logo

 

 

„Digitaler Wandel und Politik“

 

 

titelbild

 

Parlamentarische Enquete des Bundesrates

 

Mittwoch, 18. November 2015

 

(Stenographisches Protokoll)

 


Parlamentarische Enquete des Bundesrates

Mittwoch, 18. November 2015

(XXV. Gesetzgebungsperiode des Nationalrates)

Thema

„Digitaler Wandel und Politik“

Dauer der Enquete

Mittwoch, 18. November 2015: 10.01 – 15.31 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Eröffnung und Darstellung der Zielsetzungen der Enquete

Präsident des Bundesrates Gottfried Kneifel

2. Informationen zu politischen Strategien

Dr. Max Lemke, Europäische Kommission, Referatsleiter der Generaldirektion CONNECT, zuständig für die „Digitising European Industry“-Initiative unter Kommissar Günther H. Oet­tinger

Mag. Sonja Steßl, Staatssekretärin im Bundeskanzleramt, „Digital Roadmap“

Mag. Dr. Harald Mahrer, Staatssekretär im Bundesministerium für Wissenschaft, For­schung und Wirtschaft, „Digital Roadmap“

3. Panel & Diskussion

Panel 1: „Digitalisierung“ (Innovationen, Technik, Services, Märkte)

Panel 2: „Wissensgesellschaft“ (Gesellschaft, Bildung, Wissenschaft, Arbeit)

*****

Inhalt

1. Eröffnung und Darstellung der Zielsetzungen der Enquete ............................... 3

Vorsitzender Präsident Gottfried Kneifel .................................................................... 3

2. Informationen zu politischen Strategien ................................................................ 6

Dr. Max Lemke ................................................................................................................ 6

Staatssekretärin Mag. Sonja Steßl ............................................................................. 10

Staatssekretär Mag. Dr. Harald Mahrer ..................................................................... 12

3. Panel & Diskussion .................................................................................................. 17

Panel 1: „Digitalisierung“ (Innovationen, Technik, Services, Märkte) ................ 17

Statements:

Dipl.-Ing. Dr. Sabine Herlitschka, MBA ...................................................................... 17

Univ.-Prof. Dr. Bruno Buchberger ............................................................................. 20

Dipl.-Ing. Helmut Leopold ........................................................................................... 23

Andreas Kovar .............................................................................................................. 26

Andreas Ebert ............................................................................................................... 30

Dkfm. Volker Panreck .................................................................................................. 34

Dr. Markus Gratzer ....................................................................................................... 37

Komm.-Rat Robert Bodenstein .................................................................................. 40

Diskussion:

Mag. Lukas Mandl ........................................................................................................ 43

MEP Dr. Barbara Kappel ............................................................................................. 44

Abg. Dr. Franz-Joseph Huainigg ................................................................................ 46

Christian Rupp ............................................................................................................. 46

Bundesrat Marco Schreuder ...................................................................................... 46

wHR Mag. Nicolaus Drimmel ..................................................................................... 47

Abg. Eva-Maria Himmelbauer, BSc ........................................................................... 48

Walter Naderer .............................................................................................................. 49

Panel 2: „Wissensgesellschaft“ (Gesellschaft, Bildung, Wissenschaft, Arbeit)                  50

Statements:

Dr. Gerald Bast ............................................................................................................. 50

Mag. Gabriele Zgubic ................................................................................................... 53

Dr. Kurt Einzinger ........................................................................................................ 56

Mag. Max Schrems ...................................................................................................... 58

Thomas Lohninger, BA ............................................................................................... 62

Diskussion:

Abg. Mag. Nikolaus Alm .............................................................................................. 66

Bundesrat Stefan Schennach ..................................................................................... 67

Bundesrat Mag. Gerald Zelina .................................................................................... 67

Bundesrat Martin Weber ............................................................................................. 68

Mag. Sylvia Kuba .......................................................................................................... 69

Bundesrat Mag. Ernst Gödl ........................................................................................ 70

Mag. Heidrun Strohmeyer ........................................................................................... 71

Bundesrat Werner Herbert .......................................................................................... 72

Geschäftsbehandlung

Unterbrechung der Sitzung .......................................................................................... 50


 

10.00.37Beginn der Enquete: 10.01 Uhr

Vorsitzende: Präsident des Bundesrates Gottfried Kneifel, Vizepräsidentin des Bun­desrates Inge Posch-Gruska.

10.00.38 1. Eröffnung und Darstellung der Zielsetzungen der Enquete

 


10.01.39

Vorsitzender Präsident Gottfried Kneifel|: Meine sehr geschätzten Damen und Her­ren! Ich eröffne die Enquete des Bundesrates zum Thema „Digitaler Wandel und Politik“ und danke Ihnen, dass Sie der Einladung so zahlreich Folge geleistet haben.

Ich begrüße alle Anwesenden sehr herzlich. Mein besonderer Gruß gilt den Referentin­nen und Referenten des heutigen Tages: Herrn Dr. Max Lemke als Vertreter der Euro­päischen Kommission, Frau Staatssekretärin Mag. Sonja Steßl, Herrn Staatssekretär Dr. Harald Mahrer, Frau Dipl.-Ing. Dr. Sabine Herlitschka, Vorstandsvorsitzende von In­fineon Technologies Austria, Herrn Univ.-Prof. Dr. Bruno Buchberger von der Johannes Kepler Universität in Linz, Herrn Dipl.-Ing. Helmut Leopold, Head of Department Digital Safety and Security am Austrian Institute of Technology, Herrn Andreas Kovar, Koordi­nator des Projektes „Grünbuch Digitaler Wandel und Politik“, Herrn Andreas Ebert, Regional Technology Officer von Microsoft Western Europe, Herrn Dipl.-Kfm. Volker Panreck, General Manager der ING-DiBa Direktbank Austria, Herrn Dr. Markus Grat­zer, Generalsekretär der Österreichischen Hoteliervereinigung, Herrn Komm.-Rat Ro­bert Bodenstein, Obmann der Bundessparte Information und Consulting der Wirt­schaftskammer Österreich, Herrn Dr. Gerald Bast, Rektor der Universität für ange­wandte Kunst in Wien, Frau Mag. Gabriele Zgubic, Leiterin der Abteilung Konsumen­tenschutz der Kammer für Arbeiter und Angestellte, Herrn Dr. Kurt Einzinger, Ge­schäftsführer von Netelligenz, Herrn Mag. Max Schrems, Jurist und Datenschutzexper­te, sowie Herrn Thomas Lohninger, Geschäftsführer des Arbeitskreises Vorratsdaten Österreich.

Weiters begrüße ich besonders den Ersten Landtagspräsidenten von Kärnten, Herrn Ing. Reinhart Rohr, den Zweiten Landtagspräsidenten von Oberösterreich, Herrn Dipl.-Ing. Dr. Adalbert Cramer, sowie die Zweite Landtagspräsidentin der Steiermark, Frau Manuela Khom. – Herzlich willkommen!

Darüber hinaus begrüße ich sehr herzlich alle Mitglieder des Bundesrates, des Natio­nalrates, des Europäischen Parlaments und der Landtage, die Vertreterinnen und Ver­treter der jeweiligen Bundesministerien sowie alle von den jeweiligen Institutionen nam­haft gemachten Vertreterinnen und Vertreter, die als Expertinnen und Experten an der heutigen Enquete teilnehmen.

Im Besonderen heiße ich auch die Vertreterinnen und Vertreter der Medien herzlich willkommen und bedanke mich für die bisherige Begleitung dieses offenen Partizipa­tionsprozesses „Digitaler Wandel und Politik“.

Ferner begrüße ich alle Zuseherinnen und Zuseher, die die heutige Enquete auf ORF III beziehungsweise via Livestream im Internet verfolgen. – Ein herzliches Will­kommen auch Ihnen zu Hause vor den Fernsehgeräten!

*****

(Es folgen technische Mitteilungen in Bezug auf das Prozedere durch den Vorsitzen­den sowie der Hinweis darauf, dass über diese Enquete ein Stenographisches Proto­koll verfasst wird, das nach einiger Zeit im Internet unter „www.parlament.gv.at“ abruf­bar sein wird.)

*****

Meine sehr geschätzten Mitglieder des Bundesrates und des Nationalrates! Sehr ge­ehrte Frau Staatssekretärin Sonja Steßl! Herr Staatssekretär Mahrer! Meine sehr ge­ehrten Damen und Herren! Ich darf Sie nochmals herzlich willkommen heißen bei der parlamentarischen Enquete des Bundesrates „Digitaler Wandel und Politik“. Sie sind heute Zeugen einer Premiere im österreichischen Parlament. Erstmals wurde ein wich­tiges gesellschaftspolitisches Thema mit breiter demokratiepolitischer Beteiligung auf­bereitet und in Form eines sogenannten Grünbuches in den parlamentarischen Raum gebracht.

Wir wissen, dass sich in den vergangenen Jahren dankenswerterweise viele Einrich­tungen, Vereine, Betriebe, Unternehmungen und Einzelpersonen mit Veranstaltungen um das Thema Digitalisierung verdient gemacht haben. Aber in dieser Qualität, in die­ser Breite und mit dieser demokratischen Beteiligung im Spannungsfeld zwischen Poli­tik, Wissenschaft, Forschung, Arbeit, Bildung, Wirtschaft und Gesellschaft war dies un­ter Einbeziehung des parlamentarischen Raumes im wahrsten Sinn des Wortes noch nie der Fall.

Noch etwas Erfreuliches darf ich Ihnen und auch den Zuseherinnen und Zusehern zu Hause berichten: Dieser Prozess wurde von allen Fraktionen, jenen der Koalition eben­so wie der Opposition, gemeinsam und in vollem Konsens mitgetragen, mitgestaltet und mitverantwortet. Dafür danke ich den Fraktionsobleuten Edgar Mayer von der ÖVP, Reinhard Todt von der SPÖ, Monika Mühlwerth von der FPÖ und Marco Schreu­der von den Grünen herzlich. Ein Konsens bei wichtigen Fragen dieser Republik, bei einer Herausforderung für die Zukunft, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist in Zeiten wie diesen keine Selbstverständlichkeit. Deshalb bedanke ich mich bei allen für diese Mitverantwortung.

Wir haben die Erwartungen und Hoffnungen bei diesem gemeinsamen Prozess öffent­lich formuliert. Ich danke nochmals dem Gründer des Forschungszentrums RISC in Hagenberg, dem Mathematiker und Univ.-Prof. Dr. Bruno Buchberger, für seine klare Ausrichtung der Diskussion von Anfang an, von der ersten Veranstaltung an hier im Parlament. Es geht nicht um PC- oder Laptop-Anwendung. Es geht um die Schaffung einer Atmosphäre, in der kreative Softwarelösungen möglich werden und der digitale Erfolg in Österreich blüht und gedeiht und alle Mitbürgerinnen und Mitbürger einen möglichst hohen Nutzen von dieser neuen technologischen Entwicklung haben.

Dann haben wir gemeinsam um Anregungen, Ideen und Vorschläge gebeten. Gute Dienste hat dabei die Plattform www.besserentscheiden.at geleistet. Der Prozess hat auch klargemacht, dass es in Österreich auch noch andere wichtige Themen gibt als Asyl- und Flüchtlingsfragen, die ich gar nicht abwerten möchte. Aber wir müssen auch in die Zukunft schauen!

Sie werden sich fragen, warum dieses Thema im Bundesrat behandelt wird: Weil ich glaube, dass darin auch die Chance einer Neupositionierung der zweiten Kammer be­steht. Als Bundesräte sind wir nicht so sehr in die tagespolitische Diskussion einge­bunden, und ich glaube, dass wir als zweite Kammer die Möglichkeit haben, in die Zu­kunft zu schauen. Wir haben zum Beispiel nicht die Herausforderung, einen Untersu­chungsausschuss oder mehrere besetzen zu müssen und damit möglichst viel Poten­zial zu binden. Wir haben die Möglichkeit, hier in die Zukunft zu schauen, und ich glau­be, dass ein guter Weg begonnen wird, der in Zukunft fortgesetzt werden soll. Das ist eine Chance für die zweite Kammer dieses Hauses.

Wir haben in diesem Prozess auch klargemacht, dass es in Österreich diese Themen für die Zukunft geben muss und diese behandelt werden sollen. Dem Trend der Digi­talisierung haben wir uns zu stellen – wir stehen ja mittendrin –, genauso wie der globalen Entwicklung, damit wir im internationalen Wettbewerb bestehen können. Jetzt ist das Grünbuch mit den Ideen und Vorschlägen fertig – dieses Grünbuch (das be­sagte Buch in die Höhe haltend), das jeder anfordern kann, das auch digital unter www.besserentscheiden.at erhältlich ist.

Ich danke Andreas Kovar, Hannes Leo und Gottfried Marckhgott für ihre Unterstützung bei dieser Arbeit. Wir werden aber weiter daran arbeiten. Das Buch mit dieser Ideen­sammlung bleibt online. Ich lade Sie ein: Machen Sie mit! Wir brauchen jede Anregung, jeden Vorschlag, meine sehr geehrten Damen und Herren, nach dem Motto: Die beste Idee ist für Österreich gerade gut genug – gerade in dieser wichtigen Zukunftsfrage.

Es gab auch Menschen, die teilten uns ihre Ängste und Sorgen mit: Können wir mit dieser Technologie noch mithalten? Schaffe ich diese Qualifikation an meinem Arbeits­platz? – Es waren besonders auch Ältere, die uns geschrieben haben: Kann ich im Be­ruf mit meiner derzeitigen Verwendung noch bestehen? – Ja, das sind berechtigte Sorgen. Aber wir haben natürlich die Möglichkeit, uns vor dieser Technologie zu Tode zu fürchten oder den Stier bei den Hörnern zu packen und die entsprechenden, rich­tigen Maßnahmen zu setzen.

Das ist unsere Aufgabe, und das ist auch das Kernthema dieser intensiven Beschäfti­gung mit dem Thema „Digitaler Wandel und Politik“: dass wir die Risken dieser Ent­wicklung minimieren und die Chancen dieses Wandels, dieser neuen Technologie möglichst optimieren – für die Menschen in der Stadt ebenso wie für den ländlichen Raum, dem sich auch neue Chancen eröffnen.

Wir wollen auch öffentlich zeigen, dass wir als Abgeordnete und Parlamentarier die Zeichen der Zeit erkennen und uns ernsthaft und über Parteigrenzen hinweg intensiv bemühen, die richtigen Hebel zu betätigen und die richtige Orientierung für unsere Be­völkerung und unsere Betriebe und unsere Gesellschaft einzuleiten. Wir müssen neue Weichen stellen, damit die Chancen des digitalen Wandels möglichst vielen Bürgerin­nen und Bürgern zugutekommen.

Kurz gesagt: Es geht darum, Ängste zu nehmen und Hoffnung zu geben. Es ist eine der wichtigsten Aufgaben der Politik, unseren Bürgerinnen und Bürgern, die uns beauf­tragt haben, Hoffnung zu geben und nicht Ängste zu schüren, nach dem Motto: Die Technologie – in diesem Fall –, dein Freund und Helfer. Wenn wir das konsequent und in enger Zusammenarbeit mit unseren exzellenten Wissenschaftlern, kreativen For­schern und unseren risikofreudigen Unternehmerinnen und Unternehmern, gemeinsam mit den tüchtigen Fachkräften in den Betrieben, tun, dann werden wir das schaffen.

Nach zahlreichen Besuchen in Betrieben und Forschungseinrichtungen habe ich die Überzeugung gewonnen, dass wir es können, wenn wir wollen. Österreich ist da kei­neswegs ein Schlusslicht in der Welt. Im Gegenteil: Diese Technologie hat einen enorm wichtigen Stellenwert in der österreichischen Wirtschaft eingenommen, und in einigen dieser Bereiche hat Österreich bereits eine Vorreiterrolle eingenommen, auch wenn das manchmal relativiert wird.

Die Digitalisierung ist natürlich auch eine europäische Herausforderung. So besetzt Österreich heute international eine führende Rolle bei den E-Government-Systemen, und Christian Rupp von der Plattform Digitales Österreich fliegt von einem Land in das andere, um österreichische Konzepte und Produkte zu vermitteln. – Herzlichen Dank, Christian.

Österreich hat die internationale Technologieführerschaft in der Hochleistungsbildver­arbeitung, in der Telemedizin, in der Erhaltung unseres digitalen Kulturerbes wie auch bei internationalen Zollsoftwaresystemen. Spitzenforschung wird in vielen Einrichtun­gen geleistet. Ich erinnere zum Beispiel an das Linz Center of Mechatronics, das ich kürzlich besucht habe. Dort wurde etwa Bonebridge entwickelt, ein Implantat für besse­res Hören, oder Software-Sensor-Systeme von mechanischen Bauteilen durch Vibra­tionsanalyse, wie zum Beispiel Turbolader für den BMW-Motor, der in Linz konstruiert wird.

Die neue Technologie soll auch Fortschritte für mehr demokratische Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern bringen, meine Damen und Herren. Ich denke an den Ein­satz der Bürgerkarte unter Einhaltung von Sicherheits- und Datenschutzstandards und vieles andere mehr.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Beispiele zeigen, dass wir es können. Österreich kann sich im digitalen Wandel behaupten. Wir sind besser, als viele glau­ben. Machen wir aus dieser Veranstaltung eine breite Bewegung, vor allem mit der Be­geisterung unserer Jugend! Zeigen wir aber auch die Chancen und Möglichkeiten auf, die sich für die Generation 55 plus bieten!

Eines steht fest: Es wird nur über mehr Bildung, Bildung und Bildung gehen. Der kom­petente und kritische Umgang mit digitalen Medien muss Teil der Allgemeinbildung werden. Neben Lesen, Rechnen und Schreiben muss das Programmieren zu einer weiteren Kulturtechnik werden – also Bildung, Bildung, Bildung, und zwar ab dem Kin­dergarten.

Es geht um Inhalte, um Lust auf digitales Lernen. Es geht um Talentefindung, es geht um mehr Freiheit und weniger Bürokratie für Lehrpersonen. Es geht um ein Klima, das wir in Österreich schaffen wollen, in dem der Erfolg und die Bildung gedeihen. Der digi­tale Wandel wird deshalb auch die Bildungspolitik völlig in diese Richtung verändern. Der Lehrer soll mit seinem Laptop in die Klasse kommen, das Smart- oder Whiteboard einschalten, und es geht los.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es geht um gleichberechtigte Teilhabe aller an einer durch Digitalisierung geprägten Gesellschaft. Dieses Ziel müssen wir errei­chen, durch öffentliche Gesetzwerdungsprozesse, Deregulierung und Entbürokratisie­rung, dadurch, Gesetze zu nehmen statt Gesetze zu geben – manchmal wird es sich nicht vermeiden lassen, dass die Gesetzgebung auch Gesetze gibt.

Die Finanzverwaltung ist ganz vorne: 3,3 Millionen Österreicherinnen und Österreicher machen bereits ihre Steuererklärung auf FinanzOnline. Ein weiterer konkreter Vor­schlag: Wer seinen Behördenverkehr online abwickelt, soll 50 Prozent weniger öffent­liche Gebühren bezahlen.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich danke Ihnen für die bisherige Mitarbeit und eröffne die Debatte unserer heutigen Enquete. – Herzlichen Dank. (Beifall.)

10.17

10.17.382. Informationen zu politischen Strategien

 


Vorsitzender Präsident Gottfried Kneifel|: Ich darf nun Herrn Dr. Lemke um seine Aus­führungen ersuchen. – Bitte.

 


10.17.54

Dr. Max Lemke (Digital Agenda for Europe)|: Sehr geehrter Herr Präsident des Bun­desrates! Sehr geehrte Damen und Herren Staatssekretäre! Sehr geehrte Mitglieder des Bundesrates und des Nationalrates! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte mich auch im Namen von Herrn Kommissar Oettinger herzlich für die Einladung bedan­ken, hier vor diesem Hohen Haus sprechen zu dürfen und Ihnen die Pläne zu einer eu­ropäischen Initiative zum Thema Digitalisierung der Industrie vorstellen zu dürfen.

Die Industrie ist eine tragende Säule der europäischen Wirtschaft. Das verarbeitende Gewerbe zählt zwei Millionen Unternehmen und 33 Millionen Beschäftigte. Zurzeit fin­det die sogenannte vierte industrielle Revolution statt – die Digitalisierung der Industrie. Wir haben das gerade schon gehört.

Die volkswirtschaftliche Leistungskraft Österreichs ist maßgeblich von der sachgüterer­zeugenden Industrie abhängig. Die Fähigkeit, national und international konkurrenzfä­hige Produkte herzustellen und Produktivitätssteigerung zu erzielen, ist dabei zentral für das Wirtschaftswachstum eines hochindustrialisierten und wissensbasierten Landes wie Österreich. Darin liegt auch in der Zukunft die Basis für Wertschöpfung und Be­schäftigung.

Worum geht es bei der digitalen Transformation? – Ich sehe im Wesentlichen drei Di­mensionen: die Innovation von Produkten, die Innovation von Verfahren und Produk­tion und die Innovation von Geschäftsmodellen. Lassen Sie mich kurz auf diese drei Themen eingehen.

Zu den Produkten: Der Anteil digitaler Technologien an der Wertschöpfung beträgt heute schon in vielen Sektoren mehr als 50 Prozent. Wir brauchen uns nur die Auto­mobilindustrie anzusehen: Wir wissen gar nicht, wie viel digitale Technologien in unse­rem heutigen Auto sind – der Bremsprozessor, alles Mögliche im Auto ist digital. Und die Tendenz ist steigend, steigend in dem Sinne: vernetztes Fahren, autonomes Fah­ren, autonom fahrende Autos werden von digitalen Technologien gesteuert, das elek­trische Auto, der Elektromotor oder die Elektromotoren werden von digitalen Techno­logien gesteuert. Aber auch im Bereich der Landmaschinen, Luftfahrt und so weiter se­hen wir die Revolution der digitalen Technologien.

Lassen Sie mich zu Punkt zwei kommen: Verfahren und Produktion. In der Fabrik der Zukunft arbeiten viele smarte Maschinen zusammen, und die Maschinen kommunizie­ren miteinander. Die smarte Fabrik kann Produktionskosten senken, indem sie zum Beispiel Bestellungen unterschiedlicher Kunden sinnvoll bündelt. Sie kann die Liefer­zeiten genau berechnen und damit Zufriedenheit erreichen, und sie kann sehr flexibel produzieren, das heißt im Extremfall vollautomatisch Unikate herstellen. Das Schlag­wort dazu ist Produktion von Losgröße 1 – Massenprodukte, auf den Einzelnen zuge­schnitten.

Aber wir sollten nicht vergessen, dass menschliche Arbeit der entscheidende Faktor für die Produktivität bleibt. Die Fabrik der Zukunft ist genauso wenig menschenleer wie heutige Büros papierlos sind, und es sind die Mitarbeiter, die die Prozesse steuern und überwachen, und nicht andersherum.

Der dritte Punkt betrifft die Geschäftsmodelle. Die größte Veränderung der Disruption bringen neue Geschäftsmodelle, die ganz grundlegende Konzepte infrage stellen: Wo­zu eine Enzyklopädie kaufen, wenn ich sie umsonst auch im Internet bekomme? Wozu ein Auto kaufen, wenn ich Mobilitätsdienstleistung kaufen kann und das Auto für 1 € in der Zukunft vielleicht dazubekomme? – Für rein digitale Produkte wie Musik oder Bü­cher kennen wir das, wir sind damit vertraut. Bei Produkten, die physisch erzeugt wer­den, ist dieser Wandel heute in vollem Gange, und dieser fundamentale Wandel ist der Grund für den bemerkenswerten Aufstieg des Begriffs Industrie 4.0, überall. Wer vorne sein will, muss kreativ und innovativ sein.

Dennoch ist die Digitalisierung keine Bedrohung für uns. Sie eröffnet eine große Reihe von Chancen und Möglichkeiten, wettbewerbsfähiger zu werden und vielleicht auch die eine oder andere Produktionskapazität nach Europa zurückzubringen. Ein Beispiel ist Adidas, das zurück nach Europa verlegt wird und demnächst maßgeschneiderte Schu­he im Back Shop in der Stadt produziert. Sie bekommen Ihren maßgeschneiderten Schuh zum Preis eines Massenproduktes innerhalb einer Stunde oder spätestens ei­nes Tages, und das ist nicht auf Adidas beschränkt.

Wie steht Europa da? – Wir sehen starke Digitalisierung in Hightech-Bereichen: Auto, Landmaschinen. Wir sehen gute technologische Voraussetzungen in den vertikalen Be­reichen und in Technologien wie Industrierobotik, cyber-physikalischen Systemen, Fa­brikautomatisierung, Unternehmenssoftware, Teilen der Mikroelektronik, 3-D-laserge­stützte Produktion und so weiter.

Auf der anderen Seite sehen wir aber auch starke Schwächen in allen Branchen, die mit dem Web zusammenhängen, und darauf aufbauend sehen wir neue Konkurrenz von den großen Onlineplattform-Anbietern, die aus der Horizontalen im digitalen Be­reich in die vertikalen Bereiche drängen, in denen wir stark sind, und sie versuchen, auch dort die Regeln zu bestimmen und einen hohen Anteil der Wertschöpfung abzu­schöpfen.

Wir sehen große Unterschiede zwischen KMU und der Großindustrie. Wir sehen eben­falls große Unterschiede zwischen Regionen, den sogenannten Hightech-Regionen und weniger entwickelten Regionen. Eine Studie von Roland Berger zeigt, dass Öster­reich und Deutschland dabei unter den sogenannten Front Runners vergleichsweise gut dastehen.

Wir sehen zu wenig Standardisierung und Interoperabilität von Lösungen, und wir se­hen ganz klar eine Fragmentierung von nationalen und regionalen Programmen, wie Industrie-4.0-Produktion der Zukunft in Österreich, Industrie du Futur, High Value Manufacturing, Smart Industry. Jedes Land, jede Region versucht, solch eine Initiative aus dem Boden zu stampfen. Wir müssen uns besser koordinieren!

Wir sehen ebenfalls legislative und reguläre Lücken. Viele davon werden in der Stra­tegie für den digitalen Binnenmarkt angegangen, aber es gibt einige industrielle Frage­stellungen, die dort noch nicht hinreichend diskutiert werden, zum Beispiel Eigentums­rechte und Schutz von Industriedaten – auf dem Weg zum 3-D-Drucker können Daten auch verloren gehen oder gestohlen werden.

Auch gibt es andere Fragestellungen, die im DSM, im Digital-Single-Market-Paket, nicht adressiert werden, zum Beispiel die Sicherheit und Haftung für autonom handeln­de Systeme, wie Roboter, die man aus dem Käfig herauslässt, oder autonom fahrende Autos, Drohnen und so weiter. Damit müssen wir uns ebenfalls beschäftigen.

Nun: Was macht die Kommission? Was stellen wir uns vor? – Herr Kommissar Oettin­ger hat auf der Hannover Messe im April angekündigt, dass die Europäische Kommis­sion dabei ist, eine umfassende Strategie für die Digitalisierung der europäischen In­dustrie zu entwickeln. Wir arbeiten hart daran, diese umfassende Strategie zu erstel­len, die zum Ziel hat, jedem Produktionssektor Zugang zu den neuesten digitalen Technologien zu ermöglichen und den Übergang zu höherwertigen Produkten und Pro­zessen gemeinsam zu gestalten.

Diese Strategie hat vier Säulen. Darauf möchte ich noch kurz eingehen. Die erste Säule ist jene der digitalen Innovationszentren. Es ist notwendig, dass jedes mittel­ständische Unternehmen, jedes KMU in Europa die Möglichkeit hat, sich über digitale Transformation beraten zu lassen. Wir brauchen deshalb Zentren für jeden Sektor, ver­teilt über Europa, wo das möglich ist.

Wir haben eine Basis, die sehr heterogen ist, sehr verschiedene Geometrien in den einzelnen Mitgliedsländern. Wir haben Netze von Kompetenzzentren wie die Field Labs in den Niederlanden oder die Demonstrationszentren, die jetzt in Deutschland ge­gründet werden, aber wir brauchen europäischen Mehrwert im Sinne von: Wir brau­chen einen Katalog der Kompetenzen. Warum sollen niederländische Field Labs nie­derländische Technologien zu niederländischen Themen Niederländern vorstellen? – Ich kann mir auch vorstellen, dass österreichische Unternehmen davon profitieren kön­nen und ebenso in die andere Richtung. Das heißt, wir müssen uns besser vernetzen. Wir müssen grenzübergreifend zusammenarbeiten, und wir müssen auch unsere Res­sourcen, die wir für solche Zentren haben, bündeln.

Ich denke da an Innovationsmittel wie aus den Forschungsrahmenprogrammen der Union, ich sehe die nationalen und regionalen Programme, ich sehe aber auch die Strukturprogramme zur Strukturförderung, die nicht mehr nur Verkehrsprojekte fördern, sondern auch Innovation und digitale Infrastrukturen. Da sind wir im Moment noch rela­tiv schwach, da müssen wir stärker werden.

Thema zwei, führende Rolle bei digitalen Plattformen: Damit vernetzte Produkte, Pro­zesse und Geschäftsmodelle effizient eingesetzt werden können beziehungsweise überhaupt möglich werden, muss es Plattformen geben, über die sie kommunizieren können. Hier gibt es sicherlich gute Ansätze, zum Beispiel RAMI oder Industrial Data Space in Deutschland, RAMI für die Produktion, Industrial Data Space für die Benut­zung von – unter Anführungszeichen – „Big Data“, oder auch die Plattform CRYSTAL für sicherheits- und zeitkritische Systeme von der österreichischen Firma AVL in Graz oder die Arbeit im ECSEL Joint Undertaking, wo auch Frau Herlitschka eine führende Rolle hat und die österreichischen Partner aus meiner Sicht überproportional zur Grö­ße vertreten sind.

Die europäische Industrie sollte bei der Entwicklung der nächsten Generation digitaler Industrieplattformen eine führende Rolle spielen, um den eigenen Anteil an der Wert­schöpfung, der durch diese Plattformen erzielt wird, zu sichern. Die große Chance ist für uns durchaus vorhanden, dass die nächste Generation von Plattformen aus den vertikalen Bereichen getrieben wird und nicht von den großen Onlineanbietern. Hier hat Europa durch seine enorme – und das ist ganz wichtig –, nicht einfach einholbare Kompetenz eine Riesenchance. Im Engineering-Bereich kann man uns nicht so schnell einholen, und darauf müssen wir aufbauen. Horizon 2020 stellt mehrere Milliarden Euro in den nächsten fünf Jahren als Unterstützung für Plattformaufbau zur Verfügung, in Zusammenarbeit mit den nationalen Programmen.

Drittens: digitale Kompetenzen – das ist auch schon angeklungen. Wir müssen unsere Arbeitskräfte auf die digitale Zukunft vorbereiten und entsprechend aus- und weiterbil­den, damit sie von dieser Entwicklung profitieren können. Da kann Europa natürlich nur eine Katalysatorfunktion wahrnehmen, da der Bereich Erziehung und Arbeit in der Kompetenz der Mitgliedsländer liegt beziehungsweise in manchen Mitgliedsländern noch eine Ebene darunter, nämlich in der Kompetenz der Regionen, der Bundesländer zum Beispiel.

Es ist wichtig, die Interessen der Industrie stärker in den Dialog der Sozialpartner zum Thema Arbeit beziehungsweise in den Dialog zum Thema Skills einzubringen. Zum Beispiel wird zum Thema Skills häufig darüber gesprochen, dass wir mehr digitale In­genieure brauchen. Wir brauchen aber auch Blue- und White-Collar Workers, die digi­tale Technologien benutzen können, und das ist etwas ganz anderes. Insbesondere brachen wir auch multidisziplinäre Skills, zum Beispiel im Bereich Engineering und im Bereich digitale Technologien.

Vierter Punkt – und damit komme ich fast zum Schluss –: Regulierung. Neue digitale Geschäftsmodelle stellen existierende Regulierungen und Vorschriften infrage. Wir müssen unsere Rechtsvorschriften entsprechend anpassen. Es ist ganz wichtig, fest­zustellen, dass wir mit der EU-Initiative „Digitising European Industry“ nationale Initiati­ven ergänzen wollen.

Es geht nicht darum, dass die EU Mitgliedstaaten mit erhobenem Zeigefinger vor­schreibt, was sie zu tun haben. Wir sind davon überzeugt, dass es einen europäischen Mehrwert gibt, den wir erforschen müssen. Wenn wir in diesem Bereich mit den Wett­bewerbern aus Nordamerika und Asien konkurrieren wollen, dürfen wir keine natio­nalen Silos errichten. Wenn es um Spitzenpositionen bei digitalen Plattformen geht, braucht man schlicht und einfach kritische Masse. Diese kritische Masse gibt es bei uns nur auf europäischer Ebene.

Zum Schluss: EU-Kommissar Oettinger hat diese Strategie im April bei der Hannover Messe 2015 angekündigt. Er beabsichtigt, seine detaillierten Pläne bei der Messe 2016 im Detail zu erläutern. Wir beabsichtigen ferner, zu diesem Zeitpunkt eine Kommuni­kation an Rat und Parlament herauszugeben. Der Prozess dahin führt über runde Ti­sche mit Vertretern der Initiativen der Mitgliedsländer und der Industrie, bei denen auch österreichische Unternehmen und Ministerien beteiligt sind. Wir diskutieren natürlich auch in Foren wie diesen. So fahre ich zum Beispiel morgen weiter zum IT-Gipfel von Bundeskanzlerin Merkel, wo solche Diskussionen geführt werden.

Abschließend möchte ich sagen, dass wir uns nur gemeinsam den Herausforderungen der digitalen Transformation stellen und die Chancen nutzen können, die diese uns bietet. Ich lade Sie im Namen von Herrn Kommissar Oettinger ein, bei diesem Thema mit der Kommission zusammenzuarbeiten. – Danke. (Beifall.)

10.31


Vorsitzender Präsident Gottfried Kneifel|: Herr Dr. Lemke, ich danke Ihnen für Ihre Ausführungen aus Sicht der Europäischen Kommission.

Ich darf nun Frau Staatssekretärin Mag. Steßl um ihren Beitrag bitten. – Bitte, Frau Staatssekretärin.

 


10.31.47

Staatssekretärin im Bundeskanzleramt Mag. Sonja Steßl|: Herr Präsident! Geschätzte Diskussionsteilnehmerinnen und -teilnehmer! Herr Staatssekretär! Werte Mitglieder des Bundesrates! Werte Kolleginnen und Kollegen aus dem Nationalrat und Expertinnen und Experten! Ich bin wirklich sehr froh darüber, dass wir diese Enquete – mit einem derartig großen Interesse – heute hier erleben dürfen. Ich finde diese Initiative aus dem Bundesrat heraus sehr positiv und bedanke mich herzlich für die Einladung.

Wir bewegen uns alle in einer Zeit des Umbruchs – schnell, für manche auch zu schnell. Das verändert natürlich die Gesellschaft an sich. Verschiedenste Themenbe­reiche sind davon betroffen. Wirtschaft und Arbeit genauso wie andere gesellschafts­politische Bereiche sind immer wieder mit einer fortschreitenden Digitalisierung kon­frontiert.

Einerseits steht Digitalisierung als Synonym für Zukunft, Fortschritt und Modernität. Di­gitalisierung ist geprägt von neuen Begrifflichkeiten wie Cloudworking, Big Data, das Internet der Dinge, das Recht auf Vergessen oder auch Industrie 4.0. Diese Entwick­lung ruft bei den einen Enthusiasmus hervor, bei den anderen aber doch auch Skepsis. Eine Frage, die man sich natürlich stellt, ist, wie man damit umgehen soll. Und es wer­den natürlich auch Sorgen in der Gesellschaft hervorgerufen.

Was wir dringend benötigen, ist eine Verständigung darüber, dass die Digitalisierung sehr viele Möglichkeiten, die wir politisch gestalten, aktiv nutzen und vor allem auch mitgestalten wollen, für uns bringt. Ich denke, uns allen ist bewusst, dass zukunftswei­sende Weichenstellungen gefragt sind und dass wir nicht erst auf den fahrenden Zug aufspringen oder gar den Zug verpassen wollen.

Gemeinsam mit meinem Kollegen, Herrn Staatssekretär Mahrer, sind wir von der Bun­desregierung beauftragt, eine Digital Roadmap für die Bundesregierung zu erstellen, dabei die Entwicklungen der Digitalisierung in Österreich zu begleiten und in einer über­geordneten Strategie zusammenzufassen, denn es gibt in Österreich sehr viele und sehr gute Teilstrategien, allerdings fehlt noch das Big Picture.

Wie gehen wir dabei vor? – Wir haben auf der einen Seite einen Kick-off mit allen Mi­nisterien gestartet, danach einen Kick-off mit den Ländern, Städten und Gemeinden sowie mit den Sozialpartnerinnen und Sozialpartnern. Wir haben bereits bestehende Teilstrategien zusammengefasst und in Arbeitsgruppen, in denen sie erhoben und dis­kutiert worden sind, untergliedert. Die Arbeitsgruppen, meine geschätzten Damen und Herren, sind seit August sehr aktiv.

