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der Abgeordneten Kier, Schaffenrath, Firlinger, Gredler und Partner/innen

 

betreffend Neudefinition der unselbständigen Erwerbsarbeit und Vereinheitlichung aller

Pensionsrechte

 

 

Die im geltenden Arbeitsrecht festgeschriebene Unterscheidung zwischen Arbeitern und

Angestellten sowie öffentlich Bediensteten ist historisch gewachsen und entspricht in keinster

Weise den Anforderungen des 20. Jahrhunderts. Die geltende Rechtslage spiegelt in vielen

Bereichen das Obrigkeitsdenken früherer Zeiten wider und ist von einem ständisch gegliederten

Bild der Gesellschaft geprägt. Dies erzeugt nicht nur eine Vielzahl von Ungerechtigkeiten

sondern ist überdies auch mobilitätshemmend, fort- und weiterbildungsfeindlich und

strukturkonservativ. Da jede Analyse des Arbeitslosigkeitsbefundes auf seine strukturellen

Ursachen hin zeigt, daß die mobilitätsfeindlichen Unterschiede in den einzelnen

Teilarbeitsrechten. die Fesselung durch zeitabhängig erworbene Ansprüche - die zudem im

Selbstkundigungsfall verloren gehen - und die sozialrechtlichen Verschlechterungen beim

Wechsel zwischen den verschiedenen Bereichen der unselbständigen Erwerbsarbeit

wesentliche Mitursachen darstellen, ist eine umfassende Reform des Arbeitsrechtes eine der

Grundvoraussetzungen für eine positive Trendwende am Arbeitsmarkt. Es erscheint daher

unerläßlich, ein für alle unselbständig Erwerbstätigen geeignetes einheitliches

Rahmenarbeitsrecht zu schaffen. Dieses muß genügend Spielraum offenlassen, so daß auf

Berufsbild-bedingte Sonderheiten eingegangen werden kann.

 

Die Anachronismen in den individuellen arbeitsrechtlichen Positionen sowie in den

Entlohungsschemata, in der Gestaltung der Sozialversicherungsbeiträge der Höhe und dem

Grunde nach und letztlich in den davon ableitenden Ansprüchen bis hin insbesondere zu den

Pensionen haben zu einer Spaltung innerhalb der Gesellschaft geführt. Im Sozialbericht 1994

ist z.B. nachzulesen, daß die durchschnittliche Pension, die über eine der gesetzlichen

Sozialversicherunggsanstalten zur Auszahlung gelangt, bei ca. 10.500 öS, der durchschnittliche

monatliche Ruhebezug der BundesbeamtInnen (ohne Post und ÖBB) jedoch bei 30.600 öS

liegt; auch ein Vergleich der Aktivbezüge zeigt ein ähnliches Mißverhältnis.

 

In der Altersversorgung wird im ASVG-Bereich zwar das Lebensstandardsicherungsprinzip

angewendet - dennoch sind die Beiträge, wie auch die Ansprüche über Höchstbeitrags- und

Höchstbemessungsgrundlagen gedeckelt und somit Höchstgrenzen fixiert

(Höchstbeitragsgrundlage ASVG: 39.000; Höchstpensionen: 27.573 öS). Im System der

Ruhegenüsse in der Beamtenversorgung gibt es solche Höchstgrenzen nicht, was dazu führt,

daß der Zuschußbedarf zu Pensionen des öffentlichen Dienstes - selbst unter Einberechnung

eines fiktiven Dienstgeberbeitrages - ca. 72 Mrd ausmacht, wohingegen der Zuschußbedarf zu

allen anderen gesetzlichen Pensionen mit "nur rd. 56 Mrd. beziffert wird - allerdings verhält

sich die Zahl der Bezieher umgekehrt proportional wie 1 : 5 (21% aller Erwerbstätigen sind

Beamte). Besonders augenfällig sind auch die Windschatteneffekte die im quasi-öffentlichen

Bereich. wie z.B. bei den Mitarbeitern von Sozialversicherungsträgern oder Unternehmen, die

sich mehrheitlich im Eigentum öffentlicher Hände befinden, umgesetzt werden, in dem dort

spezielIe Zusatzpensionssysteme existieren, die sich zu Lasten der Allgemeinheit finanzieren

und nicht etwa aus kalkulierten kostendeckenden Beiträgen der Versicherten. Der

Rechnungshof hat erst in seinem letzten Bericht auf diese Mißstände hingewiesen.

