immer nur bei den kleinen Kindern bleiben, möchte vielleicht wechseln; der anderen ist vielleicht die Gruppe der 10- bis 14-Jährigen zu aufwendig in der Betreuung, sie möchte in einen anderen Bereich, vielleicht zu den ganz kleinen Kindern wechseln.

Diese Möglichkeit wird es nur geben, wenn es in Richtung einer gemeinsamen Aus­bildung aller pädagogischen Berufe geht. Ich sage in Klammern: Es ist noch ein Weg bis dahin, aber eine Ausbildung der KindergärtnerInnen auf tertiärem Niveau wäre wün­schenswert.

Lehrer müssen befähigt werden – wir haben es im Referat vorher gehört. Ja, das halte ich für sehr, sehr wichtig. Aber Lehrer müssen auch die Möglichkeit haben, ihre Fähig­keiten einzusetzen. Was meine ich? – Wir treten seit Langem dafür ein, dass Lehrer bei administrativen Tätigkeiten entlastet werden. Vor allem geht es da um Schulleiter, aber auch um jeden einzelnen Lehrer, damit sie nämlich mehr Zeit mit den Kindern und bei den Kindern verbringen können.

Wir werden auch nicht müde, eine weitere, ganz wichtige Forderung immer wieder in den Raum zu stellen, nämlich verstärkte Schulsozialarbeit zu fördern. Wir fordern das, weil wir sie für sehr wichtig halten, nämlich als Brücke zwischen Schule und El­tern. Ich möchte gar nicht auf die Problematik eingehen, die es da gibt, nämlich dass es Lehrer sehr oft schwer haben, Kontakt zu den Eltern zu finden. Da wären die Schul­sozialarbeiter eine wirkliche Brücke.

Ich möchte noch kurz auf die Übergänge in unserem System eingehen. Als allerersten Übergang in institutionelle Einrichtungen haben wir jenen von der Familie in den Kin­dergarten. Später haben wir den Übergang vom Kindergarten in die Volksschule. Da wird derzeit sehr intensiv geforscht und beobachtet, um Wege zu finden, wie man die­sen Übergang besser gestalten kann.

Dazu sage ich wieder: Es wäre eine gemeinsame Ausbildung der PädagogInnen wichtig, damit sie sozusagen auf Augenhöhe miteinander reden, über das Kind kom­munizieren können und Stärken, die alle Kinder mitbringen, stärken und Schwächen möglichst rasch minimieren.

Weiteres gibt es dann einen ganz wichtigen Übergang, bei dem wir beobachten, dass er nicht immer ganz sinnvoll ist. Nicht für alle Kinder ist die Trennung nach der 4. Schulstufe zielführend und ein Erfolg. Viele Experten sagen uns, dass die gemeinsa­me Ausbildung der 6- bis 14-Jährigen Sinn macht, dass man da sehr, sehr viele Po­tenziale heben kann. Dafür trete ich ein, und das ist durchaus auch Meinung der Eltern.

Natürlich gibt es ein Stadt-Land-Gefälle, was da den Zugang betrifft, aber es ist ein überwiegender Wunsch der Eltern, dass es eine gemeinsame Schule gibt und dass es ganztägige Schulformen gibt, und zwar in der Ausprägung des verschränkten Unter­richts, weil es da mehr Potenzial gibt, Kinder zu fördern – und das kostenfrei.

Es wurde heute schon angesprochen, dass einen großen Unterschied macht, ob ich in einer Familie bin, die sich Nachhilfe leisten kann – und sehr viele von Ihnen werden wissen, was Nachhilfe pro Stunde kostet –, oder ob ich aus einer Familie bin, für die das undenkbar ist, oder es möglicherweise auch keinen Zugang zu diesem Thema gibt, weil auf Bildung eben nicht besonderer Wert gelegt wird. Da könnte in einer verschränkten Ganztagsschule, in der sich Unterricht, Lern- und Freizeit über den Tag abwechseln, sehr viel geleistet werden.