Jetzt komme ich natürlich auch zur offenen Gestaltung dieses Prozesses: Ab Jänner werden wir einen Open-Space-Prozess zu diesen Themen starten, wo sich wirklich die gesamte Gesellschaft – die Jugend, Ältere und vor allem auch die Creative Industries, die nicht in Kammern oder anderen sozialpartnerschaftlichen Dimensionen denken – in den aktiven Prozess rund um die Digital Roadmap einbringen kann. Ich lade auch Sie herzlich ein, sich daran zu beteiligen, denn digitale Technologien verändern die Be­schäftigung; Stichwort Industrie 4.0.

Es geht nicht darum, dass wir Angst und Sorgen schüren, sondern es geht vielleicht auch darum, dass wir in Zukunft über Arbeitsplätze verfügen werden, von denen wir heute noch gar keine Vorstellungen haben. Wir werden selbstverständlich auch neue Berufsbilder haben. Wenn man sich die Entwicklung der Wirtschaft ansieht, merkt man jetzt schon, dass wir sehr viele Berufsbilder haben, die es vielleicht noch nicht gab. Mit dem Crowdworking wird es neue Beschäftigungsformen geben, daher brauchen wir selbstverständlich geänderte Rahmenbedingungen für eine soziale Absicherung und auch für Fairness und gute Arbeitsbedingungen in diesem Bereich.

Das bringt mich zum nächsten Punkt: Wie finanziert sich dann unser Sozialsystem? Wie verhält es sich allgemein mit unseren Finanzierungssystemen? Wie verschieben sich die bisherigen Gewohnheiten und Diskussionen betreffend Arbeitszeiten, wenn viele Menschen immer und überall erreichbar sein wollen oder müssen? Vor allem jun­ge Menschen haben ein anderes Bild von der Arbeitswelt, auch, was die Work-Life-Balance betrifft. Wie die Arbeitswelt von morgen aussieht, liegt in unserem Verantwor­tungsbereich, in unserer politischen Diskussion und Auseinandersetzung.

Kinder und Jugendliche gehen beispielsweise ja ganz anders mit diesem Thema um. Wir sind jetzt in einer Situation, wo bereits Digital Natives in Führungspositionen sind und wo Kinder ganz lapidar mit der Digitalisierung aufwachsen. Die digitale Kompetenz muss neben Rechnen, Lesen und Schreiben zu einer vierten Kulturtechnik werden. Da­bei geht es nicht nur um das Programmieren, sondern darum, dass man weiß, was man mit dieser Technik anfängt und wie es sich mit dem Datenschutz verhält, wenn man freiwillig gewisse Dinge in das Netz stellt – Thema Facebook und andere Dinge.

Im Grünbuch, das der Herr Vorsitzende erwähnt hat, findet das Thema Bildung einen wirklich sehr großen Platz. Ich bin für diese Initiative sehr dankbar, weil ich sehr vieles aus diesem Grünbuch auch unterstützen kann. Bildung und Weiterbildung sind das Rüstzeug, um für die Zukunft und den Beruf gerüstet zu sein, sie sind aber auch für die Teilhabe an der Gesellschaft essenziell. Unser Ziel muss es daher sein, dass wir Men­schen zukunftsfit für die Digitalisierung machen, dass wir die digitale Kluft beseitigen und zugleich mithilfe der Digitalisierung unsere Zukunft nicht nur im wirtschaftlichen Be­reich, sondern auch in der Gesellschaft mitgestalten.

Ich möchte eine Passage aus diesem Grünbuch – aus dem Kapitel Wirtschaftspolitik-Steuerrecht –, die mir persönlich sehr gut gefällt, zitieren:

„Digitalisierung bedeutet neue Wertschöpfungsmodelle, neue Arbeitsrealitäten, neue Konsumrealitäten. Eine erfolgreiche politische Strategie muss bei der Frage ansetzen, wie Technik und neue Innovationen so eingesetzt werden können, dass alle gesell­schaftlichen Gruppen von den Vorteilen der Digitalisierung profitieren können. Dies be­deutet insbesondere auch, dass Effizienz- und Produktivitätsgewinne, die durch neue Technologien entstehen, fair verteilt werden müssen.“

Daher ist es für unser Land und für unseren Wohlstand sehr wichtig, da wir, was Roh­stoffe betrifft, über sehr bescheidene Ressourcen verfügen; gerade jetzt ist es wichtig, dass wir diesen Wohlstand fair verteilen. Deswegen setzt die Regierung mit dem Mas­terplan zur Breitbandförderung auch da an, damit neben den Städten auch die ländli­chen Regionen Breitbandinfrastruktur haben. Gut funktionierende Infrastruktur ist näm­lich genauso eine Voraussetzung, damit sich Unternehmen in den Regionen ansiedeln und vor allem weiterentwickeln können.

Herr Präsident Kneifel hat es angesprochen: Wir sind beim E-Government wirklich Vor­reiter und Vorreiterinnen im europäischen Bereich. – Das macht natürlich mich als Staatssekretärin für Verwaltung und Öffentlichen Dienst auch stolz. Man muss nicht das Licht unter den Scheffel stellen, sondern man kann wirklich sagen, wo man gut weiterarbeiten kann.

Mein Ziel ist selbstverständlich auch, dass die Bürgerinnen und Bürger im Bereich der Verwaltung ihre Amtswege online machen können, dass sie ein Recht darauf haben, aber keine Pflicht dazu. Wir dürfen auch die andere Seite der Offliner nicht vergessen, die es in dieser Gesellschaft ebenso gibt. Wir arbeiten laufend an einer Verbesserung unserer E-Government-Systeme. Ab 2016 hat man, wenn man beispielsweise ein Ge­werbe online anmeldet oder wenn man sich einen für eine Bewerbung benötigten Straf­registerauszug online besorgt, um 40 Prozent weniger Antragsgebühren. So gibt es ei­nen Anreiz, diese modernen Technologien auch zu nutzen.

In diesem Sinne bin ich der festen Überzeugung, dass der digitale Wandel einerseits die Politik vor neue Herausforderungen stellt, dass er aber andererseits auch eine Chance für uns ist, denn die Menschen wollen einen Plan von uns, damit wir gut für die Zukunft gerüstet sind. Ich bin der festen Überzeugung, dass gerade Europa weltwirt­schaftlich gesehen im Rahmen der Digitalisierung eine große Chance hat, neue Akzen­te zu setzen. In diesem Zusammenhang möchte ich beispielsweise den Privacy-Ma­nagement-Bereich erwähnen. Neben diesen vielen strategischen Entscheidungen brauchen wir diesen Spirit, dieses innovationsfreudige Klima und vor allem auch Rah­menbedingungen, unter denen sich diese Digitalisierung entwickeln kann.

Wir werden selbstverständlich auch die Ergebnisse dieses Grünbuchs in unseren Pro­zess der Digital Roadmap einfließen lassen. Sie sind hier wirklich ein wertvoller Beitrag für das große Ganze, eine Digitalisierungsstrategie für Österreich zu gestalten. In die­sem Sinne: Vielen herzlichen Dank an alle, die sich bis jetzt eingebracht haben. Noch­mals meine Einladung: Bringen Sie sich auch in den gesamten Prozess mit ein! – Herz­lichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall.)

10.43


Vorsitzender Präsident Gottfried Kneifel|: Sehr geehrte Frau Staatssekretärin, ich danke Ihnen für Ihre Ausführungen sowie für Ihre Ankündigung, dass die Bundesregie­rung diesen Prozess weiterführen und einen Öffnungsprozess zu diesem Thema einlei­ten wird. Als Präsident des Bundesrates freue ich mich natürlich, dass wir als Weg­bereiter fungieren und den Anfang gemacht haben. Herzlichen Dank für Ihre Ausfüh­rungen.

Ich darf nun Herrn Staatssekretär Dr. Mahrer um seinen Beitrag bitten. – Bitte, Herr Staatssekretär.

 


10.43.46

Staatssekretär im Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft Mag. Dr. Harald Mahrer|: Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Vertreterinnen und Ver­treter des Nationalrates, des Bundesrates, des Europäischen Parlaments und der an­deren Gebietskörperschaften sowie Vertreter der Wissenschaften – Dr. Bast, ich freue mich sehr, dass Sie da sind –, alle Expertinnen und Experten und Vertreter der Wirt­schaft!

Herr Präsident, danke für deine Initiative, danke für die Initiative des Bundesrates, eine Enquete im Rahmen eines sehr partizipativ angelegten Prozesses, der sich im Kern mit den Fragen des digitalen Wandels beschäftigt, abzuhalten, in der unterschiedliche Stim­men aus ganz Österreich zu Wort kommen. Das ist ganz entscheidend: nicht nur in ei­nem digitalen Prozess, sondern auch physisch zu Wort zu kommen.

Die Kombinatorik dieser beiden Möglichkeiten, Inputs zu liefern, wird im Idealfall am Ende des Prozesses zu Empfehlungen führen, die dann Frau Staatssekretärin Steßl und ich im Rahmen unserer berühmten Digital Roadmap – die wir als ein lebendiges Dokument bezeichnen, als ein Dokument, das sich vermutlich ständig strategisch wei­terentwickeln wird, weil der digitale Wandel zunimmt und auch an Geschwindigkeit noch weiter zunehmen wird – aufnehmen können, damit wir dann bei den Strategien, die die Bundesregierung in den unterschiedlichsten Bereichen hat – es sind ja alle Ressorts sowie alle Gesellschaftspolitikbereiche davon betroffen –, laufend Anpassun­gen vornehmen können.

Präsident Kneifel und ich sind früher einmal kurz zusammengesessen und haben ge­sagt, es wäre eine klasse Geschichte, wenn der Bundesrat so etwas machen könnte. Ich möchte mit dem Dank dafür beginnen, dass diese Initiative gestartet wurde. Es gibt diesen wirklich schönen Schlusssatz im letzten Absatz des Vorworts des Grünbuchs, wobei Präsident Kneifel das selbst auch einleitend gesagt hat:

„War früher diese Aufgabe einem Weisenrat oder Senat (…) vorbehalten,“ – also dem Nachdenken einer zweiten Kammer – „werden in einer demokratisch organisierten Wissensgesellschaft große Teile der Bürgerschaft aller Altersgruppen interessiert und in der Lage sein, diese Aufgabe der Reflexion zu übernehmen. Der Bundesrat könnte in dieser Richtung reformiert werden, um bürgerschaftliche Partizipation zu organisie­ren und gleichzeitig den Parlamentarismus und die repräsentative Demokratie zu stär­ken.“

Ich erachte das als ein wunderbares Beispiel, wie der Bundesrat in Zukunft tatsächlich als Transformationsplattform zwischen weiten Teilen der Bevölkerung, dem Hohen Haus und der Regierung funktionieren kann. Diese Thinktank-Funktion haben wir viel zu wenig in Österreich, sie kann mit der Unterstützung neuer digitaler Prozesse – siehe auch Hannes Leo, von dem ich weiß, dass er als Technologie-Provider stark mitgear­beitet hat, oder Andreas Kovar, der schon angesprochen worden ist – gelingen.

Das sind Modelle der Partizipation und des Diskurses, von denen wir einfach mehr in dieser Republik brauchen, ganz im Sinne von Open Innovation. Der Nationalrat hat im Juni dieses Jahres die Bundesregierung – in diesem Fall Bundesminister Stöger und dann unser Ressort – beauftragt, binnen Jahresfrist eine Open-Innovation-Strategie vorzulegen. Diese erarbeiten wir gerade auch wieder partizipativ, um alle Innovations­potenziale, die in der Republik zum Teil brachliegen, heben zu können. Wir werden sie heben müssen, weil uns der digitale Wandel vor große Herausforderungen stellen wird, wie das die Frau Staatssekretärin bereits vor mir ausgeführt hat.

Am Montag war eine neue Studie der Julius Raab Stiftung zum Thema „Innovation und digitaler Wandel – Das Meinungsbild der österreichischen Unternehmer“ von meiner dortigen Nachfolgerin, Präsidentin Bettina Lorentschitsch, in meiner Post. Wenn ich mir das ansehe (der Redner hält ein Exemplar dieser Studie in die Höhe), finde ich das eher sanft bedrohlich, weil dort sozusagen die Notwendigkeit des Wandels noch nicht angekommen ist.

Dazu nur ein paar Daten: Hinsichtlich der Bedeutung der Auseinandersetzung mit dem digitalen Wandel finden nur 51 Prozent der österreichischen Unternehmer, dass es sehr wichtig ist, das zu machen – nur 51 Prozent, also die Hälfte, obwohl wir auf der Expertenebene und der politisch verantwortlichen Ebene wissen, dass das dramatisch wichtig ist. Es glauben auch nur 47 Prozent, dass sich der digitale Wandel positiv aus­wirken wird. Das sind nur zwei Zahlen, um zu sehen, wie die Stimmungslage im Land ist.

Ich habe jetzt nur von Unternehmern gesprochen und nicht von der breiten Bevölke­rung. Ich glaube, die Frage, ob das als Chance oder als Bedrohung gesehen wird, ist noch weitestgehend ungeklärt. Gleichzeitig wissen wir, dass der Wandel nicht aufzu­halten ist und an Geschwindigkeit zunimmt.

Überlegen Sie einmal selbst: Vor 20 Jahren, als das Mobiltelefon aufgekommen ist, hätten Sie sich nie auszumalen getraut, was mit so einem kleinen Gerät alles möglich ist, wie wir eigentlich angefangen haben, zu kommunizieren, zu interagieren, zu lernen, Wissen und Erkenntnisgewinn zu generieren.

Ich behaupte, dass die Digitalisierung der größte disruptive technologische Wandel seit der Erfindung des Buchdrucks ist. Der Buchdruck hat zu einer ganz anderen Form ge­führt, wie Wissen geteilt wird und wie man lernen kann. Am Ende des Tages führte er zur Aufklärung. Heute erleben wir so etwas noch einmal, nur in einer ganz anderen Ra­dikalität und in einer ganz anderen Form mit viel dramatischeren Auswirkungen.

Ich bin der Meinung, dass die Republik Österreich alle Chancen hat, diesen Wandel im positivsten Sinne zu nutzen, weil wir ein hohes Bildungsniveau und eine sehr gut auf­gestellte Wirtschaft haben. Nur: Es ist eine Frage der Geschwindigkeit.

Können wir mit den anderen Volkswirtschaften, wo es eine ansteigende Dynamik gibt, mithalten? Können wir weiter vorne mit dabei sein? Können wir wieder in diese Gruppe der Innovationsführer aufschließen, oder geraten wir, wie Frau Staatssekretärin Steßl gesagt hat, in die Rolle des Passagiers, der zwar im Zug sitzt, aber nicht vorne in der Lok? Im schlechtesten Falle stehen wir am Bahnsteig und schauen zu, wie der Zug ab­fährt. Meine Einschätzung ist, dass wir das können. Wir haben das Potenzial, müssen uns aber bewusst sein, wie dramatisch die Auswirkungen sind.

Ich bringe ein ganz simples Beispiel aus dem unternehmerischen Bereich: Seit der An­tike und vielleicht auch noch davor, als sozusagen die ersten Händler mit dem Handeln angefangen haben, mussten die Händler immer einen eigenen Warenbestand haben. Das kennen alle großen Handelshäuser. Sie haben selbst mit eigenen Waren gehan­delt. Transportunternehmer mussten – egal, ob es die ersten Pferdefuhrwerke waren oder ob es sich um Kutschentransporteure, Eisenbahn-, Lkw- oder Taxiunternehmen handelte – eigene Fahrzeuge haben.

Wenn man einen Beherbergungsbetrieb hatte – egal, ob vor 2 000 Jahren schon im al­ten Rom oder in Athen –, musste man eine Herberge haben. Heute sind das quasi Hoteliers, haben eigene Immobilien. Wenn man nach der Erfindung des Buchdrucks ein Medienunternehmen war – egal, ob man die ersten Pamphlete oder Zeitungsblätter gedruckt hat oder später im Bereich des Buches gearbeitet hat –, musste man ir­gendwie den eigenen Content produzieren, damit man das überhaupt einmal vermitteln konnte.

Wenn Sie sich überlegen, welches zurzeit das größte Handelsunternehmen weltweit ist: Das ist das chinesische Handelshaus Alibaba.com. Das ist überhaupt eines der größten Internetunternehmen weltweit. Es hat aber keine eigenen Produkte.

Welches ist heutzutage das größte Transportunternehmen? – Das ist der Alternativtaxi­betreiberdienst Uber. Er hat aber keine eigenen Fahrzeuge.

Welches ist das größte Beherbergungsunternehmen? – Das ist Airbnb. Es hat aber kei­ne eigenen Immobilien.

Und bei den größten Unternehmen im Medienbereich, bei Google, Twitter und ande­ren, produzieren wir alle den Content.

Sie sehen, worauf ich hinauswill: Es gibt in vielen Bereichen disruptive Veränderungen. Ich erachte das nicht als schlecht, sondern, wie gesagt: Wir erleben einen großen Wandel, einen großen Umbruch, wir sind da mitten drinnen. Ich sehe das als Chance, die Gesellschaft auch im Bereich Sozialinnovation weiterzuentwickeln. Wir müssen nur die Chance ergreifen und für das kleine Österreich in unserem großen Europa die rich­tigen Rahmenbedingungen gestalten.

Damit bin ich beim entscheidenden Punkt der Rahmenbedingungen. Das heißt, nicht einzuschränken, nicht jetzt in der Startphase dieses großen Umbruchs alles zu Tode zu regulieren, sondern ganz im Gegenteil: einmal mutig sein, aufmachen und auch sa­gen: Wir wissen noch nicht, wie die Konsequenzen aussehen werden. Wir werden im Trial-and-Error-System Versuche haben, bei denen wir feststellen, dass es gut funk­tioniert. Das können wir dann vielleicht skalieren und sagen, dass wir mehr davon wol­len. Und wir werden Dinge sehen, die wir vielleicht nicht wollen. Dann werden wir sa­gen, dass wir das abstellen werden. Aber wir werden einen neuen Weg der Politik ge­hen müssen, nämlich nicht von Anfang zu sagen, dass wir gleich wieder alles zu Tode regulieren.

Ich bin auf europäischer Ebene dankbar für die Initiative, einen einzigen digitalen Bin­nenmarkt zu schaffen und nicht 28 Teilmärkte wie jetzt, wo sich dann zum Beispiel ein neues, junges Unternehmen mit einer guten Geschäftsidee europaweit abmühen muss, einzelne Geschäftsmodelle zu entwickeln, weil es 28 Teilregulierungen gibt. Und dann wundern wir uns, wenn Unternehmen nach Asien oder in die USA gehen, dort groß werden und uns von dort ausrichten: Schöne Grüße, warum hätte ich das daheim ma­chen sollen? – Wir haben wunderbare österreichische Beispiele, viel mehr, als wir alle glauben. Ich kenne eine ganze Reihe von denen, die nie in Österreich bekannt gewor­den sind, die gleich weggegangen sind. Die sind auch nicht nach Deutschland oder nach Frankreich gegangen, weil sie überall wieder die Problematik der Teilregulierung gehabt hätten.

Ich glaube, ein zentraler Punkt für Österreich und damit für Gesamteuropa ist, dass wir diesen einheitlichen digitalen Binnenmarkt mit einer einheitlichen europäischen Rege­lung brauchen. Damit kommen wir schon einmal einen ordentlichen Schritt nach vorne.

Wir werden noch mehr im Bereich Forschung, Entwicklung und Innovation machen müssen. Ob es uns gefällt oder nicht, wir haben zu viel Geld in rückwärtsgerichtete Systeme gebunkert und geben leider im Bereich der Bildung – beim Kindergarten, im normalen Bildungssystem aber auch in der laufenden Aus- und Weiterbildung beim lebenslangen Lernen – sowie der Forschung und Entwicklung zu wenig aus.

Grundlagenforschung ist ganz entscheidend. Ich breche hier auch eine Lanze für diesen Bereich, denn das wird eine existenzielle Frage für Österreich sein. Für die von Ihnen, die diese Zahlen nicht kennen – ich bringe sie immer gerne, denn sie sind ein­prägsam und man sollte sie sich merken –: 2014 haben die Chinesen 285 Milliarden US-Dollar für Forschung und Entwicklung ausgegeben. Sie planen, 2019 480 Milliar­den US-Dollar und 2022 600 Milliarden US-Dollar auszugeben. Sie erreichen 2019 den geplanten Wert der EU 28 und 2022 den Wert der Vereinigten Staaten. Das heißt, sie werden bei einem Markt von 1,3 Milliarden Menschen vom Kopisten zum Créateur, und da rede ich noch gar nicht von Indien mit 1,1 Milliarden Menschen und Indonesien mit 280 Millionen et cetera.

Im Osten geht die Sonne auf. Sie scheint dort jeden Tag heller und heller, weil sich die Innovationsmacht global in Richtung Asien verschiebt. Das heißt, für uns besteht ab­solute Handlungsnotwendigkeit. Und das heißt für mich – ich möchte das noch einmal ganz kurz zusammenfassen –, sich auf der Regulierungsebene eher zurückzunehmen, nicht, weil es nicht darum geht, Arbeitnehmerinnen und Arbeiter und Konsumenten zu schützen, oder ganz klar zu sagen, was wir wollen und was wir nicht wollen. Wir haben eine Umbruchzeit, in der wir schauen müssen, ob wir die Chancen nutzen, um dann nach den ersten Erfahrungen zu sagen: Okay, und wie gehen wir jetzt sauber in der Regulatorik um? – Das heißt, nicht von Anfang an Hemmschwellen und Barrieren auf­zubauen, damit wir uns dadurch nicht erfolgreich weiterentwickeln können.

Ja, wir werden für die Zukunftsbereiche Geld in die Hand nehmen müssen. Es freut mich, dass sich die Bundesregierung gestern im Rahmen der Vorstellung der Bildungs­reform dazu committed hat, eine Bildungsstiftung einzurichten, die sich speziell mit den Fragen der digitalen Bildung und der Innovation neuer pädagogischer Konzepte im Bil­dungsbereich beschäftigen wird. Die Stiftung wird ordentlich aus Bundesmitteln dotiert werden, sie wird allen Bildungseinrichtungen vom Kindergarten an – egal, ob Lehrerin­nen und Lehrer Einzelprojekte einreichen oder es sich um Schulerhalter, Schulen oder schulübergreifende Projekte handelt – für Bildungsforschung offenstehen.

Es verändert sich gerade international am Markt wahnsinnig viel in der Art und Weise, wie in der Zukunft unterrichtet, gemeinsam gelernt und gecoacht wird. Da sind wir wirk­lich Nachzügler. Das dürfen wir uns nicht leisten. Es geht um die Zukunft unserer Kleinsten. Das wird in den nächsten Jahren eine ganz entscheidende Frage sein.

Lassen Sie mich zum Schluss kommen und sagen: Wir sollten versuchen, in dieser Frage an einem Strang zu ziehen, aber im Idealfall bitte in dieselbe Richtung! Das braucht eine klare, gemeinschaftliche Ansage der Bundesregierung mit allen Stakehol­dern: Wir haben ein gemeinsames Ziel, wir wollen niemanden zurücklassen. Das ist eine Frage der inklusiven, partizipativen Herangehensweise, diese Republik im Rah­men Europas weiterzuentwickeln und nach vorne zu bringen.

Viele von Ihnen, die hier sind – das weiß ich –, sind sehr interessiert an diesem The­ma, sind wichtige Multiplikatoren und wichtige Verbündete. Wir können das nur schnee­ballartig machen. Das geht nicht mit einem kleinen Kreis von Spezialisten, die sich mit sich selbst beschäftigen, sondern das muss – das haben die Zahlen, die Sie am An­fang kurz angesprochen haben, ja gezeigt – breitenwirksam und gemeinschaftlich ge­macht werden.

Dafür braucht es einen Stimmungswandel in der Republik, ein anderes Mindset, um das als Chance zu sehen. Das heißt, nicht zu kritisieren – das ist immer eine Frage in der öffentlichen Debatte –, mehr die Chancen als die Risken zu sehen. Ja, die Risken sind oft in vielen Bereichen da, aber man sollte primär die Chancen sehen. Ich bitte Sie – egal, ob in den Unternehmen, in den wissenschaftlichen Einrichtungen oder in Ihrer Rolle als Experten –: Machen Sie, soweit und sooft Sie können, positive Stim­mung dafür!

Das ist ein großes Potenzial, das die Republik da hat. Und vergessen wir nicht – weil das Grünbuch vom Herrn Präsidenten, das sich nicht an Grün gehalten hat, denn es sind zwar Vertreter der Grünen da, aber auch andere Fraktionen, die sich mit diesem Thema beschäftigen, ja angesprochen worden ist –, dass das auch eine Chance für eine nachhaltige Entwicklung der Republik ist.

Die Digitalisierung bietet viele Chancen im Bereich nachhaltige Orientierung und öko­soziale Entwicklung, sie ermöglicht einen großen Schritt nach vorne. Was man im Rah­men von großen Datenmengen – Big Data – mit vollkommen neuen Formen der Ana­lytik und der Auswertung für Ernährung, für Landwirtschaft oder für Energie machen kann, ist gewaltig. Da haben wir eine Vorreiterrolle und könnten internationaler Leucht­turm sein.

In diesem Sinne möchte ich schließen und mich noch einmal beim Präsidenten ganz herzlich für die Initiative bedanken. Ich sehe, dass es eine große Chance auch für den Bundesrat ist, vorbildgebend für das Hohe Haus in Summe zu sein.

Ich glaube, wenn wir den Wohlstand in diesem Land weiterentwickeln wollen, dann sollten wir die positiven Entwicklungsoptionen sehen.

Ich schließe wie immer mit den Motto der Aufklärung: Sapere aude! Seien wir mutig, bedienen wir uns unseres eigenen Verstandes, dann können wir sehr viel weiterbrin­gen! – Herzlichen Dank. (Beifall.)

10.58


Vorsitzender Präsident Gottfried Kneifel|: Herzlichen Dank, Herr Staatssekretär Dr. Mahrer. Ich danke Ihnen auch für den Hinweis, vieles zu ermöglichen, Gesetze zu nehmen – und nicht nur Gesetze zu geben. Ich stelle fest, dass das natürlich für eine gesetzgebende Körperschaft ein sehr hoher Anspruch ist. Wir werden uns bemühen, diesen hohen Ansprüchen zu entsprechen.

10.58.303. Panel & Diskussion

10.58.32Panel 1: „Digitalisierung“ (Innovationen, Technik, Services, Märkte)

 


Vorsitzender Präsident Gottfried Kneifel|: Zu Wort gelangt die Vorstandsvorsitzende von Infineon Technologies Austria, Frau Dipl.-Ing. Dr. Herlitschka. – Ich bitte um Ihren Beitrag.

 


10.58.59

Dipl.-Ing. Dr. Sabine Herlitschka, MBA (Infineon Technologies Austria, Vorstandsvor­sitzende)|: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Sehr ge­ehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Abgeordnete! Sehr geehrte Damen und Her­ren! Ich möchte mich dem Dank wirklich zutiefst anschließen.

Herzlichen Dank für Ihre Initiative zum digitalen Wandel bei diesem für uns so wich­tigen Thema. Ich habe das Grünbuch bereits durchgeschaut und mich sehr über viele der Aussagen und Schlussfolgerungen gefreut, denn ich denke, da kommen viele wich­tige Themen bereits gut auf den Punkt.

Es ist schon vieles gesagt worden, aber ich möchte meinen Beitrag damit beginnen, dass ich in Erinnerung rufe, dass die Digitalisierung bereits für jeden und jede von uns persönlich erlebbar ist.

Wenn ich jetzt fragen würde: Wer von Ihnen hat ein Smartphone?, oder, besser ge­fragt: Wer hat kein Smartphone mehr?, dann würden hier wahrscheinlich nicht viele Leute aufzeigen. Die Entwicklung der Smartphones hat zwei typische Elemente, die charakteristisch für die Digitalisierung sind. Die Smartphones, insbesondere das iPhone als Starter auf diesem Gebiet, sind 2007 auf den Markt gekommen – vor weni­ger als zehn Jahren! Überlegen Sie einmal, was nach diesem Zeitraum von weniger als zehn Jahren alleine in Ihrer täglichen Praxis heute über Ihr Smartphone läuft, wel­che einfachen Abläufe – ob Sie nun irgendwo den Weg suchen, ob Sie im Restaurant eine Reservierung machen; wenn man Reisen bucht, dann hat sich das sowieso radi­kal verändert. Das heißt: Digitalisierung – auch die persönlich erlebte Digitalisierung – hat enorm viel mit Geschwindigkeit zu tun, und das sehen wir auf allen Gebieten.

Zum zweiten charakteristischen Element der Digitalisierung: Wir haben auf Basis der technologischen Entwicklung, die man zurückrechnen kann, eine Rechnung angestellt, was ein Smartphone wie das iPhone 6 im Jahr 1975 gekostet hätte. Heute kostet es, seien wir großzügig, sagen wir: 650 Dollar. 1975 – also knapp nach dem Ende der Apol­lo-Mission, die 23 Milliarden Dollar gekostet hat – hätte ein iPhone 6 65 Milliarden Dollar gekostet. Ich darf es wiederholen: 65 Milliarden Dollar!, und das beruht einfach auf der errechenbaren Kostenreduktion der Bauelemente, der Transistoren, da ist also, soweit man so etwas herunterrechnen kann, wenig Spekulation dahinter. Das ist mehr als doppelt so viel als die gesamte Apollo-Mission, und das bringt das zweite Charakteris­tikum für die Digitalisierung gut auf den Punkt. Für Enduser ist die Digitalisierung ganz wesentlich davon getrieben, dass sie Innovationen schafft, oft radikale Innovationen ermöglicht und das leistbar macht für den Enduser. Wir machen damit Wachstum und Innovation leistbar. Auch das sind sehr wichtige Aspekte, die insgesamt auf die Digi­talisierung zutreffen.

Aus diesem Grund sage ich aus voller Überzeugung: Die Digitalisierung ist eine der größten Chancen, die wir jemals gehabt haben. Warum? – Weil sie eindeutig und pri­mär auf Wissen und auf Know-how beruht, weil sie weniger stark darauf beruht, was einzelne Regionen oder Länder vor Ort an Ressourcen, gewachsen oder naturgege­ben, haben, sondern primär auf Know-how und Wissen beruht. Daher ist es auch kein Wunder, dass manche Akteure die Digitalisierung als digitales Wirtschaftswunder bezeichnen.

Bereits angesprochen wurde, dass selbstverständlich mit jeder Entwicklung, so auch mit der Digitalisierung, Ängste verbunden sind. Diese Ängste muss man adressieren, aber – und auch das ist fast eine Binsenweisheit, ich sage sie trotzdem –: Die Digitali­sierung hat bereits begonnen, sie findet statt, und sie findet mit oder ohne uns statt. Deswegen bin ich so froh, dass es diese Initiative gibt, denn es muss darum gehen, dass wir die Chancen aus der Digitalisierung proaktiv nutzen und gestalten.

Für Unternehmen bietet die Digitalisierung zumindest in zweierlei Hinsicht ganz deutli­che Chancen: Auf der einen Seite als Anwender von digitalen Technologien, auf der anderen Seite, so wie auch bei uns, bei Infineon, als Produzenten, als Entwickler von Technologien, die für die Digitalisierung eingesetzt werden können.

Dazu nenne ich Ihnen im Folgenden ein paar Beispiele aus meinem Unternehmen, von Infineon Österreich. Wir sind ein Unternehmen der Mikroelektronik. Wir machen Halb­leiterelemente, Chips. Wir produzieren Technologien, die das Leben einfacher, saube­rer, nachhaltiger und sicherer machen.

Einfacher: Man kann sich heute fast keinen Tag mehr vorstellen, der ohne Elektronik funktioniert. Das Schöne daran ist, dass viele von uns das gar nicht wahrnehmen, weil es so selbstverständlich ist, so eingebaut, so ein integraler Bestandteil geworden ist. Im Auto sieht man viel davon, wie Elektronik das Fahren gegenüber früher verändert hat.

Sauberer und nachhaltiger: Ich habe Ihnen hier etwas mitgebracht. (Die Rednerin hält eine Karte im Scheckkartenformat in die Höhe.) Da ist ein kleiner Chip drauf, den kön­nen Sie wahrscheinlich nicht einmal sehen, so klein ist er. Der wird bei uns im öster­reichischen Headquarter in Villach entwickelt und produziert. Das ist ein Chip, der die Energieeffizienz – eine der größten Energiequellen – erschließt. Den Chip steckt man in Rechenzentren hinein, ihn wendet man in Rechenzentren an und reduziert damit den Energieverbrauch dramatisch. Wir sind damit auf globalen Märkten führend. Die Technologie hinter den Energieeffizienzanwendungen ist Leistungselektronik. Gerade bei der Leistungselektronik ist Infineon als Konzern mit Abstand global führend, und wir in Österreich leisten dafür wesentliche Beiträge. Die Anwendung dieses Chips hilft, wie gesagt, Energie zu sparen und schlussendlich CO2 zu reduzieren. Auch das rechnen wir in einer geprüften Bilanz.

Das dritte Element ist die Sicherheit: In Tagen wie diesen, gerade im Lichte der aktuel­len Anschläge und Befürchtungen, ist es mir besonders wichtig, auch zu sagen, dass es Technologien gibt, die gerade im Bereich der Sicherheit wesentliche Fortschritte bieten. Wir sind zum Beispiel ein Anbieter von hardwarebasierter Sicherheit, das heißt, wir stellen Chips her oder haben wesentliche Entwicklungen dazu, die Sie in Identitäts­karten, in Pässen finden. Wir machen zum Beispiel die Chips für die US-Pässe. Jetzt darf ich es an der Stelle so sagen: Als europäisches Unternehmen einen Auftrag von einer US-Behörde für die Sicherheitschips in den Pässen zu haben, ist nicht schlecht. Wir machen aber zum Beispiel auch die Chips für die österreichischen Pässe, für Ban­komatkarten oder die e-card.

Infineon gibt es in Österreich seit 45 Jahren. Wir sind in Villach angesiedelt. Wir haben uns immer mit den Technologien weiterentwickelt. Vor 45 Jahren waren wir eine ver­längerte Werkbank. Man ist nach Österreich gekommen aus einem günstigen Umstand heraus, aber vor allem deswegen, weil es billiger war, hier zu produzieren. Heute ha­ben wir in Österreich starke Forschung und Technologie, wissensintensive Produktion und globale Geschäftsverantwortung. Wenn wir heute noch so arbeiten würden wie vor 45 Jahren, dann würde es uns heute nicht mehr geben.

Was wir gemacht haben, ist, dass wir uns mit jeder technologischen Entwicklung weiter verändert haben, und genau das tun wir auch mit der Digitalisierung. Wir sind heute das forschungsintensivste Unternehmen Österreichs, und wir haben heute als Unter­nehmen der Digitalisierung so viele Jobs, vor allem Hightech-Jobs, wie noch nie zuvor.

Wir reden nicht nur über diese Dinge, sondern wir tun etwas. Manchen von Ihnen mag es aufgefallen sein: Wir konnten voriges Jahr im Konzern eine wesentliche Erweiterung bei Infineon Österreich durchsetzen und durften diese bekannt geben, nämlich eine In­vestition von 290 Millionen € mit dem Schwerpunkt, die Digitalisierung – Industrie 4.0, wie wir in der Industrie sagen – in unseren Abläufen und in unseren Prozessen weiter­zuentwickeln. Wir werden im Rahmen dieser Erweiterung über drei Jahre 200 neue Hightech-Jobs schaffen.

Neben allem, was wir selber tun, braucht es das gute Teamplay zwischen Wirtschaft und Politik, und es braucht daher auch Ihre Mithilfe. Das Grünbuch bildet dafür, wie ge­sagt, meiner Meinung nach eine sehr gute Basis, es finden sich dort viele Empfehlun­gen, die ich teile.

Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit auf fünf Themen lenken, die mir wichtig sind. Man­ches davon ist schon angesprochen worden – auch das ein guter Indikator, dass die Empfehlungen auf sehr breiter Basis stehen.

Das eine ist die digitale Infrastruktur: Diese ist essenziell! Als typisches Beispiel ist dabei selbstverständlich die Breitbandinfrastruktur zu nennen, aber es geht um die ge­samte digitale Infrastruktur, die es braucht, um die Chancen der Digitalisierung gut zu nutzen. Ich bitte Sie, darauf in den Empfehlungen, die Sie abgeben, Ihre Aufmerksam­keit zu legen.

IT-Sicherheit: Man könnte schon sagen, das ist in Zeiten wie diesen ein No-Brainer. Bei allen Themen – ob das autonomes Fahren ist, ob das ein Smart Home ist –, überall dort, wo die Digitalisierung ankommt, wird die IT-Sicherheit der zentrale Punkt sein. Keiner von Ihnen wird jemals ein digitalgesteuertes Auto verwenden, wenn Sie fürchten müssen, dass sich jemand beim Vorbeigehen mit einem Handy einhackt. Das trifft alle Bereiche. Was wir da benötigen werden, sind digitale Identitäten, wahrscheinlich eine Art digitale Identitätspässe.

