116/AE

 

 

 

der Abgeordneten Böhacker, Mag. Trattner

und Kollegen

betreffend Privilegien und Belastungspaket

 

Die zunehmende Verschuldung des Bundeshaushaltes, der immer enger werdende budgetäre

Spielraum, die unterschätzten Kosten des EU-Beitrittes und schließlich die zu erfüllenden

Konvergenzkriterien zur Teilnahme an der europ. Währungsunion bringen es mit sich, daß die

Bundesregierung zur Bewältigung der von ihr selbst verursachten Budgetkrise den

Steuerzahlern Belastungspakete auferlegt. Während Experten und der kleinere

Regierungspartner eine weitgehend ausgabenseitige Budgetkonsolidierung favorisierten, ist

das nunmehr vorliegende sozialistisch dominierte Sparpaket II mit einnahmenseitigen

Konsolidierungsmaßnahmen von nahezu 50 % nieht als Spar-, sondern als Belastungspaket zu

verstehen. Von diesem Belastungspaket sind fast alle Bevölkerungsschichten betroffen,

insbesondere aber der Mittelstand, die Familien, Studenten, die Unternehrner und der

öffentliche Dienst.

 

So beinhaltet das 100 öS Mrd. Belastungspaket auf der Ausgabenseite nicht nachvollziehbare

Einsparungen idHv:

a.) beim Personalaufwand im öffentlichen Dienst 16,0 Mrd.

b.) bei familiären Transferleistungen und beim Pflegegeld 8,2 Mrd.

c.) bei Arbeitslosenversicherungsleistungen 5,3 Mrd.

d.) bei Pensionsversicherungsleistungen 13,5 Mrd.

e.) bei Förderungen 2,8 Mrd.

f.) durch Verwaltungsreformmaßnahmen und bei Bundesbetrieben 16,4 Mrd.

g.) und dureh Einschränkung von Zweckbindungen 4,5 Mrd.

zusammen also 66,7 Mrd.

 

Die einnahmenseitigen Maßnahmen beinhalten ein Belastungspotential von nahezu öS 50

Mrd., wovon der Bundeshaushalt, bedingt durch die gemeinschaftlichen Bundesabgaben, öS

33 Mrd. für sich lukrieren kann. Der österreichische Steuerzahler bzw eine österreichische

Durchschnittsfamilie kann in den Folgejahren je nach Betroffenheit mit Kürzungen zwischen S

20.000 und S 100.000 im Jahr rechnen. Durch die soziale Staffelung bzw. Wegfall des

allgemeinen Absetzbetrages und der Sonderausgaben wird eine indirekte Solidarabgabe

geschaffen; mit der forcierten Überstundenbesteuerung, der Sistierung der

Freibetragsbescheide und der modifizierten Besteuerung bei den Sonderzahlungen werden insb

die Arbeitnehmer getroffen; die Einschränkungen bei Verlustmodellen, beim Verlustabzug

und bei bisher begünstigten Veräußerungsgewinnen sowie die vorzeitige

Rückstellungsnachversteuerungen belasten die Unternehmer (vorallem solche in der

Anlaufphase). Mit der Erhöhung der Normverbrauchsabgabe, der Kapitalertragsteuer, der

Erbschaft- und Schenkungsteuer und der Tabaksteuer werden ebenso nahezu alle

Bevölkerungsgruppen mehrbelastet. Mit der nunmehr einzuführenden Energiesteuer entschied

sich die Bundesregierung für die schlechteste Variante, indem die Energiesteuern nicht zur

Senkung der Lohnnebenkosten, sondern zum Stopfen von Budgetlöchern verwendet werden.

Zudem wird mit dieser Minusvariante nicht nur der Wirtschaftsstandort Österreich gefährdet,

sondern auch die Familien als zwangsläufige Energie-Hauptkonsumenten überproportional

belastet.

 

Wenngleich fast alle Bevölkerungsgruppen Opfer des Belastungspaktes geworden sind, sind

die Privilegien und die geschützten Bereiche vom Belastungspaket nicht betroffen.

Hervorzukehren sind insbesondere die Privilegien der österreichischen Nationalbank, die sich

in einzelnen Details wie folgt darstellen:

 

Gehälter

 

Die OeNB hat mit Wirkung vom 1.2.1996 sämtliche Gehälter um einen Sockelbetrag von 55

Schilling und darauf aufbauend um 2,5% erhöht, obwohl die Gehälter mittlerweise ein

Ausmaß erreicht haben, die in der Bevölkerung schon lange auf kein Verständnis mehr

stossen. So beziehen beispielsweise in der Druckerei für Wertpapiere beschäftigte

Reinigungskräfte und Helfer nach 10 anrechenbaren DienstJahren einen Bruttomonatsbezug

von ca. 30.000,-- Schilling/15x im Jahr. Weitere Beispiele:

Funktion                 Monatsbezug(15x)

Telefonmechaniker 48.000,--

 

Skontist 46.000,--

 

Schreibkraft 45.000,--

 

Prämien

Der Generaldirektor schüttet für besondere Leistungen und Verbesserungsvorschläge an

Mitarbeiter im Jahr ca. 3,5 Mio. Schilling aus.

