207/A
der Abgeordneten Langthaler. Wabl, Freundinnen und Freunde
betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gentechnikgesetz geändert wird
Der Nationalrat wolle beschließen:
Das Bundesgesetz, mit dem Arbeiten mit gentechnisch veränderten Organismen, das Freisetzen
und Inverkehrbringen von gentechnisch veränderten Organismen und die Anwendung von
Genanalyse und Gentherapie am Menschen geregelt werden (Gentechnikgesetz - GTG) BGBl.
Nr. 5 l0/l994,wird wie folgt geändert:
Der Nationalrat hat beschlossen:
1. Nach der Überschrift
"III. ABSCHNITT
Freisetzen von GVO und Inverkehrbringen von
Erzeugnissen
TEIL A
Freisetzen von GVO
wird folgender neuer § 3 5a eingefügt:
''§ 3 5a (1) Das Freisetzen von GVO ist in Österreich vom 1. Juli 1996 bis zum 30. Juni
200l untersagt.
(2) Nach dem 30. Juni 2001 darf das Freisetzen von GVO nur nach den Bestimmungen
gemäß § 36 bis § 53 erfolgen."
Informeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Gesundheitsausschuß vorgeschlagen.
BEGRÜNDUNG
Bei der Diskussion um die Freisetzung gentechnisch manipulierter Pflanzen geht es um die
Weichenstellung für die österreichische Landwirtschaft und Nahrungsmittelproduktion. Der
Einsatz der Gentechnologie läuft einer ökologisch orientierten Landwirtschaft bzw. dem
biologischen Landbau völlig zuwider.
So stagnieren etwa in Europa die Herbizid-Umsätze, und so wird es für die Unternehmen
immer schwieriger, ihre Produkte gewinnbringend abzusetzen. Dem soll die Gentechnik nach
Willen der Chemiemultis Abhilfe schaffen. Diese Unternehmen verdienen doppelt: durch den
Verkauf des gentechnisch manipulierten Saatgutes und des dazugehörigen Pestizids. Und die
Bauern laufen Gefahr, daß sie in verstärkte Abhängigkeit zu Saatgut- und Chemiekonzernen
geraten.
Nicht nur die Grünen, sondern auch zahlreiche Wissenschaftler stehen den gentechnologischen
Experimenten mit Pflanzen äußerst kritisch gegenüber.
Erst jüngst warnte das deutsche Umweltbundesamt, daß die "Langzeitwirkungen'' der
Versuche kaum zu beurteilen seien.
''Aufeiner Tagung des Arbeitskreises ''Gentechnik'' der Gesellschaftfür Ökologie (GfÖ) in
Zusammenarbeit mit dem Umweltbundesamt am 5. und 6. Oktober 1995 in Berlin wurde
erneutfes.tgestellt, daß die Beurteilung der ökologischen Langzeitwirkungen au-fgrund
erheblicher Wissenslücken in der Erforschung ökosystemarer Zusammenhänge kaum möglich
ist'' (UBA-Presseinformation Nr. 43/95).
Zu den ökologischen Risiken zählen u.a.: die Möglichkeit der Resistenzentwicklung bei
Wildpflanzen, die Veränderungen/Verarmung und Verdrängung der Ackerbegleitflora,
mittelfristig ein Anstieg von Herbizid-Aufwandmengen, die Einengung der Fruchtfolgen und
des Sortenspektrums, neue Rückstände in Pflanzen (Metaboliten, Konjugaten.
Pflanzeninhaltsstoffen).
Studien und Versuche belegen, daß sich bei der Freisetzung von herbizidresistentem Raps die
Annahmen hinsichtlich Sterilität und Pollenflug als völlig falsch erwiesen haben.
Einer schottischen Studie zufolge (1995) konnte Pollenverbreitung über weitaus größere
Entfernungen (2km), als auf der Basis bei kleinen Feldversuchen (200m) angenommen.
festgestellt werden.
''Sixty percent of 'feral 'populations with more than 10 plants occurred downwind and within
2 km ofan oilseed rapefield. ''
"Wir haben gezeigt, daß ein Gen-fluß weiter entfernt und in höheren Frequenzen als
voransgesagt stattfindet''. so Dr. Wilkinson von der University of Reading.
Einer dänischen Studie zufolge (Mikkelsen et al. 1996) konnte festgestellt werden, daß
Herbizidresistenzgene von Kulturraps auf eine kreuzbare Wildart ausgekreuzt werden können.
Die entstehenden Hybride waren zudem fruchtbar! Eine Etablierung des Herbizidresistenzgens
in der Wildart gilt damit als gesichert.
"Contrary to previous observations, interspecific hybrids were not sterile, but produced an
average ofmore than 450 seeds per plant''.
