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der Abgeordneten Mag. Schreiner. Rosenstingl und KoIlegen .

 

 

betreffend: Bericht über das Chaos um das MautpickerI

 

 

 

 

Das Jahr 1997 begann für Österreich mit einer beispiellosen intemationaIen Blamage: Nicht nur,

 

daß die Bundesregierung ein weiteres KapiteI des Lehrstückes ' Wie man eine Bank nicht

privatisiert', schrieb, die diesbezügIichen Krisensitzungen hielten den Wirtschaftsminister

 

offensichtlich auch davon ab, seine eigentlichen Amtsgeschäfte in ordnungsgemäßer Form

 

abzuwickeln. Dementsprechend geriet auch die geplante Einführung der ohnedies problematischen

PickerImaut auf den österreichischen Autobahnen mangels entsprechender Vignetten derart

 

chaotisch. daß sie nach zwei Tagen um ein Monat verschoben werden mußte - dies im übrigen

 

ohne brauchbare RechtsgrundIage.

 

Doch das Ergebnis war eben nicht nur ein EinnahmenausfalI für die BundesstraßengeseIIschaften

 

beziehungsweise den Finanzminister, vieImehr geriet die Angelegenheit zu einer intemationaIen

 

BIamage mit großen Schäden für den Tourismus, weiI unsere ausIändischen Gäste feststelIen

mußten, daß sie nicht nur geschröpft werden sollten, sondern daß die österreichische Regierung

 

nicht einmaI in der Lage war. diese an sich unpopuläre Aktion zu organisieren. Besonders

unverständIich, denn bekanntIich ist der verantwortliche Wirtschaftsminister gleichzeitig auch für

 

Fremdenverkehr zuständig, Kein Wunder daher, daß sich in ausIändischen Medien Kommentare

 

häufen, die zum Boykott Österreichs aIs UrIaubsland aufrufen, wie etwa der foIgende:

 

" B.Z." (Berlin): Sag leise servus

 

''Österreich bestraft jetzt Ausländer, die in der Alpenrepublik urlauben wollen. Nicht genug,

daß die saftigen Autobahngebühren fällig sind. Nein, stau die Sache vernünftig zu

organisieren, inszeniert Wien jetzt das totale 'Pickerl-'Chaos. Offizielle Stellungnahme: ,Wir

haben den extremen Käuferandrang einfach unterschätzt. ' Klartext: Die Versorgung läuft

nicht. Wien versucht krampfhaft, die Total-Blamage zu verhindern. Aber das ist schon lange

passiert. Fazit zur bisherigen Aktion: teuer, und dann auch noch doof. Bei der Gelegenheit:

Die ganze Richtung stimmt sowieso nicht. Das Austro-Chaos führt doch nur immer weiter ins

Euro-Chaos: Falls Deutschland auch eine Vignette einführt, sind Europas

Windschutzscheiben bald dicht. Die richtige Richtung: freie Fahrt für freie Steuerzahler - und

zwar in ganz Europa. Ach, und übrigens: Wir geschröpften 'Piefkes' sollten uns das mit dem

Ferienland Österreich noch mal überlegen. Sag doch leise Servus. ''

 

Es ist also ganz offensichtIich, daß dieses PickerIchaos gewaltige voIkswirtschaftliche

Auswirkungen hat, und zwar ungIeich negativere, aIs der Verkauf einer Bank an die andere.

 

Dabei ist die Geschichte des Mautpickerls von allem Anfang an eine höchst unrühmliche: Nach

untauglichen Versuchen von Generationen von ÖVP-Wirtschaftsministern (Graf, Schüssel, Ditz)

solIte es mit dem Belastungspaket des Vorjahres Emst werden. Grund dafür war weniger die

Möglichkeit zusätzlicher Einnahmen - das hätte sich ja auch mit einer gewöhnI ichen

Steuererhöhung bewerkstelIigen lassen - sondern Budgetkosmetik und Schuldenakrobatik mit dem

Ziel. die ' Maastricht- Kriterien ' für die Währungsunion zu erreichen, wofür eine Trendumkehr bei

den Staatsschulden erforderlich wäre. Weil dies angesichts ständig neuer Schulden und Defizite,

die die Koalition produziert, natürIich gänzlich unmöglich wäre, griff man zum Trick, die

Schulden zu 'privatisieren' , was dann laut Maastricht möglich ist, wenn zumindest die Hälfte der

Annuitäten nicht aus dem Budget sondem aus sonstigen Einnahmen stammen - im konkreten Fall

also aus dem Mautpickerl. Damit sollten nun die Zinsen für die 77 Mrd. S ASFINAG-Straßen-

Schulden bezahlt werden, wodurch trotz Neuverschuldung die offiziellen Staatsschgulden

tatsächlich gesunken wären. Tatsächlich ist dies aber noch ziemlich ungewiß, weil sich die Länder

derzeit - zu Recht -weigern, einer dazu nötigen Fusion der Straßengesellschaften zuzustimmen.

 

Bleibt aIso unterm Strich die Erkenntnis: Das Mautchaos haben wir letztlich dem geplanten 'Euro'

zu verdanken, ein kleiner Vorgeschmack...

 

Besonders empörend ist dabei die Tatsache, daß der Pickerlmangel auftrat, obwohl (oder weil?)

die Herstellung trotz um Millionenbeträge billigerer heimischer Angebote an ein amerikanisches

Unternehmen vergeben wurde - mit der offiziellen Begründung, daß letzeres in der Lage sei,

schneller zu liefern, was sich ja mittlerweile als unzutreffend herausgestellt hat.