Ich erwähne es hier nur ganz kurz, weil es ein sehr komplexes Thema ist: Die inklu­sive Schule, die viele Eltern fordern, die aber in ihrem Zugang natürlich sehr differen­ziert ist, wäre ein weiterer Schritt in die Richtung, dass Jugendliche voneinander lernen und ganz besonders aus dem Gemeinsamen jenen Mut schöpfen, der die Annahme neuer Herausforderungen erleichtert.

Zum Abschluss möchte ich betonen – und das ist heute schon oft gesagt worden –: Es ist ein sehr komplexes Thema. Da muss man Kräfte, man muss Maßnahmen bündeln. Aber vonseiten der Eltern – das kann ich Ihnen hier versichern – gibt es die Bereit­schaft auf allen Ebenen, da mitzuarbeiten, denn es geht letztendlich um die Zukunft ihrer eigenen Kinder. – Danke schön. (Beifall.)

17.48


Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska|: Danke schön, Herr Morawek.

Als Nächstes hören wir die Ausführungen von Frau Dr. Andrea Fraundorfer vom Bun­desministerium für Bildung und Frauen. Das Bundesministerium für Bildung ist heute schon sehr oft erwähnt worden und sicherlich auch mit sehr vielen Aufgaben genau in diesem Bereich betraut. – Bitte.

 


17.48.30

Dr. Andrea Fraundorfer (Bundesministerium für Bildung und Frauen)|: Danke schön für die Einladung, dafür, dass ich heute hier sprechen darf! Ich hoffe, es ist ein gutes Omen, dass ich jetzt als Letzte dran bin und einige Dinge zu dem großen Bild, das heute gezeichnet worden ist, noch hinzufügen darf.

Dass wir heute hier sitzen und eine Bundesratsenquete haben, verdanken wir eigent­lich auch den internationalen und europäischen Bestrebungen, die seit fünf bis zehn Jahren ganz intensiv vor sich gehen.

Dass die Diskussion über die NEET-Thematik und über Schulabbruch, also Early-School-Leaving auf europäischer Ebene, so intensiv in Österreich geführt wird, geht al­so auch auf diese Vorarbeiten auf europäischer und internationaler Ebene zurück.

Es ist heute schon mehrmals gesagt worden: Eine Ursache für den NEET-Status ist, dass junge Menschen die Schule abbrechen, also keine Lehre abschließen bezie­hungsweise keinen Sekundarstufen-II-Abschluss haben.

Wir sehen im Zusammenhang mit der NEET-Thematik, dass es einerseits eine Zerti­fikatsarmut, andererseits auch eine Kompetenzarmut gibt – das hat schon Mario Steiner gesagt. Junge Menschen schaffen also die Abschlüsse nicht oder haben nicht die notwendigen Kompetenzen, die dann notwendig sind, um auf dem Arbeitsmarkt re­üssieren zu können.

Auf europäischer Ebene wurde dann allen Mitgliedstaaten vorgeschlagen, dass wir auf Basis von drei Säulen, nämlich der Säule der Prävention, der Säule der Intervention und der Säule der Kompensation, einmal schauen, was wir in Österreich machen.

Wir haben dann auf dieser Basis eine Strategie 2012 gegen frühzeitigen Schulabbruch entwickelt, wie schon Mario Steiner erwähnt hat. Und jetzt bekommen wir wirklich Rü­ckenwind, auch vom großen Regierungsprojekt „AusBildung bis 18“. Wir merken, dass da jetzt alle Akteure an einem Tisch zusammengeführt worden sind und mehrere Ressorts, alle entsprechenden Ländervertreter und die Sozialpartner darüber diskutie­ren, was wir gemeinsam machen können, um dieses komplexe Phänomen NEET oder auch Schulabbruch langfristig in den Griff zu bekommen.