Der Einsatz der Gentechnik in der Landwirtschaft ist der direkte Vorläufer einer
gentechnischen Produktion oder Veränderung von Nahrungsmitteln. Gentechnisch veränderte
Nahrungsmittel können zu einem verstärkten Problem für Nahrungsmittelallergiker werden. Es
gibt Gründe zur Annahme, daß Allergenität ein besonders wichtiges Gesundheitsrisiko der
gentechnisch veränderten Nahrung bedeuten könnte, dies z.B. dann, wenn Proteine, die bisher
in Lebensmitteln nicht vorhanden waren, in dieselben eingeführt worden sind (z.B.
Genprodukte von Mäusen und Insekten). Aber auch die Übertragung bekannter Allergene von
einer Nutzpflanze auf die andere kommt in Frage, sodaß Personen, welche die für sie
allergenen Nahrungsmittel kennen und meiden, plötzlich auch auf eine bisher unbedenkliche
Kost allergisch reagieren.
So können etwa gentechnisch manipulierte Sojabohnen schwere allergische Symptome
auslösen. Erstmals wurde von einem anerkannten US-Wissenschaftlerteam konkret
nachgewiesen, wie gefährlich die Neukonstruktion von Lebensmitteln am Reißbrett der
Genlabors sein kann. Mittels Genmanipulation sollte der Nährwert der eiweißreichen
Sojabohne verbessert werden. Die Sojabohne ist ein wertvolles Lebensmittel, ihr fehlen aber
die Aminosäuren Methionin und Zystein. Um den ''Mangel" zu beheben, wurde der Sojabohne
ein Gen der Paranuß implantiert, das für die Herstellung des methionin- und zysteinreichen
Proteins 2S-Albumin verantwortlich ist. Die Forscher entdeckten, daß Versuchspersonen mit
einer Nußallergie auf die Sojabohnen stark allergisch reagierten. Bei Hauttests zeigten die
nußsensitiven Testteilnehmer selbst bei starken Verdünnungen der Soja-Pflanzenextrakte noch
deutliche Reaktionen. Auch mit Hilfe von Bluttests wurden die allergene Potenz der
genmanipulierten Pflanze bestätigt. Die Forscher verzichteten darauf, die Versuchspersonen
von der Gentech-Sojabohne kosten zu lassen. ''Dies würde ein Risiko -für diese Menschen
bedeuten. Die meisten von ihnen entwickeln lebensbedrohliche Symptome, wenn sie
vers.ehentlich Paranüsse essen '', heißt es in dem Forschungsbericht. Etwa 15% der
Österreicherinnen und Österreicher sind gegen bestimmte Nahrungsmittel allergisch. Allergien
gegen Nüsse zählen zu den am häufigsten auftretenden.
Es besteht die Gefahr, daß aufDruck einiger weniger Lobbys der Fehler begangen wird, eine
Entwicklung festzuschreiben. die Österreich ökonomisch in einen aussichtslosen Wettkampf
mit den ''Großen" treibt, statt auf die spezifische und in der EU fast einzigartige Stärke der
österreichischen Landwirtschaft zu bauen: einer möglichst naturnahen Landwirtschaft.
Österreich könnte als ''Feinkostladen" massive Wettbewerbsvorteile und Exportchancen von
qualitativhochwertigen Lebensmittel für sich nützen, wenn wir auch eine für die
KonsumentInnen glaubwürdige Politik vertreten.
Mehr als 80% der österreichischen VerbraucherInnen wollen keine gentechnisch veränderten
Nahrungsmittel, ähnlich verhält es sich mit den KonsumentInnen des Haupthandelspartners
Deutschland. Der Beschluß für eine gentechnikfreie Zone im Bereich der Landwirtschaft und
der Nahrungsmittelproduktion wäre ein solcher Schritt. der österreichische Produkte
schlagartig auch für KonsumentInnen in der EU interessant machen würde.
Bundeskanzler Dr. Vranitzky und Vizekanzler Dr. Schüssel haben sich gegen ein von den
Grünen gefordertes Moratorium für die Freisetzung von gentechnisch veränderten Pflanzen
und Lebensmitteln ausgesprochen. Dies wurde damit begründet, daß ein derartiges
Moratorium einerseits die Forschung in Österreich und andererseits einen Stopp für die
Anwendung der Gentechnik in der Medizin zur Folge hätten. Beides Argumente, die insofern
nicht richtig sind, da ein derartiges Moratorium lediglich für den Anwendungsbereich in der
Landwirtschaft und auf Lebensmitteln Anwendung finden würde. Weder die Forschung. noch
medizinische Anwendungen würden davon betroffen sein.