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der Abgeordneten Anschober. Freundinnen und Freunde
betreffend Umsetzung einer offensiven österreichischen Anti-Atompolitik
lm Zuge der Debatte über die Finanzierung und Fertigstellung des Kernkraftwerkes Mochovce
faßte der Nationalrat im Jahr 199555 einstimmige und weitreichende Beschlüsse, die über den
spezifischen Anlaßfall hinaus von grundsätzlicher Bedeutung für eine Entwicklung der
österreichischen Anti-Atompolitik sind. Abgesehen von Einzelpunkten ist der große Teil dieser
Beschlüsse seitens der Bundesregierung bzw einzelner MitgIieder bislang nicht realisiert.
Aufgrund der aktuellen Entwicklung, die ein Abgehen von der offiziellen Zielsetzung der
Politik Österreichs. der Schaffung eines kernenergiefreien Europas befürchten läßt, ist eine
neuerliche Beschlußfassung der wörtlich übernommenen Entschließungen von 1995
erforderlich.
Die unterfertigten Abgeordneten steIlen daher folgenden
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
Die Österreichische Bundesregierung soll ihre Bemühungen im Sinne der Politik für ein
kernenergiefreies Mitteleuropa intensivieren, um damit das Risiko für die österreichische
Bevölkerung zu minimieren und gleichzeitig einen Schritt in Richtung auf eine nachhaItige
Energiewirtschaft zu setzen, insbesondere (Beschluß vom 9.2.1995).
a) wird die Bundesregierung ersucht, in allen relevanten Gremien der Europäischen Union,
insbesondere in der EU-Kommission, in EURATOM nach Möglichkeit eine negative Position
zur geplanten Kreditvergabe für die Fertigstellung des Kernkraftwerkes Mochovce
anzustreben. Die Bundesregierung wird weiters ersucht, nach Möglichkeit auf die
Finanzierungsinstitutionen der Europäischen Union einzuwirken, damit die Europäische Union
nach dem VorbiId und entsprechend den Analysen der WeItbank aus prinzipiellen Erwägungen
in Zukunft keine Kredite für den Ausbau der Kernenergie in Mittel- und Osteuropa gewähren
rnoge.
b) wird der Bundeskanzler ersucht, den E U-Kommissionspräsidenten von der österreichischen
Position zu informieren,
c) wird die Bundesregierung ersucht, in der Europäischen lnvestitionsbank, in der
Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung und in anderen internationalen
Finanzierungsinstitutionen verstärkt darauf hinzuwirken, daß in den mittel- und
osteuropäischen Staaten Alternativprojekte zur Atomenergie unterstützt und gefördert werden.
und unter Einbeziehung von Regierungen und Unternehmungen in :Mittel- und Osteuropa in
internationalen Finanzierungsprogrammen und - Institutionen Kofinanzierungsangebote für
Pro jekte zu unterbreiten : insbesondere möge die Bundesregierung der Slowakischen RepubIik
erneut AIternativen zur FertigsteIlung des Kernkraftwerkes Mochovce unterbreiten;
d) wird die Bundesregierung ersucht, im Rahmen aller relevanten Förderinstrumente verstärkt
Mittel dafür zu widmen. daß Projekte nichtnuklearer Energieerzeugung, die mitteI- und
osteuropäischen Nachbarstaaten Alternativen zur Atomenergie eröffnen können. gefördert und
unterstützt werden und auf den Grundlagen einer SchwachstellenanaIyse zu überp rüfen, ob die
Förde rungsaktionen für Projekte in den Mittel- und osteuropäischen Nachbarstaaten
koordiniert und verbessert werden können. damit die Projekte möglichst rasch realisiert
werden, und die Richtlinien der jeweiligen Förderungseinrichtungen an diese Erfordernisse