 

Interessant ist auch die Tatsache, daß mit derartigen Dingen vertrautc Personen bzw. Institutionen,

insbesondere die Autofahrerclubs ÖAMTC und ADAC, den Bedarf offensichtlich wesentlich

realistischer einschätzten, aber nur rund ein Zehntel der gewünschten Menge erhielten.

 

Nicht genug damit, daß es kaum welche zu kaufen gab, stellt sich nun auch noch heraus, daß sich

die Vignetten - jedenfalls manche - so leicht ablösen, daß sie nun schon wieder ersetzt werden

müssen, was natürlich mit weiterem Ärger für die Lenker verbunden ist.

 

Besonders bemerkenswert ist auch die legistische Qualität der Vorgangsweise des

Wirtschaftsministeriums, denn während schon nach wenigen Monaten eine Novelle des

Bundesstraßcnfinanzierungsgesetzes wegen lnkompatibilität mit EU-Bestimmungen erforderlich

wurde, schafftc es das Ministerium offensichtlich nicht, rechtzeitig eine Mautordnung zu

genehmigen bzw. für deren Publikation durch die ÖMG in der Wiener Zeitung zu sorgen. Das

wiederum hat zur Folge, daß ab 1.Dezember MautpickerI verkauft und mitteIs einer teuren

Kampagne, an deren Sinn man ohnedies zweifeln muß, beworben wurden, für deren Gestaltung,

geschweige denn Benutzung keine rechtliche GrundIage bestand.

 

Doch damit nicht genug: Als sich herausstellte, daß die PickerIversorgung nicht funktioniert und

daher eine Bestrafung von pickerllosen Lenkern unzumutbar wäre, wurde zunächst gerüchteweise,

dann per Verordnung eine ' Amnestie ' bis Ende Jänner erlassen. Doch ganz so einfach ist es nicht.

denn der Lenker müsse 'glaubhaft machen ', daß er kein PickerI bekommen habc. Was darunter zu

verstehen ist, versuchte der Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit in einem von vielen als

kabarettreif empfundenen Radiointerview - erfölglos - zu erklären, irgendwie werden die

Exekutivorgane schon wissen, wer zu betrafen ist, lautete die Botschaft. Rechtsunsicherheit in

schier unerträglichem Ausmaß.

 

Doch es kommt noch schlimmer: bei genauer Betrachtung der Verordnung stellt man fest, daß

nicht nur die Verordnungse rmäehtigung im Bundesstraßenfinanzierungsgesetz eine solche

' Ausnahme ' garnicht zuIäßt (es ist lediglich möglich ' bestimmte Gruppen' im 'öffent1ichen

1nteresse' auszunehmen) vor aIlem verstößt der Zeitraum 3.1 .-31.1 klar gegen den

Gleicheitsgrundsatz der Bundesve rfassung: Warum soII die Mautpflicht am 1.1. und am 2.1 .

normal gelten, wenn der Grund für die Ausnahme die Nichterhältlichkeit der Vignetten ist, die

wohl ohne Zweifel auch an den beiden ersten Tagen des Jahres gegeben war? Es ist also absehbar,

daß der organisatorischen Blamage auch noch eine juristische foIgt.

 

BIeibt n ur mehr eine SchlußfoIgerung aus der Formulierung der Ausnahmeverordnung:

offensichtlich meint auch der Wirtschaftsminister, daß es im öffentIichen Interesse liegt, die

Mautpflicht für alle Straßenbenützer aufzuheben. Das müßte dann alIerdings genereII und auf

Dauer gelten. Und in diesem FaII hätte der Wirtschaftsminister die ungeteilte Zustimmung der

Antragsteller.

 

Zunächst erscheint es allerdings dringend erforderI ich, Licht in die chaotischen Vorgänge zu

bringen, der Wirtschaftsminister soll daher raschestmöglich einen Bericht an den Nationalrat

erstatten, wie das Mautchaos entstehen konnte, was dagegen getan wurde und wie analoge

Blamagen, etwa im Hinblick auf das gepIante ' Road Pricing' in Hinkunft vermieden werden

können.

 

 

 

Die unterzeichneten Abgeordneten daher foIgenden

 

Entschließungsantrag:

 

 

Der Bundesminister für wirtschaftliche AngeIegenheiten wird aufgefordert, dem Nationalrat

bis längstens Ende Februar 1997 einen Bericht über die Umstände der Einführung der

Mautvignette vorzulegen, der insbesondere folgende Problempunkte umfassend behandelt:

 

. Die verspätete Schaffung der Rechtsgrundlagen, insbesondere der Mautordnung.

 

. Die Bestellung einer zu geringen Zahl von Vignetten.

 

. Die mangelhafte Beschaffenheit der Vignetten.

 

. Die Ausschreibung und Vergabe an eine ausländische Firma die keineswegs das

Bestangebot stellte.

 

. Die Regelung der 'Amnestie ' für jene, die kein Pickerl kaufen konnten und dann - je nach

Zeitpunkt bzw. 'Glaubhafmachung' - bestraft wurden oder nicht.

 

. Die Auswirkungen auf den Fremdenverkehr und das internationale Ansehen Österreichs.

 

. Den entstandenen volkswirtschaftIichen Schaden.