Normung ist ein zentraler Punkt. Normen und Standards erschließen Märkte, und gera­de im Bereich der Digitalisierung, wo es um die Zusammenarbeit über Grenzen hinweg geht, ist es wichtig, sich um einheitliche Normen und Standards zu bemühen, weil wir damit für Produkte auch die Marktzugänge schaffen.

Die Arbeit, auch das ist schon angesprochen worden, wird sich radikal verändern. Es braucht deswegen entsprechende arbeitsrechtliche Rahmenbedingungen, die auf der einen Seite den Schutz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sicherstellen, aber auf der anderen Seite auch die Flexibilität bieten, die unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter selber wollen und die die Natur der Digitalisierung und der Tätigkeiten in der Digi­talisierung ganz deutlich zutage bringt.

Der fünfte Punkt betrifft Forschung und Bildung. Auch das ist fast ein Stehsatz, doch – so sehr wir uns auch daran gewöhnt haben, dass das immer kommt –: Jeder von uns, der das sagt, meint das so! Forschung und Bildung! In einem Umfeld der Digitalisie­rung, die so stark auf Wissen und auf Know-how beruht, ist Bildung und Forschung das essenzielle Thema. Damit meine ich Ausbildung genauso wie Weiterbildung. Es muss uns darum gehen, auch über die Aus- und Weiterbildung genau die Jobs, die Jobprofile der Zukunft zu gestalten und zu schaffen. Ich gebe Ihnen auch da ein Beispiel aus un­serer Praxis. Wir sind schon jetzt, wie ich Ihnen gesagt habe, ein Unternehmen der Di­gitalisierung. Wir haben jetzt so viele Jobs wie noch nie zuvor. Wir haben in den letzten zehn Jahren das Bildungsniveau – Hochschulabschlüsse – durch Aus- und Weiterbil­dung von 30 auf 50 Prozent erhöht.

In einem Satz kurz zusammengefasst: Meiner Meinung nach ist die Digitalisierung eine unglaubliche Chance. Viele von uns tun bereits sehr viel. Ich habe Ihnen fünf Themen gesagt, von denen ich glaube, dass es wichtig ist, auf diese zu schauen und diesbe­züglich aktiv zu sein. Schließen möchte ich mit der folgenden Aufforderung: Die Digita­lisierung findet auch im Kopf statt. Denken kann man schnell, und wir müssen auch schnell handeln. – Danke schön. (Beifall.)

11.14


Vorsitzender Präsident Gottfried Kneifel|: Sehr geehrte Frau Dipl.-Ing. Dr. Herlitsch­ka, herzlichen Dank für Ihre spannenden und vor allem sehr praxisbezogenen Aus­führungen; Sie haben sehr bildhafte Beispiele gebracht. Ich wünsche Ihnen und Ihrem Unternehmen auf diesem Weg weiterhin alles Gute und danke Ihnen, dass Sie heute zu unserer Enquete gekommen sind.

Bevor ich in der Referentenliste weitergehe, darf ich darauf hinweisen und ersuchen, die Zeit von 10 Minuten pro Statement nicht zu überschreiten, damit anschließend auch ausreichend Zeit für die Diskussion zur Verfügung steht.

Ich darf jetzt einen langjährigen Begleiter des digitalen Wandels und des digitalen Pro­zesses in Österreich, Europa und in der Welt, Herrn Univ.-Prof. Dr. Bruno Buchberger vom RISC-Center, Johannes Kepler Universität Linz, Hagenberg, um seinen Beitrag bitten. Herr Dr. Buchberger ist ein international anerkannter Forscher auf dem Gebiet der Symbolic Computation, Mitglied der Academy of Europe und Österreicher des Jah­res 2010 in der Kategorie Forschung.

Herr Univ.-Prof. Buchberger, ich darf Sie um Ihre Ausführungen bitten.

 


11.15.40

Univ.-Prof. Dr. Bruno Buchberger (RISC – Johannes Kepler Universität Linz, Hagen­berg)|: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Sehr geehrte Abgeordnete! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich danke, dass ich hier ein paar Gedanken beitragen darf, danke auch den Vorrednern für außerordentlich an­regende Beiträge, ich danke auch für diese ganz wesentliche und wichtige Initiative. Ich freue mich über alles, was in diesem Grünbuch steht. Das meiste unterschreibe ich auch sehr gerne, ich habe ja auch daran mitgearbeitet.

Ich habe eine „Message“, wie man heute sagt. (Der Redner hält eine Zutrittskarte in die Höhe.) Sie sehen, dass ich da, zum Unterschied von den meisten von Ihnen, ein Etikett trage, das ich deshalb beim Eingang bekommen habe, weil ich zu früh hier war – aus der Provinz reist man früher an –, und da war ich zufällig in der Gruppe der Maturan­ten, die heute das Haus besichtigen dürfen, daher habe ich jetzt sozusagen ein Matu­ranten-Etikett.

Damit bin ich beim Thema, denn meine Botschaft ist folgende: Ich glaube, dass es na­türlich wichtig ist für Österreich – selbstverständlich überlebensnotwendig –, dass wir die digitalen Technologien benutzen für all diese Aspekte, die heute erwähnt wurden. Man muss aber bei den Technologien unterscheiden zwischen Benutzern, Konsumen­ten, und den Produzenten, und meine Hauptaufforderung ist eben die Folgende: Öster­reich muss endlich ein digitaler Produzent werden.

Wir haben Spitzenleistungen in der Forschung – wir haben einiges darüber gehört. Wir haben Spitzenleistungen in der Ausbildung. Wir haben Spitzenleistungen bei den Fir­men, auch Spitzengründerfirmen. Wir haben gewisse Spitzenzentren, wo die Techno­logie, die Forschung mit der Wirtschaft verbunden wird, aber auf der anderen Seite ist es schon so – das müssen wir bei allem gegenseitigen Schulterklopfen sagen –: Wir sind als IT-Produzent auf der Welt nicht bekannt oder nur in ganz gewissen Sparten, und das muss sich gründlich ändern.

Wie kann das gelingen? – Ich glaube, das Kriterium für unsere Zukunftskraft ist folgen­des: Wie attraktiv sind wir für die Jugend, die talentierte, die interessierte Jugend, und zwar nicht für unsere eigene – das selbstverständlich auch –, aber das Kriterium der Zukunft lautet heute meiner Meinung nach: Wie attraktiv sind wir für die talentierte, in­teressierte, kreative Jugend der Welt? Wie viele junge Leute kommen zu uns nach Ös­terreich, um in diesen Bereichen, um die es heute geht, zu studieren, dann zu bleiben, fertig zu machen, hier Firmen zu gründen, bei unseren Firmen zu arbeiten? Wenn man sich das ansieht, dann ist es nicht so, dass wir diesbezüglich vorne sind, da sind wir relativ sehr weit hinten.

Wir sind auch bei den Anwendungen noch relativ weit hinten, auch diesbezüglich gibt es durchaus Länder, von denen wir eher sagen, dass sie in der Entwicklung hinten wä­ren, wie beispielsweise Rumänien, doch selbst dort – das muss man beobachten –ist man eben in Bezug auf die digitale Durchdringung, zum Beispiel Breitband und diese Dinge, schon weiter vorne. Wir haben auch im Bereich des Anwendens der Technolo­gien durchaus Aufholbedarf, und dazu steht sehr viel im Grünbuch, das möchte ich nicht wiederholen.

Doch das wirklich Alarmierende ist für mich, dass wir als digitaler Produzent – von Spit­zenleistungen abgesehen – auf der Welt faktisch nicht existieren. Die Zeichen der Zeit, die verschiedenen Competitiveness Reports und so weiter, weisen eher darauf hin, dass wir uns in Richtung einer Bedeutungslosigkeit bewegen. Das möchte ich durch­aus als eine Art aufrüttelnde Botschaft in den Raum stellen.

Die Frage lautet: Wie sollen wir vorgehen, wie können wir vorgehen, um das radikal zu ändern? Es geht eben um die jungen Leute, und zwar vor allem um die jungen Leute aus dem Ausland. Wir haben selber zu wenige junge Leute, die in dieses Gebiet gehen wollen, wir haben überhaupt zu wenig junge Leute, wir haben zu wenig Leute, die sich – zum Studieren oder dann zum Arbeiten, zum Firmengründen und so weiter – in dieses Feld der Technologie begeben, und deshalb müssen wir darüber nachdenken, wie wir das radikal verbessern können.

Da sehe ich eben verschiedene Maßnahmen, die eigentlich im Prinzip alle völlig ein­fach oder dem Hausverstand nach völlig klar sind. Wir müssen natürlich erstens schau­en, dass unsere österreichischen Bildungseinrichtungen – die zum Teil ja wirklich auf sehr hohem Stand sind, unsere Universitäten, Fachhochschulen und so weiter, die sich mit diesen Technologien befassen – einmal ihre Ausbildung in Englisch machen. Das halte ich für eine ganz wichtige Sache. Selbstverständlich, wenn die Leute dann bei uns bleiben wollen, dann muss man schauen, dass sie auch Deutsch lernen, damit sie sich dann bei den Firmen besser betätigen können und sich in unsere Wirtschaft einglie­dern können, aber wir müssen die Barriere abschaffen, damit wir in der Welt als dieje­nigen dastehen, wo man einfach hingehen kann und studieren, und das hängt eben sehr stark mit Englisch zusammen. – Das wäre einmal die Maßnahme eins.

Die Maßnahme zwei ist meiner Meinung nach folgende: Es genügt nicht, dass wir in der Forschung sehr gut sind, in der Ausbildung zum Teil sehr gut sind, auch bei man­chen Firmen Ausgezeichnetes auf Weltniveau geschieht. Die Innovationen geschehen heute zum Großteil bei diesen jungen Leuten – und das ist eine andere Szene, das ist eine andere Kultur, das sind Quarters, das sind Szenen, in denen eben eine Vibration zu spüren ist, wo jugendlicher vibrierender internationaler Spirit zu spüren ist, wo die jungen Studenten, die Graduates, die Firmengründer zusammenkommen, aber eben auch die Investoren, die Forscher, die großen Firmen, die kleinen Firmen, die KMUs, und wo auch ein gewisser Lifestyle entsteht, den man schwer in Worte fassen kann. Doch diese Szenen, das sehen wir eben heute, entstehen auf der Welt in anderen Städten, und zwar durchaus auch in kleinen Städten, und sie haben eine große Anzie­hungskraft auf die jungen Menschen.

Darauf müssen wir meiner Meinung nach unsere Aufmerksamkeit richten. Das wird nur dann gehen, wenn wir zusammen – die Bildungseinrichtungen, die Forschungseinrich­tungen, die Politik, natürlich auch die Wirtschaft, aber auch die Investoren – das über­haupt einmal als eine wesentliche Maßnahme sehen. Soweit der zweite Punkt.

Also: Wir müssen zum einen unsere Bildungseinrichtungen so öffnen, dass es für jun­ge Leute aus dem Ausland überhaupt möglich ist, sozusagen barrierefrei einzusteigen. Das Zweite ist das Schaffen dieser vibrierenden Zentren, dieser jugendlichen, interna­tional vibrierenden Szenen oder Quarters.

Drittens müssen wir das natürlich auf der Welt bekannt machen. Diesbezüglich ist es so, dass viele von uns – die eine Fachhochschule, das andere Institut oder irgendeine Firma – ja ihre Kampagnen machen, ihre Kontakte im Ausland haben und schauen, dass sie die jungen Leute hierher bringen, doch was wirklich fehlt, ist, dass wir uns ge­meinsam als Österreich auf der Welt bekannt machen eben als digitales Österreich, und zwar nicht nur als ein digitaler Konsument, denn das ist heute trivial, das muss sowieso jedes Land machen, sondern als digitaler Produzent, mit all diesen wunder­baren Leistungen, die wir ja haben.

Da haben wir einiges vorzuzeigen, aber das muss den jungen Menschen in Indien, in Ägypten, in China und so weiter bekannt gemacht werden, mit einer klaren Botschaft: Kommt zu uns, hier könnt ihr super studieren, und wir haben einen super Lifestyle! Na­türlich haben wir als Österreich auch viele andere Dinge zu bieten, die ein rundes Bild einer Gesellschaft abgeben, wie eine frei denkende, kulturell hochstehende, demokrati­sche Gesellschaft, die gerade in der heutigen Zeit einen hohen Wert darstellt, aber die­sen Wert müssen wir hinaustragen und schauen, dass wir möglichst viele junge Leute hierher bekommen, und nicht nur ein paar, sondern da geht es um große Zahlen.

Natürlich fragt dann jeder: Wie kann man das alles finanzieren? Das möchte ich heute einmal absichtlich nicht in den Vordergrund stellen. Es ist meiner Meinung nach pri­mitiv, vor allem auch als Universitäten, wenn wir immer mehr Geld fordern. Natürlich, mehr Geld kann man immer brauchen, aber ich glaube, wir können mit dem Geld, das wir haben, bedeutend größere Zahlen an jungen, talentierten, studierwilligen, kreativen, willigen jungen Menschen hierher bringen. Es ist also zunächst nicht eine Frage des Geldes, sondern eine Frage dessen, wie wir mit dem Geld umgehen, was wir mit dem Geld machen. Natürlich muss man auch gewisse heilige Kühe schlachten – zum Bei­spiel ist es in den USA selbstverständlich, dass man von den großen Massen der Ba­chelor-Studenten, die ja aus der ganzen Welt kommen, auch große Beträge abkassiert, weil Bildung eben ein Wert ist, der durchaus einen Marktwert hat, um dann in den höheren Niveaus, vor allem Master, aber auch PhD, Postdoc und so weiter, das Geld zur Verfügung zu haben, sehr gute Leute durch Stipendien und Ähnliches hereinzuho­len.

Das wären ungefähr meine Hauptpunkte. Ich fasse noch einmal zusammen: Meiner Meinung nach muss es Ziel unserer Politik sein, den digitalen Wandel in Österreich zu schaffen, aber ich sehe darin den Wandel Österreichs vom digitalen Konsumenten zum digitalen Produzenten. Ich habe versucht, ein paar wesentliche Maßnahmen dazu zu präsentieren. Im Zentrum stehen dabei die jungen Leute aus der ganzen Welt, die Ju­gend der Welt, und die Frage: Wie bringen wir die her zu uns? – Vielen herzlichen Dank. (Beifall.)

11.27


Vorsitzender Präsident Gottfried Kneifel|: Sehr geehrter Herr Professor Dr. Buchber­ger! Ich bedanke mich herzlich bei dir für deine kritischen Worte, für deine Anregungen und Ideen, und ich bitte dich, uns auch in Zukunft ein wohlwollender, aber auch kriti­scher Begleiter bei diesem Prozess zu bleiben. Herzlichen Dank.

Ich darf jetzt Herrn Dipl.-Ing. Helmut Leopold das Wort erteilen. – Bitte, Herr Dipl.-Ing. Leo­pold.

 


11.27.47

Dipl.-Ing. Helmut Leopold (Head of Department Digital Safety and Security, AIT Austrian Institute of Technology)|: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglie­der der Bundesregierung und des Parlaments! Sehr geehrte Damen und Herren! Als Vertreter der Forschungsszene des AIT, des Austrian Institute of Technology, aber auch aller anderen Forscher und Universitätsangehörigen erlaube ich mir – um an Herrn Professor Buchberger anzuschließen –, meine „Message“ kurz zu erläutern, und diese geht im Wesentlichen in die Richtung: Wir sollten uns mehr zutrauen und mehr Selbstvertrauen haben!

Seit 25 Jahren begleite ich durch mein kurzes Leben die Digitalisierung in Österreich in mehreren Funktionen durch mein berufliches Engagement, und heute macht mich ein Satz oft sehr traurig und nachdenklich. In meiner jetzigen Rolle im AIT werde ich oft von verschiedensten Stakeholdern – Industrievertretern, aber auch öffentlichen Vertre­tern – gefragt: Warum machen Sie das? Das gibt es doch eh schon irgendwo, das macht doch keinen Sinn.

Da möchte ich aufrufen: Ganz im Gegenteil! Ein Großteil der Innovationen, ein Groß­teil der Bausteine, der Technologieblöcke, von denen wir heute glauben, das kommt aus den USA, das geschieht in China, kommt, wenn man sich diese ansieht, die Ent­wicklung des Internets, der Digitalisierung, aus den Forschungszentren und aus den Universitäten Europas. Nicht zu vergessen die Anfänge des Internets, die Urentwick­lungen geschahen in Europa. Und es ist heute noch so: Ein Großteil der Entwick­lungen geschieht in unserem Innovations-, in unserem Wissenschaftsraum. Wir haben nur ein Phänomen, wir glauben, irgendwie geschieht bei uns nichts, es geht nicht vor­wärts. Wir glauben, es geschieht woanders und es kommt zu uns.

Es wurde schon gesagt, wir haben nicht die Wahl: Diskutieren wir über die Digitali­sierung, oder ist das so ein Thema, das wichtig ist oder auch nicht? – Es geschieht. Wir können uns nicht aussuchen, nicht dabei zu sein. – Es geschieht, und wir sind mit­tendrin. Es geht nur um die Frage: Können wir es in die richtige Richtung gestalten?

Die Chinesen investieren Milliarden, da gibt es ein Forschungszentrum mit Hunderttau­senden Mitarbeitern, es ist oft überwältigend. Die Gegenthese wäre wieder: Die wirkli­che Kreativität, das Wissen, passiert in Köpfen von Personen in der Kombination, durch Kooperation, durch Zusammenarbeit, und da müssen wir unbedingt ansetzen. (Vize­präsidentin Posch-Gruska übernimmt den Vorsitz.)

Wir haben Wissen, wir haben Know-how. Was ein bisschen fehlt, sind einerseits Selbst­bewusstsein und Kooperationsbereitschaft zwischen der öffentlichen Hand, um Rah­menbedingungen zu gestalten, und Unternehmen mit der Wissenschafts- und For­schungsszene andererseits. Die Chancen liegen eigentlich bei uns. Das ist kein reines Technikthema, das ist die Frage, wie wir die Technik und den Einsatz gestalten.

Das heißt, der digitale Wandel erfolgt, wir brauchen aber eine aktive Auseinanderset­zung, um die Risiken der neuen digitalen Technologien, aber auch die Chancen ent­sprechender Einsatzszenarien im öffentlichen Bereich, im wirtschaftlichen, im privaten Bereich positiv für die Gesellschaft zu gestalten.

Warum? Was vielleicht heute noch nicht in dieser Form explizit gesagt wurde: Es geht hier nicht nur um ein paar Produkte und um ein paar Chancen für ein paar Unterneh­men, sondern, ich glaube, alle großen gesellschaftlichen Herausforderungen, die wir haben – in unserem Wirtschafts- und Gesellschaftsraum, in Europa, aber auch in der übrigen Welt, ob es um das Thema Gesundheit, um das Thema Leben in den Städten, um das Thema Sicherheit oder um das Thema Umwelt geht –, all diese Themen kön­nen nicht durch moderne Informations- und Kommunikationstechnologien gelöst wer­den.

Wir haben es mit einer, ja mit der kritischsten und wichtigsten Infrastruktur zu tun, die wir zu gestalten haben. Das ist schon ein unverzichtbarer, wichtiger und zentraler Be­standteil unseres jetzigen Lebens geworden, und das wird noch dramatisch zunehmen.

Um diesen grundlegenden Prozess des digitalen Wandels für eine Gesellschaft zu­kunftsweisend zu gestalten, braucht es eben ein integriertes Zusammenspiel, das aus meiner Sicht heute noch fehlt, zwischen allen Institutionen, mit Selbstbewusstsein und Zuversicht, aus der Politik, aus der Wirtschaft, aus der Wissenschaft, aber auch aus der Zivilgesellschaft, nämlich als Kunde, aber auch als Produzent, wie wir eben gehört haben.

Es ist wichtig, einen intensiven Diskurs zu führen, um nicht Angst zu haben und etwas zu verhindern, sondern um etwas zu gestalten, nämlich um die Technikentwicklung zu gestalten, aber auch die Rahmenbedingungen, damit wir die Technik einsetzen kön­nen. Und wenn wir Technik einsetzen, die immer gleichzeitig eine Bedrohung und eine Chance ist, ist es wichtig, sie so einsetzen, dass sie für uns, für die Gesellschaft, für den Bürger, für die Wirtschaft einen Vorteil darstellt. Dieser Diskurs fehlt aus meiner Sicht, zumindest aus Sicht eines Forschungsvertreters weitgehend.

Meine Botschaft ist: Ich möchte hier vier wichtige Rahmenbedingungen, vier Richtun­gen, vier Maßnahmen hervorheben, die wir uns im Zuge dieses Prozesses, dieser Dis­kussion des digitalen Wandels dringend aneignen und aktiv angehen müssen.

Wir brauchen die Gestaltung eines globalen, wettbewerbsfähigen digitalen Marktplat­zes Europa, Stichwort: Europe as a digital single market. Wenn das in Europa nicht funktioniert, werden unsere Produzenten, die die digitalen Inhalte produzieren, keinen Wirtschaftsraum finden, um sich entwickeln zu können.

Wir brauchen aber auch – ganz wichtig, hier können wir selber eingreifen – innova­tionsfördernde Rahmenbedingungen. Da geht es nicht nur darum, dass wir Universi­täten und Forschungszentren haben, sondern wir brauchen Rahmenbedingungen da­für, dass sich diese Innovationen, diese Technologieentwicklung auch gestalten lassen.

Wenn ich nur das Beispiel hernehme, dass in vielen Bereichen, nur um Testfahrten zu machen, ins Ausland gegangen werden muss, na, wie soll hier ein Forscher, wie soll hier ein Unternehmen in Österreich eine Umgebung finden, wo er sich mit etwas Neu­em beschäftigen soll?

Das heißt, wir brauchen Rahmenbedingungen, die Ökosysteme der digitalen Informa­tionsgesellschaft fördern und entstehen lassen, um eben diese schnelleren Technolo­gieentwicklungen mit den disruptiven Effekten – das ist ja das Problem, das wir damit angehen müssen – auf etablierte Märkte und gesellschaftliche Strukturen entsprechend zu berücksichtigen.

Ich möchte hier noch einmal unterstreichen – das ist schon ein paarmal erwähnt wor­den –: Alle Technologieentwicklungen der letzten Jahrzehnte, Jahrhunderte haben mehrere Generationen gebraucht. Man kann auch sagen, da hatten wir als Gesell­schaft entsprechend Zeit, uns auf die Technologieentwicklung einzustellen. Denken Sie nur an die Einführung des Autos – mehrere Generationen –, an die Einführung des Fern­sehens, an die Einführung der Zeitung, des Buchdrucks – ein paar hundert Jahre. Bei all diesen Technologieentwicklungen hatten wir als Gesellschaft Zeit, uns langsam an­zupassen, ein bisschen zu ändern.

Wenn man andererseits etwa an die Einführung des Smartphones in den letzten sieben Jahren denkt, dann, muss ich sagen, ist das nicht einmal eine Dekade. Das heißt, das kommt wie ein Tsunami auf uns zu, und wir sind alle gemeinsam eigentlich überfordert. Das geschieht, und wir wissen nicht, wie wir damit umgehen sollen. Die Eltern sind bei der Erziehung ihrer Kindern überfordert, in der Schule erzeugen wir einen hohen Druck: Wie geht man damit um? Da haben wir als Stakeholder der Ge­sellschaft, glaube ich, schon eine sehr wichtige Aufgabe und Verantwortung, hier das Heft wieder aktiv in die Hand zu nehmen, um das eben zu gestalten.

Wir brauchen also auch neue Innovationsmechanismen. Sehr wichtig ist eine nahtlose Verschränkung der unterschiedlichen Prozessschritte eines Innovationsprozesses – Wis­sensgenerierung, Grundlagenforschung, aber auch, im gleichen Maße wichtig, anwen­dungsorientierte Forschung, um neue Technologien in einen Marktkontext zu bringen.

Da möchte ich auch eine Lanze für die anwendungsorientierten Forscher brechen. Wir müssen auch einen neuen Begriff von Forschungsförderung und Forschungsgestaltung sowie -unterstützung finden und verstehen. Wir müssen auch die gesellschaftlichen und notwendigen gesetzlichen Veränderungen in diesen Innovationsbegriff aufnehmen. Wir müssen dem Innovationsthema unser Augenmerk widmen und ihm eine Wichtig­keit, aber auch Fördermöglichkeiten zusprechen, ansonsten wird es nicht geschehen. Es geht nicht nur darum, ein kleines Technikkästchen zu bauen, es ändert eben unsere Gesellschaft.

Schließlich muss ein laufender Austausch zwischen Wissenschaft und Unternehmen sichergestellt werden. Da würde ich auch das Vertrauen in die Leistungen der öster­reichischen Forscher und Wissenschaftler als großen Hebel ansehen. Es sind viele In­halte da.

Auch da kurz rückblickend in die Vergangenheit: Fast alle Themen, die in den letzten 20 Jahren auf den Markt gekommen sind, sind nicht nur in Europa, sondern auch schon in Österreich auf dem Tablett gewesen, ob es YouTube war – in Österreich gab es die Projekte Jahre davor; ob es das Thema digital-interaktives Fernsehen war – in Österreich gab es die Entwicklungen schon davor.

Das zieht sich durch und durch: Die Ideen, die Erfindungen, das Know-how waren da. Die große Frage, die wir uns in diesem Prozess stellen müssen, ist: Wie schaffen wir es, das Know-how und das Wissen, das da ist, gemeinsam in der Gesellschaft für uns zu implementieren und zu antizipieren, damit es auch verwendet wird?

Wir brauchen aber auch eine gesellschaftliche Rahmenbedingung dafür, dass diese technologische Entwicklung positiv gestaltet wird, damit eben eine zukünftige vernetzte Informationsgesellschaft die Herausforderungen wirklich versteht und positiv gestaltet, damit wir schlussendlich – darum geht es ja – eine digitale Kulturtechnik für unsere Ge­sellschaft entwickeln.

Und noch einmal unterstreichend, was Frau Herlitschka schon gesagt hat: Wenn wir es nicht schaffen, diese digitale Plattform, von der wir heute schon abhängen und auf der alle zukünftigen Entwicklungen aufbauen, so zu gestalten, dass sie sicher, verfügbar, und zwar zuverlässig verfügbar, ist, dann werden wir extrem innovationshemmende Bedingungen vorfinden. Dann werden wir die Dinge nicht verwenden, und wenn wir sie nicht verwenden, können wir auch unsere großen gesellschaftlichen Fragestellungen nicht entsprechend beantworten.

Es geht also im Kontext der nationalen Sicherheit vor allem auch um ein neues Be­wusstsein. Sicherheit, Verfügbarkeit dieser Systeme müssen einen Marktwert, müssen ein gesellschaftlich positiv besetztes Label haben, damit wir die Technik zu unserem Vorteil nutzen können.

Das heißt zusammenfassend: Die disruptiven digitalen Technologieentwicklungen brin­gen eine grundlegende Veränderung in Wirtschaft und Gesellschaft mit sich, und die verlangen eine umfassende Auseinandersetzung zwischen Wirtschaft, Gesellschaft, aber auch Politik, um Chancen und Risiken proaktiv, nicht hintennach, abzuwägen.

Erst auf einem solchen Nährboden entstehen eine Gesellschaft, aber auch Unterneh­men, die mit Vision – das brauchen wir –, Mut und Bereitschaft, Neues und Unbekann­tes wagen und damit die globalen Herausforderungen auf unserer Erde positiv gestal­ten.

Ich traue mich im Namen der Forschungsszene zu sagen: Es gibt es sehr viele Ex­perten und Wissenschaftler, die großes Know-how haben, die Technologie bereit, hier verwendbar, gestaltbar haben. Sie freuen sich, diesen weiteren Schritt mit der Gesell­schaft gemeinsam zu gehen und diese Entwicklung zu gestalten. Gehen Sie auf sie zu! Die Forscher freuen sich, die Zukunft mitzugestalten. – Herzlichen Dank für Ihre Auf­merksamkeit. (Beifall.)

11.38


Vorsitzende Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska|: Danke recht herzlich für Ihren Bei­trag.

Als Nächster gelangt Herr Andreas Kovar zu Wort. Herr Kovar hat im Auftrag von Prä­sidentem Kneifel dankenswerterweise die Koordination des Crowdsourcing-Projekts „Grünbuch Digitaler Wandel und Politik“ übernommen. – Bitte, Herr Kovar.

 


11.39.19

Andreas Kovar (Koordination des Crowdsourcing-Projekts „Grünbuch Digitaler Wan­del und Politik“)|: In den letzten Wochen und Monaten hat es Online- und Offlinediskus­sionen gegeben, die dann in einem Dokument zusammengefasst worden sind. Ich möchte Ihnen heute nicht das Dokument referieren, auch keine Zusammenfassung ge­ben, sondern ein halbes Dutzend Learnings aus den Resümees aus dieser breiten Dis­kussion.

Sie haben schon davon gesprochen, dass die Diskussion, ob der digitale Wandel eine Chance oder ein Risiko ist, noch nicht zu Ende geführt ist. Diese Debatte läuft noch, und das war auch mit Händen zu greifen. Es waren sehr viele Beiträge, die vor den Risiken gewarnt haben. Die zentrale Frage war ja nicht: Was passiert hier?, sondern: Was soll die Gesetzgebung in diesem Zusammenhang tun? Wo ist die Politik gefor­dert? Es waren viele, die vor Risiken gewarnt haben; es waren viele, die Chancen auf­gezeigt haben. Bis jetzt sind vor allem auch die Chancen genannt worden.

Ich glaube, die Diskussion, die in den letzten Wochen gelaufen ist, kann man zusam­menfassen – no na, dass man die zusammenfassen kann –: Wir haben hier Risiken. Wir müssen die Gefahren beziehungsweise Risiken benennen, wir müssen damit um­gehen können; wir müssen aber die Chancen identifizieren, um sie ergreifen zu kön­nen.

Der nächste Punkt war die Frage: Ist es wirklich so relevant, was hier passiert? Wir haben doch auch andere Aufgaben. Wir haben sicherheitspolitische Fragestellungen, die Frage der Nachhaltigkeit, die Menschen machen sich Sorgen um Arbeitsplätze. Ist das nicht vielleicht nur ein Hype?

Das Interessante an dem Thema ist nur: Wenn man es sich genauer anschaut, erkennt man, dass das Thema Digitalisierung mit vielen anderen Themen verknüpft ist. Es ist mit dem Thema Sicherheit verknüpft, es ist mit dem Thema Nachhaltigkeit verknüpft. Gerade deshalb ist es, glaube ich, von Bedeutung, weil es – man sagt so leichtfertig bei jedem Thema, es ist eine Querschnittsmaterie – mit anderen Themen vernetzt ist.

Auch wird dieses Thema nicht einfach weggehen. Es ist auch nicht etwas, wo man einfach sagt, warten wir einmal, das wird schon wieder anders werden. Das kann man, glaube ich, heute daraus schließen.

Die Veränderung wird oft mit der Industriellen Revolution verglichen. Man könnte sie wahrscheinlich auch mit der Aufklärung vergleichen, aber der Vergleich mit der Indus­triellen Revolution ist ganz interessant, denn damals haben wir gelernt, aus chemisch gebundener Energie etwas zu machen.

Es hat eine Zeit lang gedauert, bis wir eine Dampfmaschine auf ein Fahrzeug gestellt haben, sodass eine Lokomotive gebaut wurde. Das war aber noch nicht der Business Case, der hat nicht funktioniert. Funktioniert hat es erst, als es die erste „Applikation“ dafür gegeben hat, nämlich dass man den Gästen, die da mitgefahren sind, eine Ver­köstigung geboten hat. Die erste App, auf der die Eisenbahn aufgebaut hat, war also die Pauschalreise. Man konnte reisen und dabei essen.

Der nächste Schritt war, dass es weitergegangen ist, dass natürlich die Logistik sich verändert hat, dass die Produktionen sich verändert haben. Das war aber noch nicht das Ende. Am Schluss wurden Sozialversicherungen erfunden, Parteien wurden ge­gründet, das politische System hat sich geändert, es wurden Autoritäten infrage ge­stellt.

Das heißt, die Industrielle Revolution ist sehr viel mehr als nur die Technik. Und ge­nauso ist es, glaube ich, beim digitalen Wandel. Der digitale Wandel ist nicht die Technologie. Der digitale Wandel besteht darin, dass vieles weitergeht, das darauf auf­baut.

Die nächste Frage ist: Was sagt dieses Grünbuch? Im Grünbuch haben wir zwei Teile. Das ist einerseits eben diese Grünbuch-Diskussion, die übrigens ohne diese Technolo­gien so nicht möglich gewesen wäre; denn es haben in Summe etwa 350 Personen – einige davon nicht einmal in Österreich, nie waren alle an einem Platz – diskutieren können, nämlich auf Basis von einer Technologie, das ist Discuto, auf der wir da auf­gebaut haben, wo Leute miteinander in Austausch treten können.

Der erste Teil des Grünbuch beschäftigt sich mit der Frage: Wie ändern sich die Rah­menbedingungen, und zwar auch für die Politik und die Wirtschaft? Ich will jetzt keinen allzu langen Vortrag darüber halten, wie dieses „New Age of Technology“ oder diese „Zweite Industrielle Zeit“, dieses „Zweite Maschinenalter“, ausschauen wird, aber es gibt ein paar Dinge, die man kennen muss.

Da sich die Rahmenbedingungen ändern, muss sich zum Beispiel für den Gesetzge­ber, für den Politiker das Mindset, die Art, wie Dinge gedacht werden, verändern.

Eine Sache zum Beispiel: Ich hätte mir das vor einigen Jahrzehnten natürlich nicht leisten können, wie ich gehört habe. (Der Redner hält ein iPhone in die Höhe.) Wir hät­ten uns alle gemeinsam dieses eine iPhone nicht leisten können, auch hätte ich es nicht hier herschleppen können. Die Technik, die vor 30 Jahren noch verwendet wor­den ist, um Atomsimulationen zu machen, das waren natürlich sehr große, teure Ma­schinen. Genau die gleiche Technik steckt heute in Spielekonsolen, die Sie in Kinder­zimmern finden, um graphische Simulationen durchzuführen – zu einem ganz anderen Preis natürlich.

Was dahinter steckt, ist das Mooresche Gesetz. Sie kennen es vielleicht. Es be­schreibt, dass sich in relativ kurzen Abständen, ungefähr alle eineinhalb Jahre – für manche Entwicklungen sind diese Abstände sogar noch kürzer –, die Übertragungsge­schwindigkeit, die Leistung der Speichertechnologie verdoppelt, während sich die Prei­se halbieren. Und das Ende dieser Entwicklung ist nicht absehbar.

Das heißt, der Vergleich mit der Industriellen Revolution hat Grenzen, weil die Indus­trielle Revolution diese Geschwindigkeit nie hatte. Und das funktioniert, indem immer eine Technologie eine andere ablöst. Das heißt, in Wirklichkeit ist es nicht eine Tech­nologie, sondern es sind mehrere, schnell hintereinander folgende Technologieent­wicklungen, die diese Entwicklung vorantreiben.

Wenn wir davon ausgehen, dass es etwas dauert von der Entwicklung einer Techno­logie, bis diese Technologie auf den Markt kommt und genutzt wird, heißt das: Selbst wenn dieses Mooresche Gesetz von heute auf morgen nicht mehr gelten sollte, hätten wir noch jede Menge an Innovationen auf Basis der Erfindungen, die schon gemacht worden sind und der Kombinationen von verschiedenen Dingen. Das heißt, alleine das, was heute schon erfunden ist, gibt uns noch jahrelang Stoff, um das weiterzuentwi­ckeln. Das ist das Mooresche Gesetz.

Das heißt, die Dynamik ist nicht, dass sie langsamer wird, sondern sie nimmt zu, sie beschleunigt. Das ist wie in einem Fahrzeug, in dem Sie sitzen und ständig aufs Gas steigen, aber nicht nur aufs Gas steigen, sondern schneller aufs Gas steigen. Das ist ein wesentlicher Punkt.

Es gibt dann noch andere Rahmenbedingungen, das sind Stichworte wie disruptive In­novationen. Dieses Phänomen lässt sich etwa am Beispiel der Fima Kodak erklären. Kodak war einst eines der teuersten Unternehmen, und obwohl heute nicht weniger fo­tografiert wird, ist die Firma Kodak in Konkurs gegangen, weil sie nämlich nicht in der Lage war, eine Technologie zu entwickeln. Sie hatte zwar das Wissen, aber sie hätte sich praktisch selber abschaffen müssen. Und das schaffen Unternehmen nicht.

Das heißt, wir müssen lernen, mit solchen Innovatoren-Dilemmata umzugehen. Wir müssen uns überlegen, wie wir das entwickeln können.