 

Eine Vereinheitlichung aIler Pensionsrechte ist aber nicht nur angesichts der evidenten

Gefährdung, der nachhaltigen Finanzierungg, dringend notwendig, sondern auch zur Herstellung

einer angemessenen Svmmetrie zwischen der Aufbringung der Finanzierung und dem Kreis der

Pensionsempfänger unabdingbar. Es mussen daher einheitIiche, sozialpolitisch auskömmliche

Hochstpensionen sowie einheitliche Beitragssätze zur Anwendung kommen - eine darüber

hinausgehende Lebensstandardsicherung ist der privaten Initiative und Vorsorge zu

überantworten.

 

Auch sind wir als EU-Mitglied verpflichtet, ein einheitliches Arbeitnehmerschutzrecht

einzuführen. Die laufende Diskussion um ein einheitliches Ärztearbeitszeitgesetz - derzeit gibt

es im Bereich der Spitalsarzte im öffentlichen Dienst z B. keinerlei Schutz durch ein

Arbeitszeitgesetz - ist nur dieSpitze eines Eisberges, und es stellt sich die Frage, ob auch in

dieser Hinsicht eine generelle Vereinheitlichung der Arbeitsrechte für Arbeiter, Angestellte und

offentIich Bedienstete durch schrittweise Angleichung alIer gesetzlichen Grundlagen nicht der

effektivere Weg wäre. Schließlich gibt es neben dem Arbeitszeitgesetz noch etliche andere

Bereiche, in denen es derzeit keinen ausreichenden Schutz für öffentlich Bedienstete gibt - als

Beispiel sei nur die Arbeitsinspektion angeführt.

 

Da Osterreich aIs EU-Mitglied ohnedies ein einheitliches Arbeitnehmerschutzrecht für alle

privaten und öffentlichen Bereiche, für die die Gesetzgebungskompetenz beim Bund liegt

.sowie analog '. dazu in den Ländern entsprechende Bestimmungen einführen muß, und eine

Neudefinition der unselbständigen Erwerbsarbeit angesichts der Situation am Arbeitsmarkt

unabdinbgbar ist, andererseits über die Notwendigkeit einer Harmonisierung der

Pensionssysteme ohnehin breiter Konsens herrscht,

 

steIlen die unterfertigten Abgeordneten foIgenden

 

 

Entschließungsantrag

 

der NationaIrat möge beschließen

 

" Die Bundesregierung wird aufgefordert, einen Operationskalender auszuarbeiten, um -

ausgehend von einer Neudefinition der unselbständigen Erwerbsarbeit - dem Parlament ein

einheitliches Arbeitnehmer/innen Gesetz, welches die rahmengesetzlichen Grundlagen für alle

unseIbständig Erwerbstatigen abzubilden hat, vorIegen zu können. Weiters gilt es, ein

einheitliches Arbeitnehmer/innenschutzgesetz für aIIe unselbständig Erwerbstätigen unter

besonderer Bedachtnahme auf die entsprechenden EU-Richtlinien zu schaffen, sowie einen

Fahrplan zu entwickeln, um mittelfristig alle geltenden Gesetze, die der Altersicherung dienen,

zu harmonisieren. Die gesetzliche Lage ist so zu gestalten. daß jedenfalls jeweils für neu ins

Berufsleben eintretende unselbständig Erwerbstätige (derzeit Angestellte, Arbeiter und

Beamte ) einheitliche pensionsrechtliche Bestimmungen gelten. Darüber hinaus müssen

Übergangsbestimmungen deffiniert werden."

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuß für Arbeit und Soziales

vorgeschlagen.