192/A
ANTRAG
des Abgeordneten Dr. Haider, Mag. Haupt, Dr. Salzl, Mag. Schweitzer, Ing. Reichhold
und Kollegen
betreffend ein Bundesgesetz, mit dem Arbeiten mit gentechnisch veränderten Organismen, das Freisetzen und Inverkehrbringen von gentechnisch veränderten Organismen und die Anwendung von Genanalyse und Gentherapie am Menschen geregelt werden (Gentechnikgesetz - GTG) und
das Produkthaftungsgesetz geändert wird. BGBl. Nr. 510/1994 geändert wird
Der Nationalrat wolle beschließen:
Das im Titel genannte Bundesgesetz, BGBl. Nr. 510/1994, wird wie folgt geändert:
Der Nationalrat hat beschlossen:
Bundesgesetz vom ........, mit dem das Bundesgesetz, mit dem Arbeiten mit gentechnisch veränderten Organismen, das Freisetzen und Inverkehrbringen von gentechnisch veränderten Organismen und die Anwendung von Genanalyse und Gentherapie am Menschen geregelt werden (Gentechnikgesetz - GTG) und das Produkthaftungsgesetz geändert wird. BGBl. Nr. 51071994 geändert wird.
Artikel I
"§ 1. Ziel dieses Bundesgesetzes ist es,
"§ 9. (1) Arbeiten zur Herstellung von transgenen Wirbeltieren, mit denen eine Durchbrechung der Artgrenzen verbunden ist, und Arbeiten mit transgenen Wirbeltieren, die unter Durchbrechung der Artgrenzen hergestellt wurde, sind untersagt."
"(4) Organe, die vom Bund oder von dem Land, in dem die Arbeiten mit GVO durchgeführt werden sollen, besonders dafür eingerichtet werden, um den Schutz der Umwelt in Verwaltungsverfahren wahrzunehmen, haben in den Verfahren, in denen gem. Abs. 3 Z 2 eine Anhörung durchzuführen ist, Parteistellung und können als subjektives Recht die Einhaltung der zum Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt nach diesem Bundesgesetz bestehenden Vorschriften geltend machen. Sie sind berechtigt, Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof zu erheben."
"(6) Organe, die vom Bund oder von dem Land, in dem die Freisetzung durchgeführt werden soll, besonders dafür eingerichtet wurden, um den Schutz der Umwelt in Verwaltungsverfahren wahrzunehmen, haben im Genehmigungsverfahren für Freisetzungen Parteistellung und können als subjektives Recht die Einhaltung der zum Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt nach diesem Bundesgesetz bestehenden Vorschriften geltend machen. Sie sind berechtigt, Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof zu erheben."
"1. Je ein Vertreter der im Parlament vertretenen politischen Parteien."
Die bisherigen Z 1 bis 6 erhalten die Bezeichnung 2 bis 7.
"Nominierung von Experten"
§ 89. Die Nominierung der Experten erfolgt auf Grund einer von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften zu erstellenden und jährlich zu überarbeitenden Liste von Experten der einschlägigen Wissensgebiete.
Vor § 99 wird folgender § 98a eingefügt:
"Gentechnikregister
§ 98a. (1) Die zuständigen Behörden übermitteln Zusammenfassungen der Anmeldungen und Genehmigungsanträge innerhalb eines Monats an das Bundesministerium für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz. Weiters unterrichten sie das Bundesministerium für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz über die im Vollzug des Gesetzes getroffenen Entscheidungen, über gem. § 30 Abs. 3, § 31, § 45 Abs. 3, § 46, § 57 eingetroffene Informationen, über nachträgliche Auflagen (§§ 33, 48), über im Rahmen von Kontrollen (§ 101) bekanntgewordene sicherheitsrelevante Vorkommnisse sowie über eingetroffene Unfallmeldungen gemäß §§ 11 Abs. 2, 49 Abs. 2.
Artikel II
Nach dem V. Abschnitt wird folgender neuer VI. Abschnitt eingefügt. Die bisherigen Abschnitte VI bis XII erhalten die Bezeichnung VII bis XIII und die Paragraphenbezeichnungen und bezughabenden Verweise sind entsprechend anzupassen.
"VI. Abschnitt
Haftung
§ 80 (1) Wer eine g entechnische Anlage betreibt, wer für Arbeiten mit gentechnisch veränderten Organismen oder für die Freisetzung gentechnisch veränderter Organismen verantwortlich ist, oder wer als Hersteller oder Importeur ein Produkt, das aus gentechnisch veränderten Organismen besteht oder solche enthält, in Verkehr bringt, haftet für den Schaden an Personen und Sachen, soweit dieser auf die gentechnische Veränderung eines Organismus zurückzuführen ist.
Verursachungsnachweis
§ 81. (1) Kann der Geschädigte als wahrscheinlich dartun, daß sein Schaden auf einen gentechnisch veränderten Organismus oder eine somatische Gentherapie zurückzuführen ist, so wird vermutet, daß der Schaden durch die gentechnische Veränderung des Organismus oder die somatische Gentherapie verursacht wurde. Diese Vermutung wird durch den Nachweis der Unwahrscheinlichkeit der Verursachung entkräftet.