Wir haben schon gehört, das Kernstück der Nationalen Strategie zur Verhinderung früh­zeitigen (Aus-)Bildungsabbruchs ist Jugendcoaching. Wir haben auch gehört, dass wir mit einer Schulabbruchsrate von 7 Prozent im Vergleich zu den anderen europäi­schen Staaten relativ gut dastehen.

Aber wir merken natürlich, dass wir Maßnahmen brauchen, die auf unterschiedlichen Ebenen ineinandergreifen. Die oberste Ebene ist, dass wir versuchen, Strukturmaß­nahmen ins System zu bringen, zum Beispiel den Ausbau der ganztägigen Schulfor­men, um es gerade Kindern aus bildungsferneren Schichten zu ermöglichen, eine bes­sere Betreuung, bessere Lernunterstützung zu bekommen.

Wir brauchen und versuchen Maßnahmen auf der Schulstandortebene. Da haben wir mit den Qualitätsentwicklungsprojekten wie SQA, also Schulqualität Allgemeinbildung, und mit QIBB, Qualitätsinitiative Berufsbildung, versucht, die Schulstandorte für das Thema Schulabbruch zu sensibilisieren. Es ist wichtig, hinzuschauen: Wie viele Schü­lerInnen schaffen bei uns den Schulabschluss und wie viele leider nicht?

Auf der individuellen Ebene – das ist die dritte Säule in dieser Strategie – schauen wir, dass wir neben Jugendcoaching den ganzen Bereich der Berufsorientierung und Bildungswegentscheidung noch mehr stärken. Wir wissen, dass wir noch früher an­setzen und gerade Jugendliche aus bildungsfernen Schichten sowie Jugendliche mit anderen Erstsprachen noch mehr unterstützen müssen, weil unser Bildungssystem sehr komplex ist, so komplex, dass es auch für „autochthone“ Schüler und Schülerin­nen schwierig ist, sich da wirklich gut zu orientieren.

Zusammengefasst möchte ich sagen, dass das Ineinandergreifen von diesen drei Ebe­nen – Strukturebene, Schulstandortebene und individuelle Ebene – ganz wichtig ist. Aber auch die anderen Säulen, die ich vorher erwähnt habe, nämlich die Prävention, die Intervention und die Kompensation, müssen mitberücksichtigt werden, wenn wir ver­suchen, da gute Lösungen zu finden.

Wir haben auch einiges darüber gehört, was die Schulen tun können beziehungsweise sollten. Mein Kollege von der Arbeiterkammer, Richard Meisel, hat gesagt, Professio­nalisierung der Lehrer und Lehrerinnen ist ein großes Thema.

Das ist eine Herausforderung, weil wir einerseits schauen müssen, dass Lehrer, Lehre­rinnen den Kompetenzaufbau der jungen Menschen gut stärken. Sie müssen dann natürlich auch schauen, dass im Endeffekt die Zertifikate auch erreicht werden, näm­lich Zertifikate auf einem hohen Niveau. Es geht nicht einfach darum, einen Abschluss zu haben, sondern es müssen hinter jedem Abschluss auch Kompetenzen erkennbar sein.

Es wurde heute etwas gesagt, das ich jetzt noch einmal unterstreichen möchte: Wir haben ein System, das auf die Schwächen schaut, auf das, was junge Menschen noch nicht können. – Wir sollten aber die LehrerInnen dahin gehend unterstützen, dass sie den Kindern helfen, ihre eigenen Stärken zu sehen, zu entwickeln, zu finden; denn wir wissen, dass die Selbstwirksamkeit ein ganz wesentlicher Bereich ist, wenn es darum geht, dass sie dann fundierte Bildungswegentscheidungen treffen.

Sie kennen vielleicht auch aus der Diskussion rund um die Berufsorientierung, dass so­genannte Career Management Skills – ein schöner englischer Terminus – gefordert werden. Was kann das Bildungssystem dazu beitragen, in einem präventiven Sinne? Worum geht es bei diesen Career Management Skills?