Es gibt auch den Netzeffekt. Wenn Sie morgen ein noch besseres Facebook oder ein anderes soziales Netz entwickeln, dann werden Sie dort nicht sehr viele Gäste finden, denn jeder, der dorthin geht, wäre der Erste, dann der Zweite. Dann hätte man nur eine Beziehung. Da haben wir also so einen Winner-takes-it-all-Effekt. Das heißt, etwas, das schon da ist, schafft da eine Art Monopol oder zumindest Oligopol.

Auf der anderen Seite haben wir genau den gegenteiligen Effekt, nämlich diesen Long-Tail-Effekt, dass Sie in der Lage sind, irgendetwas, das Sie produzieren – ich weiß nicht, ob Sie häkeln oder sonst irgendetwas machen, irgendein Tool entwickeln –, welt­weit zu vermarkten, und zwar ohne Unterstützung. Das ist dieser Long-Tail-Effekt.

Das heißt, es sind zwei scheinbar widersprüchliche Entwicklungen, die hier drinnen stecken. Und das macht es so schwierig für politische Entscheidungsträger oder für Ent­scheidungsträger in der Wirtschaft und für uns alle, sich zu orientieren: die Tatsache, dass plötzlich die Rahmenbedingungen nicht mehr die gleichen sind.

Wenn Sie so wollen: Der Hype, der uns in der Dotcom-Blase versprochen worden ist, dass nämlich plötzlich die Gesetzmäßigkeiten anders sind, trifft jetzt tatsächlich zu und macht natürlich die Entscheidungsfindung sehr schwer.

Eine der wesentlichen Fragen – es gibt dann Daten und Wissen, die Aspekte –, die na­türlich auch im Grünbuch aufgetaucht ist, ist die Frage der Beschäftigung, weil das na­türlich als eine ganz elementare Frage Auswirkungen auf unsere Gesellschaft hat. Mit diesem Thema sind wir noch nicht umgegangen. Da gibt es eine ganze Palette von Tä­tigkeiten, von Ressourcen der Politik, die sich damit auseinandersetzen muss.

Das interessante Ergebnis: Die Politik ist beim digitalen Wandel keinesfalls außen vor. Und das Interessante: Es ist nicht ein Ressort, also die Fokussierung auf Telekom oder auf Startups ist nicht falsch, aber sie greift zu kurz. Wenn man sich die ganze Liste an Themen durchschaut, so geht es um Steuerrecht, Arbeitsrecht, Datenschutz, Konsumentenschutz, Energiepolitik, Gesundheitspolitik, Verkehrspolitik und so weiter.

Wir haben uns das gestern angeschaut, von allen Ausschüssen des Bundesrates sind 60 Prozent direkt vom digitalen Wandel betroffen. Das heißt, diese 60 Prozent der Bun­desratsausschüsse – es wird im Nationalrat wahrscheinlich ähnlich sein – haben aku­ten Handlungsbedarf aufgrund der digitalen Wandels.

Zum Handlungsbedarf: Das Interessante auch an dem Ergebnis ist: Wir haben sehr viele Handlungsfelder, aber wir haben auch Handlungsmöglichkeiten. Das heißt, die Si­tuation, die wir eigentlich in den letzten 10, 20 Jahren hatten, war, dass die Politik oft gar nicht mehr handeln konnte und sich dann oft in eher symbolischen Diskussionen verstrickt hat. Da ist die Politik eigentlich jetzt plötzlich wieder sehr stark im Spiel – wahrscheinlich in einem viel stärkeren Ausmaß, als das in den letzten 20 Jahren mög­lich war.

Also wenn man sich überlegt, in der Wirtschaftspolitik war der Handlungsspielraum auf nationaler Ebene in den letzten Jahren sehr, sehr gering. Ich glaube, dass der jetzt wieder kommt. Da gibt es sehr gute Anzeichen, wenn man die ganzen Felder durch­geht.

Ich greife jetzt aus allen Feldern, weil es nicht anders machbar ist, nur zwei heraus. Das eine ist schon genannt worden: die Bildungspolitik. Ich glaube, dass die bildungs­politische Diskussion noch viel zu wenig weit diskutiert wird, zu wenig weit gereift. Wir haben hier zwei Dinge, die sehr wichtig sind. Das eine ist: Die Art des Lernens wird sich verändern. Wir haben ganz andere Möglichkeiten.

Wir brauchen im Prinzip nicht mehr beim Lehrer vor Ort zu lernen, sondern wir können beim besten Lehrer der Welt eine Vorlesung besuchen. Ich lasse mir die Lieder der Rolling Stones auch nicht von irgendjemandem vorsingen, sondern ich höre mir die um 1 € von den Rolling Stones an. Und genauso ist es bei Vorlesungen. Ich kann mir bei Vorlesungen vom besten Lehrer Informationen holen, auch die bestaufbereiteten Bil­dungsinhalte anhören, ich kann auch Feedback geben und auch geprüft werden.

Das heißt, wir dürfen da nicht zu kurz denken. Die Bildung ermöglicht sehr vieles, er­möglicht auch zum Beispiel einen enormen Preisverfall. Wir können also Bildung auch ganz anders organisieren.

Das zweite Wesentliche bei der Bildung scheint mir Folgendes zu sein: Wir haben es beim digitalen Wandel mit einem technologischen Wandel zu tun, bei dem Wissen an Bedeutung gewinnt. Das heißt, wir müssen in die Ausbildung investieren. Alle Konzep­te, die in der Bildungspolitik diskutiert werden, müssen nicht anders diskutiert werden, sondern müssen eben aufgrund des digitalen Wandels erst recht diskutiert werden. Und es ist natürlich eine Binsenweisheit, dass man mit mehr Bildung, mit mehr Wissen wahrscheinlich besser zurechtkommt. Das wird nicht für jeden Beruf stimmen, denn als Profi-Schachspieler werden Sie durchaus erübrigt durch ein Computerprogramm. Eine Gruppe von Amateuren, die mit mehreren Schach-Computerprogrammen arbeitet, schafft es locker, einen Profi-Spieler „wegzuputzen“.

Das wird aber auch – wie wir beispielsweise in der Buchhaltung sehen – zum Ver­schwinden sehr vieler Arbeitsplätze beitragen. Also nicht immer wird Wissen ein Schlüssel sein, um seinen Arbeitsplatz zu erhalten, aber grundsätzlich wird die Ten­denz stimmen, dass wir natürlich in Wissen investieren müssen.

Der letzte Punkt ist die Frage der Governance. Offensichtlich ist, wir brauchen eine ganz andere Art der politischen Diskussion, des politischen Umgangs. Ich persönlich bin ein sehr großer Freund davon, dass die Politik nicht planend vorausgeht und alles besser weiß, aber wir haben ein enormes Problem, wenn wir sehr lange warten, zu­schauen, evaluieren und dann erst die Gesetzesmaschinerie angeworfen wird und es dann weitere zwei Jahre braucht, bis Entscheidungen getroffen werden; damit wäre das ein Intervall von fünf, sechs, sieben Jahren, das ist einfach zu langsam.

Das heißt, wir brauchen zwei Dinge, die einander scheinbar widersprechen, nämlich Evidence Space Politics, das heißt, wir brauchen Fakten, wir müssen lernen, wir müs­sen wissen, und wir müssen auf der anderen Seite eine Hochgeschwindigkeitspolitik, also zumindest eine Politik mit höherer Geschwindigkeit einführen.

Das heißt, es ist im Prinzip Evidence Space Politics, wissensbasierte Politik, faktenba­sierte Politik plus Geschwindigkeit. Und das wird natürlich Häuser wie dieses hier, aber auch den Nationalrat oder auch andere politische Organisationen vor ganz neue Herausforderungen stellen. – Danke schön. (Beifall.)

11.52


Vorsitzende Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska|: Ich danke Ihnen recht herzlich.

Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass die Redezeit von 10 Minuten einzuhal­ten ist, da wir sonst zu wenig an Diskussion durchführen können; und wir haben schon einige Wortmeldungen hier.

Ich darf nun Herrn Andreas Ebert, Regional Technology Officer, Microsoft Western Europe, das Wort erteilen. Er war Geschäftsführer von Microsoft Österreich und ist jetzt Technology Officer von Microsoft für den europäischen Raum. Ich begrüße Sie recht herzlich und bitte um Ihr Referat.

 


11.53.20

Andreas Ebert (Microsoft Western Europe)|: Herzlichen Dank, dass ich bei Ihnen sein darf. Bevor ich mit meinen Ausführungen anfange, eine kleine Beobachtung: Wenn wir hier von digitalem Wandel sprechen, dann, so meine ich, hat Österreich einen Wettbe­werbsvorteil, den Sie aus meiner Sicht in der Wirtschaftspolitik zum Beispiel unmittel­bar nutzen können.

Der wirtschaftspolitische Faktor, den Österreich fast einmalig in der Welt hat, heißt Le­bensqualität. Sie haben davon gesprochen, dass Menschen nach Österreich kommen sollen, und wenn Sie sehen, welcher internationale Wettbewerb herrscht, um in die verschiedenen Länder Top Talents zu bekommen, dann darf ich Ihnen empfehlen, dass Österreich den Faktor Lebensqualität explizit macht und nicht nur implizit an­nimmt.

Ich kann auch aus persönlicher Erfahrung sprechen: Ich bin seit zwölf Jahren in einer internationalen Rolle, und es ist der Faktor Lebensqualität, der mich meine Heimatba­sis hier belassen ließ. Ich glaube, dass wir da eine einmalige Position haben.

Es sind wahrlich spannende Zeiten. Der digitale Wandel kann in vielen, vielen Formen gesehen werden: als Evolution der Aktivitäten im politischen Bereich, im wirtschaftli­chen Bereich, im gesellschaftlichen Bereich; er kann auch fundamentale Dimensionen haben. Ich dachte, als Softwaretechniker weit zurückzugehen, wenn ich die Industrielle Revolution erwähne, aber Herr Staatssekretär Mahrer ist geschichtlich noch viel weiter zurückgegangen.

Um auf das zurückzukommen, was Herr Kovar gesagt hat: Wie schnell Veränderungen kommen, hat auch eine andere Auswirkung, nämlich auf das Thema persönliches Ler­nen.

Die Industrielle Revolution hat – Pi mal Daumen – drei Menschengenerationen ge­braucht, um sich zu manifestieren. Die digitalen Revolutionen, die wir in der Vergan­genheit erlebt haben, und jene, die noch kommen werden, sind innerhalb einer Men­schengeneration erfolgt, das heißt, wir alle sind davon betroffen, in unserem Leben – egal, in welchem Lebensalter wir uns befinden – das Thema Lernen selber neu aufzu­nehmen und zu verstehen, wie diese neue Welt funktioniert, welchen Beitrag wir leisten und wie wir gemeinsam diese Entwicklung gestalten können.

Zum Thema Lernen: Schauen Sie sich nur an, wie die junge Generation im Vergleich zu uns Älteren – ich darf mich da gar nicht ausnehmen – lernt. Da kommen etwa Kon­zepte vor wie Just in Time Learning. Themen, die die ältere Generation gar nicht inter­nalisiert hat, sind eine Selbstverständlichkeit für die jüngere Generation.

Wenn wir von diesen Veränderungen sprechen, dann würde ich die digitale Transfor­mation in zwei große Gruppen unterteilen. Das eine ist die digitale Transformation der Gesellschaft und das zweite ist die digitale Transformation der Wirtschaft. Die Unter­scheidung dieser beiden Entwicklungen liegt in der Rolle der Daten, jener Daten, die da verwendet werden.

Es ist an und für sich Konsensus, dass es für die Entwicklung einer digitalen Gesell­schaft gut ist, dass Daten möglichst frei und ungehindert miteinander geteilt werden können: Wissensvermehrung, bessere Einblicke und so weiter und so fort. Auf der an­deren Seite, wenn Sie Wirtschaftspolitik machen, müssen Sie eine andere Zielsetzung berücksichtigen, dass Sie nachhaltige Wertschöpfungsketten aufbauen können. Das Unternehmen, das Investment, das Sie tätigen – sowohl in der physischen als auch in der immateriellen Welt der digitalen Wertschöpfungsketten –, soll nachhaltig umgesetzt werden können. Substanz soll aufgebaut werden können, Investitionen muss man rechtfertigen können, sodass man – wie etwa der Erfolg von Infineon gezeigt hat, über mehrere Jahrzehnte hinweg in Österreich werterhöhend investieren kann.

Wenn man sich das von der internationalen Seite her ansieht, dann ist auch innerhalb von Europa eine besonders interessante Beobachtung zu machen: wie derzeit jedes Land versucht, in dieser allgemeinen digitalen Transformation diesen sogenannten Sweet Spot zu finden, ob sie eher in die eine Richtung tendieren – gesellschaftlich, kul­turell und praktisch zielmäßig gesehen – und andere eher zum Beispiel in das andere Extrem gehen oder vielleicht irgendwo dazwischen. Das heißt, es gibt da wirklich einen Positionierungswettkampf zwischen den Ländern, den man daran sehen kann, wie sehr diese in Zukunft zum Beispiel mit Daten umgehen wollen.

Einer der Punkte, der in dieser Veränderung als horizontale Ebene aus unserer Sicht wesentlich ist, ist das Thema Vertrauen: Vertrauen in digitale Technologien, in die In­teraktion von Menschen. Das ist ähnlich wie in der Industriellen Revolution oder bei der Schaffung des Konzeptes Staat, dass die Rahmenbedingungen geschaffen worden sind, dass Leute ihr Eigentum haben, dass sie Rechtssicherheit haben, wenn sie Transaktionen eingehen und so weiter. Ich glaube, dass in der digitalen Welt ein ähnli­cher Rechtsrahmen benötigt wird, dass nämlich diese Basis, aber auch diese Trans­aktionssicherheit zwischen den einzelnen Akteuren gestaltet werden kann.

Vielleicht kennen einige von Ihnen Begriffe wie zum Beispiel Bitcoin, was sozusagen als digitale Währung in den Medien gestanden ist. Bitcoin ist nur eine Instanz einer da­runter liegenden fundamentalen Transformation. Daher ist die Frage: Wie können Ver­trauensketten gemacht werden, und zwar ohne zentrale Akteure?

Aus meiner Sicht könnte das zu Veränderungen bei vielen der natürlichen Instanzen, die es im staatlichen Gemeinwesen gibt, führen, weil eben auf einmal Vertrauensketten und Transparenz aufgrund von technologischen Innovationen fundamental anders ge­staltet werden können, als wir strukturell als Gesellschaft gemeinsam zu leben gelernt haben. Stellen Sie sich die Rolle einer – ohne dass das jetzt als aktuelles Beispiel dienen soll – Zentralbank etwa vor, die ja als Kustodie einer Währung eine wichtige Aufgabe hat.

Die Veränderungen sind so dramatisch, dass ich mir erlaube, die Zeit ein bisschen zurückzudrehen. Alleine das letzte Jahr, wie wir als Unternehmen manche Verände­rungen gesehen haben: Im Jänner 2015 hat es eine ganze Reihe von Aktivitäten und Ereignissen gegeben, die es wert sind beachtet zu werden. Am 21. Jänner 2015 stell­ten wir als Unternehmen – für uns wichtig – Windows 10 vor, aber auch neue Techno­logien wie HoloLens, das ist „Virtual Reality“ für viele, viele Menschen. Jedenfalls eine für das Unternehmen sehr positive Entwicklung.

Am gleichen Tag, also am 21. Jänner 2015, stürmte die Polizei in São Paulo die Woh­nung eines unserer dortigen Mitarbeiter und nahm ihn mehr oder minder in Untersu­chungshaft, damit er seiner Verpflichtung nachkommen könne, Daten herauszurücken, die nicht in Brasilien, sondern in Amerika gespeichert sind, da der internationale Dialog zwischen Brasilien und Amerika noch nicht ausdiskutiert war. Dieser Mitarbeiter hat das insofern sozusagen gespürt, als er praktisch deshalb in Untersuchungshaft genom­men wurde, weil der Rechtsrahmen zwischen diesen beiden Ländern noch nicht ausju­diziert war. Aber es war nicht der wichtigste Tag in diesem Monat: 14 Tage zuvor fand der schreckliche – und leider haben wir letzten Freitag noch einmal viel größere, schrecklichere Erlebnisse in Paris beobachten müssen – Anschlag auf „Charlie Hebdo“ statt, der in dieser Form praktisch ein Anschlag auf die freie Meinungsäußerung war. Innerhalb von Stunden haben die französischen Behörden die größte Verfolgungsak­tion in der Geschichte Frankreichs gestartet und haben im Zuge dessen festgestellt, dass zwei der abgängigen Terroristen E-Mailboxen von Microsoft verwenden. Sie ha­ben die amerikanische Strafverfolgungsbehörde FBI um diese Daten gebeten – und dies ist praktisch in den Morgenstunden am nächsten Tag bei uns eingegangen, um 5 Uhr in der Früh –, weil sie diese Daten benötigen, um im Sinne der staatlichen Si­cherheit diese beiden Terroristen dingfest machen zu können.

Innerhalb von 45 Minuten wurde die Evaluation gemacht, ob diese Anfrage gerecht­fertigt ist – weil das natürlich immer im Rahmen des Gesetzes gemacht werden muss –, und innerhalb von 45 Minuten haben wir die Daten an das FBI übergeben, und das FBI hat sie den französischen Behörden zurückübermitteln können, damit sie ihre Strafver­folgungsaktivitäten umsetzen konnten.

Am 11. Jänner, drei Tage später, wurde das Internet verwendet, um die größte Kund­gebung in Paris zu organisieren, die mit fast zwei Millionen Teilnehmern, ich glaube, sogar die Aufmärsche von Präsidenten de Gaulle übertroffen hat.

Drei Tage später, am 14. Jänner, geht David Cameron in England auf die Bühne und sagt: Aufgrund dieser terroristischen Anschläge müssen wir die Gesetze so verändern, dass die Verschlüsselung in den Ländern nicht mehr so stark sein darf, damit die Straf­verfolgungsbehörden besser zugreifen können. Verschlüsselung ist die Grundlage vie­ler datenschutzrechtlicher Thematiken, die Bürger in den Ländern haben.

14 Tage später gibt es Gesetzesvorschläge in Frankreich, die die Rede- und Meinungs­freiheit einschränken, um das Thema Hassreden in sozialen Netzwerken unter Kontrol­le zu bekommen.

Das letzte Jahr war wirklich ein außergewöhnliches Jahr, weil es zeigt, wie die Dinge zusammenhängen und dass unterschiedliche Ziele vereinbart werden müssen.

Sieht man sich die Entwicklung aus der Distanz an, dann sieht man auf globaler Ebene eine ganze Reihe von Mustern. Es gibt immer mehr Länder, die Gesetze erlassen, da­mit Daten im Land gehalten und auch im Land kontrolliert werden können, und kein Zugriff auf die Daten, außer von ihren eigenen Organisationen, stattfinden darf. Die gleichen Länder geben aber ihren eigenen Strafverfolgungsbehörden umfassende Zu­griffsrechte auf alle Daten, die sich außerhalb ihres Landes befinden. Es entsteht für die Wirtschaft eine eher unangenehme Situation, da sie diese Catch-22-Situation kaum auflösen kann, in der sich die Länder die Rechte geben, auf der ganzen Welt Daten zu sammeln, und im eigenen Land die Datenhoheit beanspruchen.

Wir würden hier ersuchen, dass der digitale Wandel auch die internationale Kompo­nente entsprechend berücksichtigt, dass Gesetze kommen, mittels derer Verschlüs­selungsverfahren geschwächt werden, und so weiter und so fort. Auch das ist einer dieser Aspekte.

Eine zentrale Rolle in dieser ganzen Entwicklung spielt das Internet. Auf der einen Sei­te half es den Terroristen, die Anschläge vorzubereiten und zu kommunizieren, gleich­zeitig half es den Strafverfolgungsbehörden, ihre Aufgabe zu machen, und den Men­schen, sich zu versammeln und ihre gemeinsame Meinung zum Ausdruck zu bringen. Das gleiche Werkzeug, genannt Internet, hat hier unterschiedlichste „Beiträge“ – unter Anführungszeichen –, wenn ich das so sagen darf, zur gesellschaftlichen Entwicklung geleistet. Als Unternehmen wollen wir die Frage nach einem lebbaren und umsetz­baren Rechtsrahmen auf internationaler Ebene stellen und ersuchen, dass sie auch in dieser Debatte über digitalen Wandel in Österreich berücksichtigt wird.

Ich denke daran, welche Rolle Österreich in der Vergangenheit gespielt hat: 1961 wur­de die berühmte Vienna Convention in Wien unterschrieben, die die Diplomatic Rela­tions zwischen den Ländern organisiert hat. Ich glaube, dass in der Bandbreite des digitalen Wandels Österreich auch auf der internationalen Bühne eine Rolle spielen und proaktiv mit Vorschlägen kommen kann, wie das Zusammenleben zwischen den verschiedenen Staaten für eine vernetzte Gesellschaft, für eine globale Gesellschaft, eine globale Wirtschaft leicht umgesetzt werden und belebt werden kann.

Wir als Unternehmen investieren sehr viel, um die technologische Entwicklung weiter­zutreiben. Herr Kovar hat einige von diesen Moore’s Laws gebracht, die exponentiell funktionieren und sehr, sehr schnell sind. Aber ich möchte nun ein paar Beispiele bringen, die in den letzten Jahren wieder gekommen sind. Man kann sagen, 50 Jahre digitale Technologie, schön langsam beginnt es langsamer zu werden. Das ist nicht der Fall. Wir haben vor einigen Jahren – fünf, sechs Jahre ist es her – eine neue Techno­logie namens Cloud Computing auf den Markt gebracht. Das ist keine neue Technolo­gie, es ist nur ein neues Betriebsmodell, eine neue ökonomische Ausrichtung. Um ein Beispiel zu nennen: Die Innovationsgeschwindigkeit in diesen letzten fünf Jahren hat bei einigen Akteuren – und deswegen glauben wir, dass das eine dieser disruptiven Veränderungen ist – um den Faktor 1 000 zugenommen.

Die Kosten, um IT in Großunternehmen betreiben zu können, sind nur um den Faktor zehn niedriger, für Klein- und Mittelunternehmen um den Faktor 40 niedriger. Und falls Sie glauben, dass das dann mit der einmaligen Einführung zu Ende ist: Im Jahr 2014 sind die Speicherpreise in der Cloud um 90 Prozent reduziert worden. Das ist eine In­novationsgeschwindigkeit, die sogar die relativ junge, aber bestehende IT-Infrastruktur, die viele Unternehmen im derzeitigen Umfeld selber betreiben, in den Schatten stellt. Ich wollte das nur als Beispiel nennen, um zu zeigen wie schnell das funktioniert.

Als Unternehmen fokussieren wir uns von den Prinzipien her auf Folgendes: Schutz der digitalen Sicherheit für Unternehmen und den Einzelnen. Unser Geschäftsführer hat ge­rade gestern ein umfassendes Announcement in diesem Bereich gemacht, was wir als Unternehmen tun werden, um 2 Milliarden Online-Bürger auf der Welt zusätzlich mit Sicherheit, digitaler Sicherheit zu unterstützen. Was wir auch machen, ist, dass wir Re­spekt vor der digitalen Souveränität eines jeden Landes haben. Und, bitte, denken Sie den Begriff digitale Souveränität in beide Richtungen. Es gibt Länder – ich darf Estland nennen –, die das Konzept der digitalen Botschaft umgesetzt haben. Das Land hat, um aus Souveränitätsgründen sicherer zu sein, einen Teil seiner Government-Aktivitäten außer Landes gebracht, um im Falle eines unerwünschten Besuches die digitale Sou­veränität aufrechterhalten zu können.

Digitale Souveränität ist aus meiner Sicht unabhängig von der territorialen Souverä­nität. Ich glaube, dass Sie hier sehr viel kreativen Spielraum haben, um Entwicklungen vorantreiben zu können. Zum Begriff Innovation – auch hier ein kurzer Kommentar –, Innovation können Sie in vielen Formen messen. Sie können Innovation in der Form messen, dass Sie sagen, das haben wir alles letztes Jahr oder in einem bestimmten Zeitraum eingeführt. Der aus meiner Sicht fast effizientere Faktor ist: Was haben Sie im letzten Jahr alles abschalten können – das Sie in der Vergangenheit gehabt ha­ben –, um den Weg nach vorne nicht mit zusätzlichen Altlasten mühsamer zu machen?

Betreffend die politischen Rahmenbedingungen, um ein kleines Beispiel zu bringen, ich möchte es nur als bescheidenen Beitrag nennen: Wenn Sie mit Ihrer Gesetzgebung, für die Sie verantwortlich sind, den Rahmen hier in Österreich gestalten, dann würde ich ersuchen, dass Sie eine Bestandsaufnahme und ein Impact-Assessment machen. Ist das Gesetz zum Beispiel eher da, um Bestehendes besser regulieren zu können, oder ist es eine Grundlage dafür, dass zukünftige Innovationen besser umgesetzt wer­den können?

Ich darf ein Beispiel nennen, wie Dinge miteinander verbunden sind. Wenn Sie sich die Gesetzgebung zu Basel III anschauen, dann sehen Sie, dass die Zielsetzung ist, das Risiko im Bankenbereich zu reduzieren. Das hat Auswirkungen auf die Entrepreneur­ship in Österreich, weil die Jungunternehmen in Österreich kaum zu Risikokapital kom­men. Diese Dinge sind miteinander so vernetzt, dass ich Sie ersuche, einen möglichst breiten Ansatz in diesem Bereich zu fahren. Damit möchte ich aufhören.

Herzlichen Dank. Danke für die Einladung! Wir würden uns freuen, wenn wir als Unter­nehmen einen kleinen, bescheidenen Beitrag zum digitalen Wandel in Österreich leis­ten könnten! (Beifall.)

12.09


Vorsitzende Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska|: Als Nächster gelangt Herr Dkfm. Vol­ker Panreck, General Manager der ING-DiBa Direktbank Austria, zu Wort. – Bitte.

 


12.09.09

Dkfm. Volker Panreck (General Manager ING-DiBa Direktbank Austria)|: Sehr geehrte Abgeordnete! Sehr geehrte Damen und Herren! Zunächst vielen Dank für die Einla­dung zu dieser Enquete und die Möglichkeit, heute mit Ihnen meine Gedanken zur digi­talen Revolution in der Bankenwelt zu teilen. Wir haben in den verschiedenen Beiträ­gen im Laufe des heutigen Tages schon einiges gehört. Ich kann es nur wiederholen, die Welt ändert sich rasant.

Meine Damen und Herren, Veränderung gab es schon immer, aber die Geschwindig­keit, in der heute die technologische Entwicklung verläuft, ist eine absolute Herausfor­derung für Banken, für Kunden und für alle Marktteilnehmer. Bedenken Sie – wir haben es vorhin schon gehört –: Das erste iPhone gab es 2007, das erste iPad 2010, vor fünf Jahren. Denken Sie: fünf Jahre! Jeder von Ihnen kennt diese Geräte, und wir sehen heute, wie Kinder und auch Großeltern diese Geräte einfach und intuitiv nutzen, und können uns auch gar nicht mehr vorstellen, wie es ohne sie war. Sie durchdringen un­ser tägliches Leben.

Um auf die Ausführungen von Herrn Kovar von eben zurückzukommen: Fragen Sie sich, wie lange es heute dauert, ein Gesetz zu verabschieden. Wie lange dauert es, ein großes Projekt zu bestreiten oder ein neues Produkt zu entwickeln?

Wir erleben gerade eine Veränderung des Bankgeschäfts in einem Umfang und mit ei­ner Geschwindigkeit, die diese Branche noch nie zuvor erlebt hat. Um damit Schritt zu halten, müssen interne Entwicklungsabläufe in den Unternehmen sehr viel agiler als bisher gestaltet werden. Kunden werden immer häufiger mit Angeboten und Möglich­keiten konfrontiert, die es für sie schwierig machen, den Überblick zu behalten und diese Angebote auch wirklich zu verstehen.

Wir sehen neue Wettbewerbe außerhalb der Bankenbranche, die in den Markt drängen und sukzessive Teile des traditionellen Geschäftsmodells der Banken angreifen. In den letzten Jahren hat sich eine FinTech-Szene entwickelt, die mit neuen Ideen und Ge­schäftsmodellen in den Markt drängt. Um Ihnen eine Idee zu geben: Allein im letzten Jahr war es diesen FinTech-Gesellschaften möglich, 12 Milliarden € Eigenkapital ein­zusammeln – 12 Milliarden!

Hier entstehen Technologien und Services, die für die Kunden sehr interessant sind. Diese erwarten Dinge, die einen echten Mehrwert versprechen. Oft handelt es sich da­bei nicht um bahnbrechende Innovation, die eine Bank zum Beispiel überflüssig ma­chen würde, sondern um Aspekte und Dienstleistungen, die Stück für Stück die Bran­che angreifen.

Ich möchte Ihnen ein Beispiel nennen: Heute ist es technisch ohne Weiteres möglich, eine Überweisung einfach mit Hilfe einer Foto-App zu tätigen. Diese App erlaubt es Kunden, Daten von Rechnungen aus Papier ohne lästiges und fehlerhaftes Eintippen direkt über die Kamera eines Smartphones zu erfassen und in ein Bankzahlungsver­kehrssystem einzuspielen.

Andere Aspekte sind Onlineplattformen wie zum Beispiel der Lending Club in den USA. Hier werden Verbraucher, die Konsumkredite benötigen, und Investoren, die eine Geld­anlage suchen, online zusammengebracht. Der Besuch einer Filiale oder eines Bera­ters in der Hausbank ist in diesem Modell gar nicht mehr vorgesehen, auch wenn mög­licherweise eine Bank im Hintergrund in unveränderter Weise den Kredit zur Verfügung stellt.

Aber neben jungen FinTech-Unternehmen drängen auch immer große, originär bran­chenfremde internationale Unternehmen in klassische Bankbereiche. Als Beispiel nen­ne ich nur den Zahlungsverkehr durch die sogenannten Superkonzerne Apple und Google, die mit ihren Services Apple Pay oder Android Pay in diesen Markt eindringen.

Damit die Digitalisierung ihre positiven Wirkungen sowohl für Verbraucher als auch für Unternehmen entfalten kann, müssen aber nicht nur die technischen, sondern auch die entsprechenden rechtlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden. Wie wirken sich diese neuen Möglichkeiten eigentlich auf das Vertragsrecht, auf das Arbeitsrecht oder den Verbraucherschutz aus?

Meine Damen und Herren, verändertes Kundenverhalten erfordert auch neues Denken und Arbeiten. Die Bankfiliale der Zukunft haben viele Kunden schon heute jederzeit da­bei: Es ist das Smartphone. Mobile Endgeräte und Digitalisierung verändern das Kun­denverhalten. Kunden erwarten Real-Time-Transaktionen und -Services. Sie möchten Kontrolle über ihre Finanzen, einfach, verständlich, transparent und bequem. Aber die­ses veränderte Kundenverhalten und die Digitalisierung erfordern nicht nur neues Den­ken, sondern auch veränderte Arbeitsmethoden. Fest definierte Arbeitszeiten, vorgege­bene Arbeitsorte, Raumkonzepte und immer wiederkehrende Aufgabenstellungen lö­sen sich oft auf. Das moderne Arbeitsumfeld eines Bankmitarbeiters erfordert die glei­che Flexibilität und Agilität im Hinblick auf Arbeitsort und Arbeitszeit, wie es die Kunden von den Dienstleistungen ihrer Bank verlangen.

Aber nicht nur die Verbraucher, sondern auch die Mitarbeiter und die gesellschaftlichen Entwicklungen sind es, die diesen New Way of Working erfordern, Work-Life-Balance, Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Gleichbehandlung – alles Stichworte, deren Um­setzung unabdingbar ist für zufriedene Mitarbeiter und für ein erfolgreiches Unterneh­men.

Um auf diesen Feldern erfolgreich zu sein, sind unseres Erachtens Anpassungen im Arbeitsrecht erforderlich. Das ist heute viel zu starr und inflexibel. Ich nenne hier nur beispielhaft Anforderungen an Zeitaufzeichnung, Regelung zu Arbeitszeiten, Festle­gung von Flächendefinitionen für Arbeitsräume, die oft noch auf den Vorstellungen zur Arbeitsplatzgestaltung in Großraumbüros des letzten Jahrhunderts beruhen. Kurz ge­sagt, was an Digitalisierung und Innovation beim Kunden passiert und angeboten wird, muss sich auch konsequent im Back Office und in den Organisationsstrukturen wieder­finden.

Meine Damen und Herren, Digitalisierung braucht zeitgemäße rechtliche Rahmenbe­dingungen. Der Gesetzgeber sollte die Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass Ver­braucher im vollen Umfang von den Vorteilen der Digitalisierung profitieren können. Dazu gehört unseres Erachtens auch, dass der Abschluss aller Bankgeschäfte digital und ohne Papier möglich sein muss. So wie Verbraucher heute problemlos online ein­kaufen und bezahlen können, müssen auch Bankgeschäfte in vollem Umfang von zu Hause aus bequem und papierlos abzuwickeln sein – von der Eröffnung eines Giro­kontos bis zum Abschluss eines Wohnbaukredits. Dafür braucht es Regelungen zur digitalen Signatur und Legitimationsverfahren, die gleichberechtigt neben der klassi­schen Schriftform stehen.

Andere Fragestellungen berühren uns im Zusammenhang mit Big Data oder Smart Data, wie es oft auch genannt wird. Darunter verstehen wir die Speicherung und intelligente Verarbeitung großer Datenmengen, die bereits heute eine wichtige Rolle bei der Kun­denbetreuung spielen, zum Beispiel wenn es um Betrugsprävention geht. Durch die Erfassung von Kundenverhalten lassen sich Schäden durch Kartenbetrug oder durch Phishing ohne Weiteres verhindern. Bei ungewöhnlichen Abweichungen vom normalen Verhalten könnte eine weitere Kundenauthentifizierung erfolgen, sodass die Sicherheit gewährleistet ist.

Voraussetzung dafür ist natürlich ein sorgfältiger und verantwortungsvoller Umgang mit den Kundendaten, aber auch die entsprechende Zustimmung und Rahmenbedingun­gen im Datenschutzgesetz. Als Bank scheuen wir die Risiken der Digitalisierung nicht, sondern sehen sie als Chance, aber wir weisen darauf hin, dass wir gerechte Bedin­gungen für alle Marktteilnehmer brauchen. Wenn branchenfremde Anbieter die gleiche Dienstleistung anbieten, dann müssen sie auch den gleichen Regeln unterliegen und das gleiche Sicherheits- und Datenschutzniveau erfüllen. Nur so funktioniert ein fairer Wettbewerb. Das ist aktuell nicht immer der Fall.

Heute ist es zum Beispiel möglich, Verfahren zum Auslesen von Texten aus Computer­bildschirmen, zum Beispiel sogenannte Screen-Scraping-Methoden, zu verwenden, um damit Kundendaten direkt am Bildschirm auszulesen und für das Angebot diverser Dienstleistungen zu nutzen. Dies wird auch von Unternehmen gemacht, die sich au­ßerhalb des europäischen Raumes befinden. Inwiefern diese Methoden und Verfahren gemäß dem österreichischen Datenschutz zulässig sind, ist derzeit fraglich, man be­wegt sich zumindest in einem Graubereich.

Um Benachteiligung zu vermeiden, braucht es hier klare Regelungen, die den strengen lokalen Anforderungen unterworfen sind, auch für Unternehmen, die ihre Dienstleistung grenzüberschreitend, unter Umgehung der nationalen Vorschriften, auch durch Zustim­mung von Kunden zu ausländischen AGBs anbieten.

Meine Damen und Herren, wir sind überzeugt, dass das Rechtssystem aus dem ver­gangenen Jahrtausend grundlegend reformiert und an die Gegebenheiten und Anfor­derungen des digitalen Zeitalters angepasst werden muss. Wenn wir nicht wollen, dass Österreich im internationalen Wettbewerb, der unseres Erachtens auch ein Wettbewerb der Rechtssysteme ist, massiv an Leistungsfähigkeit einbüßt und damit auch wert­volle Arbeitsplätze von Österreich ins Ausland verlagert werden, dann ist es Zeit für konkrete und vor allem schnelle Veränderung. Die Digitalisierung wartet nicht. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall.)

12.18


Vorsitzende Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska|: Als Nächster gelangt Herr Dr. Grat­zer, Generalsekretär der Österreichischen Hoteliervereinigung, zu Wort. – Bitte.

 


12.18.19

Dr. Markus Gratzer (Österreichische Hoteliervereinigung; Generalsekretär)|: Hohes Prä­sidium! Sehr geehrte Abgeordnete! Meine Damen und Herren! Herzlichen Dank auch von meiner Seite für die Einladung, heute hier bei Ihnen sprechen zu dürfen. Ich möch­te Ihnen einige relevante Punkte zum Thema „Digitalisierung im Tourismus“ näher­bringen.

