299/AE

 

 

 

der Abgeordneten Scheibner

und Kollegen

betreffend Beziehung Österreichs zu NATO und EU

 

 

Seit dem Zusammenbruch der realsozialistischen Diktaturen in Osteuropa in den Jahren 1989

und 1990 hat sich die sicherheitspolitische Situation in Europa grundlegend geändert. An die

Stelle der Konfrontation der Nuklearmächte sind regionale und lokale Auseinandersetzungen,

auch in der unmittelbaren Nähe Österreichs, getreten.

 

Das Ende der bipolaren Welt und damit des Gleichgewichtes des Schreckens erfordert in

einem konfliktträchtigeren Szenario neue Antworten in der Außen- und Sicherheitspolitik. Für

Europa und damit auch Österreich erweist sich die Herausbildung eines europäischen

kollektiven Sicherheitssystems, das Schutz vor Aggressionen von außen und innen bietet, als

absolut vorrangig. Ein solches System sollte möglichst alle europäischen Staaten einschließen.

Es ist selbstverständlich, daß ein derartiges System kollektiver Sicherheit zur Erfüllung seiner

Aufgaben neben dem rechtlichen Rahmen über eigene militärische Institutionen verfügen

sollte. Vorerst kommt nur eine weiterentwickelte NATO als einzig effektives

Verteidigungsbündnis in Betracht, wobei die WEU in Zukunft den europäischen Arm der

NATO bilden könnte. Durch den Beitritt weiterer europäischer Staaten würden die

Voraussetzungen am raschesten geschaffen, um in Zukunft ein gesamteuropäisches

Sicherheits- und Verteidigungssystem aufzubauen.

 

Österreich müßte hiezu seinen solidarischen Beitrag leisten. Es wäre weder moralisch noch

realistisch, sich daran lediglich als Trittbrettfahrer zu beteiligen, und im Falle eines Österreich

nicht direkt bedrohende Konfliktes abseits zu stehen.

 

Es gilt, diese Erkenntnis in die Tat umzusetzen, und einen Beitritt zu NATO und WEU

anzustreben. Das Verhandlungsergebnis ist jedenfalls einer Volksabstimmung zu unterziehen.

 

Wichtigstes Rechtssetzungsorgan der EU ist auch nach dem Vertrag von Maastricht der Rat.

Dieser trifft seine Entscheidungen im wesentlichen einstimmig.

Es kann nicht im Interesse eines Kleinstaates wie Österreich liegen, durch ein Abgehen von

Erfordernis der Einstimmigkeit die Möglichkeit einer Majorisierung zu forcieren. Vielmehr

muß es ein Anliegen der österreichischen Politik sein, die Einflußmöglichkeiten Österreichs zu

stärken und darüber hinaus in Zukunft das Subsidiaritätsprinzip zu stärken und die

Entwicklung in Richtung einer Konföderation von souveränen Staaten voranzutreiben. Jede

Weiterentwicklung der EU bedarf des Konsenses der Österreicherinnen und Österreicher,

weshalb jede Revision des Maastrichter Vertrages einer vorherigen Volksabstimmung zu

unterziehen ist.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Die Bundesregierung wird aufgefordert,

 

1. ehestmöglich Verhandlungen mit NATO und WEU über einen Beitritt Österreichs zu

diesen Sicherheitsorganisationen aufzunehmen und nach Abschluß der Verhandlungen, aber

noch vor Unterzeichnung eines Vertrages, das Verhandlungsergebnis einer

Volksabstimmung zu unterziehen;

 

2. im Rahmen der Europäischen Union den österreichischen Standpunkt klarzulegen, daß am

Einstimmigkeitsprinzip zumindest im bisherigen Umfang festzuhalten ist; und

 

 

 

3. durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, daß jede Revision der Gemeinschaftsverträge,

 

insbesondere des Maastrichter Vertrages, nach Abschluß der Verhandlungen, aber noch vor

 

Unterzeichnung eines Vertrages einer Volksabstimmung zu unterziehen ist.