Junge Menschen sollten befähigt werden, diese Entscheidungen eigenverantwortlich, aber auch mit Unterstützung von Erwachsenen zu treffen, Entscheidungen, die für ihr Leben gut und richtig sind. Auch dafür braucht es Kompetenzen. Junge Menschen müs­sen wissen, wie sie, wenn es um Berufswege geht, recherchieren und Informationen zu diesem Thema für sich gut auswerten und bewerten können. Es geht darum, dass man eigene Ziele definieren und verfolgen kann, und es geht auch um die Selbstreflexion, dass man weiß, welche Stärken man hat.

Abschließend möchte ich sagen, dass ich das Projekt „AusBildung bis 18“ als eine Fortsetzung unserer Bemühungen zum Thema Verhinderung von Schulabbruch sehe. Ich glaube, dass es jetzt erstmalig gelingt, alle Akteure an den Tisch zu holen und nachhaltig Maßnahmen auf den Weg zu bringen, und hoffentlich auch ein Gesetz, das den jungen Menschen hilft. – Danke schön. (Beifall.)

17.55


Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska|: Danke schön, Frau Dr. Fraundorfer.

Diskussion

 


Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska|: Wir gehen nun in die Diskussion ein.

Es liegen mir fünf Wortmeldungen vor. Als Erste hat sich Frau Abgeordnete zum Na­tionalrat Asdin El Habbassi zu Wort gemeldet. – Entschuldigung! Ich habe geglaubt, das ist eine Dame. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. El Habbassi – auf dem Weg zum Rednerpult –: Ist nicht so tragisch!)

 


17.56.08

Abgeordneter Asdin El Habbassi, BA (ÖVP)|: Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrte Vizepräsidentin! Geschätzte Damen und Herren! Ich möchte mich dafür bedanken, dass dieses Thema aufgegriffen worden ist. Als ÖVP-Jugendsprecher muss ich sagen, hier wird viel zu selten über die Probleme von jungen Menschen gesprochen.

Ich finde diese Enquete sehr positiv, denn es geht um die Zukunft von jungen Men­schen, die jetzt in der Schule sind oder auch nicht mehr, die aber trotzdem Teil dieser Gesellschaft sind. Da das vorher von Frau Mühlwerth angesprochen worden ist, ist es mir ein Anliegen, noch einmal kurz darauf hinzuweisen, dass eine Korrelation, also ein Zusammenhang nicht immer auch eine Ursache-Wirkungs-Beziehung darstellt.

Nur weil ein großer Anteil der NEETs Migrationshintergrund hat, heißt das nicht, dass der Migrationshintergrund der Grund für die Zugehörigkeit zu dieser Gruppe ist. Ich glaube, das ist ganz wichtig in dieser Diskussion. Und damit kommen wir ohnehin schon zu einem wesentlichen Punkt, nämlich dem, dass in Wahrheit die Bildungsbio­graphie der Eltern, das soziale Umfeld, der Haushalt, das Umfeld der Jugendlichen sel­ber und so weiter eine große Rolle spielen.

Wir reden hier sehr standardisiert. Im Rahmen meiner Arbeit spreche ich viel mit jun­gen Menschen, aber auch mit Leuten, die in der Sozialarbeit oder im Bildungsbereich tätig sind, und möchte jetzt auf ein paar Trugschlüsse hinweisen beziehungsweise auf Dinge, die uns vielleicht manchmal durch die Lappen gehen.

Das Erste: Wir versuchen immer sehr schnell, zu kompensieren. Das heißt, es gibt ir­gendein Problem bei 20- oder 17-Jährigen – und dann probieren wir, das zu lösen. Ich glaube, der ganz, ganz wichtige Ansatz ist es, in die Prävention zu gehen – Harald Mahrer hat es angesprochen –, in die Frühförderung, allen Fokus dorthin zu richten, wo die Probleme entstehen und die Grundlagen gebildet werden.