Viele werden sich fragen: Tourismus und Digitalisierung, was hat das miteinander zu tun? – Ich glaube und ich werde Ihnen zeigen, sehr viel. Die Bedeutung des Tourismus ist in Österreich unumstritten. Er zählt zu den wichtigsten Wirtschaftszweigen, er ist re­levant für die wirtschaftliche Entwicklung, er schafft Arbeitsplätze und schafft vor allem Wohlstand in Regionen, in denen viele andere Industrien, viele andere Branchen nicht aktiv sind.

Der Wertschöpfungsanteil liegt – mit indirekten und direkten Effekten – bei zirka 7,7 Pro­zent bis 8 Prozent des BIP. Österreich und der österreichische Tourismus sind interna­tional Exportschlager, zum einen, weil die Einnahmen internationaler Gäste letztendlich zum Export gezählt werden, zum anderen, weil internationalen Menschen ein Image, ein Land, ein Bild von Österreich vermittelt wird – was wir heute schon gehört haben –, bei dem Lebensqualität im Mittelpunkt steht. Zum anderen exportieren wir Know-how und viel personelles Know-how in internationale Konzerne, gerade im Tourismus.

Auf der anderen Seite sehen wir, dass die österreichische Hotellerie international top aufgestellt ist und für Innovation und weltmeisterliche Servicequalität laufend ausge­zeichnet wird. Österreich galt auch als Innovationsführer, als weltweiter Innovationsfüh­rer im Bereich des digitalen Tourismus, des sogenannten eTourism. Tiscover war eine der ersten internationalen Plattformen weltweit, die Informations- und Buchungssyste­me etabliert hat. Feratel war eine der ersten Firmen, die Webcams ins Internet gestellt hat. Und österreichische Wissenschaftler, österreichische Experten waren federführend bei der Gründung der IFITT, „International Federation for IT and Travel&Tourism“, oder der anerkannten ENTER-Konferenz, die jährlich weltweit stattfindet. Die Betonung liegt hier auf „war“ oder „waren“. Wie wir heute gehört haben, ist dieser „Zug“ – unter Anfüh­rungszeichen –, wo Produktinnovation geschieht oder Produkte entwickelt werden, lei­der schon länger abgefahren.

Warum ist Digitalisierung im Tourismus nun so wichtig? Der Punkt ist einfach: Touris­mus ist ein Informationsgeschäft. Zum einen müssen touristische Leistungen – ob das jetzt Hotelbetten, Flüge und so weiter sind – und ihre Bestandteile dem Kunden näher­gebracht werden. Hier handelt es sich um ein Informationsungleichgewicht von Erfah­rungen der Gäste, die an einen Ort kommen müssen, um ein Hotel, ein Produkt, ein Hotelzimmer zu konsumieren. Das heißt, die Information ist ungleich verteilt. Eine ge­wisse Ungewissheit über Qualität, über Ausstattung ist ebenfalls gegeben. Das heißt, Erfahrung und Information werden zur Basis der Reiseentscheidung. Und wir wissen, dass Informations- und Kommunikationstechnologien damit zu einer grundlegenden Vo­raussetzung für eine funktionierenden Tourismuswirtschaft geworden sind. Damit ist Tou­rismus oder die Tourismusbranche, wie viele andere Branchen – wie wir bereits gehört haben –, durchaus sehr stark von einer Digitalisierung der Wertschöpfungsketten be­troffen und damit auch von einer Veränderung in der Wertschöpfungskette.

Diese Information und diese zunehmende Digitalisierung sind somit zu einem entschei­denden Wettbewerbsvorteil geworden. Und zum anderen hat sich in den letzten Jahren hier sehr viel verändert: Die Transparenz, die Preistransparenz oder auch die Informa­tionstransparenz über Produkt und Preis hat durch das Aufkommen moderner Techno­logien, durch das Internet, zugenommen. Folglich steigt die Marktposition der Käufer auf dem digitalen, auf dem elektronischen Tourismusmarkt.

Die zunehmende Digitalisierung der Wertschöpfungsketten hat auch die Markt- und Wettbewerbsstrukturen maßgeblich verändert. Große Anbieter, internationale Anbieter, Airlines oder auch Hotelketten konnten diese Digitalisierung, wie oft in vielen Branchen, schneller umsetzen, haben sehr viele Vorteile daraus gewonnen und konnten den Di­rektvertrieb forcieren. Kleine Player, KMU-Branchen, eben charakteristisch für die ös­terreichische Tourismusbranche, haben neue Vertriebsplayer, neue Vertriebsketten, sogenannte Online-Reisebüros – wir kennen sie alle: Booking.com, HRS, Expedia – als weltweit agierende Vertriebsfabriken in der Wertschöpfungskette vorgesetzt bekom­men. Ich will nicht „vorgesetzt“ sagen, am Ende hat man sie selbst mitentwickelt und groß gemacht. Plattformen der Sharing Economy revolutionieren mittlerweile die Zim­mervermietung, indem Private ihre Wohnungen, ihre Zimmer im Internet vertreiben.

Diese Buchungsportale, diese Vertriebsportale sind kaum mehr aus der Hotellerie weg­zudenken, sie sind auch ein wichtiger Partner, sie haben ihr Buchungsvolumen in Ös­terreich in den letzten zehn Jahren von zirka 5 Prozent auf 24 Prozent gesteigert. Mit der Bedeutung ist aber – ich habe es schon ausgeführt – die Abhängigkeit von diesen Portalen gestiegen, die Abhängigkeit der Betriebe, auf so einem Portal gelistet zu sein, und damit natürlich auch die Marktmacht dieser Portale. Es ist vielmehr ausschlagge­bend, wie viel Provision bezahlt wird.

Diese vermeintliche Transparenz – für den Endkunden wird eigentlich nur mehr be­stimmt, wer bereit ist, mehr Listungsgebühr zu zahlen, wer bereit ist, an anderen Mar­ketingpaketen teilzunehmen –, die Spielregeln der Transparenz für den Endkunden ent­scheiden große internationale Portale, internationale Konzerne.

In Österreich wird der Umsatz an Buchungsprovisionen, der jährlich abfließt, auf zirka 200 Millionen € geschätzt. Das ist durchaus ein Wertschöpfungsanteil an der österrei­chischen Tourismusindustrie, wo wir der Meinung sind, hier sollte man genauer darauf schauen. Das heißt, eine wesentliche oder große Herausforderung ist es, hier Rah­menbedingungen – und wir haben das heute schon oft gehört –, rechtliche Rahmenbe­dingungen in diesem digitalen Markt zu gestalten und vor allem in europäischer Di­mension zu gestalten. Es hilft nicht, wenn Österreich, Deutschland, Frankreich, jeder für sich, eigene Lösungen und Regeln entwickeln. Aus unserer Sicht, aus einer KMU-dominierten Branchensicht, ist es natürlich hier wesentlich, Technologien und Entwick­lungen für den Direktvertrieb dieser Branchen zu etablieren.

Was wären nun – zum Abschluss – unsere Wünsche oder unsere Ansatzpunkte für die Politik? – Ein wesentlicher Punkt, und davon sind wir überzeugt, ist: Das Thema digi­taler Tourismus muss, so wie der Tourismus als Kernkompetenz gesehen wird, auch in Österreich als Kernkompetenz gesehen werden. Der eTourism wird aus unserer Sicht wirtschaftspolitisch fundamental unterschätzt. Seine Bedeutung – an der Bedeutung des Tourismus gemessen – mit 24 Prozent aller Buchungen ist wirklich gravierend, und diese dynamische Entwicklung wird sicher weitergehen. Österreich als tourismusinten­sives Land wäre daher gut beraten, die Kompetenzen im eTourism wieder zu bündeln, zu verstärken und aktiv zu steuern. Österreich war, wie schon erwähnt, vor vielen Jah­re wirklich federführend auf diesem Gebiet und hat sogar ein eigenes eTourism Com­petence Center gehabt. Es bedarf einer nationalen eTourism-Strategie eingebettet in eine Tourismusstrategie beziehungsweise als Teil der digitalen Strategie beziehungs­weise der digitalen Agenda.

Darauf aufbauend sind Forschungsförderung, Tourismusforschung und Weiterbildung dementsprechend zu bündeln und zu steuern, um letztendlich die Rollenverteilung im österreichischen Tourismus zwischen föderalen und nationalen Strukturen sicherzu­stellen. Als essenziell sehen wir die Vernetzung zwischen Forschung und der Touris­musindustrie und letztendlich Branchen, die andocken, wie Transport, Verkehr und Ini­tiativen für die Förderung von Start-ups.

Zweitens braucht es aus unserer Sicht klare Aktivitäten im Hinblick auf einheitliche rechtliche Rahmenbedingungen und Regelungen. Viele europäische Länder sind be­reits aktiv geworden bei Themen, bei kartellrechtlichen Verfehlungen. In Deutschland hat das deutsche Bundeskartellamt die sogenannte Ratenparität 2012 verboten. In Frankreich wurde dieses Jahr von der französischen Nationalversammlung ein Gesetz zum Verbot der Ratenparität – das heißt, über welche Kanäle darf ein Hotelier welche Preise anbieten – verboten. Wir glauben, Österreich muss hier auch aktiv und schnell handeln. Wünschenswert wären eine europäische Regelung und ein europäisches Vor­gehen, weil am Ende der Unterschied zwischen Ländergrenzen aus touristischer Sicht wettbewerbshinderlich ist.

Wir haben es heute schon gehört: Start-ups, innovative Firmen, aber auch internatio­nale Player denken in Sechsmonatszyklen und haben Businesspläne mit Sechsmo­natszyklen. Unsere Politik und Gesetzgebung, die in Fünfjahresrhythmen denkt, ist hier zu langsam. Wir müssen die Rahmenbedingungen und die Voraussetzungen aktiv ent­wickeln, steuern und optimieren.

Und als dritten und letzten Punkt braucht es – davon sind wir ebenfalls überzeugt – moderne Strukturen bei Vermarktung und Vertrieb. Als Beispiel nennen wir Organisa­tionen wie die Österreich Werbung, Landestourismusorganisationen oder lokale Touris­musorganisationen. All diese Player beschäftigen sich nicht mit dem Vertrieb von Tou­rismusleistung, sondern mit Werbung, rein mit Werbung. Das ist für uns Werbung ohne Sales. Digitale Wertschöpfungsketten, Customer Journeys unterscheiden nicht nach Aufgaben, die einzelne Organisationen zugeordnet bekommen haben. Es geht darum, wer die Customer Ownership hat und wie ein Endkunde möglichst schnell seinen Ur­laub direkt in Österreich buchen kann.

Wir glauben, dass wir dieses Spielfeld nicht internationalen Playern überlassen dürfen und sollten. Es braucht hier aus Forschung und Entwicklung Technologien und Stan­dards. Wir haben auch von europäischer Ebene gehört, es braucht mehr Standards in vielen Bereichen, um Technologien gut austauschen zu können, als eine Vorausset­zung. Und zum anderen muss die Politik einen entsprechenden Rahmen schaffen und vorgeben. Dafür braucht es Mut und Weitblick. Wir sind schon mitten drinnen. Diese Enquete ist für mich ein erster Schritt und ein Zeichen, dass man gemeinsam bereit ist, diese Rahmenbedingungen zu schaffen. Die Wettbewerbsfähigkeit des österreichi­schen Tourismus darf nicht von regionalen, föderalen oder parteipolitischen Interessen abhängig sein, sondern muss ein gemeinsames Ziel haben. Wir – die Österreichische Hoteliervereinigung – setzen hier auf einen zielgerichteten Dialog zwischen Politik, Tou­rismusorganisationen, Politik und Wirtschaft, um das Ziel mehr Wertschöpfung durch beste digitale Infrastruktur, Innovationsführerschaft und Start-up-Kultur zu erreichen. Wir können diese Entwicklung durch zeitgemäße rechtliche Rahmenbedingungen und letztendlich durch einen optimalen Mix von Direktvertrieb und Kooperationen mit inter­nationalen Marktplayern anführen und sichern. Denken wir Tourismus 4.0! – Danke schön. (Beifall.)

12.30


Vorsitzende Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska|: Als Nächster gelangt Herr Kom­merzialrat Bodenstein, Obmann der Bundessparte Information und Consulting der Wirt­schaftskammer Österreich, zu Wort. – Bitte.

 


12.31.09

Komm.-Rat Robert Bodenstein (Wirtschaftskammer Österreich)|: Hohes Präsidium! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, es ist schon viel gesagt worden, aber noch nicht alles. Ich werde mich im Sinne einer Zeitökonomie allerdings auf jene Punkte konzentrieren, die ich aus Sicht der Wirtschaft besonders herausstreichen oder – im Hinblick auf die Inhalte des Grünbuchs und der Diskussionsbeiträge – ergän­zen möchte.

Zunächst einmal möchte ich mich recht herzlich für die Initiative bedanken. Ich denke, es ist ein ganz wichtiger Schritt, die Bedeutung des bevorstehenden digitalen Wandels zu unterstreichen. Wir sprechen hier nicht über ein Thema, das vielleicht nur einen Teil unserer Gesellschaft oder vielleicht nur einen Teil unserer Wirtschaft tangiert, sondern das uns insgesamt als Gesellschaft sehr stark betrifft. Ein Schulterschluss der einzel­nen Stakeholder in Österreich ist unbedingt notwendig, um die erforderlichen Maßnah­men zu treffen.

Am Rande sei erwähnt: Ich freue mich sehr, dass unsere Broschüre „Digitale Agenda“, die wir hier aufgelegt haben, bereits vergriffen ist. Dort ist alles noch einmal zusam­mengefasst. Vielleicht kann man sie im Nachhinein noch einmal verteilen.

Lassen Sie mich drei Perspektiven nennen, aus deren Blickwinkel ich die bisherige Diskussion verfolgt, aber auch das Grünbuch gelesen habe.

Erstens: Der digitale Wandel ist nicht etwas, vor dem wir stehen. Wir stehen mitten­drin. Wir haben die Entwicklung in den ersten zehn Jahren vielleicht über uns ergehen lassen, der eine oder andere hat sie vielleicht auch verschlafen, aber sie ist erfolgt.

Das Neue sind die Wucht und die Geschwindigkeit dieses digitalen Wandels, der auf uns hereinbrechen wird.

Es gibt viele Beispiele, die auch genannt wurden, gerade vorhin das Beispiel im Tou­rismus: Das ist längst Realität. Ich kann andere Beispiele nennen, die Sie sicher alle bestens kennen, ob Banking – wurde auch bereits genannt –, der ganze Handelsbe­reich, Druck- und Publishingbereich, überall dort sind disruptive Geschäftsmodelle durch den digitalen Wandel längst umgesetzt.

Zweitens: Der Wandel, vor dem wir stehen, hat möglicherweise digitale Auslöser. Re­duzieren wir das Thema aber bitte nicht auf Bits und Bytes! Je schneller und kleiner die Bits und Bytes werden, desto leichter und schneller wird dieser Wandel vor sich gehen. Aber die Bereiche, die von diesem digitalen Wandel betroffen sind – auch das haben wir heute schon weitgehend gehört –, sind wesentlich weiter und zahlreicher. Ich möch-
te diese Aspekte bei der bildungspolitischen Diskussion später gesondert ansprechen. Ich meine, dass dieses Thema nicht ausschließlich darauf reduziert werden darf, dass wir viele Programmierer brauchen – die brauchen wir auch, aber wir brauchen Men­schen, die mit gesundem Hausverstand aufgrund der technologischen Rahmenbedin­gungen gut wirtschaften und ihre Geschäfte gut umsetzen können.

Drittens: Es mag vielleicht eine Binsenweisheit sein, aber sie ist mir trotzdem eine Er­wähnung wert. Der digitale Wandel ist nicht etwas, das möglicherweise in Braunau oder irgendwo an der deutschen, italienischen oder einer sonstigen Grenze aufhört. Der digitale Wandel ist etwas, das uns längst aus dem Ausland erreicht hat, sodass wir alle unsere Maßnahmen im internationalen Kontext abgleichen müssen.

Wir müssen uns fragen: Wo stehen wir eigentlich im internationalen Umfeld? Ich glau­be nicht, dass der Hotelier in Purkersdorf mit dem Hotelier im 1. Bezirk in Wien ein Pro­blem hat. Der Hotelier in Purkersdorf hat möglicherweise ein Problem mit einem Ho­telier irgendwo in Italien, in den USA oder in Indien. Wir haben diese Erkenntnis mei­nem Empfinden nach weitgehend in den Köpfen der Bevölkerung und der Wirtschaft verankert. Manchmal aber habe ich den Eindruck, dass dies in der Politik noch nicht überall angekommen ist. Wir müssen uns durchaus mehr im internationalen Vergleich messen.

Das Grünbuch, das heute schon öfter zitiert und erwähnt wurde, geht aus meiner Sicht sehr gut auf diese Bereiche ein. Ich möchte Ihnen, Herr Kovar, recht herzlich dazu gra­tulieren. Es ist, glaube ich, eine sehr gute Zusammenfassung. Ich kenne viele der Au­toren und Personen, die mitgearbeitet haben, und weiß daher, dass sie für Anregungen dankbar sind. Ich würde mich sehr darüber freuen, wenn wir die Themen wesentlich of­fensiver kommunizieren, wenn wir uns wesentlich offensiver mit den Herausforderun­gen auseinandersetzen und aus der Verteidigungsposition, in der ich uns manchmal sehe, herauskommen würden und uns ein bisschen mehr nicht nur ins Mittelfeld, son­dern ganz bewusst unter die Stürmer reihen würden – um in der Fußballersprache zu reden, auch wenn das Fußballerherz möglicherweise heute ein wenig tiefer hängt.

Lassen Sie mich daher noch einige Punkte anbringen, die ich als großen Wurf be­zeichnen möchte – nicht, weil ich glaube, dass die Ideen bereits ein großer Wurf sind, sondern weil ich meine, dass sie in der österreichischen Politik einen großen Wurf be­dingen.

Sie als Kenner der politischen Szene – und jeder, der hier sitzt, glaube ich, hat seinen eigenen Eindruck von der politischen Szene in Österreich – werden mir zustimmen, dass es einige Bereiche gibt, mit denen wir uns in Österreich besonders schwer tun, und solange wir sie nicht in Angriff nehmen, wird sich das auch nicht ändern.

Solange wir die Themen nicht angehen, werden wir uns vielleicht in zehn Jahren wie­der hier treffen und sagen: Bumm, das war jetzt aber sehr schnell, was da auf uns he­reingebrochen ist! Wir haben es erste Reihe fußfrei beobachtet, aber wir haben zu langsam darauf reagiert.

Ich möchte dazu beispielhaft drei Handlungsfelder zitieren – nicht, weil ich die anderen Handlungsfelder als unwichtig erachte, sondern weil ich in Anbetracht der Zeitdimen­sion die Themen verdichten muss.

Zum ersten Handlungsfeld, den Breitbandausbau: Wir diskutieren seit Jahren über den Breitbandausbau, darüber, dass dieser dringend zu forcieren ist. Jetzt haben wir end­lich die ersten 300 Millionen freigegeben. Endlich gibt es etwas, bei dem wir uns zu­mindest hinstellen und sagen können: Ja, es geschieht etwas! Doch es geht viel zu langsam. Bitte beobachten Sie, wie sich andere Länder entwickeln! Bitte beobachten Sie, welche Pläne in anderen Ländern umgesetzt werden!

Ich muss dazu sagen: Es ist nicht unbedingt ein österreichisches Thema, sondern durchaus eines, welches auch in anderen Ländern in der Europäischen Union disku­tiert wird. Hier gehören viel mehr Mut und eine offensive Umsetzungspolitik auf den Tisch.

Der Breitbandausbau ist nicht etwa dazu da, dass Sie Ihre E-Mail in 0,1 Sekunden und nicht in einer Sekunde erhalten. Der digitale Breitbandausbau ist auch nicht dazu da, dass wir die berühmten Katzen-Videos schneller hochladen können. Der Breitband­ausbau ist dazu da, dass Unternehmen in Sekundenschnelle Konstruktionspläne für ihren 3D-Drucker bekommen. Der Breitbandausbau ist dazu da, dass Unternehmen zehn Zählmaschinen ansteuern können, da sie innerhalb weniger Sekunden Antworten geben müssen: Können sie liefern? Zu welchen Kosten? Solange wir die Unternehmen nicht entsprechend anbinden, können sie diese Antworten nicht geben und sind ent­weder gezwungen abzuwandern oder zuzusperren.

Der Breitbandausbau ist dazu da, dass wir Videokonferenzen in hoher Bildqualität in­ternational abhalten können. Viele von Ihnen kennen Skype-Konferenzen quasi unter dem Motto „Ui, meine Verbindung ist heute wieder schlecht“. Viele von Ihnen haben vielleicht schon Videokonferenzen erlebt, bei denen man sich darüber geärgert hat, wie gut oder wie schlecht die Technik gerade funktioniert. So werden wir in Zukunft interna­tional nicht wettbewerbsfähig sein. Wir müssen uns besser aufstellen können.

Das zweite Handlungsfeld, das ich erwähnen möchte, sind die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen. Ich weiß, wir tun uns da besonders schwer.

Unter wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen meine ich zum Beispiel eine sozial­politische Gesetzgebung, die sich darauf konzentriert, welche Gebietskrankenkasse gerade welche Beiträge bekommt. Bei allem Verständnis für die sozialen Verhältnisse in den einzelnen Gebietskrankenkassen, damit werden wir den digitalen Wandel nicht in erster Reihe mitgestalten können. Wir müssen uns darüber informieren, wie wir mög­lichst viele Leute in den Arbeitsprozess einbinden können.

So kommt es zu Situationen, die auf den ersten Blick skurril erscheinen. Erst gestern habe ich mit einem großen IT-Dienstleister gesprochen. Er beschäftigt 350 Mitarbeiter und würde sofort 40 Personen einstellen, findet sie aber nicht. Wir müssen da schnell zu Lösungen kommen, eine lange Diskussion darüber haben wir in den letzten Jahren bereits erlebt.

Ich kann auch noch andere Beispiele nennen. Wir diskutieren beispielsweise darüber, ob wir ein Rückgaberecht von 30 oder 40 Tagen brauchen. Das sind Diskussionen, die extrem wichtig sind, aber sie müssen zu einem Ende gebracht werden.

Das VRUG, das in den letzten Monaten ja erst umgesetzt wurde und wird, behindert besonders die kleinen Anbieter in der Ausübung ihrer Geschäftstätigkeiten und forciert die großen internationalen Amazons dieser Welt.

Auf das Technologiewissen als zentrales Bildungsziel möchte ich nicht gesondert ein­gehen, weil es ja schon unbestritten oft und in seinen Inhalten zur Diskussion gestellt wurde. Ich möchte nur noch einen Satz ergänzen: Natürlich benötigen wir Program­mierer. Neben den Skills des Programmierens brauchen wir auch die Kompetenzen, mit diesen Technologien umzugehen. Wir brauchen dieses Thema auch in den Köpfen und Kulturen der einzelnen Bildungsanbieter und dürfen es nicht auf die Schulbildung reduzieren.

Jeder von Ihnen, der hier sitzt, hat möglicherweise eine Schulausbildung genossen, über die er heute sagt: Das war sehr wichtig, und ich kenne jetzt gewisse mathemati­sche Grundprinzipien, mit denen ich gut leben kann, aber das, was ich in den letzten Jahren erlebt habe, hat mir meine Schulbildung nicht mitgegeben. Das geht auch gar nicht. Aber jeder von uns muss sich laufend weiterbilden. Wir müssen dazu auch Im­pulse aus der Politik setzen, um diese Weiterbildung zu forcieren und zu fördern. Ohne lebenslanges Lernen wird es keinen digitalen Wandel geben, den wir mitgestalten kön­nen.

Die anderen Themenbereiche möchte ich nicht unerwähnt lassen, aber es würde die Diskussion darüber zu weit führen. Das Thema Finanzierung, das auch angeschnitten wurde: Wir müssen es in Angriff nehmen und den Klein- und Mittelbetrieben entspre­chende finanzielle Möglichkeiten zur Verfügung stellen. Die derzeitige Finanzierungs­situation ist sicherlich nicht zufriedenstellend.

Wir müssen natürlich auch den Bürokratieabbau und Steuerrechtsfragen in den Griff bekommen. Nur ein kleines Beispiel: Wenn Sie heute ein Loch in den Boden graben, dann können Sie es, auch wenn es völlig sinnlos ist, in Ihrer Bilanz aktivieren. Wenn Sie heute Software entwickeln, dann können Sie das in der Bilanz nicht aktivieren. Was ist denn das für ein Denken in einer bildungspolitisch ausgereiften, wissensbasierten Diskussion, dass wir unser Wissen nicht in der Bilanz aktivieren können!

Zu guter Letzt möchte ich noch erwähnen, dass wir die EU bei den Bemühungen nicht aus der Pflicht entlassen dürfen. Wir haben heute viel über die hervorragenden Leis­tungen der österreichischen Verwaltung im Sinne des E-Government gehört. Vor weni­gen Wochen erst habe ich ein Unternehmen mit ausländischen Partnern gegründet: einem ungarischen, einem deutschen, einem Schweizer und einem österreichischen Unternehmen. Dieses Abenteuer beim Notar möchte ich Ihnen nicht vergönnen! Ir­gendwann denken Sie sich: Entschuldige, bitte, ich muss ja nach Amerika auswandern, das fragt ja kein Mensch dort! – Fakt ist, es kann ein österreichischer Notar nicht auf ein deutsches Firmenbuch zugreifen, das geht nicht. Bei aller Liebe, das sind Dinge, wo wir ganz konkret sehr rasch handeln müssen.

Das Schlagwort „ein digitaler Binnenmarkt“ ist auch erwähnt worden. Was aber hier an Barrieren aufgebaut wird, wie Netzneutralität, aber auch im Handels- und im Konsu­mentenschutz, sind Dinge, bei denen ich wirklich sagen muss: Mich wundert nicht, dass der eine oder andere meint, er könne in den USA leichter sein Geld machen.

In diesem Sinne herzlichen Dank noch einmal für die Initiative. Aus der Sicht der Wirt­schaft begrüßen wir dies ganz ausdrücklich und hoffen, dass wir auch sehr rasch zu Ergebnissen kommen können. – Herzlichen Dank. (Beifall.)

12.43

12.43.34Diskussion

 


Vorsitzende Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska|: Ich danke auch Ihnen recht herz­lich.

Wir gehen nun in die Diskussion ein.

Bevor ich der ersten Rednerin oder dem ersten Redner das Wort erteile, möchte ich darauf hinweisen, dass die Zeit sehr vorgeschritten ist und daher die Redebeiträge die Dauer von 2 Minuten nicht überschreiten sollen, und ich ersuche um Einhaltung der Redezeit. Ich weiß, 2 Minuten sind sehr kurz, ich mache daher immer wieder auf die Redezeit aufmerksam. Bitte, halten wir uns an die Redezeit, um 13 Uhr sollten wir die Enquete unterbrechen.

Ich bitte nun Herrn Landtagsabgeordneten Mag. Mandl um seinen Beitrag.

 


12.44.20

Mag. Lukas Mandl (Landtag Niederösterreich)|: Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Andreas Kovar, als Mo­tor des Prozesses, mit deinem Team! Das Grünbuch ist die Grundlage für unsere heu­tige Diskussion und ein wichtiger Mark- und Meilenstein im Zuge dieses Prozesses, keineswegs sein Endpunkt.

Ich kann mir vorstellen, dass Historikerinnen und Historiker in 100 Jahren, wenn sie se­hen, was wir hier gemacht haben, mit einiger Verwunderung und Erstaunen feststellen werden: Aha, da hat eine eigene Enquete des Bundesrates einen ganzen Tag lang mit renommierten Expertinnen und Experten getagt, um Dinge zu besprechen, die längst ganz selbstverständlich sind. Sie werden sicher auch manche Irrwege erkennen, aber hoffentlich auch sagen, dass die Diskussion stattfand, um einige Risiken auszuschlie­ßen und zu minimieren und um einige Chancen zu nützen – solche Chancen und Risi­ken sind ja heute auch schon zur Sprache gekommen.

Ich möchte in ganz wenigen Sätzen ein Bild davon geben, wie sich mir die Situation auf lokaler und regionaler Ebene darstellt und wie sich die Digitalisierung auch darüber hi­naus auswirkt. Ich sehe das Lamperl hier schon blinken; ich mache es daher sehr kurz und sage: Unsere Kinder sind Digital Natives. Wenn ich als Elternteil etwas nicht weiß, raten sie mir: Schau doch im Internet nach! Das geht so weit, dass Menschen in der Verwaltungsreform, die wir in Niederösterreich gerade umsetzen, in jede öffentliche Debatte ganz intensiv einsteigen und auch fordern, dass sie so und nicht anders ge­macht wird, und dass sich das auch durchsetzt.

Was wir dafür brauchen, ist erstens Transparenz, den elektronischen Akt – in meiner Heimatstadt Gerasdorf zum Beispiel setzen wir ihn gerade um. Transparenz ist die Grundlage von Vertrauen, Transparenz ist auch die Grundlage für Partizipation, die sich auch auf einem gewissen Niveau, auch online und digital, abspielt. Das betrifft das Feld der Politik in dem Sinn, dass die Ideale der Aufklärung, die heute auch schon zur Sprache gekommen sind, durch die atemberaubend rasche Digitalisierung endlich eine Form erhalten, in einer Art und Weise vermittelbar werden, wie sie wirklich gelebt wer­den können. Ähnlich wie dies bei der Erfindung des Buchdrucks schon einmal der Fall war, ist jetzt eine Form da, die eine Breite, eine Intensität und auch ein Tempo in der Diskussion ermöglicht.

Was wir dafür brauchen, sind Niveau und eine Politik, die genauso schnell ist wie die Verwaltung in der Umsetzung der Neuerungen. Frau Staatssekretärin Steßl hat die Verwaltung ja schon richtigerweise gelobt für das E-Government in Österreich, aber die Politik kann der Verwaltung hier noch nachkommen, indem sie auch mehr Freiheit schafft und die Debattenkultur ermöglicht.

Was ich – als letzte persönliche Anmerkung – nicht hoffe, ist, dass die Historikerinnen und Historiker in hundert Jahren verwundert sagen werden: Und um das alles zu disku­tieren, sind die auch noch persönlich physisch zusammengekommen! Ich hoffe viel­mehr, dass der persönliche Austausch von Angesicht zu Angesicht auch dann noch zwischen Menschen selbstverständlich und möglich sein wird, denn der Händedruck, das einander in die Augen Schauen sind doch so menschlich, das sie keine Digitali­sierung ersetzen kann.

In diesem Sinne danke für die wirklich wichtige Enquete. Hoffentlich ist sie nicht ein Endpunkt, sondern vielmehr ein Startpunkt und ein Meilenstein in einem Prozess, der auch von politischer Seite einen wichtigen Wandel gestaltet. (Beifall.)

12.47


Vorsitzende Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska|: Als Nächste gelangt Frau Abge­ordnete Dr. Kappel vom Europäischen Parlament zu Wort. – Bitte.

 


12.47.10

Mitglied des Europäischen Parlaments Dr. Barbara Kappel (FPÖ)|: Frau Präsiden­tin! Meine Damen und Herren! Ich möchte dem Präsidenten des Bundesrates, aber auch den Vorsitzenden der politischen Parteien, den Fraktionsführern, danken, dass sie dieses so wichtige Thema des digitalen Wandels in einer Enquete aufgenommen und auch das Grünbuch herausgegeben haben.

Die digitale Wirtschaft, die Digitalisierung der Wirtschaft, die Digitalisierung generell sind der Treiber für Wachstum und Beschäftigung in Europa und somit auch der Wachstums- und Beschäftigungstreiber für Österreich. Sie haben die Zeichen der Zeit erkannt. Der hohe Stellenwert der Digitalisierung ist auch an der Europäischen Kom­mission zu bemerken: Es gibt zwei Kommissare dazu: den Vizepräsidenten der Kom­mission Andrus Ansip und Kommissar Günther H. Oettinger. Beide setzen sich mit dem Thema Digitalisierung auseinander. Ich selbst bin Mitglied des Industrieausschusses – das ist für das Thema der Digitalisierung ein maßgeblicher Ausschuss – und arbeite mit an allen wesentlichen Industriedossiers zum Thema Digitalisierung. Ich selbst habe einen Bericht gemacht und war Berichterstatterin zum Thema Big Data. Dieses Thema wurde ja heute schon angesprochen. Dieser ganz wesentliche Bereich wächst 40 Pro­zent im Jahr und damit siebenmal schneller als der IKT-Bereich. Big Data ist wichtig, weil sich die Datenströme erhöhen. In den nächsten zwei Jahren wird es 3,2 Milliarden Maschinen geben, die im Rahmen des Internet of Things ihre Daten ins Netz fließen lassen; enorme Herausforderungen also.

Die Europäische Union hat im Frühjahr dieses Jahres eine digitale Strategie publiziert, und die wesentlichen Punkte daraus sind der gute Onlinezugang und die Ausnützung des Wertschöpfungspotenzials in der digitalen Wirtschaft sowie die Schaffung eines entsprechenden Regulierungsrahmens.

Das Potenzial im Bereich der digitalen Wirtschaft ist enorm. Die EU-Kommission rech­net damit, dass ein zusätzliches BIP-Wachstum von 415 Milliarden € in Europa möglich ist, mit 3,2 Millionen Arbeitsplätzen.

Skills ist ein großes Thema; das wurde heute schon angesprochen. Bis zum Jahr 2020 – das wissen wir aus Studien – werden 825 000 Arbeitsplätze im IT-Bereich in Europa fehlen – das ist eine enorme Herausforderung, auch für die Nationalstaaten, weshalb ich den Appell an Sie richte: Investieren Sie in Bildung, investieren Sie in Forschung und Entwicklung, und investieren Sie vor allem in den Ausbau der Breitbandnetze!

32 Milliarden € werden auf europäischer Ebene bis 2020 notwendig sein. In Österreich diskutiert man jetzt über 1 Milliarde €, 300 Millionen € sind freigegeben worden. Das ist ein wichtiger erster Schritt. Es kann aber nur ein erster Schritt sein. Hier muss weiter­gemacht werden, Österreich muss fit werden für den digitalen Wandel. Das kostet Geld, das braucht Skills, hier ist die Bundesregierung gefordert. (Beifall.)

12.50


Vorsitzende Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska|: Als Nächster gelangt Herr Abge­ordneter Dr. Huainigg zu Wort. – Bitte.

 


12.51.06

Abgeordneter Dr. Franz-Joseph Huainigg (ÖVP)|: Frau Präsidentin! Herr Präsident! Ich danke für diese wichtige Diskussion.

Die Digitalisierung bringt behinderten Menschen einen großen Mehrwert. Das sehe ich auch bei mir selbst: Mein I-Phone bringt mir Kommunikation und begleitet mich auch auf meinem Weg. Wenn ich zum Beispiel unterwegs bin, kann ich immer feststellen, wann die nächste barrierefreie Straßenbahn kommt oder welcher Lift gerade kaputt ist.

Die Digitalisierung bringt halt vielen behinderten Menschen eine Möglichkeit, an der Gesellschaft teilzunehmen. Gehörlose Menschen kommunizieren in Gebärdensprache über das Handy, blinde Menschen können im Internet lesen, sie können sich informie­ren. Denken Sie auch an die Ortungssysteme, die blinden Menschen zunehmend er­möglichen, sich frei zu bewegen.

Aber auch im Bereich der Pflege älterer Menschen ist die Digitalisierung sehr wichtig, damit diese Menschen auch zu Hause leben können, zum Beispiel durch die Überwa­chung mit Kameras, die melden, wenn jemand nicht das Bett verlässt oder jemand vergisst, die Herdplatte auszuschalten, oder ob die Haustüre offengelassen ist. Hier gibt es viele Entwicklungsmöglichkeiten und Zukunftsszenarien. Es wird zum Beispiel ein Sensor getestet, den man in die Blutbahn einführt und der beständig misst, wie die Werte des Blutzuckers stehen.

Es gibt auch neue Möglichkeiten, das Gesundheitssystem zu verbessern, etwa wie bei mir bei der Beatmung, dass die Daten des Beatmungsgeräts an das Krankenhaus ge­meldet werden und im Notfall auch Hilfe zur Verfügung steht. Ich glaube, das Wich­tigste ist, dass die Wirtschaft die Möglichkeiten auch erkennt, innovative Projekte ge­startet und Startups gegründet werden, die sich damit auseinandersetzen. – Danke. (Bei­fall.)

12.56


Vorsitzende Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska|: Ich danke Ihnen recht herzlich, Herr Abgeordneter.

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Rupp, Plattform Digitales Österreich im Bundes­kanzleramt. – Bitte.

 


12.56.19

Christian Rupp (Bundeskanzleramt, Plattform Digitales Österreich)|: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Abgeordnete! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte noch einmal eine Lanze für die digitale Verwaltung und die heimische IT brechen, indem ich auf einige internationale Best Practices zu sprechen komme.