 

Zulagen

Wer heiratet oder ein Kind bekommt, erhält neben den staatlichen Leistungen einmalig jeweils

5.000 Schilling, die Kinderzulage beträgt bis 6 Jahre 2.230 Schilling, bis 10 Jahre 2.500

Schilling, bis 15 Jahre 2.800 Schilling und ab 15 Jahre 3.180 Schilling.

 

Zuschüsse

Neben dem staatlichen Karenzurlaubsgeld gibt es im ersten Jahr einen monatlichen Zuschuß

von 2.750 Schilling, in zweiten Jahr 1.650 Schilling.

Die OeNB subventioniert die Kosten die durch die Unterbringung von Kindern in

Kindergrippen, Kindergarten oder Hort entstehen, zu 2/3 (Höchstbeitrag: 700

Schilling/Monat).

 

Dienstnehmern, deren ordentlicher Wohnsitz nicht am Dienstort liegt, werden die dadurch

entstehenden erhöhten Fahrtkosten (öffentliches Verkehrsmittel) abgegolten. Darüber hinaus

hat jeder Dienstnehmer Anspruch auf Subvention der Jahresnetzkarte der Wr. Verkehrsbetriebe

im Ausmaß von 2.000 Schilling.

 

Die OeNB zahlt Jährlich zwei Millionen Schilling an den Unterstützungsverein, die an

Krankheit oder unverschuldet in Not geratenen Mitarbeitern z.B. für Sehbehelfe und

Zahnersatz ausgeschüttet werden.

Jubiläumsgabe

Wenn das Dienstverhältnis zur OeNB jeweils 20, 30 oder 40 Jahre gedauert hat, werden

jeweils 3 Monatsbezüge plus Zulagen gewährt.

 

Krankenzusatzversicherung

Die Krankenzusatzversicherung für Aktive und Pensionisten sowie deren Ehepartner und

Kinder wird von der OeNB zu 2/3 subventioniert. Kosten für die Bank: ca. 20 Mio. Schilling.

 

Erholungsurlaub

Der Anspruch beträgt grundsätzlich bei 10 anrechenbaren Dienstjahren 25 Arbeitstage, bis zu

20 anrechenbaren Dienstjahren 27 Arbeitstage, bis zu 30 anrechenbaren Dienstjahre 32

Arbeitstage und bei mehr als 30 anrechenbaren Dienstjahren 33 Arbeitstage. Fällt der Urlaub

in der Zeit zwischen dem 15. Oktober und 15. April (Ausnahme: Schulferien), dann wird jeder

4. Urlaubstag nicht auf den Gebührenurlaub angerechnet. In einer Periode können maximal 4

Zusatzurlaubstage beansprucht werden. Zusätzlich können 6 Tage pro Jahr eingearbeitet

werden.

 

Dienstreisen

Für Dienstreisen in Österreich beträgt der Taggeldsatz 580 Schilling.

 

Abfertigung

Der begünstigt versteuerte Abfertigungsanspruch beträgt bei Pensionsantritt 17,5

Monatsbezüge.

 

Pension

 

                             Eintritt bis 31.3.1993                     Eintritt seit 1.4.1993

. Pensionsantritt 35 anrechenbare Dienstjahre und 40 anrechenbare Dienstjahre oder

55. l-ebensJahr 60. Lebensjahr (=de facto 58. .

Lebensjahr)

 

Pensionsbeitrag seit 1.4.1993 freiwillig 2% 5%

 

Schul- und Studienzeiten kein Beitrag kein Beitrag

 

Pensionshöhe 85% vom Letztbezug 80% vom Letztbezug

 

Pensionssicherungsbeitrag keiner keiner

 

 

Obwohl der Rechnungshof bereits in seiner zuletzt erfolgten Einschau 1981 kritisierte, daß das

 

Direktorium der OeNB die Pensionsbemessungsgrundlage von Dienstnehmern durch

 

außertourliche Vorrückungen unmittelbar vor Pensionsantritt erhöhte, besteht diese Praxis

 

nochimmer. Dazu ein aktuelles Beispiel:

 

 

 

1993 pensionierte das Direktorium der OeNB einen leitenden Beamten im Bereich der

 

Banknoten- und Münzenkasse, ohne daß eine gesundheitliche Beeinträchtigung vorgelegen