Dann heißt es immer, das soll die Schule machen. Ich bin dem Elternvertreter sehr dankbar dafür, dass er das angesprochen hat. In Deutschland – wir haben uns da viele Schulen angeschaut, sehr progressive Schulen auch – geht man ganz selbstver­ständlich davon aus, dass Eltern in den Schulalltag miteingebunden werden, weil die ganz stark das soziale Umfeld von jungen Menschen prägen. Da ist es ganz, ganz wichtig, dass wir in all unseren Überlegungen auch immer – sofern es ein solches gibt – das familiäre Umfeld bedenken.

Weiters dürfen wir nicht vergessen, dass es einfach auch viele junge Menschen gibt, bei denen dieses System nicht funktioniert. Da ist kein Elternhaus da, keine Verwand­ten, die sich kümmern, sondern – wie ich auch von Lehrern bei uns in Österreich, in Salzburg, wo wir nicht die wildesten Voraussetzungen haben, höre – es kommt auch vor, dass die jungen Menschen in der Früh kommen und der Banknachbar das Essen mitbringt, weil sie nichts bekommen. Da kümmern sich die Eltern nicht einmal darum, dass die jungen Menschen in der Früh ein Frühstück bekommen!

Das heißt, es gibt durchaus viele Gründe, Einrichtungen wie Ganztagsschulange­bote – nicht flächendeckend, nicht verpflichtend – als zusätzliches Angebot zur Ver­fügung zu stellen.

Ein bisschen geschreckt hat es mich, Herr Meisel, als Sie gesagt haben, es gibt sehr viel „Wildwuchs“ im Angebot für NEETs. – Ja, das stimmt. Und ich bin immer einer, der sagt, wir sollten sparen und wir sollten auch darauf schauen, dass diese Maßnahmen, die wir treffen, auch Effekte haben. Aber ich habe auch einige Beispiele von Vereinen erlebt, wo sehr, sehr tolle Arbeit gemacht worden ist, wo gut ausgebildete Leute mit sehr viel Empathie, mit eigenen Projekten und Ideen versuchen, jungen Menschen
zu einem Wiedereinstieg oder Einstieg in die Arbeitswelt zu verhelfen; wo auf all die-
se Herausforderungen, die es in der Sozialarbeit gibt, Rücksicht genommen wird. Oft straffen und kürzen wir da.

Ich möchte dafür plädieren, dass wir manchmal genauer hinschauen, nicht immer nur auf die Quantität und auf die Standards, sondern auch auf diese individuellen Proble­me schauen; denn gerade bei Jugendlichen aus dem NEET-Bereich sind es ganz be­sonders oft individuelle Situationen und Herausforderungen.

Da sollten wir investieren, damit auch diese eine Chance und eine Zukunft bei uns in Österreich haben. – Besten Dank. (Beifall.)

17.59


Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska|: Ich möchte wieder daran erinnern, dass wir ei­ne Redezeit vereinbart haben.

Als Nächster ist Herr Abgeordneter Mag. Loacker zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


18.00.23

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS)|: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrte Frau Vizepräsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte einen Gedan­ken der Frau Schulinspektorin aufgreifen: Vergessen Sie die Lehrberufe nicht!

Da geht es mir um Folgendes: Es ist in den Köpfen noch das Bild verankert, dass je­mand, der eine Lehre macht, nachher Arbeiter ist – und jemand, der eine weiterfüh­rende Schule macht, nachher Angestellter ist. Wir arbeiten immer noch mit diesem anachronistischen Statusunterschied zwischen Arbeitern und Angestellten.

Es gehört ein gemeinsamer Arbeitnehmerbegriff geschaffen, und zwar sofort. Ich weiß, dass das den Gewerkschaften nicht schmeckt, weil das ihrer Organisationslogik widerspricht. Aber das, was wir hier praktizieren, entspricht nicht der heutigen Zeit.

Ich möchte auch auf einen trügerischen Gedanken eingehen, der momentan durch die arbeitsmarktpolitische Debatte geistert, nämlich – leider ist der Herr Sozialminister nicht mehr hier – das Bonus-Malus-System für ältere Arbeitnehmer auf dem Arbeits­markt.