Heute ist der Tag des IT-Gipfels in Deutschland, und wenn Sie die Twitter-Nachrichten lesen, werden Sie sehen, dass Österreich dort immer wieder erwähnt wird, weil wir in unserem Nachbarland als Vorzeigebeispiel gelten.

Zu diesen Vorzeigebeispielen zählt unser E-Government-Gesetz, das wir seit über zehn Jahren haben und welches erst letztes Jahr analog in Deutschland umgesetzt wurde, oder der elektronische Akt in allen Bundesministerien, der mit der E-Akte jetzt in Deutschland beschlossen wurde und bis 2020 umgesetzt werden soll.

Sie sehen aber auch den Westbalkan, wo sich sehr viele Chancen bieten – und der Herr Bundesratspräsident hat dankenswerterweise erwähnt, dass ich seit zehn Jahren die ehrenvolle Aufgabe habe, das digitale Österreich national, aber vor allem auch in­ternational präsent zu machen. Wenn Sie sich die Region anschauen, sehen Sie, dass das Innenministerium gemeinsam mit der heimischen IT-Branche dort Melderegister aufbaut, Wählerevidenzregister aufbaut, dass das Unterrichtsministerium mit dem WIFI dort eine E-Matura anbietet und eine österreichische HTL bereits seit Jahren erfolg­reich etabliert hat. Sie sehen gleichfalls, dass das Finanzministerium aus Österreich dort mit der heimischen IT FinanzOnline und Zollsysteme bereits erfolgreich aufbaut und dass auch das Bundeskanzleramt die digitalen Strategieentwicklungen dieser Län­der erfolgreich unterstützt und beratend zur Seite steht.

Das heißt, hier ist eine große Chance für Österreich gegeben. Als digitales Österreich sagen wir Danke: Danke an den Bundesrat, dass er dieses Thema aufgegriffen hat, dass er ein starker Partner ist, denn it’s a journey, it’s not a destination. Wir durchlau­fen einen digitalen Wandel, der nur funktionieren wird, wenn Politik, Sozialpartner und Zivilgesellschaft zusammenarbeiten. Den Ausführungen von Lukas Mandl folgend: Ich danke dir und hoffe, dass die Historie zwar sagen wird: Es war ein schöner Tag!, aber hoffentlich nicht sagen wird: Es war zu spät. – Danke. (Beifall.)

12.58


Vorsitzende Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska|: Nächster Redner: Herr Bundesrat Schreuder. – Bitte.

 


12.58.43

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien)|: Frau Präsidentin! Da es mir nur möglich ist, sehr kurz zu sprechen – und zumal ich auch diese Woche dieses Haus verlassen werde –, möchte ich vor allem darauf eingehen, dass ich es für eine besonders gute Idee halte, die Zukunft hier im Bundesrat in einem eigenen Ausschuss zu besprechen, weil durch den Lissabon-Vertrag und durch die europäische Kompetenz, die der Bun­desrat mittlerweile ja auch hat, dieser Brückenschlag zwischen Gemeinden, Ländern, Bund und Europa sicher sehr gut funktionieren wird. Er ist auch dringend notwendig, weil es Handlungsbedarf an allen Ecken und Enden gibt, was ja von den vielen Vor­rednern und wenigen Vorrednerinnen auch schon in vielen Punkten gesagt wurde.

Einer der ganz wichtigen Punkte, der von der Wirtschaftskammer erfreulicherweise an­gesprochen wurde – leider ist Herr Lemke nicht mehr da –, ist natürlich die Frage der Netzneutralität, weil sie eine Grundvoraussetzung für Innovation ist. Wenn man Über­holspuren im Internet zulässt und sich die schon etablierten Konzerne diese Überhol­spuren sichern, dann können zum Beispiel österreichische und europäische Startups sehr schwer gegen diese ankommen.

Hier besteht – da das von der europäischen Politik sehr schwammig formuliert worden ist – dringender Nachholbedarf. Ich weiß nicht, was Spezialdienste sind. Wir brauchen natürlich einen Datenschutz, damit die Menschen auch wieder Vertrauen haben. Das muss für alle standardisiert und verständlich sein. Wenn ich weiß, was mit meinen Da­ten passiert, bin ich auch eher bereit, sie zur Verfügung zu stellen oder eben auch nicht. Auch das gehört gestärkt!

Aber welche Herausforderungen werden auf uns zukommen? Ich nehme einmal das Beispiel des selbstfahrenden Autos. Diese Autos sind einerseits eine riesige Chance – auch aus ökologischer Sicht, das muss ich als Grüner sagen –, aber gleichzeitig stellt sich natürlich auch für Kommunen und Bezirke die Frage, ob ich dann überhaupt noch die Verkehrsflüsse regle oder aber ob diese auf Servern in Übersee geregelt werden. Es ist eine der ganz großen Aufgaben auch für die Politik, inwieweit wir jetzt schon Rahmenbedingungen schaffen können, damit es auch an allen Ecken und Enden ge­deihlich funktioniert.

Über die demokratische Partizipation möchte ich auch noch sprechen. Man darf nie vergessen, dass der digitale Wandel immer auch eine soziale Frage ist: Wer hat Zu­gang, wer darf teilnehmen, wer kann teilnehmen, und wenn wir teilnehmen, wen schlie­ßen wir aus, weil er oder sie nicht teilnimmt? Das ist eine ganz wesentliche Frage. Wir haben früher so etwas wie die Rundfunk- und Fernsehgebührenbefreiung für Sozial­empfänger und -empfängerinnen gehabt. Ich finde, so etwas ist für das Internet durch­aus denkbar.

Zuletzt ist es auch eine medienpolitische Frage. Im kommunalen Bereich reden wir im­mer vom öffentlichen Raum und davon, wie wichtig der nichtkommerzielle öffentliche Raum ist. Ich sehe das auch für das Internet als ganz, ganz wesentlich. Hier ist sicher ein neuer öffentlich-rechtlicher Medienauftrag notwendig, auch im Internet solche öf­fentlich-rechtlichen Räume zu schaffen.

Am Ende des Tages ist es aber auch für die Bundesregierung wichtig, ihre IT-Strategie zu überdenken. Wenn ich daran denke, dass viele Ministerien noch immer unver­schlüsselt kommunizieren und die NSA jede E-Mail lesen kann, müssen wir bei den ersten Aufgaben schon einmal anfangen, damit wir bei den zweiten weiterkommen. – Danke schön. (Beifall.)

13.02


Vorsitzende Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska|: Als Nächster gelangt Herr Mag. Drim­mel zu Wort. – Bitte.

 


13.02.24

wHR Mag. Nicolaus Drimmel (Österreichischer Gemeindebund, stellvertretender Ge­neralsekretär)|: Meine Damen und Herren! Ich möchte Ihnen nur drei Schlagworte oder vielleicht den Wahlspruch der digitalen Revolution vermitteln, nachzulesen in dem schon viel zitierten Geschichtsbuch. Diese drei Schlagworte sind Gleichheit, Geschwin­digkeit und digitale Durchdringung. – Danke, Herr Professor Buchberger! Diese drei Schlagworte will ich Ihnen näherbringen, sie wurden ja auch von meinen Vorrednern schon beleuchtet.

Präsident Kneifel hat gemeint: gleichberechtigte Teilnahme aller am digitalen Prozess. Herr Dr. Lemke, der Vertreter der Kommission: gleicher Zugang der Industrie und der industriellen Sektoren zu den digitalen Anwendungen. Staatssekretär Mahrer hat ge­sagt, wir dürfen niemanden zurücklassen: gleicher Zugang zu Konsultations- und Parti­zipationsverfahren. – Das scheint mir der erste wichtige Punkt zu sein, von dem sich alles ableitet: die Gleichheit.

Dann folgt noch die Geschwindigkeit: Jedes Kind heutzutage weiß, dass es im digitalen Prozess auf die Geschwindigkeit ankommt. Meine Tochter studiert an der Wirtschafts­uni und fragt: Papa, hast du ein schnelles Internet? – Warum? – Ja, ich muss mich für ein Seminar anmelden, da gibt es einen Timeslot  und nach 30 Sekunden ist das aus­gebucht. – Wenn sie kein schnelles Internet hat, ist sie davon ausgeschlossen. Wettbe­werbsfähigkeit im Bildungsprozess.

Wettbewerbsfähigkeit im ökonomischen Prozess: Meine Damen und Herren, als Ver­treter des Gemeindebundes vertrete ich die digitale Durchdringung – aber flächende­ckend, so, wie es Frau Staatssekretärin Steßl auch gesagt hat. Leistungsfähige Infra­struktur für ländliche Regionen führt zu einer digitalen Durchdringung, die bis in die Köp­fe der einzelnen Menschen geht.

Ich plädiere daher für ein Österreich der gleichen Geschwindigkeiten: sozial, ökono­misch und digital. – Danke. (Beifall.)

13.04


Vorsitzende Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska|: Als Nächste gelangt Frau Abge­ordnete Himmelbauer zu Wort. – Bitte.

 


13.04.47

Abgeordnete Eva-Maria Himmelbauer, BSc (ÖVP)|: Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Experten, was Sie ja alle sind, weswegen Sie auch heute hier dabei sind. Ich möchte in aller Kürze auf das bisher Gesagte eingehen, da es auch für mich persönlich die wichtigsten Punkte sind, beziehungsweise möchte ich auch das eine oder andere ergänzen.

Voranstellen möchte ich zwei Aussagen, die auch im Vorfeld getätigt worden sind, da sie eigentlich in der Überlegung auch mitgedacht werden müssen. Zum einen die Aus­sage: Wir sind mittendrin im digitalen Wandel. Ich glaube, das ist uns allen bewusst. Die zweite Aussage ist aber ebenfalls gekommen: Wir dürfen uns nicht der Illusion hin­geben, dass die Politik, wenn uns der Wandel nicht gefällt, diesen, sei es im wirt­schaftlichen oder gesellschaftlichen Bereich, aufhalten kann.

Was kann die Politik? – Die Politik kann Rahmen geben, sie kann Grundpfeiler aufstel­len, eine Wertediskussion einfordern, auch Werte etablieren, beispielsweise dass das Netz kein rechtsfreier Raum sein kann. Es soll die größtmögliche Freiheit bieten, aber gleichzeitig, da Freiheit nur mit Verantwortung geht, dies sozusagen ein Zwillingspaar ist, auch diese einfordern.

Und somit zu den wichtigsten Punkten: Digitale Kompetenz muss den gleichen Stel­lenwert haben wie Lesen, Schreiben und Rechnen, das heißt, sie ist eine vierte Kul­turtechnik. Ich gebe Robert Bodenstein durchaus recht: Es fängt in der Schule an, aber es muss das ganze Leben lang auch weiter gelernt werden, das heißt, lebenslanges Lernen. Das muss in der PädagogInnenausbildung berücksichtig werden, egal, wel­ches Lehramtsstudium man durchführt, und es muss natürlich den Schülerinnen und Schülern weitergegeben werden.

Programmieren wurde schon angesprochen. Ich glaube, das ist auch für junge Men­schen essenziell, heißt aber nicht, dass jeder junge Mensch dann ein sensationell guter Programmierer sein soll, sondern man einfach ein Grundverständnis für die tech­nische Welt weitervermitteln soll. Wie funktioniert diese Technik? Wie funktioniert die Digitalisierung? Man soll das Rüstzeug mitgeben.

Auch die öffentliche Hand muss vorangehen. Herr Rupp hat schon über das Thema
E-Government und da über Österreichs Vorreiterrolle in Europa gesprochen. Es muss aber natürlich weitergehen: sei es im Open Data Bereich, sei es im Partizipationsbe­reich oder dort, wo die öffentliche Hand auch als Dienstleister fungiert.

Viele große Errungenschaften in der Technik sind erst durch staatliche Programme entstanden, sei es GPS oder das Touchscreen-Display. Das ist durch ein staatliches Programm, das sich diese Entwicklung als Aufgabe gesetzt hat, erst so recht gefördert worden. Ich glaube, hier kann der Staat als Innovator auch vorangehen, sei es im Ge­sundheitsbereich, sei es im Verkehrsbereich, sei es im Umwelt- oder Naturschutzbe­reich. Dazu braucht man natürlich auch starke Partner, das heißt, man muss auch die Unternehmer und Unternehmerinnen mit an Bord holen. – Da gebe ich Harald Mahrer durchaus recht. Das heißt aber nicht, überbordende Regulierung einzufordern, sondern gerade da erst recht ein Stopp zu signalisieren und zu sagen: Okay, wir wollen Inno­vation fördern!, sonst würde es genau das Gegenteil bewirken.

Was wir aber dennoch brauchen, ist ein gemeinsamer rechtlicher Rahmen – das wurde von der Hotellerie schon angesprochen –, der nicht an österreichischen Grenzen en­den kann, sondern den wir zumindest europaweit auch einfordern müssen.

Alles, was ich jetzt angesprochen habe, hat natürlich die Infrastruktur als eine Grund­voraussetzung. Es ist mir durchaus bewusst, dass wir eine Gangart zulegen müssen, damit genau diese digitale Kluft, die derzeit zwischen Stadt und Land, aber auch zwi­schen den Generationen herrscht, geschlossen wird.

Zu guter Letzt noch ein wichtiger Punkt: Wir müssen auch den Schritt in Richtung Awareness, in die Wahrnehmung hinein machen. Es sind durchaus auch schon Ängste und Befürchtungen angesprochen worden. Wir setzen heute einen wichtigen Schritt, um die Wahrnehmung der Digitalisierung zu stärken. Die Medien tun das auch, und wir müssen noch viele weitere Schritte in diesem Bereich setzen. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall.)

13.09


Vorsitzende Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska|: Als Nächster gelangt Herr Land­tagsabgeordneter Naderer zu Wort. – Bitte.

 


13.09.29

Walter Naderer (Landtag Niederösterreich)|: Frau Präsidentin! Hohes Auditorium! Zwei Dinge möchte ich anmerken: Zum einen hat Staatssekretär Mahrer erwähnt, dass die Wirtschaft zu wenig Akzeptanz gegenüber der Digitalisierung zeigt. Das liegt vielleicht auch daran, dass diese eingeforderten Standards in Wirklichkeit nirgends vorhanden sind. Ich erinnere an die Anmeldung bei ELDA Online – ich weiß nicht, wer das kennt; Unternehmer kennen das –, das ist das Beitragskonto der Dienstgeber. Sie brauchen dort zehn Identifikationsschritte: Username, Passwort, Identifikation, Passwort Token, Benutzercode, Zugangscode, Keycode, Log-in-Code.

Das ist doch absurd, meine Damen und Herren! Wenn man sich hier wenigstens ein­mal in der Terminologie auf irgendetwas einigen könnte.

Wir haben heute auch von digitaler Identität gehört. Was soll digitale Identität, wenn sie nicht massentauglich ist und wenn sie nicht anwendbar ist? So viel als Aufgabe für jene, die sich mit Standardisierung beschäftigen.

Der zweite Teil ist einer der sozialen oder soziologischer Bildung. Wir befinden uns in einem Zeitalter, in dem es einen Wandel der Sozialisation gibt. Die traditionelle So­zialisation, die Anpassung des Individuums an die Umwelt, wird von einer virtuellen So­zialisation abgelöst. Für die Kinder von heute – ich bin Nachwuchsfußballtrainer – kann ich sagen: Wenn ich einem meiner Fußballer das Handy für ein paar Stunden oder für einen Tag wegnehme, dann bin ich nicht mehr Fußballtrainer, denn dann bin ich quasi unter der Erde.

Das ist eine Auswirkung von virtueller Sozialisation. Und bei dieser virtuellen Soziali­sation kommt – außer bei den Fußballern – die Bewegung viel zu kurz. Das heißt, es wird für die Volksgesundheit Aspekte geben, über die wir alle eines Tages werden nach­denken müssen. – Danke. (Beifall.)

13.11


Vorsitzende Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska|: Damit ist die erste Diskussions­runde beendet.

Ich unterbreche nun die Verhandlungen.

*****

(Die Enquete wird um 13.11 Uhr unterbrochen und um 14 Uhr wieder aufge­nommen.

*****

 


Vorsitzender Präsident Gottfried Kneifel|: Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

14.00.16Panel 2: „Wissensgesellschaft“ (Gesellschaft, Bildung, Wissenschaft, Arbeit)

 


Vorsitzender Präsident Gottfried Kneifel|: Wir gelangen nun zu den Einleitungsstate­ments der Referentinnen und Referenten zum Panel 2 „Wissensgesellschaft“ (Gesell­schaft, Bildung, Wissenschaft, Arbeit) sowie zur anschließenden Diskussion.

Ich darf die Referentinnen und Referenten ersuchen, die Redezeit von 10 Minuten pro Referat nicht zu überschreiten, damit ausreichend Zeit für die anschließende Diskus­sion zur Verfügung steht.

Ich darf nun Herrn Dr. Gerald Bast, Rektor der Universität für angewandte Kunst in Wien, um seinen Beitrag bitten.

 


14.01.41

Dr. Gerald Bast (Universität für angewandte Kunst Wien, Rektor)|: Herr Präsident! Mei­ne Damen und Herren! Vielen Dank für die Einladung zu einer ganz wichtigen Enquete. Ein bisschen hat mich die Initiative erinnert an etwas, das der Bundesrat vor langer Zeit gemacht hat. Der Bundesrat hat nämlich schon einmal, und zwar im Jahr 1968, eine wichtige und nachhaltig wirksame Initiative gesetzt, indem er die parlamentarische Hoch­schulreform-Kommission in einer ebenfalls sehr entscheidenden Phase eingesetzt hat.

Gestern wurde die große Bildungsreform präsentiert. Die Autorinnen und Autoren ha­ben die Arbeit gelobt, die Bildungsministerin meinte gar, dass unser Bildungssystem damit in eine neue Zeit eingehen würde. Die wohlmeinenden Kritiker sagen, das sei zumindest ein kleiner Schritt in die richtige Richtung. Das Problem ist nur, wir haben keine Zeit mehr für kleine Schritte. Der technologische Fortschritt macht keine kleinen Schritte, er macht riesige Sprünge – so große, dass er sogar unsere Vorstellungskraft manchmal überholt.

Heute ist es schwer, sich vorzustellen, wie sehr sich die Arbeitswelt, ja unser ganzes Leben, durch die technologische, digitale Revolution verändern wird. Es ist für viele schwer vorstellbar, dass es bedeutet, dass in ein paar Jahren die Verbraucher in der Lage sein werden, eine breite Palette von Produkten zu Hause oder in digitalen 3D-Printshops zu produzieren, dass Mobilität weitgehend fahrerlos stattfinden wird und dass Algorithmen die Arbeit von Handelsangestellten, RechtsanwältInnen, Steuerbera­terInnen, JournalistInnen und GrafikdesignerInnen und noch vielen anderen überneh­men werden.

Noch weniger sind wir in der Lage, uns vorzustellen, welche Änderungen unser Leben durch Biotechnologie und Quantenphysik erfahren wird. Wir wissen nicht, wie all diese Veränderungen unsere Kultur beeinflussen werden, aber das werden sie. Wie unsere Zivilisation damit umgeht, ist nicht zuletzt eine Frage, wie wir mit dem Begriff „Inno­vation“ umgehen. Es macht einen Unterschied, ob man Innovation als Domäne von Technik, Naturwissenschaften und Wirtschaft begreift, oder ob wir Innovation als zivi­lisatorischen Prozess sehen, als Prozess, in dem es nicht zuletzt um holistisches, ganzheitliches Denken, fächerübergreifendes Denken geht.

Eine Studie der Oxford University aus dem Jahr 2013 – interessanterweise wurde sie erst vor wenigen Wochen in Österreich wirklich wahrgenommen – kommt zu dem Er­gebnis, dass in den nächsten 20 Jahren 47 Prozent der derzeit in den USA vorhande­nen Arbeitsplätze massiv gefährdet sind. Ähnliche Studien sehen in Deutschland 42 Pro­zent in den nächsten 20 Jahren wegbrechen, in Schweden 50 Prozent der Arbeitsplät­ze, in Dänemark 30 Prozent.

Der Grund: Überall, wo Arbeiten oder Arbeitsschritte standardisierbar sind, durch Algo­rithmen determiniert werden können, überall dort werden Menschen von Maschinen er­setzt werden. Computer und Roboter sind schneller, flexibler, präziser und vor allem billiger als menschliche Arbeitskraft. Die klassischen Billiglohnländer China und Indien haben die höchsten Robotisierungsraten weltweit.

Dieser Trend wird nicht nur die Produktionsbetriebe treffen, sondern auch Transport­wirtschaft, Finanzwirtschaft, Versicherungswirtschaft, weite Teile des Dienstleistungs­sektors, Teile der Kreativwirtschaft, den Managementsektor, die Verwaltung, Schulen und Universitäten – ja auch die –, Rechtsberufe, ja selbst die medizinische Diagnostik.

Die Auswirkungen dieser vierten Industriellen Revolution werden erstmals bis tief hi­nein in die vermeintlich gut gebildete Mittelschicht reichen. Man braucht nicht allzu viel Fantasie, um zu erkennen, welch enorme soziale und politische Sprengkraft es hat, wenn in weniger als einer Generation die Hälfte dessen wegbricht, was wir derzeit un­ter Arbeit verstehen.

In einer von Artificial Intelligence, Digitalisierung und Robotik geprägten Welt wird der Mensch nur mehr durch kreative Denkprozesse gesellschaftlich und wirtschaftlich wirk­sam sein können, also durch Prozesse, die auf bisher ungedachte oder für undenkbar gehaltene Weise Verbindungen zwischen bekannten Handlungs- und Wissensfeldern herstellen. Ja mehr noch, es wird sich die – vielleicht sogar philosophische – Grund­satzfrage nach der Rolle des Menschen auf diesem Planeten stellen.

Man kann diese Entwicklung nicht aufhalten. Man kann sie ignorieren, verharmlosen oder man kann sich ihr stellen. Derzeit wird eher ignoriert und verharmlost – von der Politik ebenso wie von der Wirtschaft.

Die Politik hält sich still, solange es geht, weil man die Menschen, das heißt, die Wäh­lerinnen und Wähler, nicht verunsichern will, oder sie konzentriert sich auf formale Machterhaltungsspiele unter der Regie von Landeshauptleuten und der Lehrergewerk­schaft, wie jetzt bei der Bildungsreform.

Die Wirtschaft will in Ruhe die von der Automatisierung zu erwartenden Produktivitäts­gewinne lukrieren, solange es noch geht. Und die noch nicht im Status 4.0 produzie­rende Industrie verlangt sogar schnell noch zusätzliche Facharbeiter, die in 20 Jahren wahrscheinlich das Schicksal der schlesischen Weber teilen werden.

Industrie 4.0, meine Damen und Herren, ist das aktuelle Schlagwort – wir haben es heute schon mehrfach gehört. Aber Industrie 4.0 bedeutet auch Kompetenz 4.0. Das wird oft vergessen oder ignoriert. In einer Umfrage des Fraunhofer-Instituts bei deut­schen Wirtschaftstreibenden stehen folgende Kompetenzen von Arbeitnehmern unter den Bedingungen von Industrie 4.0 an der Spitze, und zwar in dieser Reihenfolge: le­benslanges Lernen, interdisziplinäres Denken, aktive Problemlösungskompetenz und höhere IT-Kompetenz.

Es geht also nicht an erster Stelle um mehr Programmierer und Programmiererinnen, sondern es geht um das Herstellen der Fähigkeit, zusammenhängend denken zu kön­nen, Zusammenhänge herzustellen, ungewöhnliche Zusammenhänge herzustellen.

Schon 2009 hat der European Research Area Board einen Paradigmenwechsel im Denken und in der Rolle der Wissenschaft gefordert. Ein neues, holistisches Denken sei notwendig. „Preparing Europe for a New Renaissance“ war der bemerkenswerte Ti­tel dieses Berichts.

Und die Realität, unsere Realität? – 80 000 Kinder beginnen jedes Jahr in Österreich mit der Schule. In 50-Minuten-Einheiten lernen sie dort viele verschiedene Fächer, alle streng voneinander getrennt, darüber wachen die Lehrergewerkschaft und die Schul­inspektoren. 114 Unterrichtsfächer sieht das Lehramtsstudium derzeit vor. Verschrän­kungen gibt es nur aus Spargründen, zuletzt in den künstlerischen Fächern.

An den österreichischen Universitäten und Fachhochschulen sind mehr als 1 600 Stu­dienrichtungen und Studiengänge eingerichtet. Ein beeindruckendes Spektrum an Spe­zialwissen und meist in sehr vielen verschiedenen Sprachen. Sauber getrennt vonein­ander sind sie, hochspezialisiert, vertreten in Journals, in denen man publizieren muss, um Punkte für die Karriere zu bekommen. Das Zusammenführen von Wissen aus un­terschiedlichen Disziplinen steht nicht auf der akademischen Agenda.

Was bedeutet das alles für die so oft eingeforderte Employability der Uni-Absolventen außerhalb einer Uni-Karriere? Sind unsere Schul- und HochschulabsolventInnen vor­bereitet für eine Welt, in der alles mit allem zusammenhängt, in der die großen ge­sellschaftlichen Herausforderungen nur in transdisziplinärer Zusammenarbeit lösbar sind?

Die jetzt notwendigen Änderungen im Bildungssystem werden ähnlich drastisch sein müssen wie jene im 18. Jahrhundert. Damals wurde im Gleichklang mit der ersten Industriellen Revolution die allgemeine Schulpflicht eingeführt, gegen massive politi­sche Zweifel über die Sinnhaftigkeit einer solchen Maßnahme in einer noch weitge­hend agrarisch strukturierten Gesellschaft.

Die Zukunft der menschlichen Arbeit, so die Oxford-Studie, die ich zitiert habe, liegt in den Bereichen Kreativität und Soziales, aber eben nicht in der linearen Extrapolation dessen, was derzeit existiert, in der bloßen Vermehrung von Arbeitsplätzen in bereits bekannten Feldern. Es geht um die Entwicklung neuer Felder für wirtschaftliche und gesellschaftliche Wertschöpfung. Können wir es uns in dieser Situation wirklich leisten, dass die zentralen Kulturtechniken für die Teilhabe an der Gesellschaft und Wirtschaft des 21. Jahrhunderts, die Creative Skills, eher zufällig nach dem System des Kollate­ralnutzens vermittelt werden? Nichtlineares Denken, Imaginationsfähigkeit, unkonven­tionelle Zusammenhänge herstellen, vertrautes Hinterfragen, neue Szenarien entwi­ckeln – wo sind diese Kompetenzen als deklarierte Bildungsziele im österreichischen Bildungssystem verankert außer vielleicht an den Kunstuniversitäten?

Unser Bildungssystem – das wurde schon gesagt – funktioniert noch immer nach den Grundprinzipien des 18. und 19. Jahrhunderts. Wissensvermehrung, Wissensaneignung und in der Folge Spezialisierung, intellektuelle Arbeitsteilung.

Was wir dringend brauchen – natürlich neben den weiterhin gebrauchten Spezialistin­nen und Spezialisten in den Wissenschaften und in den Künsten –, sind Menschen mit Creative Skills, Menschen, die fähig sind, Brücken zu errichten zwischen den Inseln der Spezialisierung. Diese Fähigkeit muss als Bildungsziel auf allen Ebenen unseres Bildungssystems verankert werden.

In den Schulen muss das interdisziplinäre Verbinden von Wissen gleichen Stellenwert haben wie das Erwerben von Wissen, und die Universitäten müssen neue disziplin­übergreifende Studiengänge und Forschungsfelder einrichten.

Es ist fünf vor zwölf – und das ist keine pathetische Phrase! Wenn wir unser gesamtes Bildungssystem nicht rasch in diese Richtungen ändern, dann haben wir, dann haben Sie in diesem Hohen Haus dramatische soziale und politische Verwerfungen zu verant­worten. 40 Prozent bis 50 Prozent der Arbeitsplätze drohen in 20 Jahren wegzubre­chen. Das ist fast schon morgen, wenn man bedenkt, wie lange Bildungspolitik braucht, um Wirkung zu entfalten.

Uns läuft wirklich die Zeit davon! Zeit, die wir jetzt verschwenden mit Kontroversen über Modelle der Schulverwaltung und über Formen von Hochschulberichten. Es geht nicht nur um digitale Alphabetisierung, es geht mehr noch um kreative Alphabetisierung!

Ich darf zum Schluss noch einen Satz zitieren aus diesem wunderbaren Grünbuch:

„Die Frage, welche Kompetenzen und Qualifikationen die heutigen Kinder in der Zu­kunft benötigen (…), muss (…) im Zentrum stehen.“

Modellregionen, Bund- und Länderbehörden gehören da nicht dazu. Digitaler Wandel ist Kulturwandel.

Und das sollten wir alle im Auge behalten im Kulturstaat Österreich. – Ich danke Ihnen. (Beifall.)

14.16


Vorsitzender Präsident Gottfried Kneifel|: Herzlichen Dank, Herr Rektor.

Ich erteile nunmehr Frau Mag. Zgubic, Leiterin der Abteilung Konsumentenschutz der Kammer für Arbeiter und Angestellte, das Wort. – Bitte.

 


14.16.20

Mag. Gabriele Zgubic (Kammer für Arbeiter und Angestellte, Leiterin der Abteilung Konsumentenpolitik)|: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Danke für die Möglichkeit, hier zu sprechen. Ein wichtiges Thema, ich glaube, das Jahr 2015 steht im Zeichen des digitalen Wandels, und alle Organisationen, so auch die Arbeiterkammer, beschäftigen sich sehr intensiv damit.

Der digitale Wandel hat natürlich auch die Konsumgewohnheiten geändert und viele Erleichterungen gebracht, ob das jetzt ein vielfältiges Warenangebot im Internet ist, das Shoppen per Mausklick, ohne sich aus dem Haus bewegen zu müssen, ob das Preisvergleiche sind, mehr Transparenz, mehr Produktinformationen, Reisen sind ein­fach zu organisieren und zu gestalten. All das sind unbestritten Vorteile und positive Auswirkungen des digitalen Wandels für den Konsumentenschutz.

Wenn man aber konsumieren möchte, braucht man dazu erst einmal auch Geld. Das heißt, wenn man etwas ausgeben möchte, muss man es vorher verdienen. Da möchte ich ein bisschen an meinen Vorredner anschließen, wenngleich wir die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt und auf den Wegfall von Arbeitsplätzen nicht so kategorisch mit diesen großen Zahlen sehen. Dennoch glaube ich, dass es wichtig ist, und auch für Sie wichtig ist, dass Sie Ihre politische Aufmerksamkeit darauf richten, wie sich Arbeits­märkte entwickeln, welche Arbeitsplätze wegfallen werden, welche neuen Arbeitsplätze aber auch entstehen, denn man muss auch darüber reden: Gibt es neue Arbeitsplätze, neue Arbeitsfelder und Berufsfelder?

Gleichzeitig verändert sich auch die Arbeitsorganisation. Man muss nicht in einem Unternehmen angestellt sein, um Arbeit zu verrichten. Das sind jetzt schon Tendenzen, die man bei den Selbständigen oder Ein-Personen-Unternehmen sieht, und andere Ar­beiten, die ausgelagert werden.

Hier sehen wir in den letzten Jahren eine Entwicklung, die wir sehr kritisch betrachten, nämlich Crowdworking. Das ist sicherlich ein Begriff, den Sie schon kennen. Bei Crowd­working schreibt ein Unternehmen Aufträge auf einer Internetplattform aus. Man kann ganze Arbeitsschritte in kleine Teilschritte, in Teilaufgaben zerlegen und bietet sie dann sozusagen auf einer Plattform an und sagt: Wer möchte diesen Auftrag annehmen und wer macht es auch möglichst günstig?

Da kommen wir zu dem, was ganz wichtig ist, nämlich auf die Frage des tatsächlichen Einkommens. Ein Einkommen, von dem man gut leben kann und mit dem man auch konsumieren kann, denn das ist ja auch wichtig für die Wirtschaft, dass ihre Produkte und Dienstleistungen auch bezahlt werden können.

Gerade diese Plattformen bergen das Risiko in sich, dass sie geringe Einkommen an­bieten, eigentlich ist Lohndumping sozusagen ein Prinzip oder Konzept von Crowd­working. Diese Arbeitsbeziehungen werden nicht mehr über Arbeitsverträge und das Arbeitsrecht abgehandelt, sondern in den allgemeinen Geschäftsbedingungen festge­legt. Das bedeutet, dass arbeitsrechtliche Standards ausgehebelt werden; eine Ent­wicklung, die wir natürlich nicht positiv sehen. Auch hier gilt es, faire Spielregeln zwi­schen Arbeitgeber und Arbeitnehmer herzustellen.

Aber es geht nicht nur darum, dass Arbeitnehmerrechte gewahrt werden, sondern da geht es schon auch noch um mehr, denn wenn die sozialen Differenzen und die so­zialen Unterschiede zu groß werden, hat es auch negative Auswirkungen auf die De­mokratie. Sie in diesem Hause sind ja der Hort und die Hüter der Demokratie, und deshalb ersuche ich Sie, diesen Entwicklungen, auch Lohnentwicklungen, auch dem Auseinanderdriften von Einkommensunterschieden besonderes Augenmerk zu schen­ken. Denn: Wenn die Masse oder sehr, sehr viele die Vorteile einer Demokratie in ih­rem unmittelbaren Lebensalltag nicht spüren, dann ist auch das Bekenntnis zur Demo­kratie unter Umständen ein enden wollendes. Das ist eine Entwicklung, von der ich mir denke, dass Sie sich diese nicht wünschen.

Es geht auch um die Absicherung unserer sozialen Systeme. Auch da ersuche ich Sie, sich mit der Frage zu beschäftigen, wie wir dann künftig unsere Sozialsicherungssys­teme finanzieren, welche Quellen sozusagen zur Verfügung stehen.

Ich möchte noch ein Beispiel von Unternehmen anführen, die sich ein bisschen aus den regulierten Bereichen zurückziehen – es ist heute schon einmal kurz angespro­chen worden, es wird auch wieder sehr positiv erwähnt –, das ist die Sharing Economy. Sharing bedeutet teilen. Unter diesem Stichwort laufen viele Unternehmen, und man hat ein positives Gefühl dazu, denn teilen ist ja grundsätzlich nichts Schlechtes.

Herr Staatssekretär Mahrer hat zwei Unternehmen angeführt, Uber und Airbnb, und hat gesagt, die besitzen ja gar nichts mehr, sind aber die größten Anbieter. – Meiner An­sicht nach sind das Unternehmen, die sich von Vermittlungsplattformen eigentlich nicht unterscheiden. Auch ein Immobilienmakler hat keine Wohnungen in seinem Bestand, sondern er vermittelt sie nur. Also da sollte man bei den Begrifflichkeiten sehr, sehr vorsichtig sein. Mittlerweile bevorzuge ich eher den Begriff Peer-to-Peer Economy, wo man Private mit Privaten oder auch nicht Private – auch das ist oftmals nicht ganz klar – über eine Plattform zusammenbringt, die eben dafür Provisionen nimmt. Airbnb ist ein klassischer Privatzimmer- und Privatwohnungsvermittler, der dafür Provisionen einnimmt und leider nicht in Österreich versteuert. Auch das ist ein Thema, bei dem man sich überlegen muss, wohin die Wertschöpfung geht und wie wir solche Unter­nehmen daran beteiligen können, unser Sozialsystem abzusichern.

Ich möchte noch kurz – ich schaue schon auf die Uhr – zu den Aktivitäten der Euro­päischen Kommission kommen, die ja den digitalen Binnenmarkt als Priorität auf der Agenda hat. Da gibt es einige Initiativen, die für die Konsumenten – jetzt komme ich wieder zurück zu den Konsumententhemen – relevant sind. Zum einen will die Kom­mission – das hat auch Herr Staatssekretär Mahrer angesprochen – europaweit ein­heitliche Regelungen für den digitalen Binnenmarkt. Das betrifft etwa Onlinekäufe von digitalen Produkten, aber auch von Gebrauchsgütern, wobei die Kommission eben ein­heitliche Regeln erlassen und durchsetzen möchte.

Da werden wir uns auch entsprechend einbringen. Wir sehen es deshalb ein bisschen skeptisch, weil wir ohnehin im europäischen Konsumentenrecht mittlerweile eine sehr hohe Rechtzersplitterung haben. Es wird immer komplizierter, für welchen Kaufakt welche Regelungen gelten. Hier würden wir gern Einheitlichkeit und einheitliche Rege­lungen für dieselben Käufe oder Konsumgewohnheiten haben. Zum anderen ist bei der Vollharmonisierung immer wieder die Gefahr dahinter, dass man sich auf den kleinsten gemeinsamen Nenner einigt und dann gerade wir mit unserem sehr hohen Schutzni­veau sozusagen etwas ins Hintertreffen gelangen.

Die Kommission untersucht auch Online-Plattformen, macht gerade eine Konsultation, an der wir uns beteiligen werden, soziale Netze, Suchmaschinen und so weiter, und da werden wir auch unser Wissen und unsere Expertise einbringen.