Deckungsvorsorge
§ 82. Die nach § 80 Abs. 1 haftpflichtige Person ist verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, daß nach diesem Bundesgesetz entstehende Schadenersatzpflichten erfüllt werden können. Hat die betriebsintern dafür verantwortliche Person es schuldhaft unterlassen, dieser Verpflichtung ausreichend nachzukommen, so haftet sie dem Geschädigten persönlich. Die Höhe der Ersatzpflicht kann in entsprechender Anwendung der Bestimmungen des Dienstnehmerhaftpflichtgesetzes, GBGl. Nr. 80/1965, über das richterliche Mäßigungsrecht gemindert werden.
§ 83. (1)
Soweit in diesem Bundesgesetz nichts anderes bestimmt wird, ist auf die darin vorgesehenen Ansprüche das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch anzuwenden. Die Haftung nach diesem Bundesgesetz ist unabhängig von Rechtswidrigkeit und Verschulden. Sie erfaßt auch Schäden an Personen infolge der Beeinträchtigung ihres Ergbutes. Bei Sachschäden wird auch für den entgangenen Gewinn gehaftet. Mehrere Personen haften zur ungeteilten Hand.
"15. Mit der Vollziehung der Bestimmungen des VI. Abschnittes ist der Bundesminister für Justiz betraut."
Die bisherigen Z 15 bis 17 erhalten die Bezeichnung 16 bis 18.
Artikel III
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung dieses Antrages an den Gesundheitsausschuß beantragt.
Erläuterungen:
Dem Gentechnikgesetz, BGBl. Nr. 510/1994, gingen umfangreiche Vorarbeiten und Beratungen des Nationalrates voraus.
Als Vorarbeit diente ein dreibändiger, einstimmig verabschiedeter Bericht einer Enquete-Kommission des Nationalrates zum Thema "Technikfolgenabschätzung am Beispiel der Gentechnologie". Dieser Bericht kam durch gedeihliche parteiübergreifende Zusammenarbeit eines Redaktionskomitees aus allen Funktionen zustande.
Der anschließend erstellte Ministerialentwurf eines Gentechnikgesetzes gab leider die im Bericht festgehaltenen Zielsetzungen und Forderungen der Enquetekommission nur ansatzweise wider, manche Bestimmungen widersprachen sogar den Intentionen des Nationalrates, manches war nicht berücksichtigt worden. Auch die seinerzeitige Regierungsvorlage (1465 d.B., XVIII. GP) war so unbefriedigend abgefaßt, daß sich sogar die Koalitionsparteien veranlaßt sahen, mittels Abänderungsantrag korrigierend einzugreifen.
Die Oppositionsparteien machten damals schon auf die immer noch vorhandenen Schwächen des Gesetzes aufmerksam, die sich von Zielparagraphen über die Freisetzungsproblematik bis zu den Haftungsfragen erstreckten.
Eine umfangreiche, als Vielparteienantrag konzipierte Abänderung, die vom seinerzeitigen III. Präsidenten des Nationalrates gemeinsam mit einem (damals noch) dem ÖVP-Klub zugehörigen Abgeordneten und Universitätsprofessor initiiert wurde, fand nicht die Mehrheit, doch wurde seitens der Koalition betont, daß im Falle entsprechender Erfahrungen nach Inkrafttreten des Gentechnikgesetzes die Notwendigkeit einer Novellierung im Sinne der Antragsteller neuerlich überlegt werde.
Dieser Zeitpunkt ist nun gekommen.
Der Unmut breiter Bevölkerungskreise über die Forcierung gentechnischer Projekte durch das BMGK, die Unzulänglichkeiten der bisherigen Anhörungsverfahren, die voreilige Freisetzung von Genkartoffeln im Vertrauen auf inoffizielle Zusagen auf Beamtenebene, die nicht vorhandene Kennzeichnung gentechnisch hergestellter Produkte und die nicht gelöste Haftungsfrage lassen eine neuerliche Initiative angezeigt erscheinen.
Der vorliegende Antrag ermöglicht zwar weiterhin die Anwendung der Gentechnik, bietet aber erweiterten Schutz gegen negative Auswirkungen auf Menschen, Tiere und Pflanzen, schreibt eine informative und zumutbare Kennzeichnung vor, regelt die Parteistellung bei Freisetzungsverfahren, die Nominierung von Experten und das Gentechnikregister.
In einem eigenen Abschnitt werden die Haftungsbestimmungen bei Freisetzungen, bei Umweltbeeinträchtigungen, bei Gentherapien sowie bei unerlaubtem Verhalten haftpflichtiger Personen. Als Verursachungsnachweis gilt der Beweis des erlittenen Schadens, der Verursacher muß den gegen ihn gerichteten Verdacht entkräften können. Außerdem haben haftpflichtige Personen für eine eventuelle Schadensabdeckung Vorsorge zu treffen.