Wenn Sie die Arbeitsmarktzahlen ganz genau anschauen und wenn Sie die Schu­lungsteilnehmer mitrechnen, sehen Sie, dass die Arbeitslosenquote bei den älteren Arbeiternehmern gar nicht höher ist als der Durchschnitt. Da verschiebt sich etwas. Es hat sich nur die Schulungsteilnahme anders verlagert, deswegen schaut es auf dem ersten Blick nicht so aus, aber wir haben kein besonderes Problem bei den älteren Ar­beitnehmern.

Wenn jetzt so ein Bonus-Malus-System kommt, ist das wieder lohnnebenkostenbasiert und wir machen wieder die Beschäftigung teurer, und zwar anteilig insbesondere jene der Jüngeren.

Wenn wir auf dem Arbeitsmarkt etwas erreichen, wenn wir mehr Beschäftigung er­reichen wollen, dann müssen endlich nicht nur in Sonntagsreden, sondern tatsächlich die Lohnnebenkosten runter. Da können wir, um gleich die „schwarze Seite“ hier mit­einzukaufen, die Kammerumlage 2 ersatzlos streichen.

Was auch runter muss, ist die Bürokratie. Und da hat sich diese Regierung – Ent­schuldigung, wenn ich das als Oppositionsabgeordneter jetzt ein bisschen unfreundlich formuliere – sehr viel einfallen lassen in den letzten Jahren. Wenn ich etwa an die Eva­luierung psychischer Belastungen auf dem Arbeitsplatz denke, so hat man da einfach ein bürokratisches Monster geschaffen, das man mit sinnvollem Aufwand in der Pra­xis kaum bewältigen kann.

Ich denke in diesem Zusammenhang auch an das Energieeffizienzgesetz und an das sich jetzt sozusagen in der Pipeline befindliche Meldepflicht-Änderungsgesetz. Wenn Sie von SPÖ und ÖVP die Arbeitsplätze aus Österreich weghaben wollen, wenn Sie insbesondere die produzierenden Betriebe aus Österreich weghaben wollen, dann ma­chen Sie weiter so – aber dann werden Sie bei den Jungen und bei der Arbeitslosigkeit generell leider nichts erreichen. (Beifall.)

18.02


Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska|: Als Nächste ist Frau Bundesrätin Gruber-Pru­ner zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


18.03.04

Bundesrätin Mag. Daniela Gruber-Pruner (SPÖ, Wien)|: Sehr geehrte Frau Präsiden­tin! Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich bin sehr dankbar dafür, dass bei diesem Thema auch die breite Anerkennung für die Ele­mentarpädagogik zum Ausdruck kommt. Die Elementarpädagogik ist der erste Kon­takt ins Bildungssystem, und es ist von zentraler Bedeutung, wie dieser Erstkontakt ge­lingt.

Es ist mittlerweile unumstritten, welchen Wert die frühkindliche Bildung – wir haben es heute schon gehört – in Sachen Chancengerechtigkeit, in Sachen Armutsbekämpfung und so weiter hat, und das ist mir sehr wichtig. Nur entsprechen die Rahmenbedin­gungen noch nicht dieser Wertigkeit, die die Elementarpädagogik mittlerweile gewon­nen hat. Es gibt in Österreich noch immer keine einheitliche Qualität für diesen Be­reich. Es fehlt ein Bundesrahmengesetz, das die Qualität von Vorarlberg bis ins Bur­genland regelt; es gibt noch nicht die entsprechenden neuen Ausbildungsformen für unsere PädagogInnen, damit sie diese sehr anspruchsvolle Arbeit auch gewährleisten können; und es fehlt auch weitestgehend das systematische Hinhören auf die Kinder selber.

Diese Qualität brauchen wir nicht nur in der Elementarpädagogik, sondern auch in den Ganztagsschulen.

