218/AE

 

 

 

 

der Abgeordneten Kier, Schaffenrath und Partner/innen

 

betreffend Schaffung der Möglichkeit der Teilarbeitslosigkeit

 

 

ln der Regierungserklärung des Bundeskanzlers vor dem Nationalrat am 13.3.1996

wurde betont, daß die Bemühungen zur Schaffung von Teilzeitarbeit verstärkt

werden sollen; auch im Koalitionsübereinkommen werden Maßnahmen zur Stärkung

einer arbeitnehmerfreundlichen FlexibiIität des Arbeitsmarktes und zur Stärkung der

Vereinbarkeit von Beruf und Familie z.B. durch Zeitkontomodelle oder Förderung

von TeiIzeitbeschäftigungen gefordert. lm 1994 von der Europäischen Kommission

veröffentlichten Weißbuch "Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit, Beschäftigung" wird

die Notwendigkeit solcher Maßnahmen ebenfalls betont. ln der gesamten

Europäischen Union ist ein verbreiteter, wenngleich noch schwacher Trend zu einer

größeren Flexibilität in der Arbeitszeitgestaltung zu erkennen. lm Jahresbericht der

Europäischen Kommission zur Beschäftigung in Europa 1995 ist dazu Folgendes

nachzulesen: 'Obwohl die Arbeitszeiten in vielen Mitgliedstaaten zwischen den

SoziaIpartnern ausgehandelt werden, gibt es eine Reihe von Möglichkeiten, wie die

Regierungen die Entwicklungen beeinflussen können, insbesondere dadurch, daß

sie die rechtlichen und verwaltungstechnischen Hindernissen, die einer Verkürzung

der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit entgegenstehen (beispielsweise

Bestimmungen über Teilzeitarbeit sowie über Leistungsansprüche aus der

Sozialversicherung) beseitigen.'

 

Wiewohl man sich auf europäischer, wie auch auf innerstaatlicher Ebene

offensichtlich einig darüber ist, daß Teilzeitbeschäftigungsverhältnisse zunehmen

werden und auch zunehmen soIIen, wurden bis jetzt in Österreich

''Förderungsinstrumente,' nur in sehr bescheidenem Ausmaß kreiert. Die Möglichkeit

der Teilzeitkarenz und der Gleitpension sind erste Schritte in die als notwendig

erkannte Richtung, aIlerdings sind wir der Meinung, daß diese

''Sonderteilzeitmodelle" auf Dauer nicht ausreichen werden. Viele Menschen

scheuen in Österreich unter anderem auch deshalb vor der Annahme eines

Teilzeitjobs zurück, weil mit dieser Entscheidung eine Reihe von negativen

Folgewirkungen verknüpft sind. Anerkannte Sozialwissenschafter befürchten in

diesem Zusammenhang aufgrund der erwarteten Zunahme von

Teilzeitbeschäftigungsformen eine Verschärfung des wie folgt umschriebenen

Problems: ,Wer etwa zwei Teilzeitbeschäftigungen ausgeübt hat, und eine dieser

Beschäftigungen verliert, kann kein Arbeitslosengeld beanspruchen, wenn das

Einkommen bei der verbleibenden Beschäftigung oberhalb der

Geringfügigkeitsgrenze bleibt. Ein allfälliger späterer Verlust auch dieses

ArbeitspIatzes führt dann zu einem besonders niedrigen ArbeitsIosengeld.'

Umgekehrt ist es im Falle bestehender ArbeitsIosigkeit äußerst unattraktiv, einen

Teilzeitarbeitsplatz anzunehmen, da eine EntIohnung aus einer

Teilzeitbeschäftigung meist geringer ist als das zustehende Arbeitslosengeld. Die

Regelung von TeiIarbeitslosigkeit wird daher in nächster Zeit immer dringender; die

Einführung eines Modells ähnIich dem des Schweizer

Arbeitslosenversicherungsrechtes erscheint daher dringend geboten.

 

Nach dem Schweizer Arbeitslosenversicherungsrecht gibt es die Möglichkeit der

Teilarbeitslosigkeit, wenn man eine Teilzeitbeschäftigung hat, aber eine Vollzeit-

oder eine weitere Teilzeitbeschäftigung sucht. Wer eine in der Terminologie des

ArbeitsIosenversicherungsrechtes 'nicht zumutbare' Beschäftigung annimmt, kann

einen Zwischenverdienst beziehen, ohne den Anspruch auf Arbeitslosengeld zu

verlieren. Gleichzeitig muß der Arbeitslose weiterhin seine Bemühungen, eine

zumutbare Beschäftigung zu finden, nachweisen, da ansonsten das

Arbeitslosengeld gestrichen werden kann.

 

Die Zwischenverdienstmöglichkeit nach Schweizer Recht gibt es seit 1990, und

basiert auf folgenden Eckpfeilern:

. Nimmt jemand im Fall des Bezugs von Arbeitslosengeld einen

''Zwischenverdienst'' an, so wird von der Differenz zwischen seiner ursprüngIichen

BemessungsgrundIage (- ursprüngIicher Verdienst) und dem Zwischenverdienst

die Höhe des Bezugs des weiter zustehenden Arbeitslosengeld berechnet - die

Bemessungsgrundlage für das Arbeitslosengeld wird also um den

Zwischenverdienst gemindert. Dadurch wird auch die Annahme eines finanzieII

eher unattraktiven (Teilzeit-) Jobs als Zwischenlösung akzeptabel.

. Die Annahme eines Zwischenverdienstes verlängert die Dauer der

Bezugsmöglichkeit insgesamt; wer einen Zwischenverdienst annimmt, verbraucht

weniger Taggelder und ist länger bezugsberechtigt - die

Zwischenverdienstmöglichkeit ist allerdings mit einem, bzw. zwei Jahren bei

Arbeitslosen mit Unterhaltspflichten, beschränkt.

. Durch die Annahme eines Zwischenverdienstes wird eine neuerliche

Anspruchsvoraussetzung zum neuerlichen Bezug von ArbeitsIosengeld erworben.

. Es gibt keinen Zwang zur Annahme einer Zwischenverdienstmöglichkeit, daher

auch keine Sanktionen.

 

Die VorteiIe der Annahme des Zwischenverdienstes nach Schweizer Recht bestehen

sowohl für die Betroffenen als auch für die Versicherung in mehreren Punkten;

beispielhaft seien nur zwei Eckpunkte angeführt:

. Die Arbeitslosenversicherung wird tendentiell entlastet

. Arbeitslose können über die Zwischenverdienstmöglichkeit ohne finanzielle

Risiken einfacher als bisher Kontakte mit potentiellen Arbeitgebern knüpfen.

 

Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen und überzeugt davon, daß eine solche

Maßnahme langfristig sowohl positive Beschäftigungseffekte als auch eine

Entlastung der Arbeitslosenversicherung bewirken würde, stellen die unterfertigten

Abgeordneten nachfolgenden

 

Entschließungsantrag

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

''Die Bundesregierung wird aufgefordert, eine RegierungsvorIage auszuarbeiten, die

eine Reform des Arbeitslosenversicherungsgesetzes dahingehend vornimmt, daß

unter bestimmten Bedingungen der Bezug eines Teilarbeitslosigkeitsgeldes möglich

ist. Die Erarbeitung dieser Vorlage soll auf Basis des Schweizer Modells erfolgen.''

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuß für Arbeit und Soziales

beantragt.