 

hätte, vorzeitig im Alter von 53 Jahren. Sein Nachfolger wird heuer pensioniert. Kurz vor

 

dessen Pensionsantritt gewährt ihm die OeNB noch eine Interimalzulage von 8.940 Schilling,

 

wodurch die ohnehin bereits unermäßlich hohe Pensionsbemessungsgrundlage um diesen

 

Betrag angehoben wird:

 

                        Aktivbezug                             Pensionsbezug

 

Monatsbezug 101.450,-- 1x Jubiläumsgabe 473.919,--

 

 

Funktionszulage 1 25.363,-- 1x Abfertigung 3.097.028,--

 

 

Interimalzulage 8.940,-- 3.570.946,50X0,94

 

Funktionszulage 2 17.000,-- 3.356.690,-- netto

 

 

Uberstundendurchschnitt 19.000,--

 

 

Sozialzulagen 5.220,-- Pension 15x 150.430,--

 

 

Summe 176.973,-- x15

 

 

Weitere Beispiele für unvergleichlich hohe Pensionen:

 

 

 

 

frühere Funktion im Bereich      Monatliche Pension(15x)

 

Aktenumlaufevidenz 72.000,--

 

 

Wohlfahrt (Messe) 68.000,--

 

 

Hausverwaltung 56.000,--

 

 

Vorzimmer der Präsidentin 50.000,--

 

 

Garagenmeisterei . 43.000,--

 

 

 

 

Sterbequartal

 

Bei Ableben eines Aktiven oder Pensionisten stehen dem Ehegatten bzw. den Kindern 25%

 

des Gesamtjahresbezuges zu. Für den Fall, daß keine anspruchsberechtigten Personen

 

vorhanden sind, werden die Bestattungskosten ersetzt.

 

 

 

Wohnungen

 

Die OeNB vermietet insgesamt ca. 620 Wohnungen an Aktive und Pensionisten um 17

 

Schilling/m2 (Kaltmiete) in den schönsten Wiener I-agen.

 

 

 

Wie die folgende Aufstellung zeigt, nicht ausschließlich an bedürftige Personen:

 

 

 

 

Bezug/Pension                     Wohnungen

(in Millionen öS)          

 

 

2,0 VIIl, Breitenfeldergasse

 

 

2,0 IX, Garelligasse

 

2,0 III, Petrusgasse

 

 1,9 XVllI, Starkfriedgasse .

 

 

1,8 IX, Otto Wagner Platz

 

-

1,6 XVl, Heiderichstraße

 

.

1,6 XlX, Bockkellergasse

 

. 1,4 XVlII, Büdingergasse

 

 

1,4 XlX, Kahlenberger Straße

 

l ,4 lX, Schubertgasse

 

1,2 . XVIll., Wallrißstraße

 

 

1,2 XlII, Schweizertalstrasse

 

 

1,1 XIX, Hockegasse

 

1,1 I, Wallnerstraße

 

 

 

Mittagstisch

 

Die OeNB serviert (!) ihren Mitarbeitern um 15 Schilling ein gängiges Menü (3

 

Wahlmöglichkeiten) sowie Mineralwasser. Die Subvention für diese Einrichtung beträgt ca. 20

 

Mio. Schilling.

Sport, Kultur & Erholung

Die OeNB verfügt in Langenzersdorf über ein Sport- und Erholungszentrum, das Aktiven und

Pensionisten für einen monatlichen Beitrag von 0,15% des Bezuges zur Verfügung steht. Die

OeNB unterstützt die Freizeitaktivitäten seiner Mitarbeiter mit ca. 8 Mio. Schilling/Jahr.

 

Spar- & Vorschußvereine

Bei den beiden Spar- und Vorschußvereinen "Graphik" und ''Beamtenschaft" können Aktive

und Pensionisten zu besonders günstigen Konditionen Geld anlegen und ausleihen. Die OeNB

bezahlt nicht nur den Geschäftsbetrieb (Personal, Geschäftsstelle und Betriebsaufwand),

sondern veranlagt auch geringe Teile der Pensionsreserve bei den Sparvereinen.

 

Urlaubsquartiere

Neben den beiden bankeigenen Hotels mietet die OeNB auch Urlaubsquartiere für Aktive und

Pensionisten an, die sie zu besonders günstigen Preisen abgibt. Die zu diesem Zweck

gegründete Gesellschaft zum Betriebe der Wohlfahrtseinrichtungen wird jährlich mit etwa 15

Mio. Schilling subventioniert.