Ziel muss es sein, dass junge Menschen im Laufe ihrer Bildungslaufbahn erkennen, welches Potenzial in ihnen steckt, und dass sie erfahren und erleben, wie sie es nutzen können, wie sie damit umgehen können, damit sie es schöpfen können. Dafür sind auch gute Übergänge zwischen den einzelnen Bildungsphasen notwendig, die quali­tätsvoll begleitet werden. Dafür gilt es noch sehr viel zu tun. – Vielen Dank. (Beifall.)

18.04


Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska|: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bun­desrat Längle. – Bitte.

 


18.04.55

Bundesrat Christoph Längle (FPÖ, Vorarlberg)|: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Vizepräsidentin! Geschätzte Abgeordnete des Nationalrates, Bundesrates und der Landtage! Werte Damen und Herren! Prinzipiell haben wir ja in Österreich und auch in Westeuropa ein relativ gutes Ausbildungsangebot. Die Chancen sind durchaus vorhan­den. Ebenso sind auch die Möglichkeiten bezüglich Berufswahl variantenreich. Dieses System zu schützen ist Aufgabe der Politik. Leider ist aber die Zahl der Arbeitslosen und vor allem jungen Arbeitslosen, wie auch Herr Minister Hundstorfer eingangs be­stätigte, stetig steigend. Die seitens der Regierungsparteien betonten Projekte und Maß­nahmen zur Arbeitslosigkeitsbekämpfung scheinen dann doch nicht wirklich gut zu wirken. Bei knapp 400 000 Arbeitslosen ist dringend Reformbedarf gegeben. Verbes­serungen und Lösungen würden ein neues Pflichtschulsystem und eine stringente Ein­wanderungspolitik bringen.

Ich möchte jetzt aber auch nicht alles schlechtreden, das wäre unfair. Projekte wie Kar­riere mit Lehre, Erasmus beziehungsweise Erasmus+ und so weiter haben durchaus auch positive Ansätze.

Abschließend möchte ich hier einen Appell, einen Wunsch an die Bundesregierung rich­ten. Mich würde es sehr freuen, wenn hier endlich einmal eine tatkräftige, engagierte und vor allem reformfähige Regierung auftreten würde, denn ansonsten ist die Proble­matik im Bereich Armut und vor allem im Bereich Jugendarbeitslosigkeit nicht in den Griff zu bekommen. – Danke. (Beifall.)

18.06


Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska|: Als Nächste und heute Letzte ist Frau Land­tagsabgeordnete Mag. Scheffknecht zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


18.07.01

Mag. (FH) Sabine Scheffknecht (Landtagsabgeordnete, Landtag Vorarlberg)|: Frau Prä­sidentin! Frau Vizepräsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte zum Schluss noch auf drei Themen ganz kurz eingehen, nämlich auf die Themen Wirtschaft, Bildung und ganz zum Schluss auf das wesentlichste Thema heute, auf unsere Kinder.

Zum Thema Wirtschaft. Wir haben es von Ihnen gehört, Herr Dr. Zeitler, die Wirt­schaftsunternehmen, die Industriebetriebe, aber auch die Handelsbetriebe finden nicht mehr die Lehrlinge, die sie gerne hätten. Das hat sich in den letzten Jahren und Jahr­zehnten geändert. Die Leitbetriebe bei uns in Vorarlberg, die Firmen Blum, Doppel­mayr, Liebherr, finden nicht mehr die Lehrlinge, die sie brauchen würden. Vor zehn Jahren konnten sie sich die Lehrlinge noch aussuchen.

Das hängt mit dem Bildungssystem zusammen. Sie haben es erwähnt: Wir brauchen da ein gemeinsames Niveau, auf dem auch die entsprechenden Betriebe aufbauen können. Da wäre unsere Forderung: die mittlere Reife – dass eben alle mit demselben Niveau abschließen.