Ein weiteres Vorhaben der Kommission ist, vorzugehen gegen – wie die Kommission es nennt – ungerechtfertigtes Geo-Blocking. Das heißt, dass in bestimmten Ländern di­gitale Inhalte gesperrt sind oder es auch unterschiedliche länderbezogene Preisgestal­tungen gibt. Es ist die Frage zu klären: War es nun ungerechtfertigtes Geo-Blocking? – Das ist es aus der Sicht der Kommission. Das wird man noch sehen. Auch da führt die Kommission gerade eine Konsultation durch.

Ein wesentliches Thema ist auch das Urheberrecht. Da gilt es, einen Interessensaus­gleich zwischen den Nutzern, den Kulturschaffenden, der Musikwirtschaft, aber auch den Verwertungsgesellschaften zu finden. Es müssen Regelungen sein, die für den Einzelnen sehr praktikabel und nachvollziehbar sind.

Wichtig ist, dass wir auch bei diesen neuen Plattformen sehen – und da bitte ich Sie, Ihr Augenmerk darauf zu richten –, dass diese sehr starke Monopolisierungstendenzen haben. Da ist eben ein effizientes Wettbewerbsrecht essenziell und sehr wichtig.

Als letzten Punkt möchte ich noch zu den Themen dynamische Preisgestaltung und Big Data kommen. Auf der einen Seite bietet das Netz die Möglichkeit für transparente Preisvergleiche, gleichzeitig sehen wir die Entwicklung, dass sozusagen nutzerabhän­gige Preisgestaltung immer mehr Platz greift. Das heißt, jeder bekommt einen anderen Preis, was auch die Frage der Diskriminierung aufwirft, also: Ist nicht diese Form der Preisgestaltung auch ein Aspekt von Diskriminierung?

Auch der Datenschutz wird von anderen noch adressiert; ein wichtiges Thema. Da ist es wichtig, dass der Einzelne noch Herr oder Frau seiner Daten ist und dem Prinzip der Datensparsamkeit und strikten Zweckbindung sehr wohl ein Platz gegeben wird und dass es greift.

Kurze Schlussbemerkung: Klassische Verteilungsfragen stellen sich im Zeitalter des digitalen Wandels wie eh und je. Es wurde schon öfters angesprochen: Es ist eben we­sentliche Aufgabe aller politischen Akteure, darauf hinzuwirken, dass von den Erträgen des digitalen Wandels alle Gesellschaftsschichten profitieren und die neuen Potenziale von allen genutzt werden können. – Danke schön. (Beifall.)

14.27


Vorsitzender Präsident Gottfried Kneifel|: Herzlichen Dank für Ihren Beitrag.

Ich darf jetzt Herrn Dr. Kurt Einzinger bitten, das Wort zu ergreifen. Er ist Geschäftsfüh­rer von Netelligenz, Mitglied des österreichischen Datenschutzrates und seit 2008 Vor­standsmitglied der Internet Service Providers Austria. – Bitte, Herr Dr. Einzinger.

 


14.27.30

Dr. Kurt Einzinger (Geschäftsführer Netelligenz)|: Sie kennen sicherlich das berühmte Cartoon aus „The New Yorker“, in dem zwei Hunde vor einem Computer sitzen und der eine sagt zum anderen: On the internet nobody knows, that you are a dog! – Das war 1993. Inzwischen gibt es eine Erweiterung. Da sieht man zwei dunkle Anzugträger mit dunklen Brillen, offensichtlich vom NSA, und der eine sagt zum anderen: Unsere Meta-Datenanalyse zeigt, es ist sicherlich ein brauner Labrador. Und der zweite darauf: Und er lebt mit einem schwarz-weiß gefleckten Beagle-Mischling zusammen, und ich habe den starken Verdacht, die treiben es miteinander! – Ein Beispiel des digitalen Wandels.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder des Nationalrates und des Bun­desrates! Sehr geehrte Expertinnen und Experten! Eine der notwendigen Aufgaben der Politik ist es, die Gesetze und Regeln des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Zu­sammenlebens im Sinne eines demokratischen Grundkonsenses den technologischen Entwicklungen anzupassen. Und dass die technologischen Entwicklungen der letzten 15 bis 20 Jahre rasant und enorm waren, ist wohl unbestritten. Wir sprechen ja vom digitalen Wandel.

Viele Rechtsbereiche müssen sich an die geänderten Bedingungen anpassen – Straf­recht, Wirtschaftsrecht, Urheberrecht und so weiter –, eine Rechtsmaterie allerdings im besonderen Maße: das Datenschutzrecht. Dies vor allem durch folgende zwei Entwick­lungen, die integraler Teil des digitalen Wandels sind:

Erstens: die ungeheure Zunahme an personenbezogenen Daten in fast allen Aspekten unserer Lebensbereiche.

Zweitens: die globale und andauernde Vernetzung, durch welche diese Daten über den Globus gejagt und gespeichert werden. Dadurch sind auch ganz neue Datenverwen­dungen, Services, Apps möglich geworden und entstanden – das alles im Rahmen ei­nes Datenschutzrechts, das mit einigen kleineren Änderungen aus der Zeit vor Beginn dieses digitalen Wandels stammt, nämlich unseres Datenschutzgesetzes 2000.

Da ich seit 25 Jahren im Österreichischen Datenschutzrat sitze, konnte ich das Ganze sozusagen fußfrei verfolgen und beobachten. Konkret geht es darum: Hat Datenschutz in Zeiten des digitalen Wandels überhaupt noch seine Berechtigung, oder, besser ge­fragt, sind gesetzliche Regelungen zum Schutz personenbezogener Daten heute noch angebracht und wirken sie überhaupt? Sollte die Politik dies nicht viel lieber dem Markt überlassen? Außerdem behindert der Datenschutz auch noch viele Sicherheitsmaß­nahmen – gerade in Zeiten von terroristischen Angriffen auf Europa –: Müssen deshalb Bürgerrechte wie Datenschutz nicht aus Sicherheitsgründen eingeschränkt werden?

Inzwischen ist die insgesamt gespeicherte Datenmenge fast schon so groß wie unser Universum. Dieses digitale Universum verdoppelt sich alle zwei Jahre, sodass es im Jahr 2020 gleich viele digitale Bits geben wird wie Sterne im Universum – das ist eine Datenmenge von geschätzten 44 Zettabytes – das ist 1021 – oder 44 Billionen Giga­bytes.

Die allgegenwärtige Vernetzung, das sogenannte Always-On, wodurch unseres De­vices – Smartphones, Laptops, Computer, Messgeräte, Autos, Häuser und vieles an­dere mehr – andauernd miteinander verbunden sind, bildet die Grundlage für zwei ver­schiedene, den Datenschutz betreffende Entwicklungen: Auf der einen Seite – das wurde heute auch schon ein paar Mal angesprochen – entstehen immer mehr perso­nenbezogene Daten durch freiwillige Eigeneintragung – User Generated Content heißt es im neuen Deutsch –, vor allem in den sogenannten sozialen Medien. Auf der an­deren Seite ermöglicht diese Vernetzung eine Globalisierung der Daten, die damit keine staatlichen Barrieren mehr kennen. Allerdings stecken die Rechtssysteme und deren Durchsetzbarkeit nach wie vor in nationalstaatlichen Grenzen. Auch die Euro­päische Union hat es nicht geschafft – beziehungsweise gar nicht gewollt –, die ver­schiedenen nationalen Rechtssysteme ihrer Mitgliedstaaten zu harmonisieren.

Durch diesen digitalen Wandel, der ungeheuren Zunahme von Daten sowie deren Ver­netzung und Globalisierung bewegt sich meiner Meinung nach der Datenschutz be­ziehungsweise das Datenschutzrecht heutzutage in drei Spannungsfeldern, wie es auch im Grünbuch „Digitaler Wandel und Politik“ nachgelesen werden kann, und zwar sehe ich erstens Datenschutz versus Wirtschafts- und Geschäftsfeld, zweitens Daten­schutz versus Informationsfreiheit und Open Data, und drittens Datenschutz versus Si­cherheiten.

Dass personenbezogene Daten einen Rohstoff für Businesspläne und vor allem für die Phantasien der Investoren darstellen, ist aus vielerlei Quellen ersichtlich. Natürlich geht es hierbei nicht um die Daten an sich, sondern darum, was man mit ihnen machen könnte. Diese Möglichkeiten beflügeln die Phantasie der Geldgeber und Unternehmer, noch bevor die Datenverwendungen entsprechende Einnahmen generieren.

Das europäische und das österreichische Datenschutzrecht lassen solche Phantasien nur bedingt zu, da hier ein klares Verwertungsverbot besteht. Das heißt, dass perso­nenbezogene Daten ausschließlich zu dem Zweck verwendet werden dürfen, für den sie erhoben wurden, und der Zweck der Datenanwendung muss vorher eindeutig festgelegt sein. Es ist bei uns also nicht möglich, bei Investoren um Geld anzufragen mit der Ansage, dass man ein tolles App entwickelt hat, das für den User sehr nützlich und umsonst ist, mit dem man dadurch Millionen von User-Daten sammelt, um sie dann noch in unbestimmter Weise zu Geld zu machen.

Um ein Level Playing Field für auf personenbezogene Daten aufbauende Geschäfts­modelle zu schaffen, müssten die Datenschutzrechte harmonisiert werden. Innerhalb der EU ist das durch europäische Bestimmungen zum Teil der Fall, allerdings existie­ren in den einzelnen Ausprägungen nach wie vor große Unterschiede. Gute Beispiele für diese Unterschiede sind zum Beispiel Vorratsdatenspeicherungsregelungen oder auch die Auskunftsverpflichtungen für Telekomunternehmen und ISPs.

Besonders deutlich sind die Unterschiede im Datenschutz und im Datenschutzrecht im Vergleich zu den USA. In den Vereinigten Staaten ist Datenschutz im Wirtschaftsbe­reich vor allem über das Wettbewerbsrecht und den Verbraucherschutz geregelt, und sie verfügt zum Teil über durchaus schärfere und hohe Strafen. Im öffentlichen Bereich existiert zwar ein Informationsfreiheitsgesetz – im Gegensatz zu uns –, der Freedom of Information Act, FOIA, ansonsten ist aber speziell seit den Anschlägen – 9/11 – der Datenschutz klar den Interessen der Sicherheitsbehörden untergeordnet, und wenn er gilt, dann nur für amerikanische Bürger. Die USA kennen kein Grundrecht auf Daten­schutz.

Das zweite Spannungsfeld ist Datenschutz versus Informationsfreiheit und Open Data. Österreich hat nicht nur noch das Amtsgeheimnis, sondern ist auch der einzige Staat Europas, in dem das Datenschutzrecht nicht nur für natürliche Personen gilt, sondern auch für juristische. Dies wird leider manchmal als Vorwand genommen, um Daten der öffentlichen Verwaltung nicht herausgeben zu müssen. Datenschutz sollte der Informa­tionsfreiheit, nämlich dem Recht der Menschen auf die Daten, die ihre Verwaltung produziert sowie verwendet und die letztendlich von ihnen bezahlt werden, nicht im Wege stehen. Der Schutz personenbezogener Daten natürlicher Personen muss natür­lich auch bei Open Data und Informationsfreiheit bestehen bleiben, aber es gibt genug Möglichkeiten, ihn zu gewährleisten, ohne die Informationsfreiheit zu beschränken.

Nun noch zu einem wichtigen Punkt: Datenschutz versus Sicherheit. – Ich denke, es ist eine Schein-Dichotomie, die aber immer instrumentalisiert wird, um Überwachungs- und Strafverfolgungsmöglichkeiten auszuweiten und das Grundrecht auf Datenschutz insgesamt zu schwächen.

Wenn wir diesen Reaktionen nachgeben, spielen wir eigentlich denen, die uns schaden wollen, den Terroristen, in die Hände. EU-Justizkommissarin Věra Jourová stellte be­züglich der Anschläge in Paris richtig fest – ich zitiere –:

Das ist ein Anschlag auf unsere Werte und Grundprinzipien; und davon schätzen wir besonders unsere Freiheit. Teil unserer Freiheit ist der Schutz unserer Privatsphäre. – Zitatende.

Ich bin davon überzeugt, dass Datenschutz keinen Gegensatz zur Sicherheit darstellt, sondern selbst integraler Teil von Sicherheit ist. Ohne Datenschutz wird es keine Si­cherheit geben.

Herr Bundesratspräsident Kneifel sagte zu Beginn der Enquete, dass wir Ängste neh­men und Hoffnung geben wollen. Ein wirkungsvoller Datenschutz ist ein Mittel dazu. – Danke schön. (Beifall.)

14.37


Vorsitzender Präsident Gottfried Kneifel|: Herzlichen Dank, Herr Dr. Einzinger.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Mag. Schrems. Max Schrems ist bekannt, weil er im Jahr 2012 den Verein zur Durchsetzung des Grundrechts auf Datenschutz „Eu­rope versus facebook“ gegründet und 2014 eine Sammelklage gegen Facebook einge­bracht hat. Ich bedanke mich, dass er heute an unserer Enquete teilnimmt. – Bitte, Herr Magister. (Beifall.)

 


14.37.38

Mag. Max Schrems (Datenschutzexperte)|: Danke für die Einladung. Ein paar einlei­tende Worte: Ich sollte eine PowerPoint-Präsentation haben, aber ich lese Ihnen die PowerPoint-Präsentation jetzt vor – falls Sie sich manchmal wundern, warum das so kommt, wie es kommt.

Ich glaube, das, was spannend ist, ist, dass wir diese Informationsgesellschaft jetzt wirklich sehen. Leider laufen wir dem sehr stark hinterher. Wir sehen eher, dass es passiert, als dass wir hier aktiv etwas tun, und wir sehen wahnsinnig viel neue Rege­lungsbedürfnisse. Auf der einen Seite sehen wir, dass wir Freiheit brauchen in dieser digitalen Gesellschaft, aber dass auch Regeln durchgesetzt werden müssen. Beides funktioniert oft nicht so wahnsinnig toll. Man wundert sich teilweise, wo zum Beispiel der Rechtsstaat da bleibt, wo die Demokratie und unsere Regeln bleiben.

Das beginnt zum Beispiel beim Datenschutz, aber eben auch die Steuern sind da eine klassische Frage. Wenn sich Großunternehmen einfach irgendwo hinsetzen und nir­gendwo Steuern zahlen, dann ist das eine Grundsatzfrage, ob unser Recht durchge­setzt wird und ob das, was wir demokratisch beschließen, wozu jeder seinen Teil leis­ten muss, in der Realität ankommt.

Etwas Ähnliches ist auch schon angesprochen worden: die Monopole. Es ist ein Pro­blem, wenn wir einfach nur noch Einzelunternehmen haben, denen man auf Gedeih und Verderb ausgeliefert ist. Meine Generation ist auf Facebook, das ist neben WhatsApp ihr Hauptkommunikationsmittel. Natürlich kann man sagen, dass man dann, wenn man unglücklich ist, offline geht, aber dann ist man in einer privaten Isolation. Das sind Din­ge, die durchaus spannend sind und die nach Regelung rufen.

Genau das ist, glaube ich, der Teil, warum mein Fall bekannt geworden ist, nämlich, dass es eine große Überraschung war, dass man das einmal durchsetzt. Das, was ich da inhaltlich gemacht habe, ist nicht sonderlich verwunderlich – die Datenschutzverlet­zungen waren längst bekannt –, aber dass ein Bürger einmal sagt, er würde ganz gern sein Recht einfordern, war eben wichtig genug, um auf der Titelseite der „Bild“-Zeitung und auf CNN sowie Al Jazeera zu landen. Das ist eigentlich schon relativ besorgniser­regend, dass das sozusagen so außergewöhnlich ist.

Ein weiterer Aspekt, den ich bei diesem Nichteinhalten von Gesetzen und dem Tun, was man will, sehr spannend gefunden habe, ist folgender: Ich glaube, dass es der Staatsanwalt von New York war – aber ich bin mir nicht ganz sicher –, der zu Airbnb einen sehr treffenden Kommentar gemacht hat. Der hat gesagt – ich zitiere –: Geset­zesbruch ist nicht innovativ. – Zitatende.

Nach dieser Definition wären nämlich irgendwie Camorra und Co sehr innovativ gewe­sen. Man muss also innerhalb der Gesetze und innerhalb von dem, was wir wollen, was man durchaus diskutieren kann, sein Business machen – das sehen wir leider on­line derzeit nicht. Das ist auch der Hauptgrund, der mich immer wieder antreibt.

Positiv ist allerdings – das muss man auch sagen –: Wir sind nicht immer der ganzen Sache hinterhergelaufen. Österreich ist zum Beispiel in der Justizverwaltung eines der ersten jener Länder gewesen, die das wirklich alles digitalisiert haben. Ein Verfahren von mir läuft in Irland. Das dortige System ist vorsintflutlich im Vergleich zu dem, was wir hier geleistet haben. Das heißt, wir können das, wir tun es nur in vielen Bereichen nicht.

Ein klassischer Fall, bei dem es nicht so toll funktioniert, ist die Verwaltung. Dabei hat man als Bürger doch noch irgendwie das Gefühl, da irgendwie auf Papierebene zu arbeiten. Die Finanzverwaltung ist wieder ein Positivbeispiel, wobei man teilweise fra­gen kann, wie die Usability funktioniert.

In diesem Sinne ist es auch sehr schön, zu sehen, dass es dieses Grünbuch gibt, dass probiert wird, etwas zu tun, und dass man nicht nur sozusagen passiv dasitzt und schaut, was passiert. Ich würde mich auf einige Punkte beschränken, die ich diesem Grünbuch ganz gerne hinzufügen würde in den Bereichen, die mich besonders inter­essieren, nämlich natürlich der Datenschutz, aber auch ein, zwei andere Dinge, um da möglichst konkret zu sein.

Würden Sie jetzt meine PowerPoint-Präsentation sehen, würden Sie einen Supermarkt in Irland sehen, über dem sich die irische Datenschutzbehörde befindet; dieses Bild ist eh schon bekannt. Das ist in einem kleinen „Kuhkaff“, und das ist sinnbildlich dafür, wie wir heute Datenschutz durchsetzen.

Die ganze Datenschutzthematik wird derzeit in Irland und Luxemburg durchgesetzt, weil dort aus Steuergründen die Hauptsitze von all diesen Konzernen sind. Dort be­zahlt man 1 Prozent, 2 Prozent Steuern, und deswegen sitzt man dort. In Österreich, im DSG, gibt es viele Möglichkeiten, etwas zu tun, aber in Wirklichkeit wird das von der EU-Datenschutzverordnung overruled werden. Deswegen sage ich zum DSG nicht wirklich viel. Allerdings werden wir zu dieser Datenschutzverordnung weiter ein na­tionales Begleitgesetz brauchen. Es wird dann spannend, was wir da hineinschreiben. Damit könnten wir durchaus viele Sachen lösen.

Einerseits stellt sich die große Frage, ob wir in Europa eine aktive oder ob wir eine passive Durchsetzung von Datenschutz haben. Es gibt einige Länder, die dasitzen und nichts tun – klassischerweise eben Luxemburg und Irland –, aber es gibt auch einige Länder, die sehr aktiv etwas tun, zum Beispiel Frankreich und Belgien, die wirklich pro­bieren, diese Probleme anzugehen.

Die österreichische Behörde hat meiner Meinung nach personell überhaupt nicht die Kapazitäten, um da aktiv groß etwas zu tun. Das wäre etwas, wobei man zum Beispiel in Österreich sehr wohl auch innerhalb von dieser Datenschutzverordnung, die auf EU-Ebene passiert, vieles machen könnte; wobei ich positiv hervorheben will, dass die ös­terreichische Bundesregierung bei den Verhandlungen in Brüssel sehr aktiv war und als eines der wenigen Länder wirklich probiert hat, mehr Datenschutz zu fordern. Das ist unserer Ansicht nach wirklich positiv, und man sieht auch, dass es etwas gebracht hat, dass man auch auf EU-Ebene bei all diesen Datenschutzthemen – auch wenn es europaweit ist und wir ein kleines Land sind – durchaus etwas tun kann. Ich bin sehr gespannt, was bei der Verordnung herauskommt.

Die große Frage ist dann aber wirklich: Wie machen wir das national, und was können wir dann noch umsetzen? – Da gibt es einige konkrete Dinge, die wir wirklich auch tun können. Ein klassischer Fall der Durchsetzung ist das Thema Schadenersatz. Das ist bei uns im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch geregelt. Das kann Österreich so oft ändern, wie es will. Da ist eine spannende Sache, dass man derzeit praktisch keinen Schadenersatz ermöglicht oder derzeit nur dann, wenn man eine erhebliche Verletzung der Privatsphäre hat – und was das ist, weiß eigentlich niemand genau.

Die Industrie läuft aber nach einem Risikosystem. In den USA wird nicht überlegt, ob man sich an ein Gesetz hält oder nicht, sondern die Fragen stellen sich danach, wie wahrscheinlich es ist, dass man verklagt wird, wie viel es einen kosten könnte und ob man sich dann an das Gesetz hält oder ob man mehr Profit macht, wenn man sich nicht an das Gesetz hält. Da es aber für diese Datenschutzverletzungen in der Praxis praktisch keinen Schadenersatz gibt, wird man sich nie daran halten und immer da­gegen verstoßen. Das sind Dinge, deren Durchsetzung wir hier in Österreich zum Bei­spiel durch einen ganz einfachen Schadenersatzparagraphen deutlich steigern könnten.

Man könnte in Österreich einen kollektiven Rechtsschutz einführen. Den könnten man für Datenschutzverletzungen teilweise in der ZPO einführen, denn das, dass sich ein Einzelbürger, so wie ich, über solche Dinge aufregt und dann wirklich fünf Jahre lang wegen seiner eigenen Daten klagt, macht kein Mensch. Deswegen haben wir im Ver­braucherschutz zum Beispiel die Verbandsklage. So ähnlich könnten wir das auch im Datenschutz regeln. Das wären durchaus Dinge, die wir auch in Österreich alleine ma­chen könnten.

Ähnliche Sachen sind auch ganz einfache Dinge wie die Regelung, wer in Österreich zuständig ist. Für Datenschutzverletzungen ist bei uns immer das Landesgericht zu­ständig. Da hat man als Normalbürger Anwaltszwang, auch durchaus höhere Kosten und das Problem der Anreise, wenn es weiter weg ist. Hingegen würde ein normales Verfahren normalerweise vor meinem Bezirksgericht funktionieren. Das sind kleine Dinge, die ich im Gesetz ändern kann, wodurch ich die Durchsetzung des Rechts deut­lich steigern könnte.

Das zweites Thema neben direktem Datenschutz, das ich ansprechen will, ist der Da­tenhandel. Den haben wir durchaus auch in Österreich, und dabei ist es sehr span­nend, dass der bei uns in der Gewerbeordnung geregelt wird. Wenn Sie jetzt meine PowerPoint-Präsentation sehen würden, würden Sie eine Folie über die Benotung meiner Bonität sehen. Ich habe laut Bisnode – das ist ein Unternehmen in Österreich – eine Bonität von 2,37 nach Schulnotensystem. Das ist entscheidend dafür, ob ich dann zum Beispiel Handyverträge bekomme oder nicht. Das Spannende ist, woher diese Daten kommen. – Die resultieren aus meinen Adressdaten.

Das heißt, die haben aus dem Grundbuch meine Eigentumswohnung herausgerech­net, daraus einen Adressdatensatz generiert, und weil ich im 6. Bezirk in einer gewis­sen Straße wohne, wird dann hochgerechnet, welche Bonität ich wie wahrscheinlich habe, obwohl ich nie negative Bonitätsdaten gehabt habe.

Diese Unternehmen haben in Österreich 7 Millionen bis 8 Millionen Datensätze – prak­tisch zu jedem österreichischen Bürger, auch zu jedem, der immer brav seine Rech­nungen gezahlt hat. Das ist eigentlich rechtlich nicht erlaubt, aber die Regelung ist re­lativ vage, die Datenschutzbehörde hat bisher nicht wahnsinnig viel gemacht und auch moniert, dass das rechtlich nicht gut genug geregelt ist. Dieser Datenhandel betrifft dann den einzelnen Bürger und entscheidet, ob er seinen Vertrag bekommt oder nicht. Da geht es dann auch um Fragen wie Preisdiskriminierung und Co, die wir vorher ge­hört haben.

Ähnlich ist es beim Adresshandel, der in Österreich auch relativ frei ist. Man kann da­mit fast alles machen, was man will – mit der Einschränkung, dass die Daten nur für Werbung verwendet werden dürfen. Das passiert aber in der Praxis nicht. Die Daten werden für alles mögliche andere auch verwendet – eben zum Beispiel für Bonitätsbe­rechnung. Das alles sind Dinge, die man in Österreich bei diesen spezifischen Fragen wie zum Beispiel Bonitätsberechnungen relativ leicht regeln kann.

Da wäre es ein typischer Fall, dass man eben sagt, dass man das nur mit Negativ­merkmalen machen darf: Nur dann, wenn jemand nicht bezahlt, nur dann, wenn so­zusagen eine Gefahr besteht, dass dieser Mensch zukünftig eine Rechnung auch nicht zahlt, kann man Daten über ihn speichern, also nicht über jedermann, wenn er immer alles brav gezahlt und gemacht hat.

Daraus ergibt sich dann die Frage nach den gesetzlichen Speicherfristen, die es nicht gibt. All diese Dinge kann ich in Österreich durchaus recht gut lösen.

Ein weiterer Punkt, den ich sehr spannend finde und der auch wirtschaftlich recht in­teressant ist, ist die Frage: Wer hat eigentlich Eigentum an Daten? – Das ist in der Rechtswissenschaft durchaus umstritten. Man kann in Österreich an einem Datenträ­ger Eigentum haben. Das ist unumstritten. Man kann kein Eigentum an Information ha­ben. Was ist aber mit einer Datei, die irgendwo in einer Cloud liegt? Wem gehört diese Datei? – Es ist auf der einen Seite für die Wirtschaft spannend, aber auf der anderen Seite auch für den jeweiligen Privatnutzer, was mit diesen Daten passiert. Das sind Dinge, die man in Österreich im ABGB regeln könnte.

Der vorletzte Punkt, den ich sehr wichtig finde, ist die Frage nach der staatlichen Über­wachung. Das ist auch das, was beim EuGH eben der große Fall war. Ich glaube, dass wir da wirklich in eine Phase kommen, in der wir eine erhöhte Grundrechtssensibilität brauchen. Wir sehen das jetzt im EU-Parlament, also in Brüssel, wo heftigst kritisiert wird, dass ein Gesetz nach dem anderen von den Verfassungsgerichten aufgehoben wird, weil im Gesetzgebungsprozess einfach nicht ordentlich genug auf diese Grund­rechte geschaut wird. Es ist in einem hohen Grad wirklich peinlich in einer Demokratie, dass das passiert.

Wir müssen wirklich schauen, dass wir gezielte Überwachung dort machen, wo es sinnvoll ist. Bei der Massenüberwachung wie zum Beispiel der Vorratsdatenspeiche­rung, die jetzt nach den Terroranschlägen in Paris wieder populär wird, wissen wir, dass sie eine Scheinlösung ist, dass sie keine Lösung ist, weil genau die Kommuni­kationsmittel, die verwendet werden, sozusagen von einer Vorratsdatenspeicherung überhaupt nicht erfasst werden können. Wir müssen einfach viel tiefer in die Probleme hineingehen und von solchen Massenüberwachungen, die nur Scheinlösungen sind, zu einem gewissen Grad wegkommen.

Ein letzter Punkt, der mich als Bürger und nicht unbedingt als Datenschützer noch wahnsinnig fasziniert, ist die Frage der Verwaltung und jene, wie wir da durch die Di­gitalisierung weiterkommen können. Wir haben da das Riesenproblem, dass man ein­fach über den Föderalismus in den einzelnen Behörden praktisch alles voll umstellen könnte. Es gibt aber wahnsinnig viele Themen, die eigentlich eine Verwaltungsaufgabe ohne Ermessenspielraum sind. Ich bringe Ihnen ein ganz klassisches Beispiel: der Kir­chenaustritt. Dafür muss man hingehen und sagen, man möchte aus der Kirche aus­treten. Das machen 119 Behörden einzeln und auf Papier. Das sind Dinge, die man zum Beispiel durchaus zentralisieren könnte, wo man durch eine Änderung in der Ver­fassung zum Beispiel eine Art zentrale Behörde für solche Verfahrensfälle einrichten könnte, sodass man nur ein Portal bräuchte und damit die ganze Bearbeitung in ganz Österreich rationalisieren könnte.

In diesem Sinne bin ich froh, dass es sozusagen diese Diskussion gibt, und hoffe, zu­mindest ein paar Inputs geleistet zu haben, und bedanke mich für die Einladung. (Bei­fall.)

14.48


Vorsitzender Präsident Gottfried Kneifel|: Sehr geehrter Herr Mag. Schrems, herzli­chen Dank für Ihre sehr plastischen und bildhaften Ausführungen.

Ich erteile nunmehr Herrn Thomas Lohninger, Geschäftsführer des Arbeitskreises Vor­ratsdaten Österreich, das Wort. Herr Lohninger ist Programmierer und Systemadminis­trator und seit 2012 Trainer für praktische IT-Sicherheit. – Bitte, Herr Lohninger.

 


14.49.49

Thomas Lohninger, BA (Geschäftsführer, Arbeitskreis Vorratsdaten Österreich)|: Mei­ne Damen und Herren! Vielen Dank für die Einladung. Ich will gleich einsteigen.

Beim digitalen Wandel, dem Thema der heutigen Veranstaltung, geht es wirklich um ganz viel. Überspitzt formuliert könnte man sagen, dass wir uns hier auf einem Schei­deweg befinden: Auf der einen Seite stehen wir vor einem Schlaraffenland der Digita­lisierung, in dem wir alle maximale individuelle Entfaltungsmöglichkeiten haben, inno­vativ wirtschaften, uns emanzipatorisch bilden sowie alles gratis kopieren können und auch die Wirtschaft noch davon profitiert. Der gegenteilige Entwurf – jetzt überspitzt formuliert –, vor dem wir leider auch stehen, ist eine Mischung aus Orwell, Huxley und Kafka, in dem wir komplett entmachtet werden, Algorithmen über uns entscheiden und wir uns zusehends mit einem Überwachungsstaat konfrontiert sehen.

Welchen dieser beiden Wege wir einschlagen, das ist die große Frage. Wichtig ist, dass wir uns dabei einbringen, weil diese Entscheidung jetzt getroffen wird. Ob sich die Politik Österreichs da einbringt oder nicht, ist in der großen Perspektive irrelevant, weil wir technologisch wie auch global und vor allem auf europäischer Ebene vor diesen Entscheidungen stehen und weil die ganz große Tragweiten haben werden. Wir als Zi­vilgesellschaft, als zivilgesellschaftliche Interessenvertretung bringen uns da auch ganz stark ein.

Wir haben andere Möglichkeiten, wir sitzen nicht in Parlamenten; das, was wir tun, ist – das, womit wir diesem Haus noch am nächsten sind –, dass wir Petitionen und Bür­gerinitiativen einbringen. Wir haben da auch eine Geschichte: Die Bürgerinitiative ge­gen die Vorratsdatenspeicherung war damals die größte Österreichs mit 106 067 Un­terschriften. Sie hat leider zu keinem Effekt geführt, war aber, glaube ich, trotzdem ein politisches Signal. Wir gehen oft auf die Straße, wie zum Beispiel erst gestern, als wir hier vor dem Parlament eine Mahnwache gegen die Einführung des Staatsschutzge­setzes abgehalten haben, das uns alle nicht sicherer machen wird; aber darauf komme ich noch zu sprechen.

Das, was wir natürlich als netzpolitische Organisation ganz oft tun, ist, dass wir Kam­pagnen machen, dass wir Webseiten bauen, dass wir Wege erfinden, wie sich die Be­völkerung der Politik zuwenden kann.

Wie übersetzen wir öffentliche Meinung, öffentliches Interesse auf politischen Druck, wie bringen wir Ihnen Ihre Wählerinnen und Wähler näher? – Das ist die Kernfrage, mit der wir uns immer wieder beschäftigen – sei das jetzt auf europäischer Ebene, indem Bürger mit einem Klick ein Fax an ihre Abgeordneten schicken können, oder eben mit einer Petition wie jener auf www.staatsschutz.at, womit man einfach die Masse sam­melt, um ein politisches Signal zu senden.

Das, was wir natürlich auch ganz stark tun, ist, uns in Diskurse, in Verhandlungen ein­zubringen – immer lösungsorientiert, immer als Stimme der Vernunft. Ich glaube, Grund­rechte kann man nur dann durchsetzen, wenn man konsensuale Lösungen findet, die für alle auch mittragbar sind. Was wir aber leider auch immer öfter tun, vor allem hier in Österreich, ist, dass wir vor die Höchstgerichte ziehen; Max Schrems hat es gerade vorhin schon gesagt. Aber leider sind die Höchstgerichte oft der einzige Ort, an dem unsere Grundrechte wirklich gewahrt bleiben.

Aufgrund der Tragweite des digitalen Wandels darf ich mich auch noch einmal für diese Initiative des Bundesrates bedanken. Ich halte das wirklich für wunderbar, dass wir jetzt hier einen Diskursprozess starten, weil Österreich einen massiven Aufholbe­darf hat. Wir sehen in Deutschland, im Bundestag, dass jede Fraktion netzpolitische Sprecher hat, dass es dort einen elaborierten Diskurs zu diesen Themen gibt, eigene Unterausschüsse für die digitale Agenda. In Österreich gibt es nichts dergleichen. Bei uns gibt es nur wenige Parteien, die sich wirklich einmal intensiver mit diesen Prozes­sen auseinandersetzen und wirklich auch innerparteiliche Expertisen machen und Mei­nungen sammeln. Man muss sich nicht immer einig sein, aber man sollte den Diskurs zu diesen Themen suchen.

Noch viel schlimmer ist es, wenn wir uns auf europäischer Ebene vergleichen, denn dort haben wir schon – inzwischen seit vielen Jahren – einen kontinuierlichen Strom von gesetzgeberischen Prozessen, aber auch von nicht bindenden Resolutionen zu all die­sen Themen; und die werden in großen Teilen in Österreich nicht einmal diskutiert.

Für mich geht es beim digitalen Wandel aber nicht vorrangig um den wirtschaftlichen Aspekt. Für mich geht es dabei hauptsächlich um den Erhalt von Grund- und Men­schenrechten. Das, was wir analog schon erstritten haben, müssen wir jetzt auch wie­der digital einfordern, denn sonst kommt es uns abhanden.

Ganz stark geht es beim digitalen Wandel meiner Meinung nach um informationelle Selbstbestimmung, um das Grundrecht, dass wir alle nach dem Datenschutzgesetz die Möglichkeit haben, über unsere digitale Repräsentanz Einfluss zu nehmen und da auch Nein zu sagen. Und vor allem geht es für mich auch um Vertrauen.

Ich glaube, dass das Grünbuch, das hier hinter mir steht, ein wirklich guter Anfang für viele dieser Punkte ist. Ich habe aber eine kleine Kritik, was den Ablauf angeht – auch, wenn ich die Inhalte dieses Grünbuches in großen Teilen mittragen will. Ich hätte, wäre ich vor der Entscheidung gestanden, eine Plattform gewählt, die sich in ihren Nut­zungsbedingungen nicht herausnimmt, Beiträge ohne Angabe von Gründen zu löschen oder Nutzer auszuschließen. Ich will nicht sagen, dass das passiert ist, aber das ist eine Möglichkeit auf einer Plattform, auf der wir direktdemokratischen Diskurs ausüben. Das könnte man überdenken. Man könnte genauso überdenken, ob diese Plattform Google Analytics verwenden sollte, wodurch die Daten der Bürger, die sich hier in den Diskurs einbringen, in den USA landen. Es wäre vielleicht genauso auch im Sinne ei­ner vertrauensbildenden Maßnahme besser gewesen, da eine breitere Basis für die Moderation dieses Diskurses zu suchen, als eine Lobbyfirma damit zu beauftragen.

Ich möchte noch drei Punkte kurz anführen.

Erstens: Ich glaube, wir dürfen eine Aspekt – und in diesem Zusammenhang haben wir ja bereits viel über Standortvorteile gesprochen – nicht außer Acht lassen, nämlich das Vertrauen, das die Basis für unser digitales Wirtschaften ist. Wir erleben jetzt gerade immer mehr einen Diskurs über ein Phänomen, das sich Obfuscation nennt, also dass Menschen zusehends, um diesem diffusen Unwohlsein – also wenn sie im Internet schon das Gefühl haben, ständig überwacht zu werden – irgendwie zu entgehen, fal­sche Informationen in Webformulare eintragen, dass sie eben nicht mehr einfach ihren richtigen Namen, ihr richtiges Geburtsdatum eingeben, sondern einfach eine Nebelgra­nate werfen, um sich sozusagen ein bisschen Datenschutz zurückzuholen.