 

Weitere geschützte Privilegienparadiese finden sich im Bereich der Kammern und

Sozialversicherungen, deren Funktionäre jeweils die Vorteile aus Privatwirtschaft und

Beamtenverhältnis genießen. So sind Abfertigungsregelungen üblich, die oftmals über die

Regelungen des Angestelltengesetzes weit hinausgehen, während die Pensionsregelungen sich am

öffentlichen Dienst orientieren. Zu betonen ist, daß alle diese Privilegien von den

zwangsverpflichteten Mitgliedem der Kammem bzw. von den Sozialversicherten zu finanzieren

sind.

 

Ein weiterer privilegierter Bereich, der besonders durch ein weit überhöhtes Gehaltsniveau

hervorsticht, ist die Elektrizitätswirtschaft. Dazu einige Beispiele aus dem Wahmehmungsbericht

des Rechnungshofes III - 18 Blg NR XIX. GP.:

Österreichische Draukraftwerke

Vorstand: 2 Personen mit Gesamtbezügen von 5,6 Mio. S (1991).

Vorstandsverträge: Für den Fall der Auflösung des Dienstverhältnisses durch die

Unternehmung in der 2. oder einer folgenden Periode; sofortiger, vom Lebensalter

unabhängiger Pensionsanspruch, der auch dann nicht ruht oder sich entsprechend verringert,

wenn der Ausscheidende sein Berufsleben anderweitig fortsetzt.

Zahlung von 251.000.- S an ein Vorstandsmitglied für nicht konsumierten Urlaub.

 

Ennskraftwerke AG

Zahlung einer freiwilligen Abfertigung an 2 frühere Vorstandsmitglieder in Höhe von 1,4 Mio.

bzw. 1,3 Mio. S.

 

Steiermärkische Elektrizitäts AG

1992 betrugen die Bezüge der 3 Vorstandsmitglieder insgesamt rd. 7 Mio. S,

1993 rd. 8 Mio. S.

Der Vertrag eines seit Mai 1993 tätigen Vorstandsmitgliedes sah bei Nichtverlängerung des

Vertrages die Möglichkeit zur Weiterbeschäftigung als Prokurist oder als Führungskraft im

Prokuristen-Bezugsniveau bzw. die Rückkehr in eine Führungsposition im Verbund vor.

 

Tauernkraftwerke AG

Vorstand: 2 Mitglieder mit Jahreseinkommen von zusammen rd. 5,7 Mio. S/1991.

Bei Nichtverlängerung der Funktion sah der Vertrag die Weiterbeschäftigung als Prokurist vor;

die gleichzeitige Ausübung von Vorstands- und Geschäftsführertätigkeit bei Tochter- bzw.

Konzernunternehmen bewirkte teilweise einen zusätzlichen Abfertigungsanspruch. Bei

Auflösung des Vertrages nach der 1. Wiederbestellung entstand unabhängig von Alter,

Berufsunfähigkeit oder Tätigkeit in branchenfremden Bereichen ein sofortiger

Ruhegenußanspruch. Der durchschnittliche Bezug eines Aufsichtsrates betrug 1992 rd.

341.000.- S.

Österreichische Donaukraftwerke AG

61 Sondervertragsinhaber erhielten durchschnittlich je 700.000.- S Jahrespensionszuschuß.

Vorstand: 2 Mitglieder mit Gesamtbezügen von rd. 5,8 Mio. S.

Eine Verlängerung der Vorstandsverträge um eine Periode genügte, um einen sofortigen

Pensionsanspruch bei Ausscheiden zu erwerben.

 

Die Aufzä.hlung der privilegierten Bereiche erhebt keineswegs den Anspruch aufVollständigkeit.

 

Privilegien sind begünstigende Sonderregelungen für Personen oder Personengruppen, die sachlich

nicht bzw. nicht mehr begründet sind. Angesichts der Belastungen, die den Österreicherinnen und

Österreichem auferlegt werden, ist es dringend geboten, einen umfassenden Abbau der Privilegien

in allen bisher geschützten Bereichen einzuleiten. Den Österreicherinnen und Österreichem fehlt

nämlich in zunehmendem Maße jedes Verständnis für die teilweise üppigen, sachlich nicht

gerechtfertigten Privilegien. Nicht zuletzt liegt im Abbau dieser ungerechtfertigten

Vergünstigungen ein beachtliches Einsparungspotential.

 

 

Aus gegebenem Anlaß stellen daher die unterfertigten Abgeordneten folgenden

 

ENTSCHLIEßUNGSANTRAG

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage vorzulegen,

welche den Abbau von Privilegien in geschützten Bereichen, wie insbesondere jene der

Österreichischen Nationalbank, der Kammern, der Sozialversicherungsträger und der

Elektrizitätswirtschaft vorsieht, bevor die Bevölkerung mit einnahmenseitigen

Budgetkonsolidierungsmaßnahmen belastet wird."

 

In formeller Hinsicht wird ersucht, diesen Antrag dem Finanzausschuß zuzuweisen.