Dann der Bereich Bildung. Da stellt sich für mich die Frage: Wie investieren wir unser Geld? Investieren wir unser Geld, wie Sie es gesagt haben, in einen defizitorientierten Kompensationsansatz, also in die Auswirkung – oder investieren wir es in die Ursa­che? Investieren wir also unser Geld bitte in die Bildung!

Wesentlichster Punkt am Schluss: die Kinder. Was tun wir eigentlich unseren Kindern an mit dem Bildungssystem, das wir heute haben? Ich sage ganz bewusst: Was tun wir allen unseren Kindern an? Es sind nämlich alles unsere Kinder. Wir fördern nicht ihre Talente, im Gegenteil: Wir verursachen, dass die Begeisterung schon im ersten Jahr, in dem sie in die Schule kommen, verlorengeht.

Fördern wir wirklich ihre Talente, schaffen wir die entsprechenden Rahmenbedingun­gen, und zwar mit einer umfassenden Schulautonomie! Wenn wir es wirklich schaf­fen, unsere Kinder in den Mittelpunkt zu stellen, dann wissen wir auch, was zu tun ist. Haben wir auch den Mut, die entsprechenden Entscheidungen zu treffen! – Danke schön. (Beifall.)

18.09

18.09.05Schlussworte der Präsidentin

 


Vorsitzende Präsidentin Sonja Zwazl|: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich bei Ihnen recht herzlich dafür bedanken, dass Sie zu unserer heutigen Enquete „Schlummernde Talente“ gekommen sind.

Wir haben vor drei Wochen im Landhaus in St. Pölten eine Zukunftskonferenz veran­staltet, bei der der Schwerpunkt darauf gelegen ist, die Stärken, die Talente, Begabun­gen, Potenziale unserer jungen Menschen zu heben. Gleichzeitig haben wir eine Stu­die vorgestellt, in deren Rahmen wir junge Menschen gefragt haben, wie sie ihre Zu­kunft sehen und welche Unterstützung sie brauchen. Es ist dabei herausgekommen, dass sich unsere Jugend wünscht, dass sie besser, professioneller betreut wird, wenn es um Berufsorientierung geht. Das ist auch heute sehr stark zum Ausdruck gekom­men.

Heute haben wir unseren Schwerpunkt auf schlummernde Talente gelegt, auf junge Menschen, die vielleicht eine zweite oder dritte Chance brauchen.

Ich bedanke mich bei Ihnen recht herzlich für Ihren Zugang, für Ihr Engagement, für die Vorstellung Ihrer Projekte, denn es ist wichtig, dass wir voneinander lernen. Das ist auch der Grund, warum uns gerade wir im Bundesrat ganz verstärkt das Thema Ju­gend beziehungsweise Zukunft unserer Jugend vorgenommen haben: weil wir schau­en möchten, welche guten Initiativen es in den einzelnen Bundesländern gibt.

Wir haben leider nicht mehr die Zeit, auf gewisse Fragen, auf die Ausführungen der Ex­perten einzugehen. Eine Frage kann ich rasch beantworten, die betrifft den Kollegen Deimek, der gefragt hat: Wer finanziert das Projekt Mauritiushof? Das ist eine Initiative des AMS Niederösterreich und der Wirtschaftskammer Niederösterreich, weil wir den Schwerpunkt darauf legen, unseren jungen Menschen zu helfen. Unsere Jugend braucht auch zweite und dritte Chancen. Wir haben auf der einen Seite hoch talentierte junge Menschen, deren Stärken wir nur zu heben brauchen, und auf der anderen Seite haben wir junge Menschen, die eben mehr Unterstützung brauchen.

Noch einmal ein herzliches Dankeschön dafür, dass Sie heute zu unserer Enquete ge­kommen sind! Man hat gespürt, dass es uns allen ein Anliegen ist. Ich bedanke mich für Ihr Engagement, wünsche Ihnen einen angenehmen Abend – und schließe diese Enquete. (Beifall.)

18.11.31 Schluss der Enquete: 18.12 Uhr

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