Wir sollten hier auf Best Practices bauen, die das Vertrauen ihrer Nutzer auch wirklich nach vorne stellen. Wir haben hier Beispiele aus Österreich. Nimbusec ist ein Start-up aus Oberösterreich, das mit Privacy by Design schon Preise gewonnen hat und auch wirtschaftlich erfolgreich ist, weil es eben das Vertrauen seiner Kunden wirklich in den Mittelpunkt und an den Ausgangspunkt seines wirtschaftlichen Designs gestellt hat. Von solchen Beispielen brauchen wir mehr.

Wir haben in Europa gerade die Frage, ob wir uns jetzt eben im Hinblick auf die EU-Datenschutz-Grundverordnung dem Weg von Bundeskanzlerin Merkel anschließen, die sagt, wir brauchen eine Abkehr vom Datenschutz, um mit den amerikanischen Fir­men noch mithalten zu können, oder ob wir uns gerade auf den Datenschutz und un­sere Grundrechte in Europa als Stärke berufen, ob wir die als Wettbewerbsvorteil ein­setzen wollen, ob wir ein sicherer Hafen für die Daten der Welt sein wollen und ob wir uns auf unsere Tradition auf diesem Kontinent berufen wollen. Gerade hier kann diese Stärke wiederum auch bei staatlicher Überwachung ein Hebel sein. Das Safe-Harbor-Urteil hat gezeigt, dass wir aufgrund unserer wirtschaftlichen Kraft, die wir in Europa haben – wir sind ein großer Markt –, auf einmal auch so Themen wie die amerikani­sche Geheimdienstüberwachung zum Thema machen können und hier einen Hebel haben. Es gibt ganz gefährliche Tendenzen rund um dieses Thema des Vertrauens, bei denen es um Big Data, um Profilbildungen geht – überall dort, wo ohne mein Wis­sen, aufgrund von irgendwelchen geschlossenen Algorithmen, die ich nicht einsehen kann, Entscheidungen über mich getroffen werden; Kreditscoring ist einer dieser Berei­che.

Der zweite Punkt, der für dieses Haus wirklich zentral sein sollte, ist der Schutz der Be­völkerung und ihrer Grundrechte – und damit sind wir beim Staatsschutzgesetz. Das polizeiliche Staatsschutzgesetz wird gerade hier in diesem Haus diskutiert. Aus Sicht der Regierung sollte das schon längst durchgeboxt sein – also es gab im Juni schon den Ministerratsbeschluss. Nach den Plänen der Innenministerin hätte es schon im Juli beschlossen werden sollen. Es gab schon zweimal Verzögerungen, und derzeit gibt es massive Verhandlungen hier im Haus. Das ist wirklich sehr zu begrüßen.

Worum geht es bei diesem Gesetz? – Es geht um die Überwachung des Internets, und zwar um eine komplett schrankenlose Überwachung des Internets. Die Daten von allen Menschen – und hier muss kein Verdacht vorliegen – können sechs Jahre lang gespei­chert werden. Das ist zwölfmal länger als die Vorratsdatenspeicherung. Ich zitiere hier die Rechtsanwaltskammer, wenn ich sage, dass wir hier einen Inner Circle schaffen, eine unkontrollierbare Behörde.

Schauen Sie sich das Konsultationsverfahren, die Begutachtung zu diesem Gesetz an! Wir haben 32 Stellungnahmen, 18 davon sind kritisch. Die, die positiv sind, haben ma­ximal drei Seiten und kommen von Ministerien und Behörden. Die 18 kritischen Stim­men umfassen Arbeiterkammer, Wirtschaftskammer, Internetprovider, aber auch die Bischofskonferenz, die evangelische Kirche und auch die Richtervereinigung.

Hier schließe ich auch den Kreis. Das Match lautet jetzt gerade Parlament versus Re­gierung. Das Parlament ist hier in der Rolle, die Rechte der Bevölkerung zu verteidi­gen; deswegen applaudieren wir dem und haben sehr große Hoffnungen für den par­lamentarischen Prozess. Hier ist auch der Bundesrat gefragt. Die erste Einreichung, die mit großem Abstand bei der Konsultation für www.besserentscheiden.at gewonnen hat, war eine, die den Bundesrat dazu aufgerufen hat, das Staatsschutzgesetz in der derzeitigen Form nicht zu beschließen. Ich würde Ihnen allen in Ihrer Gesamtheit als Bundesrat wirklich ans Herz legen, rote Linien zu definieren, wo Sie einfach sagen: Unter diesem Schutzniveau werden wir dieses Gesetz nicht beschließen! Wir schließen uns diesem Match Parlament versus Regierung an und treten für die Grundrechte der Bevölkerung ein!

Wer nicht Abgeordneter ist und trotzdem etwas tun will, kann auf www.staatsschutz.at in zwei Minuten ein Zeichen gegen das Gesetz setzen. Das haben schon knapp 20 000 Menschen getan.

Es gab auch eine Resolution gegen Massenüberwachung, auf die ich noch zu spre­chen kommen wollte, die ich auch sehr wichtig fand, weil sie einstimmig in diesem Haus beschlossen wurde und alle Ministerien dazu aufgerufen hat, sich gegen die Ge­heimdiensttätigkeiten auszusprechen und Maßnahmen für den Schutz der Bevölkerung zu ergreifen.

Da wurden explizit das Außenministerium mit diplomatischen Konsequenzen, Innen- und Justizministerium für die Einleitung von Ermittlungsmaßnahmen gegen die illegale Geheimdiensttätigkeit und zumindest die Aufkündigung von Geheimdienstkooperatio­nen genannt. Auch das Bundeskanzleramt ist da natürlich aufgrund seiner Daten­schutzkompetenz gefragt. Da geht es auch darum, endlich der Datenschutzbehörde ausreichende Ressourcen zuzugestehen und nicht so lächerliche Dinge, wie wir sie derzeit im Budget der Datenschutzbehörde haben. – Nichts davon ist passiert, keines der Ministerien hat reagiert!

Ich wollte eigentlich auch etwas zum Thema „Netzneutralität“ sagen; das erspare ich mir jetzt aufgrund des Leuchtens dieser roten Lampe hier beim Rednerpult und komme schon zum Ende meiner Ausführungen.

Netzpolitik ist ein ganz zentrales Politikfeld. Es geht dabei im Kern um soziale Gerech­tigkeit, es geht um zeitgemäßes Wirtschaften und es geht im Endeffekt auch um kultu­relle Vielfalt und kulturelle Identität.

Wenn wir uns hier behaupten wollen, dann können wir dieses Feld nicht ignorieren. Ich würde Sie alle bitten: Seien Sie mutig, stellen Sie sich den Herausforderungen, mi­schen Sie sich ein! – Vielen Dank. (Beifall.)

15.01


Vorsitzender Präsident Gottfried Kneifel|: Jawohl, wir werden uns dieser Herausfor­derung stellen! Ich darf in diesem Zusammenhang auch feststellen, dass es sich beim Grünbuch um eine Ideensammlung handelt, dass es sich dabei noch um keinen Ge­setzentwurf handelt und dass natürlich die Bewertung dieser Ideen den legitimierten und dazu befugten Parlamentariern auch noch zusteht. Das müssen wir selbstver­ständlich auch in diese Überlegungen miteinbeziehen, aber ich danke für diesen Bei­trag.

15.01.36Diskussion

 


Vorsitzender Präsident Gottfried Kneifel|: Meine sehr geschätzten Damen und Her­ren! Die Referentenliste ist damit geschlossen.

Wir gehen zur Diskussion über. Ich habe insgesamt acht Wortmeldungen und bitte in Anbetracht der zahlreichen Wortmeldungen, eine Redezeit von 2 Minuten einzuhalten, also wirklich die Dinge auf den Punkt zu bringen.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Alm. – Bitte.

 


15.02.14

Abgeordneter Mag. Nikolaus Alm (NEOS)|: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Internet ist ein riesiger Game Changer für alle Lebensbereiche. Das wissen Sie, das haben wir oft genug gehört. Der digitale Wandel ist real, genauso wie der Klimawandel, wenngleich es bei beiden natürlich auch noch gewisse Leugner ge­ben sollte.

Das Wissen über die Dinge, die sich ändern, ist allerdings sehr gering, und einige Re­debeiträge des Vormittags haben mich auch in dieser Ansicht bestärkt. Ich will die En­quete und das Grünbuch damit nicht schmälern. Ich finde es gut, dass es das gibt, aber hier gibt es noch einige Defizite, und wir sind gerade dabei, diese Defizite auf­zuholen. Ich gebe Ihnen ein paar Beispiele: Wir diskutieren über Breitbandausbau, da sind den Mobilfunkern vor einigen Jahren etwa 2 Milliarden € abgeknöpft worden, 1 Mil­liarde sollte zurück in den Breitbandausbau. Wo ist diese Milliarde? Sie kleckert schön langsam herein.

Es gibt Sicherheitsthematiken. Der „Islamische Staat“ ist in der Nutzung dieser Instru­mente online sehr versiert. Wir diskutieren hingegen noch immer – und immer wieder – über Vorratsdatenspeicherung. Wir haben einen Überwachungsstaat, der über mehre­re Gesetze hinweg in unsere Gesetzesmaterien einsickert und wir setzen dem mit Aus­nahme von zivilgesellschaftlichen Initiativen kaum etwas entgegen.

In der Wirtschaft findet anstatt einer Anpassung an gewisse Realitäten eine Verteidi­gung von Geschäftsmodellen der Vergangenheit statt, Stichwort Netzsperren, die sehr oft eingefordert werden.

Auch im Bereich Start-ups gibt es keine rechtliche Absicherung von neuen Wirtschafts­modellen und Geschäftspraktiken, wie zum Beispiel Sharing Economy, stattdessen wer­den disruptive Geschäftsmodelle bekämpft. Einen Punkt zur Disruption möchte ich hier erwähnen, der eigentlich noch gar nicht besprochen worden ist, denn der digitale Wan­del ist natürlich auch disruptiv für die Politik an sich. Wir als Politik tun so, als wären wir, als wäre Demokratie vom digitalen Wandel gar nicht betroffen. Staatssekretärin Son­ja Steßl hat ja entwaffnend ehrlich gemeint: Das Big Picture fehlt.

Um dem Herr zu werden, könnte man im ersten Schritt diese Bereiche des digitalen Wandels in einem Ressort bündeln, man könnte ein Netzministerium mit einem dazu­gehörigen Ausschuss schaffen und den Status quo, wie wir ihn heute beschrieben ge­hört haben, aufarbeiten. Aber man kann weitergehen, man kann antizipieren, man kann Internet of Things behandeln, Roboterarbeit, wie wir es ja heute gehört haben, Roboterethik, künstliche Intelligenz. Da gibt es viele Thematiken, die heute noch gar nicht besprochen wurden.

 


Vorsitzender Präsident Gottfried Kneifel|: Bitte die Redezeit einzuhalten!

 


Abgeordneter Mag. Nikolaus Alm| (fortsetzend): Ich komme schon zum Schluss. – Sehr viel wichtiger: Medien sind der Ort, wo wir aushandeln, wie wir miteinander leben, und das Netz ist mittlerweile der Ort, wo wir die Kernwerte unserer Gesellschaft ver­handeln. Die Frage, die uns beschäftigen sollte, ist nicht mehr, was kann das Netz für die Demokratie leisten, sondern welchen Platz hat die Demokratie im Netz überhaupt noch oder, wie es Rektor Bast noch dramatischer formuliert hat, welche Rolle spielt der Mensch eigentlich noch. – Danke. (Beifall.)

15.05


Vorsitzender Präsident Gottfried Kneifel|: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bun­desrat Schennach. Ich bitte ebenfalls um Einhaltung der Redezeit von 2 Minuten. – Bitte.

 


15.05.35

Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien)|: Herr Präsident! Ich glaube, dass wir un­sere erste Enquete, die ja auch schon damals den Rahmen sprengte, zur Digital Divide in Österreich – regionale, altersmäßige Ausbildung – nun mit einer Halbjahreskam­pagne mit der Digital Agenda weiterverfolgen, zeigt, wie wichtig dieses Thema dem Bundesrat ist. Zu meinem Vorredner möchte ich noch sagen: Die Breitbandinitiative Österreichs zur Ankurbelung der Wirtschaft ist als eines von zwei Projekten aus Ös­terreich soeben in den Juncker-Plan aufgenommen worden.

Für uns Politiker und Politikerinnen stellt sich hier die Herausforderung, einmal nach­zudenken, wie die Menschen 2020 oder 2030 leben. Wie schauen die Lebensverhält­nisse aus? Wie werden sie miteinander kommunizieren? Wie werden sie leben? Es werden über 75 Prozent in den Städten leben. Eines ist klar, und das zeigen zwei Ini­tiativen: Die digitale Kommunikation wird die wesentliche Form auch der Bürgerpartizi­pation sein, und dieses Thema möchte ich hier einbringen.

Die Stadt Wien hat von allen deutschsprachigen Städten schon zweimal für ihre Bürge­rinnen- und Bürgerpartizipation den ersten Preis gewonnen. Über tausend haben sich beteiligt, neun Leuchtturmprojekte wurden entwickelt. Am 25. November ist bereits die nächste Phase, Bürger und Bürgerinnen gestalten mit.

Finnland: Jedes Jahr schreibt das Zukunftsministerium die Gesetzespartizipation aus. 600 Gesetze werden von Bürgern und Bürgerinnen eingereicht, 50 kommen in die nä­here Auswahl, fünf davon werden Wirklichkeit. Das wird durch ein sogenanntes Zu­kunftsministerium gemanagt. Ich glaube – bei allen Datenschutzfragen –, genau in die­sen Dingen liegt die Zukunft. Dann hat die Politik auch eine andere Funktion, nämlich den Ausgleich zu schaffen.

Immer mehr werden Minderheiten über digitale Kommunikation Politik mitbestimmen. Das ist auch richtig und gut so, nur es müssen dann gesamtgesellschaftliche Ausglei­che geschaffen werden. Aber durch diese Form der Bürger- und Bürgerinnenpartizipa­tion mache ich aus Wählerinnen und Wählern, die immigrieren, nicht wählen oder nur mehr Nonvoters sind, aktive Bürger und Bürgerinnen, denen ich aber ein faires System anbieten muss. Vorschläge müssen Realität werden. Das zeigt sich zum Beispiel bei der Digitalen Agenda Wien, wo neun Projekte bereits Wirklichkeit geworden sind.

 


Vorsitzender Präsident Gottfried Kneifel|: Redezeit bitte!

 


Bundesrat Stefan Schennach| (fortsetzend): Und genau darin liegen meiner Meinung nach die Sinnhaftigkeit und die Möglichkeiten. Die EU-Bürgerinitiative gehört in diese Richtung noch weiter überarbeitet. (Beifall.)

15.08


Vorsitzender Präsident Gottfried Kneifel|: Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Mag. Zeli­na. – Bitte.

 


15.08.57

Bundesrat Mag. Gerald Zelina (ohne Fraktionszugehörigkeit, Niederösterreich)|: Vie­len Dank, Herr Präsident, dass Sie das digitale Thema auf die Tagesordnung dieser Enquete gesetzt haben, denn in der österreichischen Wirtschaftspolitik ist einiges im Argen. Ganz wesentlich ist die österreichische Wettbewerbsfähigkeit! Wir fallen Jahr für Jahr in den internationalen Wettbewerbsrankings zurück und müssen Österreich wieder wettbewerbsfähig machen.

An der Wettbewerbsfähigkeit hängen die Arbeitsplätze in Österreich, und an den Ar­beitsplätzen hängt die gesamte Finanzierung unseres Sozialsystems, das Gesund­heitssystem, unsere Pensionen. Da ist anzusetzen. Wichtig wäre auf der wirtschafts­politischen Seite, dass wir bei der Budgetpolitik von konsumtiven Ausgaben weggehen in Richtung Zukunftsausgaben und Zukunftsinvestitionen in Bildung, in Weiterbildung, in Forschung, in Innovationen und in Technologien.

Zum Thema Innovationen. Jede Innovation bringt natürlich eine Veränderung mit sich, und Veränderung bedingt Ängste. Wenn wir in der Geschichte zurückgehen, dann se­hen wir: Ja, bei der Buchdruckerfindung gingen natürlich Arbeitsplätze verloren – die ganzen Schreiber. Bei der Erfindung des Webstuhls wurden die Weber weniger, bei den Eisenbahnen brauchte man weniger Pferde. Aber in Summe ist es immer eine Weiterentwicklung und ein Fortschritt. Deswegen: keine Angst vor Industrieproduk­tion 4.0, keine Angst vor selbstfahrenden Autos, auch nicht vor 3-D-Druckern. Genau dort müssen wir hin.

Was wären die wichtigsten Bereiche, in die wir investieren müssen? – Dazu gehören die Gesundheitstechnologien, die Umwelttechnologien, die Sicherheitstechnologien und auf der Wirtschaftsseite die Produktionstechnologien und Kommunikationstechnologien.

Finanzieren müssen wir das Ganze auch. Wir brauchen auf der europäischen Seite ei­nen Eigenkapitalmarkt, wir müssen unabhängiger von der Bankenfinanzierung werden und Österreich in Summe wettbewerbsfähiger machen.

Die Digitalisierung leistet dazu einen wichtigen Beitrag. – Vielen Dank. (Beifall.)

15.11


Vorsitzender Präsident Gottfried Kneifel|: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat We­ber. Ich erteile es ihm.

 


15.11.23

Bundesrat Martin Weber (SPÖ, Steiermark)|: Werter Herr Präsident! Liebe Experten und Expertinnen! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben am heutigen, schon et­was langen Tag viele Expertisen hören dürfen. Ich möchte mit einem Lob an den Präsi­denten beginnen, der dieses wichtige Zukunftsthema zum Inhalt seiner Präsidentschaft gewählt und damit auch unsere zweite Kammer zum Vorreiter gemacht hat.

Mein Wunsch ist, dass dieses Grünbuch, das uns vorliegt, ein einladender roter Tep­pich für den weiteren digitalen Wandel wird. Wir dürfen auf diesem roten, einladenden Teppich ruhig auch laufen, nicht langsam schreiten, sozusagen an Geschwindigkeit aufnehmen, wobei wir aber, so meine ich, die Bodenwellen, die Unebenheiten, die Risi­ken auch beachten sollten.

Wir haben es heute von unserer Staatssekretärin Sonja Steßl schon hören dürfen: Die Digitalisierung verändert tief greifend unsere Lebenswelten – ob es die Arbeitswelt ist, das Wirtschafts- und Finanzsystem, ob es der politische Bereich ist, ja, auch in jeder einzelnen Freizeitsituation verändert die Digitalisierung die einzelne und kleinste Le­benswelt.

Ich möchte das auf ein paar Beispiele in der täglichen Lebenswelt herunterbrechen. Wenn ich in meiner Heimatgemeinde unseren neuen, jungen Kaplan sehe, wie er die Messe vom Tablet verliest und das Gebetsbuch nicht mehr gebraucht wird, ist das für den einen oder anderen älteren Kirchenbesucher eine neue Erfahrung. Als ich zuletzt am Wochenende bei einer großen Veranstaltung gewesen bin und der Kellner meine Konsumation ins Smartphone eingetippt hat und eine halbe Minute später habe ich meine Bestellung auf dem Tisch gehabt, so ist das auch eine neue Erfahrung. In der Volksschule meiner Heimatgemeinde wird bereits in jedem einzelnen Unterrichtsge­genstand das Tablet verwendet und kommt zum Einsatz.

Die Politik, ja, muss dazu auch Lösungen für eine faire und gleichberechtigte Gesell­schaft finden. Es sind riesengroße Herausforderungen, die wir gemeinsam meistern müssen, um Chancengleichheit zu garantieren. Wir müssen auch die Risiken benen­nen – wir haben es heute von jungen Kollegen gehört –, was den Datenschutz betrifft.

Vor Kurzem habe ich mir eine aktuelle US-Studie angesehen, in der die Unterschiede im Unterricht aufgezeigt worden sind: Wie lese ich ein Buch? In digitaler Form oder in der ursprünglichen Form – wenn ich sozusagen das Buch in der Hand halte? Welche Form bewegt mich mehr? – Gehirnmessungen haben die Aktivitäten gegenübergestellt.

Wie lerne ich? Wie protokolliere ich zum Beispiel bei einer Uni-Vorlesung? In digitaler oder in handschriftlicher Form? Wann merke ich mir mehr? Welche Form ist für den Lernerfolg wirksamer? – Da gibt es ganz spannende, interessante Ergebnisse.

Wie wichtig ist für unsere Schülerinnen und Schüler die Handschrift? Soll diese wei­terhin gelernt werden oder soll sie – wie in amerikanischen Schulen – gar nicht mehr Unterrichtsgegenstand sein?

Ich glaube, in Sachen Chancengleichheit ist die Breitbandinitiative von Bundesminister Alois Stöger eine ganz wichtige Initiative. Wir haben es von unseren Kollegen aus Wien gehört …

 


Vorsitzender Präsident Gottfried Kneifel|: Herr Kollege, bitte die Redezeit einhalten!

 


Bundesrat Martin Weber| (fortsetzend): Die Stadtgemeinde Wien hat bereits über 80 Apps für ihre Bürgerinnen und Bürger zur Verfügung gestellt. Bürgerservice, Bürger­nähe spielen sich in einer völlig neuen Dimension ab. Auch im ländlichen Raum ist es wichtig, keine Bürger zweiter Klasse zu schaffen und das gleiche Niveau, das gleiche Angebot den Bürgerinnen und Bürgern auch im ländlichen Raum zur Verfügung zu stellen.

In diesem Sinne sage ich: Nicht angstvoll schreiten, sondern – wie es in unserer Bun­deshymne heißt – „Mutig in die neuen Zeiten“. – Danke. (Beifall.)

15.16


Vorsitzender Präsident Gottfried Kneifel|: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Mag. Ku­ba von der Bundesarbeiterkammer. Ich erinnere an die Redezeit von 2 Minuten.

 


15.16.21

Mag. Sylvia Kuba (Bundesarbeiterkammer)|: Sehr geehrte Damen und Herren! Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. Ich hoffe, dass Sie mich trotz meiner erkältungsbedingt eingeschränkten Stimmqualität gut hören.

Ich möchte aus Arbeitnehmersicht noch auf ein paar Punkte hinweisen. Wir können nach heutigem Wissensstand davon ausgehen, dass der digitale Wandel ganz enorme Auswirkungen auf die Organisation von Arbeit und auf die Form der Erwerbsarbeit ha­ben wird, dass die Grenzen zwischen selbständiger und unselbständiger Arbeit weiter verwischen werden, dass es Änderungen der globalen Arbeitsteilung geben wird, dass es zu einer stärkeren Segmentierung der nationalen Arbeitsmärkte kommen wird und dass natürlich Potenziale in Bezug auf Mobilität und Flexibilisierung für die Arbeitneh­mer entstehen werden.

Aber auf der anderen Seite wird es vor allem darum gehen, dass sich zentrale Rechte wie faire Einkommen, die Begrenzung der Arbeitszeit, Gesundheitsschutz, Mitbestim­mungsrechte und auch persönliche Entwicklungsmöglichkeiten in den neuen Arbeits­formen nicht von selbst verwirklichen. Das ist zumindest das, was wir bis jetzt in der Tendenz beobachten können.

Da bin ich schon bei meinem ersten zentralen Punkt, nämlich, dass es unsere Aufgabe sein wird, dass neue Technologien nicht dafür verwendet werden dürfen, als Ausrede herzuhalten, bestehende arbeits- und sozialrechtliche Standards einzuschränken. Die technologisch ermöglichten neuen Arbeitsformen müssen entsprechend reguliert wer­den, um den digitalen Wandel in einem Gesamtsinn gerecht zu gestalten.

Zweitens: Gerade dann, wenn man davon ausgehen kann, dass es zu einer Flexibili­sierung und zu einer Zunahme von instabilen Beschäftigungsverhältnissen kommen wird, müssen wir sicherstellen, dass auch Digitalisierungsgewinner einen fairen Beitrag zu Sozialsystemen leisten, denn gerade dann werden wir mit einer Situation konfron­tiert sein, in der es zu einer höheren Inanspruchnahme von Sozialversicherungsleis­tungen, vor allem auch im Bereich der Arbeitslosenversicherung, kommen wird. Bei aller Euphorie gegenüber dem digitalen Wandel – damit werden wir konfrontiert sein.

Um diese negativen Effekte abzufedern, möchte ich auf etwas hinweisen, was der Google-Gründer Larry Page vor zirka zwei Wochen im „Spiegel“ gesagt hat. Er regt nämlich an, auch über Arbeitszeitverkürzungen zu sprechen, um negative Beschäfti­gungsverhältnisse im Zusammenhang mit dem digitalen Wandel abzufedern.

Als Letztes möchte ich auf etwas hinweisen, was der Chefverhandler des EU-Parla­ments heute auf ORF Online zur Datenschutz-Grundverordnung gesagt hat, nämlich, dass sich Verbraucher selber Methoden überlegen müssen, wie sie ihre Rechte im Internet schützen können; sie müssen, sinngemäß, in Zukunft zu Vernebelungsmetho­den greifen.

In Wirklichkeit ist das doch das Eingeständnis, dass der Datenschutz nicht mehr präventiv vom Staat als Freiheitsrecht verteidigt wird, sondern dass jeder Private dafür eigentlich selbst verantwortlich ist. Das ist etwas, was wir sehr kritisch sehen, weil der Einzelne mit so einer komplexen Materie natürlich überfordert ist.

Wenn man diesen Ansatz verfolgt, ist es aber wichtig, dass man reine Überschriften wie Gütezeichen, Privacy by Design, sektorspezifische Scoring-Regulierung, Profiling, Internet der Dinge wieder so auflädt, dass ein Verbrauchervertrauen erhalten bleiben kann und dass es einen niederschwelligen Zugang zu Auskünften und Rechtsschutz bei der Datenschutzbehörde gibt, wie er derzeit nicht gegeben ist. – Danke. (Beifall.)

15.19


Vorsitzender Präsident Gottfried Kneifel|: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mag. Gödl. Ich erteile es ihm.

 


15.20.01

Bundesrat Mag. Ernst Gödl (ÖVP, Steiermark)|: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch für mich als Mitglied dieser Kammer war es ein außerordentlich interessanter Vormittag, und ich möchte mich herzlich bei allen be­danken, vor allem auch bei jenen, die uns in gewisser Weise den Spiegel vorgehalten haben – bei Max Schrems beginnend, aber auch hinsichtlich Ihrer Aussage, Herr Dr. Buchberger, dass wir in Richtung Bedeutungslosigkeit unterwegs sind. Das sind trotz der Kritik die wertvollen Impulse, die wir auch in unserem täglichen Diskurs dringend benötigen, denn – und davon bin ich überzeugt – die größte Herausforderung an die Politik ist tatsächlich dieser digitale Wandel, weil er einfach derart multidimen­sional ist.

Man hat Konsumentenprobleme, Arbeitsweltprobleme, Datenschutzprobleme zu lösen, Grundrechtsschutzfragen wurden angesprochen, und schlussendlich ist es auch eine Frage der Infrastruktur. Wir haben sehr viele politische Handlungsfelder, und als je­mand, der schon länger politisch mitgestalten darf, auch in der Kommunalpolitik, stellt sich mir natürlich die Frage: Sind unsere politischen Strukturen überhaupt fit, um die­sen Wandel zu bewältigen?

Da komme ich zu Herrn Andreas Kovar, der gemeint hat: Eigentlich brauchen wir eine Hochgeschwindigkeitspolitik. Das eminente Zeichen des digitalen Wandels sind ja die­se Schnelligkeit und diese Kurzlebigkeit, und da wir – und das müssen wir kritisch sa­gen – als Gesetzgeber oft Anlassgesetzgeber sind und diese Anlässe jetzt immer kurz­fristiger werden und die Welt immer kurzlebiger wird, ist die Frage, ob wir mit unseren Entscheidungsstrukturen da überhaupt standhalten können.

Auch das müssen wir ganz stark für uns hinterfragen, denn die Chancen des digitalen Wandels sind enorm, und wir haben es heute schon gehört: Kollege Schennach hat die Beteiligungsmöglichkeiten in der Demokratie angesprochen. Das Gleiche gilt auch für die neuen Chancen für die Bildung. Ich habe selbst davon profitiert, ich komme aus dem südlichen Bereich der Steiermark und habe zum Beispiel vor einigen Jahren be­rufsbegleitend Jus studiert, aber nicht in Graz, sondern in Linz. Warum? – Weil die Uni­versität Linz das Multimedia-Studium anbietet und daher diese Art der Kommunikation mit der Uni, mit dem Professor, über die digitalen Netzwerke einfach am Puls der Zeit ist.

Oder man denkt an die vielen neuen Möglichkeiten im Bereich des Verkehrs. Nahver­kehr ist mithilfe der neuen digitalen Infrastruktur völlig neu zu erfinden. Im Bezirk Kor­neuburg zum Beispiel gibt es ein Rufsammeltaxisystem, das über eine Internetplatt­form organisiert wird, wo jeder Bürger eines Bezirks über das Internet seinen Dienst anfordern kann. Carsharing, ein weiterer Punkt: Ich bin selbst Mitglied einer Car­sharing-Community von 40 Personen. Wir teilen uns ein Elektroauto. Das steht mitten auf dem Platz vor dem Gemeindeamt, aufgeladen. Das teilen wir uns über das Internet.

Diese neuen Chancen können wir einfach nur dann ergreifen, wenn wir diesen digi­talen Wandel auch gestalten. Damit bin ich auch bei dem, was Kollege Weber ange­sprochen hat, und ich will es jetzt abkürzen: Dazu brauchen wir auch eine leistungs­fähige Infrastruktur. Das lernen wir aus der Geschichte: Wo wir keine gute Infrastruktur haben, haben wir keine zeitgemäße Entwicklung, siehe zum Beispiel Waldviertel, siehe Murau. In jenen Gebieten, um sie beispielhaft zu nennen, wo eine schlechte Verkehrs­infrastruktur ist, haben wir dann weniger Arbeitsplätze, mit weniger Arbeitsplätzen eine immer stärkere Abwanderung und dergleichen.

Gerade auch in diese Infrastruktur – Breitband und dergleichen – ist stark zu investie­ren, damit auch, Herr Dr. Bast, die kreative Alphabetisierung in allen Ecken unseres Lan­des vorangetrieben werden kann.

Ich darf mit einem Bonmot schließen: Wer heute nicht an morgen denkt, wird morgen leben wie gestern, und leben wie gestern ist für uns sicher keine Zukunftsoption. – Dan­ke. (Beifall.)

15.23


Vorsitzender Präsident Gottfried Kneifel|: Zu Wort gelangt Frau Mag. Strohmeyer. – Bitte.

 


15.23.57

Mag. Heidrun Strohmeyer (Bundesministerium für Bildung und Frauen)|: Sehr geehr­ter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Sehr geehrte Damen und Herren! Da das Thema Bildung heute mehrfach angesprochen worden ist, erlauben Sie mir, dass ich Ihnen in aller Kürze ein paar Informationen zum Thema Bildung und digitaler Wan­del aus der Sicht des Bildungsressorts gebe. Wir erfahren einen eigenen Schwerpunkt in unserer Agenda zum Thema digitale Bildung, das bildet sich unter anderem in zwei Unterrichtsprinzipien ab.

Es ist angesprochen worden: Es geht um Interdisziplinarität und Integration. Alle Schu­len, alle Lehrerinnen und Lehrer aller Schulstufen sind verpflichtet, Medienbildung und die Anwendung von E-Learning in der Schule umzusetzen. Es gibt eine eigene Stra­tegie, die wir verfolgen, diese nennt sich „efit21 – digitale Bildung“.

Zwei klare strategische Zielsetzungen möchte ich Ihnen beispielhaft nennen, die sich sehr gut mit den Intentionen Ihrer Initiative decken. Die eine ist die Vermittlung digitaler Kompetenzen an Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Kein Kind soll die Schule ohne digitale Kompetenzen verlassen.

Die zweite Zielsetzung ist, das Lehren und Lernen, was die Qualität betrifft, durch Tech­nologieeinsatz zu verbessern, das heißt, das Potenzial der Technologien für die Schule, aber auch in der Erwachsenenbildung entsprechend umzusetzen. Ich möchte auf zwei Initiativen hinweisen. Die eine nennt sich digi.komp. Dabei geht es darum, al­len Schülerinnen und Schülern in der Sekundarstufe 1 entsprechend digitale Kompe­tenzen in den Fächern integrativ zu vermitteln, digitale Kompetenz mit einem sehr um­fassenden Anspruch, nämlich nicht nur die Handhabungskompetenz, sondern auch den kritischen und reflektierten Umgang mit den Medien, zu vermitteln.

Ein zweites Projekt ist mobile><teaching, gemeinsam mit dem Infrastrukturministerium: Ein Jahr lang versuchen Schulen, innovative pädagogische Modelle durch den Einsatz von Tablets in den Klassen umzusetzen. Spannend daran ist ein Peer-Learning-Projekt der Schulen und der LehrerInnen miteinander: Schulen mit E-Learning-Schwerpunkt ver­mitteln Schulen, die erst starten, ihre Erfahrungen und helfen ihnen auf dem Weg, sel­ber im E-Learning aktiv zu werden.

Ich glaube, dass sich da der Kreis zu der Initiative „Digitaler Wandel“ sehr gut schließt. Herr Staatssekretär Mahrer und Frau Staatssekretärin Steßl haben es auch erwähnt: Auch in der Strategieentwicklung Digital Roadmap ist das Thema digitale Bildung ein wichtiger Schwerpunkt. – Herzlichen Dank. (Beifall.)

15.27


Vorsitzender Präsident Gottfried Kneifel|: Als letzter Redner hat sich Herr Bundesrat Herbert zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


15.27.33

Bundesrat Werner Herbert (FPÖ, Niederösterreich)|: Herr Präsident! Geschätzte Kol­leginnen und Kollegen! Werte Expertinnen und Experten! Ich bedanke mich für diese gute Initiative. Die Redebeiträge, die inhaltlich sehr breit gestreut waren, zeigen auch, was uns inhaltlich noch erwartet und wo wir inhaltlich noch vieles zu verbessern und fortzusetzen haben.

Ein Aspekt ist mir allerdings abgegangen oder wurde bis dato nur am Rande erwähnt: Wollen wir nämlich alle diese zukünftigen Nutzer erreichen, brauchen wir aber auch die erforderlichen Leitungen; Stichwort Breitbandoffensive. Ein Vorredner hat es auch am Rande gestreift. Wenn wir uns anschauen, wie die infrastrukturelle Lage ist, dann möchte ich nicht so genau nachfragen, wie sich das alles in den nächsten Jahrzehnten ausgehen soll, denn eines ist schon klar: Wenn wir hier von der großen Erreichbarkeit der User, der Nutzer reden und wenn wir ihnen alles zugänglich machen wollen und diese neuen digitalen Möglichkeiten der Zukunft auch für alle zugänglich gestalten wol­len, dann bedarf es eines richtig raschen Ausbaus von schnellen Leitungen.

Sonst haben wir das Problem, dass wir erst wieder nur einen eingeschränkten Teil an Benutzern, an Usern erreichen können und dann auch die Problematik vorfinden, dass es wahrscheinlich zu einer virtuellen Zweiklassengesellschaft kommt, in der es erst wieder nur eine bestimmte Gruppe jener gibt, die die Möglichkeit haben, mitzuparti­zipieren, und jene, die die technischen Voraussetzungen nicht haben, auf der Strecke bleiben.

Das soll es nicht sein, denn wir wollen die digitale Zukunft alle gemeinsam gestalten, für die gesamte Bevölkerung in unserem Land, und daher wünsche ich mir, dass wir – Stichwort Breitbandoffensive – gerade in den ländlichen Bereichen, die noch nicht so gut erfasst sind, möglichst rasch alle zusammenführen, um diesen digitalen Wandel gemeinsam mit der Politik zukünftig auch gemeinsam gestalten zu können. – Danke schön. (Beifall.)

15.29


Vorsitzender Präsident Gottfried Kneifel|: Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sind am Ende der Debatte angelangt. Es liegen mir auch keine Wortmeldungen mehr vor.

Ich danke allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern für das große Interesse, das sie diesem Thema entgegengebracht haben. Ich danke für die wertvollen Diskussionsbei­träge aller gemeldeten Redner und Referenten.

Dank auch allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Parlamentsdirektion, die mich hier auf dem Podium begleitet haben: Frau Bundesratsdirektorin Dr. Bachmann, Herrn Mag. Franz Gutsch und meiner Assistentin Frau Schweitzer-Wünsch.

Ich danke Ihnen allen für Ihr Kommen und wünsche Ihnen noch einen angenehmen Spätnachmittag. Ich glaube, dass dieser Weg, den wir damit beschritten haben, bei­spielgebend ist, und dass wir diesen Prozess fortführen sollen, nämlich mit dem Ziel, für unsere Bürgerinnen und Bürger das Beste zu erreichen. – Vielen Dank. (Beifall.)

Ich danke Ihnen und schließe die Enquete.

15.31.20Schluss der Enquete: 15.31 Uhr

Impressum:

Parlamentsdirektion

1017 Wien