anzupassen; insbesondere wird der Bundesminister für Finanzen ersucht, im Rahmen der
Budgetverhandlungen 1997/98 eine eindeutige Erhöhung der Mittel alIer relevanten
Förderungsinstrumente sicherzustellen und langfristig abzusichern und derart zu widmen, daß
Projekte nicht nuklearer Energieerzeugung, die mitteI- und osteuropäischen Nachbarstaaten
Alternativen zur Atomenergie eröffnen können, entsprechend den jeweiligen vorliegenden
Projektunterlagen gefördert und unterstützt werden können;
e) wird die Bundesregierung ersucht, die Pariser Konvention über die Haftung gegen Dritte auf
dem Gebiet der Kernenergie dem Parlament erst dann zur Ratifizierung vorzulegen. wenn
i nhaltliche Verbesseru ngen durchgeführt werden, insbesondere eine Anhebung von
Haftu ngsobergrenzen zur Abdeckung grenzüberschreitender Schäden sowie die Abschaffung
der Begrenzung der Haftung auf den Anlagenbetreiber;
f) wird die Bundesregierung ersucht, sich nach Möglichkeit zu bemühen. die bestehenden
bilateraIen Übereinkommen mit den Nachbarstaaten über Nuklearfragen zu verbessern,
insbesondere eine Revision des bilateralen Abkommens zwischen der Republik Österreich und
der Tschechischen bzw. Slowakischen RepubIik zur Regelung von Fragen gemeinsamen
Interesses im Zusammenhang mit der nukIearen Sicherheit und dem StrahIenschutz
anzustreben : insbesondere wird der Bundesminister für Auswärtige AngeIegenheiten ersucht,
nach Möglichkeit die Fragen der Haftung anzusprechen und sich zu bemühen, biIaterale
HaftungsregeIungen und in der Folge Vollstrecku ngsabkommen i n Zivil- und HandeIssachen
zunächst mit der Slowakischen Republik und dann mit allen anderen atomenergienutzenden
Nachbarstaaten zu erreichen ;
g) wird der Bundesminister für Justiz ersucht, das österreichische Atomhaftungsgesetz
grundlegend zu überarbeiten und den modernen Erfordernissen anzupassen, wie z.B.
Angleichung der Entschädigungssummen an reale Risiko- und Schandesabschätzungen, den
Ausschuß von Vorteilen aus der allgemeinen Verschuldenshaftung des ABGB insbesondere
gegen Dritte, eine strengere Haftung für den Umgang mit Radionukliden und Aufgabe der
Kanalisation der l-laftung.
h ) wird die Bundesregierung ersucht, nachdrücklich alle lnitiativen zur Stärkung der IAEO als
ein wirksames Instrument zur Kontrolle der Sicherheit von Kernkraftwerken und der
Nichtverbreitung von Kernmaterialien voranzutreiben und zu unterstützen und sich gleichzeitig
zu bemühen, die Zielsetzungen der IAEO und von EURATOiM dahin gehend zu ändern, daß
die Förderung der Kernenergie unterbleibt.
i ) wird die Bundesregierung ersucht, sich für die Schaffung einer globaIen Organisation für
erneuerbare Energieträger im Rahmen der Vereinten Nationen einzusetzen und sich im Rahmen
der Regierungskonferenz der EU im J ahre 1996 für die Schaffung europäischen Strukturen zur
Förderung erneuerbarer und nachhaltiger Energieträger einzusetzen
j) (Beschluß 1.4. 7. 1995) Die Bundesregierung wird ersucht, ihre Mochovce-Aktivitäten im
engen Kontakt mit den schon bisher zum Kernkraftwerk Mochovce kritisch eingesteIIten
Staaten und der Slowakei fortzusetzen und die Erarbeitung eines multilateralen Konzeptes für
eine nicht-nukIeare AIternative zum Kernkraftwerk Mochovce zu initiieren.
k) Die Bundesregierung wird ersucht, innerhalb der EU auf die Schaffung von
Finanzierungsinstrumenten für nicht-nukleare Alternativen hinzuwirken, welche auch der
Slowakei zugänglich gemacht werden könnten.